Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Über den Zeitraum von vier Monaten habe ich alle Bilder der Print-Ausgaben der „OE24-Nachrichten“ analysiert. Symbolbilder von Frauen kommen in der Boulevardzeitung um ein Vielfaches öfter vor als von Männern – allerdings sind Frauen in diesen Bildern oft zum Objekt degradiert. Es zeigt sich: „Österreich“ hat ein Problem mit sexistischen Bildern.

Zwischen 14. September und 31. Dezember 2021 habe ich alle 77 Ausgaben der „OE24 Nachrichten“ untersucht. In diesen vier Monaten wurden 152 Sujetbilder von Frauen gedruckt. Männer wurden in nur acht Bildern als Einzelperson abgebildet, ansonsten waren sie in 15 Pärchenbildern zu sehen.

Den Mund öffnen, aber nichts sagen

Eine weite Beobachtung war die Faszination mit dem offenen Mund von Frauen. Jede 8. Frau (20 von 152) zeigt die Fellner-Zeitung mit offenem Mund. Dabei handelt es sich meist um Frauen, die überrascht oder geschockt sind, oder aber schlicht beim Corona-Test. Ob diese Darstellung der Frau wirklich notwendig ist oder die „OE24 Nachrichten“ hier nur (unterbewusst?) eine Art Perversität ausleben, um Frauen in einer Art pornografische Szene zu zeigen, weiß wohl nur die Redaktion selbst.

Ein Bild von einem Mann mit offenem Mund gab es jedenfalls nicht.

Eine Frau am Tag, macht den Mann besonders parat.

Die meisten Frauenbilder waren während der Erhebung in den Ressorts Tagesgeschehen, Business live sowie Gesundheit & Fit abgedruckt. Dabei sieht man zum Beispiel Frauen, die wegen der „explodierenden“ Energiepreise frustriert sind oder einen Frauenhintern, der aufgrund von Hämorrhoiden schmerzlich nach vorne gebeugt wird.

Die Boulevardzeitung zeigt Frauen auch in Bereichen, die man ihnen womöglich nicht stereotypisch zuschreibt, wie etwa beim Tanken oder beim Gaming. Allerdings zeigt man sie dabei oft in gestressten Situationen. Bei einem Artikel über Preissteigerung ist es eine Frau, die den passenden Gesichtsausdruck zum „Preis-Schock“ liefert, ebenso wie beim Ärger über den hohen Spritpreis.

Die Bebilderung zu Corona-Themen ist ebenfalls stark einseitig. Während die Zeitung insgesamt 18 Mal eine Frau bei der Impfung zeigt, wurden nur halb so oft Männer abgebildet und das meist in kleineren Fotogrößen und weniger prominenten Platzierungen.

In klischeehaften Lagen wie dem Einkaufen sieht man Frauen freilich auch, dort aber mehr als hübsches „Eye Candy“. „OE24 Nachrichten“ spart ebenso nicht mit Bildern, wo Frauen schlussendlich als Platzfüller dienen, oder als Zierde ein trockenes Thema aufhübschen sollen – ein Phänomen, das in der österreichischen Medienlandschaft aber weit über die „OE 24 Nachrichten“ hinaus geht, wie eine aktuelle Studie der MediaAffairs zeigt.

Auffallend war, dass in der Beobachtungszeit keine Personen anderer ethnischer Abstammung sowie keine homosexuellen Paare in „OE24 Nachrichten“ abgebildet wurden. 

Doppelt (oder noch mehr) hält besser

Noch deutlicher sieht man das an der Society-Berichterstattung. Im Fall von Personen, die auf der Promi-Skala womöglich nicht sehr weit oben stehen, aber dafür unter Reality-Show-Liebhabern eine gewisse Bekanntheit haben, scheinen die „OE24 Nachrichten“ einer klaren Regel zu folgen: Frauen möglichst groß und möglichst nackt abbilden.

Auch bei den bekannteren Promis scheint es für „Österreich“ eine klare Formel zu geben: Umso mehr Haut, desto größer das Bild und je bekannter die Person, desto mehr Bilder. Allround-Talent Jennifer Lopez will eigentlich ihre Schuhe promoten, doch ihr Körper ist dabei interessanter und auch bei Starlet Kim Kardashian ist wichtiger, was sie unter der Kleidung trägt. Ballerina und Dancing Stars-Jurorin Karina Sarkissova planscht gerne in der Badewanne, das Gratisblatt nimmt dies immer wieder gerne zum Anlass, um darüber zu „berichten“.

Generell lässt sich sagen: „Frau Society“ kommt in „Österreich“ größer, öfter und nackter vor als „Herr Bekannt“ – auch wenn sie beide im gleichen Artikel vorkommen.

Und jetzt zum Vergleich: Diese Bilder hier waren die einzigen freizügigeren Bilder von männlichen Promis während der Beobachtungszeit.

Heiß und sexy sind in „Österreich“ nur Frauen

Problematisch sind aber nicht nur die Bilder. Auch wie „OE24 Nachrichten“ Frauen beschreibt, ist auffällig. Wenn Frauen etwas mehr Haut zeigen oder etwas Engeres tragen, dann werden sie meist als „sexy“ oder „heiß“ beschrieben – oft auch mehrfach in einem Artikel – in 21 Fällen um genau zu sein. Bezeichnungen wie Busen-Show oder Nackt-Show scheinen ebenso eine beliebte Umschreibung zu sein.

Besonders angetan scheint die Gratiszeitung von Helene Fischer zu sein. Nicht nur werden ihre Neuigkeiten regelmäßig behandelt, sondern auch ihr Aussehen. In einem Artikel vom 23.9. lautet der Titel „Heiß, Heißer, Helene!“, auch im Text werden die Beschreibungen „Sexy Fotos“; „sinnlichen Bilder“ und „heiße Bilder“ verwendet.

Auch in der Ausgabe des 22.10. wird Helenes Outfit mehrmals als heiß bezeichnet: „Heißer Mode-Hit“, „Sexy Strapshalter“, „Sündige Dessous“, „scharfe Latex- und Leder-Kombi“, zwei Mal „heiße Modeschau“, „heißen Lederbody“, Bild: heißer „Loewe“-Gürtel.

Im Fall von Lili Paul-Roncalli wird der Blickpunkt in der Ausgabe des 24.9. auf den Körper der jungen Frau gelegt und als „Traumbody“ im Lead bezeichnet.

In einem Text am 15.12. zu Kelly Piquet wird zwar erwähnt, dass das Model eine studierte Politik- und Wirtschaftswissenschaftlerin ist, dies ist aber mehr eine Randbemerkung, denn der Fokus liegt abermals klar auf ihrem Äußerem und der Tatsache, dass sie die Freundin von Formel 1-Rennfahrer Max Verstappen ist.

Von „sexy“ oder „heißen“ Männern war in der Zeitung in den vier Monaten nie zu lesen.

OE24 Nachrichten und ihr körperliches Ideal

Ob bewusst oder unbewusst, propagiert das Boulevardblatt mit dieser Berichterstattung ein bestimmtes körperliches Ideal von Frauen. Wer diesen Vorgaben nicht gleichsteht, verdient es nicht heiß oder sexy genannt zu werden. Problematisch ist das, weil dies zur einer gestörten Wahrnehmung führen könnte oder zu einem niedrigen Selbstwertgefühl.

Mit dieser objektivierenden Darstellung von Frauen bleibt „OE24 Nachrichten“ in der Vergangenheit stehen, und blockiert damit den Fortschritt, um Frauen nicht nur sichtbar zu machen, sondern auch Männern gleichgestellt zu behandeln.

Eine Bitte um Stellungnahme blieb vonseiten „Österreich“ unbeantwortet.

Exkurs Methodik:

Um die Beispielbilder und Artikel so übersichtlich wie möglich einzuordnen, wurden diese in vier Kategorien eingeteilt: 1.) Sujetbilder (Mann/Frau/Kinder/Pärchen/Gemischt), 2.) Promis (Mann/Frau), 3.) Impfbilder (Mann/Frau/Kinder) und 4.) Wörter/Beschreibungen

Abbildungen von Politiker:innen und Werbebilder wurden bei der Zählung nicht berücksichtigt.

Dieser Artikel entstand im Rahmen des Master-Studiums für Journalismus an der FH-Wien.

Aprilscherze sind nicht mehr das große Ding, das sie früher mal waren. Ein eigener Tag, nur um seine Mitmenschen mit kreativen Falschmeldungen in die Irre zu führen – irgendwann in den letzten Jahren hat das seinen außergewöhnlichen Reiz verloren.

peta.de, 01.04.2022

Die Tierrechtsorganisation PETA hat es in Deutschland dennoch versucht und am 1. 4. einen scheinbar sensationellen Erfolg vermeldet: Bereits mit April werde die deutsche Bundesregierung Schockwarnungen auf Fleisch, Milch & Co. einführen, ähnlich wie bei Zigaretten. „Ein Burger enthält Leichenteile von bis zu 60 geschundenen und ermordeten Rindern“, liest man da auf einer der neuen Produktverpackungen, deren Fotos (© A. Scherz) der Pressemitteilung praktischerweise beigefügt wurden.

Leider ergänzen die Spielverderber ihre Aussendung noch am selben Nachmittag um den fettgedruckten Zusatz „Achtung, Aprilscherz“. Damit auch sicher niemand mehr drauf reinfällt, schon gar nicht von einem seriösen Medium.

Was uns zu Oe24 führt …

Und tatsächlich, am 10. April geht „Das beste Nachrichten-Portal“ (Eigendarstellung) in die schon etwas angestaubte Falle und sendet den Fake als TV-Nachricht im „aktuellsten Tierschutzmagazin Österreichs“ (Eigendarstellung). Dabei schafft Oe24 das Kunststück, die Scherzmeldung der Tierrechtsorganisation auf knackige 3:18 Minuten zu straffen. Hier eine gekürzte Fassung des TV-Beitrags:

Der Originalbeitrag ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels noch auf oe24 abrufbar (ab Minute 4:32)

Und weil Verbrauchertäuschung Oe24 ein echtes Anliegen ist, schafft es der Aprilscherz auch noch unerkannt in die Schlagzeilen des besten Nachrichten-Portals:

„Weg von Verbrauchertäuschung – Deutsche Regierung druckt Warnhinweise auf Fleisch, Milch und Eier“ (oe24.at, 11.04.2022)

Der Oe24-Artikel (hier ein Archivlink) erscheint einen Tag nach der großen TV-Ausstrahlung und zwei Tage, nachdem eine kurze Vorschau mit der Falschmeldung den Sender rauf- und runtergespielt worden war (der Clip ist noch auf der Oe24-Facebookseite abrufbar). Wenn man der zurückhaltenden Eigenwerbung von Oe24 glaubt, müssen hunderttausende Menschen bis dahin die Fake-Story gesehen haben – mindestens – und kein einziger scheint die Redaktion darauf hingewiesen zu haben.

Erst einen Tag nach dem Onlineartikel dürfte sich jemand erbarmt haben. Seither steht dort eine korrigierte Version, in der Oe24 zerknirscht einräumt, einem recht offensichtlichen Aprilscherz aufgesessen zu sein. Und auch die TV-Version wurde nachträglich um eine Texttafel ergänzt (hier ab Minute 4:32), in der sich die Redaktion dafür entschuldigt, die Geschichte nur auf Basis einer Pressemeldung, ohne jede Recherche veröffentlicht zu ha…

Ha! Sorry, ich wollt jetzt auch mal einen Scherz machen. Natürlich hat Oe24 den Artikel – so wie praktisch immer – ohne jeden Hinweis auf den Fehler von der Seite gelöscht. Wie man das halt so macht, als bestes „Nachrichten-Portal“.

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Update 15.04.2022:
 Oe24 hat nach Erscheinen dieses Kobuks das gesamte Sendungsvideo kommentarlos von der Webseite gelöscht.

Das hätte sich selbst Jan Böhmermann kaum träumen lassen. In seinem Österreich-Special hatte er er noch gemeint, dass unser Kanzler zu viel Einfluss auf den ORF nehme – und keine acht Tage später überträgt genau dieser öffentlich-rechtliche Rundfunk live in seiner TVthek den Bundestag der Jungen ÖVP, wo sich die Nachwuchshoffnungen der Partei präsentieren. Über zwei Stunden am Stück, ohne jede journalistische Störung. 

Ich hab mir das mal hier für euch angesehen und ein kleines „Best-of“ zusammengeschnitten. Eigentlich sind Parteisender ja nicht unser Revier, aber wo der ORF hingeht, folgen auch wir. Und so komprimiert gab’s dann ja vielleicht doch ein paar aufschlussreiche Momente, die sich in der mehrstündigen Hochglanzinszenierung sonst verspielt hätten:

Höhepunkt dieser ORF-Übertragung war übrigens die Wahl einer neuen JVP-Bundesobfrau. Sie nannte im Vorfeld tatsächlich den Eurovision Song Contest als Vorbild für die aufwendig durchgestylte Veranstaltung. Zumindest was die realpolitische Relevanz betrifft, dürfte der Vergleich durchaus zutreffen. Und auch den ESC-affinen ORF scheint man damit überzeugt zu haben, bzw. Thomas Prantner, den Chef von ORF Online. Der, so hört man gerüchteweise, auch Chef von ORF Offline werden möchte. Die Generalintendantenwahl steht im August an, die Kanzlerpartei verfügt über die entscheidende Mehrheit im Stiftungsrat und für den Reichweiten-Push des türkisen „Song Contests“ gibt’s von der Jury ja womöglich ein paar Extrapunkte. 

Im ORF Redakteursrat hingegen denkt man eher an Disqualifizierung: Bei dieser Übertragung habe es sich mangels Relevanz um keine journalistische Entscheidung gehandelt und der Eindruck politischer Wunscherfüllung im Vorfeld der Generalintendantenwahl schade der Glaubwürdigkeit. ORF-Chef Wrabetz legte nach und ordnete an, dass künftig ausschließlich die ORF 2-Chefredaktion über derartige Übertragungen zu entscheiden habe.

Vielleicht hätte man bei der Gelegenheit auch bestimmen sollen, wer die zweistündige Rekord-Belangsendung wieder aus der TVthek entfernen darf? Denn sie ist dort immer noch bis Samstag abrufbar. Als virtuelles Omen, welche Art von ORF uns demnächst blühen könnte.

Von Ende 2018 bis Anfang 2020 fährt die Tageszeitung „Österreich“ eine Negativkampagne gegen die damalige Wiener Umweltstadträtin Ulli Sima. Insgesamt erscheinen über 50 negative, spöttische und unsachliche Artikel über sie. Vier davon haben sogar rechtliche Folgen.

Schlagzeilen wie „Wien lacht über Simas ‚Grünes Haus'“ und Bezeichnungen wie Anti-Hunde-Stadträtin“ machen keinen Hehl daraus: „Österreich“-Herausgeber Wolfgang Fellner hat ein Problem mit Ulli Sima (SPÖ).

Wenn Du mehr Infos brauchst, lass es mich wissen. Fellner hat Sima eh im Visier.

Diese Nachricht sendet ein Mitarbeiter Fellners laut Zack Zack im Jahr 2018 an Heinz-Christian Strache. Und er spricht damit nur aus, was bei einer Analyse aller Artikel der vergangenen Jahre über Ulli Sima in „Österreich“  sehr deutlich wird.

Aber alles der Reihe nach: Ulli Sima ist seit 2004 Teil der Wiener Stadtregierung. Die Gratis-Tageszeitung „Österreich“ erscheint erstmals 2006. Im Dezember 2009 geht „Österreich“ vor das  Kartellgericht: Die Wiener Linien, die unter anderem von Ulli Simas ehemaligem Ressort vertreten werden, hatten „Österreich“ untersagt, Zeitungsentnahmeboxen in U-Bahn-Stationen aufzustellen. Der Gratis-Tageszeitung „Heute“ hingegen ist das erlaubt.

Das Verfahren dauert neun Jahre. In dieser Zeit ist die Berichterstattung unauffällig. Im Mai 2017 handelt „Österreich“ die Stadträtin sogar noch als die „logische“ Nachfolgerin des damaligen Wiener Bürgermeisters Michael Häupl. Sogar eine Klage der Wiener Linien Ende 2017, in der das Unternehmen die Erstattung der Entsorgungskosten von rund € 240.000 durch liegengelassene Zeitungen fordert, führt zu keinen nennenswerten Negativ-Artikeln.

Im Oktober 2018 endet das Verfahren vor dem Kartellgericht mit einem Vergleich. Die beiden Parteien einigen sich, dass die von den Wiener Linien gewährten Standorte keine Benachteiligung von „Österreich“ gegenüber „Heute“ darstellt. Bei der Gewährung neuer Standorte von Zeitungsentnahmeboxen sollen die Wiener Linien den beiden Medienunternehmen in Zukunft gleichwertige Standorte anbieten. Ab dann fängt die Negativkampagne an. Ab Ende 2018 ist in „Österreich“ fast wöchentlich Kritik an Ulli Sima zu lesen.

Die Kampagne beginnt

Im Mai 2019 berichtet „Österreich“, Sima hätte 2010 rund 26 Millionen Euro für ein Kraftwerksprojekt „versenkt“. Außerdem unterstellt die Zeitung eine Nahebeziehung zu dem für das Kraftwerk verantwortlichen Unternehmer. Noch im selben Monat muss „Österreich“ diese Aussage richtigstellen. Sima war zu diesem Zeitpunkt nicht für das Ressort der Wien Energie zuständig und kannte den Unternehmer nicht.

In derselben Ausgabe im Mai 2019 berichtet „Österreich“ über den „irren Plan“ Simas, laut dem die Wienzeile um eine PKW-Spur enger werden soll. Die Politikerin geht gegen diese Darstellung vor. Im Februar 2020 wird der Artikel in Form einer Gegendarstellung richtiggestellt. Die Tageszeitung nimmt ihre Aussagen als „unrichtig bzw. irreführend unvollständig“ zurück.

Ebenfalls im Mai 2019 berichtet die Tageszeitung in ihrer Print-Ausgabe darüber, dass Ulli Sima ein Gesetz plant, das die Tötung von Listenhunden vorsieht, und dass sie einen Rassehunde-Tötungsbefehl erteilen will. Sima klagt gegen diese Darstellung. Im August veröffentlicht „Österreich“ eine Gegendarstellung. Darin werden die Behauptungen als „unrichtig bzw. irreführend unvollständig“ bezeichnet.

Direkt neben der Gegendarstellung kommentiert „Österreich“ diese unter der Überschrift „Wir lassen uns von Anti-Hunde-Stadträtin Kritik nicht verbieten“ und bezeichnet Simas Klage als „jüngsten Höhepunkt“ ihrer „Pleiten, Pech und Pannen-Serie“.

Im Oktober 2019 berichtet „Österreich“, dass die Kontrollen im Zusammenhang mit dem Rauchverbot in der Gastronomie täglich 24.000 Euro kosten würden. Sima klagt erneut.

Noch im selben Monat verliert die Tageszeitung den Rechtsstreit in erster Instanz und die nächste Gegendarstellung wird veröffentlicht: Sowohl online als auch in der Print-Ausgabe werden die Aussagen über die „irren Personalkosten“ für die „Rauch-Sheriffs“ zurückgenommen. Auch diese Gegendarstellung wird direkt daneben von „Österreich“ kommentiert. Die Tageszeitung hinterfragt, wer Simas Prozesskosten bezahlt, und behauptet, die Stadträtin würde „ihr missliebige Zeitungen mit Serien von Gegendarstellungen und Klagen“ verfolgen. Die Gegendarstellung sei „an Lächerlichkeit kaum zu überbieten“.

„Österreich“ beruft gegen das erstinstanzliche Urteil, und dieses Mal gewinnt die Zeitung: Das Oberlandesgericht Wien hebt das Urteil im September 2020 auf. „Österreich“ veröffentlicht das Gerichtsurteil, die Kosten dafür trägt Ulli Sima.

Die Liste an Negativ-Artikeln lässt sich beliebig lange fortsetzen: Im August beschreibt die Tageszeitung das Absterben von Jungbäumen in Wien als „Baum-Massaker“ und bringt es mit der Stadträtin in Verbindung. Im September 2019 bezeichnet sie das Verteilen von Duftbäumen zur Werbung für parfümierte U-Bahnen („Ulli Simas Königs-Idee“) an Autofahrer als „super-nervige ‚Spaßaktion'“, „provokant“ und „Spaßettl“. Simas Magistratsabteilung nennt „Österreich“ spöttisch „Simas Reich“. Zusätzlich spekuliert „Österreich“ im Oktober über Simas Ablöse.

Auch der Aprilscherz geht 2019 wenig überraschend auf Simas Kosten: „Ulli Sima plant erstes Gefängnis für Wiens Hunde“ titelte „Österreich“ am ersten April. Auch vor Kommentaren über das Aussehen der Politikerin macht das Medium nicht halt. Ihr Outfit beim Life Ball 2019 bezeichnet die Tageszeitung als „sehr mutig“.

So plötzlich wie die negative Berichterstattung über Ulli Sima begonnen hat, ist sie auch wieder vorbei. Seit der Bildung der neuen Wiener Stadtregierung 2020 berichtet „Österreich“ bzw. „oe24“ generell kaum mehr über die Politikerin.

Der Hintergrund

Wir haben versucht, das Büro Sima und die Redaktion von „Österreich“ bzw. „oe24“ für eine Stellungnahme zu erreichen. Leider wollte man uns keine Auskunft über die Hintergründe zur Veränderung in der Berichterstattung über die Stadträtin geben.

Seit der Bildung der neuen Stadtregierung im November 2020 ist Sima jedenfalls für Innovation, Stadtplanung und Mobilität verantwortlich. Damit ist sie für ein kleineres Inseratenbudget zuständig als zuvor.

Einem ehemaligen Mitarbeiter zufolge spielt bei der Berichterstattung über Ulli Sima nämlich vor allem Geld eine Rolle: „Österreich“-Herausgeber Wolfgang Fellner soll mit der Anzahl an Inserate durch die Wiener Linien unzufrieden gewesen sein. Die Wiener Linien gehören zu den Wiener Stadtwerken, für die Sima von 2015 bis 2020 zuständig war.

Tatsächlich sind die Werbeausgaben der Wiener Linien in „Österreich“ bzw. „oe24“ mit rund € 15.000 pro Quartal niedriger als bei fast allen anderen Tageszeitungen. Vor allem die beiden Boulevardmedien „Heute“ und „Kronen Zeitung“ erhalten deutlich mehr Geld. Auffällig ist außerdem, dass die Wiener Linien Inserate auf Webseiten aller Tageszeitungen schaltet, jedoch nicht auf der Webseite von „Österreich“.

Betrachtet man die Gelder, die von den Wiener Linien and „Österreich“ bzw. „oe24“ fließen genauer, zeigt sich, dass die Tageszeitung im zweiten und dritten Quartal 2018 – bevor die negative Berichterstattung über Ulli Sima begann – keinen Cent von den Wiener Linien erhalten hat. Im vierten Quartal 2018, nachdem der oben genannte Rechtsstreit über die Zeitungsboxen in den U-Bahn-Stationen der Wiener Linien beglichen war, erhält „Österreich“ bzw. „oe24“ von den Wiener Linien rund € 46.000 aus Werbeaufträgen. Im Jahr 2019 wurden insgesamt rund € 62.000 an das Medium bezahlt. Im Jahr 2020 rund € 55.500. Deutlich weniger als an andere Medien – insbesondere, wenn man diese Summen mit den täglich verbreiteten Ausgaben der Zeitungen vergleicht.

Seit der Umbildung der Stadtregierung 2020 ist Peter Hanke zuständig für die Wiener Stadtwerke. Und Ulli Sima damit offenbar aus dem Schussfeld.

 

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Dieser Artikel entstand im Rahmen des Master-Studiums für Journalismus an der FH-Wien.

In 13 Folgen bot das Corona Quartett auf ServusTV 2o2o „alternativen“ Expert*innen eine Bühne, deren Äußerungen von absurd bis fernab wissenschaftlicher Fakten rangierten. Nicht selten fand sich unter den vier Diskutierenden nur eine*e Vertreter*in des wissenschaftlichen Konsens zu COVID-19 wieder. ServusTV bot damit systematisch eine Bühne für jene, die die gesundheitlichen Gefahren der Pandemie nicht wahrhaben wollen.

Folge 4 mit Moderator Michael Fleischhacker, Mikrobiologe Sucharit Bhakdi, Finanzwissenschaftler Stefan Homburg, Petra Apfalter, Leiterin des Instituts für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin am Ordensklinikum Linz und Wirtschaftspublizistin Ulrike Herrmann (links nach rechts).

Bereits die erste Folge des Corona-Quartetts am 20. September 2020 startete mit einem Voiceover, das von einem „äußerst niedrigen Niveau“ an Corona-Patient*innen in Krankenhäusern sprach– und zwar „seit Monaten“. Tatsächlich waren zu diesem Zeitpunkt in Österreich „nur“ 341 Personen aufgrund einer Corona-Infektion im Krankenhaus. Der Wert hatte sich innerhalb eines Monats aber verdreifacht – am 20. August waren es noch 116 Personen. Wer das Grundkonzept einer exponentiellen Entwicklung begreift, der hätte spätestens damals schon wissen können, dass die folgenden Monate für die Spitäler extrem schwierig werden würden: Zwei Monate später, Ende November, waren fast 4.000 Spitalsbetten mit Covid-Patient*innen belegt.

Wie eine kaputte Schallplatte

Kaum eine Folge des Corona-Quartetts verging, ohne dass diverse Diskutant*innen – ähnlich einem lädierten Tonträger – dieselbe Message äußerten: COVID-19 sei so ähnlich wie die Grippe. Nicht nur Stammgäste sahen das so, sondern auch geladene Prominente. So sagte etwa Thomas Berthold, deutscher Ex-Fußballweltmeister und einmaliger Gast:

Also wir reden nicht über die Cholera oder über Pest, wir reden über ein Grippevirus. (…) Leute, leichte Grippe, keine Angst, keine Panik – wir reden hier von einer Grippe!“ (Thomas Berthold, Folge 6, 25.10.20)

Die Zugspitze bei der Verharmlosung des Virus bildeten aber vor allem Sucharit Bhakdi, ein umstrittener pensionierter Mikrobiologe (zu ihm später mehr) und Stefan Homburg. Homburg ist ein deutscher Finanzwissenschaftler. Er hat einen Lehrstuhl an der Leibniz Universität Hannover inne; diese distanzierte sich jedoch bereits im Mai in einer Stellungnahme von seinen Aussagen zur Corona-Krise. Bhakdi wurde zu acht der dreizehn Folgen geladen, Stefan Homburg zu fünf – kein*e andere*r nahm so oft am Corona-Quartett teil.

Bhakdi verglich Corona nicht nur mit der Grippe, sondern ging noch weiter:

„Wenn Sie Menschen haben, die ihre normale Lebenserwartung bereits erreicht haben, darüber hinweg schon älter sind – und sie sind vorerkrankt – dann sind sie, ob das Grippe ist oder Corona ist oder Schnupfen, sind sie ungefähr gleich gefährdet.“ (Sucharit Bhakdi, Folge 8, 08.11.20)

Auch Homburg argumentierte ähnlich, denn „Corona ist so ähnlich wie Grippe und während man bei Grippe keinen Lockdown gemacht hat, braucht man es bei Corona auch nicht“.

Bereits im September sprach Bhakdi zudem von einem „Rückblick“, als sei die Pandemie bereits vorbei. Gerade einmal neun Tage später wurden mehr als eine Million COVID-Tote weltweit gemeldet. Mittlerweile sind es weit über zwei Millionen Todesopfer. Eine zweite Welle wollte er im Herbst nicht erkennen. Als die Wirtschaftspublizistin Ulrike Herrmann von angestecktem Personal in Krankenhäusern sprach, entgegnete er sogar: „Nein jetzt gibt’s keine. Es gibt überhaupt keine.“ Hinter einer steigenden Zahl an durchgeführten Testungen in Wien vermutete Bhakdi in einer früheren Folge eine „Labor-Pandemie“.

Bhakdi hatte auch einiges an dem Umgang mit der Quarantäne auszusetzen: Das Personal in Krankenhäusern solle nicht in Quarantäne geschickt werden: „Das ist das Problem, wenn Sie das tun dann schießen Sie sich selbst ins Bein und sagen ‘Au, ich kann nicht laufen‘“.

Und er sagte:

„Das bedeutet im Rückblick ist dieses Corona-Virus nicht hochgefährlich, nicht ein Killer-Virus und es gibt nichts, was dafürspricht.“ (Sucharit Bhakdi, Folge 1, 20.09.20)

Basierend auf dem europäischen Mortalitätsmonitoring Euromomo attestierte die AGES im Zeitraum von 19. Oktober bis 22. November 2020 eine Übersterblichkeit in Österreich, auch in den altersstandardisierten Sterberaten sind Abweichungen ab 19. Oktober sichtbar. Die Exzess-Mortalität wurde hauptsächlich bei den über 65-jährigen verzeichnet, es fallen also gewiss nicht alle Verstorbenen unter die von Bhakdi beschriebenen Personen, „die ihre normale Lebenserwartung bereits erreicht haben“.

„Wieder die Überlastung der Intensivstationen, die nie kommen wird, jedenfalls nicht deutschlandweit, nicht österreichweit. Wieder dieses exponentielle Wachstum, wo jeder weiß, alle Infektionswellen sind eben Wellen, wie schon der Volksmund sagt. Es ist eine Grippewelle und es ist nicht eine Grippe-Exponentialfunktion, die am Schluss die gesamte Menschheit dahinrafft.“ (Stefan Homburg, Folge 9, 15.11.20)

Homburg veranschaulicht die Grippewelle. Mit dabei (links nach rechts): Ärztin Konstantina Rösch, Stefan Homburg, Krankenpflegerin Renate Pühringer und Leiter der Psychiatrie an der Uniklinik Ulm, Manfred Spitzer.

Wellen können sehr wohl exponentiell zu- oder abnehmen, das eine schließt das andere nicht aus. Aber der Ökonom zweifelte des Öfteren: Als der Leiter der Psychiatrie an der Uniklinik Ulm, Manfred Spitzer von steigenden Fallzahlen sprach, entgegnete Homburg: „Nur die Fallzahlen? Über PCR-Tests? Die diskutieren Sie? Und das nennen Sie Fallzahlen?“ Nach seiner Aussage, dass man ohne Test gar nichts von der Pandemie bemerken würde, ergänzte er immerhin selbstreflexiv „oder ist das zu provokant?“ Nein, das ist nicht provokant. Es ist schlicht Unsinn.

Es könnte auch morgen ein Meteorit einschlagen 

Ob Lockdown, Quarantäne, Maskenpflicht oder Impfung: Die Regierungsmaßnahmen waren im Corona-Quartett häufig Thema. Der Grundtenor vieler Teilnehmer*innen war, dass diese übertrieben und nicht notwendig sind. Roland Tichy, deutscher Publizist und Ökonom und ebenso dreifacher Gast, bezeichnete die Maßnahmen in Deutschland gar als „Dramaqueen-Nummer“ der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die sozialen Einschränkungen aufgrund von Corona beschrieb er folgendermaßen:

Ich würde es mal so auf den Punkt bringen: Wir machen aus Angst vor dem Tod Selbstmord gerade.“ (Roland Tichy, Folge 12, 06.12.20)

Auch Homburg ließ wenig Zuspruch für die politische Handhabung erkennen, er sei gegen Abstand und Feierverbote und ganz allgemein dagegen, „dass wir jetzt das Leben beenden, weil wir nie mehr sterben wollen“. Präventive Maßnahmen gegen eine Verbreitung von COVID-19 – wie etwa Lockdowns – bewertete er so:

„Es könnte auch morgen ein Meteorit einschlagen. Sollen wir dann heute alle Zuhause einsperren, damit sie nicht geschädigt werden?“ (Stefan Homburg, Folge 6, 25.10.20)

Zum Thema Lockdown formulierte auch Bhakdi in Folge 8 einen klaren Standpunkt:

Dieser Lockdown ist kriminell. Er ist kriminell, er ist ein Verbrechen gegen die Menschheit, weil es ganz klar ist, dass dieser Lockdown nie etwas Positives bewirkt hat (…) und es ist klar, das alles wird mit Angst und Panikmache getrieben.“ (Sucharit Bhakdi, Folge 8, 08.11.20)

Passend dazu hatten die Diskutant*innen keine sehr hohe Meinung von der Impfung. Laut der Publizistin Cora Stephan sei sie ein Anlass, um vom „hohen Ross der Panikpandemie“ herunterzukommen. Auch Bhakdi stand den Vakzinen kritisch gegenüber, ihm nach könnten diese zu Sterilität bei Frauen führen: „Das sind Dinge, die theoretisch schon auf dem Papier da sind“. Auf der Website des Impfherstellers Pfizer wird jedoch dezidiert angegeben, dass diese Annahme nicht von Daten unterstützt wird. Auch das Robert-Koch-Institut hat in einem sehenswerten Faktencheck klargestellt, dass diese Sorge unbegründet ist.

Folge 6 mit Ex-Fußballweltmeister Thomas Berthold, Public Health Experte Martin Sprenger, Stefan Homburg, Michael Fleischhacker und Kabarettistin Lisa Fitz (links nach rechts).

Eine besonders häufig diskutierte Regierungsmaßnahme war auch die Maskenpflicht. Für Homburg, Freund malerischer Vergleiche, sei nur Elitepersonal im OP-Saal“ im Stande, diese richtig zu verwenden:

„Ich meine, wir sagen ja auch nicht, an Gebäudereinigern sehen wir alle können Hochhäuser erklimmen und jetzt machen wir eine Rechtsverordnung, dass auch Alte und Kranke auf Hochhäuser klimmen müssen.“ (Stefan Homburg, Folge 1, 20.09.20)

Die Maskenpflicht für Kinder bereitete auch Bhakdi große Sorgen, denn:

„Wir wissen, dass Kinder, die Masken tragen, wo die CO2-Konzentration hochgeht, langsam vergiftet werden.“ (Sucharit Bhakdi, Folge 12, 01.11.20)

Auch dazu existieren zahlreiche entwaffnende Faktenchecks: Von DPA Faktchecking, Correctiv, APA Faktencheck und vielen – wirklich vielen – mehr.

Da waren es plötzlich fünf

Die ersten beiden Folgen des Corona-Quartetts fanden unmoderiert statt, ein roter Faden fehlte; deshalb wurde Michael Fleischhacker den Diskutierenden ab Folge drei zur Seite gestellt. Jedoch sah sich dieser teilweise lieber als Mitdiskutant als in einer moderierenden Rolle. Von sarkastischen Aussagen wie

„Wenn Sie jetzt ausplaudern, dass wir uns die Hand gegeben haben, haben wir beide ein Problem.“ (Michael Fleischhacker, Folge 5, 18.10.20)

Michael Fleischhacker in Folge 12.

…bis hin zu offenkundigen Unterstellungen wie

„Sie würden vielleicht nicht widersprechen, dass der eine oder andere Patient auf der Intensivstation liegt und nicht auf der Normalstation, weil das Verrechnungssystem für die Intensivstation mehr hergibt, oder?“ (Michael Fleischhacker, Folge 7, 01.11.20)

war Fleischhacker phasenweise mehr Anpeitscher als Moderator. So stellte er auch in den Raum, dass österreichische Kulturschaffende relativ still bezüglich der Regierungsmaßnahmen seien, weil sie von ebendieser finanziert werden würden. Zugutehalten muss man ihm jedoch, dass er beizeiten der einzige Puffer war, der so manche Schreiduelle der eingeladenen Gäste einbremsen konnte.

Best of Bhakdi

Kein*e andere*r Teilnehmer*in des Corona-Quartetts war so präsent wie Sucharit Bhakdi. Bekannt für sein Buch „Corona Fehlalarm?“, betrieb er auch einen YouTube-Kanal. Dieser wurde Ende 2020 wegen Verstoßes gegen die Community-Richtlinien gekündigt. Diese listen unter anderem eine Richtlinie zu medizinischen Fehlinformationen über COVID-19 auf. Bhakdis Aussagen bescherten ihm außerdem den Negativpreis „Goldenes Brett vorm Kopf“.

Er war der Einzige, dessen Werdegang, Herkunft und Elternhaus behandelt wurden, was zu einem zehnminütigen Monolog am Ende der achten Folge führte – immerhin fast ein Fünftel der Sendezeit. Auch einen Geburtstagswunsch durfte Bhakdi in Folge 7 formulieren:

„Wissen Sie, ich lebe in einem permanenten Albtraum. Ich sehe vor mir die armen Leute, meine Mitmenschen, die nicht so privilegiert sind. Vorne ist ein Rattenfänger, aber er fängt nicht Ratten, er fängt diese Menschen und er hat seine Pfeife. Und sie laufen ihm nach mit Maske. Und wer nicht mit Maske mitläuft, (…) wir bekommen Handschellen, (…) werden abgeführt und ich habe einen Wunsch: Ich möchte gerne, dass diese Menschen, dass wir aufhören, diese Masken zu tragen. Reißt die Masken runter. Gebt einander die Hand und fangt an zu singen. Mozart, Händel, Bach, sodass die Pfeife nicht mehr gehört wird und kehrt zurück in eure Häuser.“ (Sucharit Bhakdi, Folge 7, 01.11.20)

Bhakdi während seiner Neuinterpretation des Rattenfängers von Hameln in Folge 7.

Abschließend hielt Bhakdi auch bei seinem letzten Auftritt Anfang Dezember an seiner These fest, dass die Pandemie zu Ende sei. Als Fleischhacker sichtlich überrascht nachfragte, ob er denn sagen würde, dass das, was sich in den Krankenhäusern gerade abspiele, ein Fake sei, antwortete Bhakdi „Ja, das versuche ich die ganze Zeit zu sagen“. Das Problem sei ein falsches Label, weil ein PCR-Test zur Definition der Krankheit diene.

Polarisierung als Sendungskonzept

Diskussionen über COVID-19 und die Regierungsmaßnahmen dürfen natürlich durchaus kritisch und kontrovers sein, das ist keine Frage. Polarisierung zum Selbstzweck einer gesamten Sendreihe zu machen, ist jedoch höflich ausgedrückt: Mehr als fraglich. Das Ergebnis ist die Konstruktion einer Parallelrealität fernab jeglicher wissenschaftlichen Fakten. Das Corona-Quartett wurde so zur österreichischen Speerspitze verharmlosender (Falsch-)Information während einer weltweiten Pandemie.

Doch die Quoten bestätigen ServusTV: Im vergangenen November war er mit 3,3  Prozent Marktanteil der stärkste österreichische Privatfernsehsender. Personen wie Sucharit Bhakdi, Stefan Homburg und Co. ein breitenwirksames Medium zur Verbreitung ihrer Thesen fernab des wissenschaftlichen Konsens zu bieten, mag vielleicht marginalisierte Zuseher*innen anlocken und ein neues Publikum erschließen, aber zu welchem Preis?

 

Dieser Artikel entstand im Rahmen des Master-Studiums für Journalismus an der FH-Wien.


Update: Sucharit Bhakdi muss sich vor Gericht wegen des Verdachts auf Volksverhetzung verantworten. In erster Instanz wurde er freigesprochen.

In fast jeder zweiten Ausgabe der Kronen Zeitung ist 2020 zumindest ein Negativ-Artikel über Afghan:innen erschienen. In „Österreich“ war das in mehr als jeder fünften Ausgabe der Fall. Über Tschetschen:innen gibt es zwar weniger negative Texte, dafür hat 2020 weder die Krone, noch „Österreich“, und auch Der Standard und Die Presse keinen einzigen positiven Artikel über sie veröffentlicht. Missverhältnisse, die die Realität grob verzerren und Vorurteile verfestigen können.

In 44,6% der Ausgaben der Kronen Zeitung ist 2020 zumindest ein Negativ-Artikel über Afghan:innen erschienen, also an fast jedem zweiten Tag. Insgesamt sind es 247 Artikel über Mord, Körperverletzung, illegale Grenzüberschreitungen, Drogen- und Sexualdelikte von Afghan:innen, jeden davon haben über zwei Millionen Kronen-Zeitung-Leser:innen zu Gesicht bekommen.

Wie österreichische Printmedien 2020 über Afghan:innen berichteten:

Quelle: Eigene Erhebung

Ein Großteil der Berichte sind Einzelfälle, die meist keinen Raum für Unschuldsvermutungen zulassen. Diese unausgewogene Berichterstattung in der Kronen Zeitung macht Afghan:innen zu gefährlichen, aggressiven und kriminellen Menschen. In solchen Artikeln wird die Herkunft der Tatverdächtigen oft schon im Teaser oder im Titel genannt. Bei den anderen Beteiligten – hier ein „junger Mann“ und „zwei Frauen“ – verzichtet die Krone hingegen auf die Herkunftsbezeichnung. Diese ist offenbar nur für den mutmaßlichen Täter relevant.

Auffallend ist auch, dass in vielen Berichten die Tatgründe keine große Rolle spielen. Afghan:innen handeln scheinbar aus nicht erkennbaren Motiven. Sie sind „laut“, „aggressiv“ oder „uneinsichtig“ und drehen ohne ersichtlichen Grund „einfach durch„. In 83 der 247 Negativ-Artikel geht es um Körperverletzung oder Mord, am zweithäufigsten werden Afghan:innen als Sexualstraftäter und illegale Einwanderer genannt.

Diese Art der Berichterstattung ist darauf ausgelegt, zu schockieren und die mutmaßliche Gewaltbereitschaft einer Bevölkerungsgruppe anhand einzelner Fälle darzustellen, ohne auf gesellschaftliche Hintergründe und Probleme einzugehen, die zu solchen Vorfällen führen. Wie auch diese Beispiele zeigen:

Positive Berichte findet man nur selten. Nur in knapp 4,3% der 359 Krone-Ausgaben werden Afghan:innen 2020 in einem positiven Kontext erwähnt. Auffallend ist, dass sich die Positiv-Berichterstattung oft auf ihre Integrationsfähigkeit beschränkt – wie jener Artikel über Elias Zafari, der abgeschoben wurde, obwohl er als gut integriert galt. Positive Geschichten über die 43.654 in Österreich lebenden Menschen aus Afghanistan, die nichts mit deren Integration zu tun haben, sind hingegen Mangelware.

Auch „Österreich“ berichtet unverhältnismäßig viel Negatives

Ähnlich, wenn auch bei weitem nicht so drastisch, war die Berichterstattung von „Österreich“ bis inklusive November 2020. Hier sind es „nur“ 22,5% der Ausgaben, in denen 2020 ein negatives Bild von Afghan:innen gezeichnet wurde – was im Vergleich mit der tatsächlichen Kriminalität aber dennoch ein Übermaß ist. Dazu später mehr.

Generell beschreibt auch „Österreich“ diese Menschen oft pauschal als gewalttätig und gefährlich. Außerdem wird, genau wie in der Krone, zum Großteil über negative Einzelfälle berichtet. Nur sehr selten erfahren die Leser:innen etwas über die Hintergründe und etwaige Probleme in den Communities.

Wie österreichische Printmedien 2020 über Tschetschen:innen berichteten:

Quelle: Eigene Erhebung

Ein bisschen besser sieht es bei der Berichterstattung über Tschetschen:innen aus. Über sie gibt es 2020 „nur“ in etwa jeder fünften Ausgabe der Krone einen Negativ-Artikel (21,4%), in „Österreich“ waren es 14,6% der Ausgaben. Die Tonalität der Berichterstattung ist jener über Afghan:innen sehr ähnlich: Meistens geht es um Kriminalität, ohne einer Einordnung der dahinterliegenden Gründe und Probleme.

In diesem Bericht der Kronen Zeitung schaffen es Tschetschenen sogar in den Titel, obwohl nicht geklärt wurde, ob die Täter tatsächlich tschetschenischer Herkunft waren. Ob die Boulevardzeitung Vorurteile und Stereotype so bewusst verstärkt, sei dahingestellt.

Ab und zu kommen sogar beide Gruppen gemeinsam als Gewalttäter vor. In diesem Artikel wird eine vermeintliche Schlägerei zwischen Tschetschenen und Afghanen in der Krone als „Bandenkrieg“ und in „Österreich“ sogar als „Ethno-Bandenkrieg“ beschrieben. Es handle sich hierbei um „zwei verfeindete Ethnien„, wie „Österreich“ schreibt:

„Wir“ gegen „die Anderen“

Sieht man von der fragwürdigen Häufigkeit ab, in der diese Form der Berichterstattung auftritt, trägt auch die Sprache in den Boulevardblättern ihren Teil zur Bildung negativ besetzter Stereotype bei. In den meisten Artikeln werden Menschen mit Migrationshintergrund auf ihre vermeintliche Herkunft oder ihren Aufenthaltsstatus reduziert. Sie werden als Eindringlinge abgestempelt. Es wird häufig das Bild „Wir“ gegen „die Anderen“ erzeugt. Dass diese Einteilung im Boulevard mittlerweile ganz beiläufig passiert, zeigt dieser Artikel der Kronen Zeitung, in dem es eigentlich um die Festnahme von drei verdächtigen Schleppern gehen sollte:

Dennoch macht die Krone darauf aufmerksam, dass die „Illegalen“ – in diesem Fall geflüchtete Afghanen – „zu uns“ geschleust werden. Somit werden Menschen, die auf der Flucht sind, schon im ersten Satz als gefährliche Eindringlinge beschrieben, die nicht hierhergehören. Außerdem entsteht der Eindruck, sie wären eine Bedrohung für „unser“ Österreich. Auch, dass „ihre afghanischen Kunden“ von den Schleppern „chauffiert“ werden, trägt zur Verharmlosung der Schicksale dieser Menschen bei und lässt vergessen, dass es sich um Personen handelt, die ihr Zuhause meist unter lebensgefährlichen Umständen verlassen mussten.

Die Bildsprache ist häufig ebenfalls fernab von vorurteilsfrei. Der Einsatz von Bildern wie diesem widerspricht wohl nicht nur Punkt 7.1 des österreichischen Pressekodexes, laut dem Pauschalverunglimpfungen von Personengruppen unter allen Umständen zu vermeiden sind, sondern schafft negativ besetzte Stereotypen und Vorurteile gegenüber People of Color (POC) im Bewusstsein der Leser:innen, wie etwa die Zeitungswissenschaftlerin Samira El Ouassil schreibt.

Qualitätsmedien weitaus realitätsnäher

Anders die Darstellung in sogenannten Qualitätsmedien: Die Presse und Der Standard berichteten 2020 wesentlich seltener negativ über Afghan:innen. Die Presse in 9,4% und Der Standard sogar nur in 5,3% der Ausgaben. Auffallend ist, dass auch in der negativen Berichterstattung eher auf Hintergründe, Statistiken und Entwicklungen eingegangen wird als auf negative Einzelfälle. Durch die positiven und neutralen Berichte entsteht insgesamt jedenfalls ein wesentlich ausgeglicheneres Bild über den Alltag dieser Bevölkerungsgruppen in Österreich. Außerdem kommen in beiden Zeitungen Betroffene öfter selbst zu Wort und erzählen aus ihrem Leben oder über ihre Flucht. Es sei jedoch erwähnt, dass auch in der Presse ebenso wie im Standard 2020 kein einziger positiver Artikel über Tschetschen:innen erschienen ist.

Der größte Unterschied zwischen den negativen Berichten in Boulevard- und in Qualitätsmedien ist, wie berichtet wird. In diesen Auszügen eines Standard-Artikels geht es beispielsweise um die hohe Arbeitslosigkeit von Geflüchteten. Dabei wird über die Hintergründe berichtet und die Situation analysiert. Vermeintlich einfache Antworten werden mit Zahlen und Fakten relativiert, außerdem kommen Expert:innen zu Wort. Das sowohl Der Standard als auch Die Presse bei diesen Themen mehr Wert auf Hintergrundberichterstattung legen, ist augenscheinlich.

Die permanente und systematische Negativ-Berichterstattung, die in der Krone keineswegs nur 2020 stattfand, ist nicht nur journalistisch fraglich – sie steht auch in keinem Verhältnis zur Kriminalitätsstatistik.

Ein Vergleich mit der Kriminalstatistik

Nur 2,05% aller Tatverdächtigen in Österreich kommen aus Afghanistan. Unter allen ausländischen Tatverdächtigen machen Afghan:innen 5,1% aus. Wenn man diesen Prozentsatz nun mit der Anzahl der in Österreich lebenden Afghan:innen vergleicht, zeigt sich, dass maximal 14,3% der 43.654 in Österreich lebenden Afghan:innen als Tatverdächtige gelistet wurden. Dem gegenüber stehen knapp 86%, die sich nichts zu Schulden kommen haben lassen. Dass die Anzahl der Tatverdächtigen in absoluten Zahlen vermutlich niedriger ist, liegt nahe, weil ein und dieselbe Person für verschiedene Vergehen mehrfach gezählt werden kann.

Ein Vergleich der Kriminalstatistik 2019 mit der Berichterstattung der Kronen Zeitung über Afghan:innen:

Quelle: Eigene Erhebung, Bundeskriminalamt

Nun sind 14,3% nicht wenig und es ist definitiv ein Wert, um den es einen Diskurs geben sollte. Allerdings rechtfertigt er keinesfalls die Anzahl und die Art der Berichterstattung im Boulevard über einzelne Vergehen.

Wenn eine Bevölkerungsgruppe besonders häufig Straftaten begeht, sich besonders viele Arbeitslose unter ihr befinden oder sie anderweitig statistisch auffällig wird, ist klar, dass jedes journalistische Medium darüber berichten muss. Allerdings macht es einen gravierenden Unterschied, ob die Berichterstattung die Hintergründe erklärt, Expert:innen einbindet und auch der betroffenen Bevölkerungsgruppe Gehör schenkt. Oder ob scheinbar wahllos über negative Einzelfälle berichtet wird, und so nachweislich Vorurteile, Stereotypen und Feindbilder geschaffen werden.

Vorurteile bleiben Vorurteile

Wie die Journalistin Nina Horazcek und der Rechtswissenschafter Sebastian Wiese in ihrem Buch „Gegen Vorurteile“ schreiben, hat der hohe Prozentsatz ausländischer Tatverdächtiger in der Kriminalitätsstatistik mehrere Gründe.

Vor allem Menschen, die keinen Zugang zum Arbeitsmarkt und einen unsicheren Aufenthaltsstatus haben, greifen häufiger zu kriminellen Mitteln als andere. Auch Alter, Geschlecht, Wohnort und sozialer Status sind Faktoren, die Einfluss auf die Kriminalitätsanfälligkeit von Menschen haben. Viele dieser Faktoren sind bei Menschen aus Afghanistan und Tschetschenien überrepräsentiert.

Czernin Verlag

Wer also über die Kriminalität einer Bevölkerungsgruppe berichtet und diese Faktoren dabei nie thematisiert, wie vor allem die Krone Zeitung und „Österreich“ dies bei Afghan:innen und Tschetschen:innen tun, trägt maßgeblich dazu bei, dass sich Vorurteile und Stereotypen über Bevölkerungsgruppen in den Köpfen der Gesellschaft festsetzen. Dabei geht es weniger darum, dass ein einzelner Negativ-Artikel faktisch falsch ist, sondern darum, dass in der Summe der Berichterstattung ein völlig verzerrtes und unvollständiges Bild der Wirklichkeit vermittelt wird.

DerStandard.TV hat einen Videobericht über diese Recherche gemacht. Hier das Video:

Was ist unabhängige Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen? Nicht: Die Politik-Doku-Reihe „Baumeister der Republik“ auf ORF III. Das Format glorifiziert in seiner jüngsten Folge zwei ehemalige steirische Landespolitiker. Gegner kommen keine zu Wort. Dafür viele Freunde und ÖVP-nahe Experten. Nicht das erste Mal, dass die Doku-Reihe so Altpolitiker historisch verklärt.

„Josef Krainer versteht die Sprache des Volkes. Und das Volk ihn.“

So tönte es im Oktober 2020 nicht etwa auf einem ÖVP-Parteisender über den ehemaligen steirischen Landeshauptmann Josef Krainer senior, sondern auf ORF III. Im Rahmen der Dokumentationsreihe „Baumeister der Republik“ werden da nämlich „Die Krainers. Eine steirische Dynastie“ portraitiert: Josef Krainer senior (steirischer ÖVP-Landeshauptmann 1948-71) und sein Sohn Josef Krainer junior (steirischer ÖVP-Landeshauptmann 1981-96).

Teilten sich die Steiermark auf: Josef Krainer junior und Josef Krainer senior

Teilten sich die Steiermark auf: Josef Krainer junior und Josef Krainer senior

„Sein Verständnis der Macht ist ebenso einfach wie seine Prinzipien“ stimmt die Off-Moderation an und der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) setzt fort: „Schau den Leuten in die Augen, wenn du mit ihnen redest, schau den Leuten aufs Maul, aber rede ihnen nicht nach dem Mund.“
Ein Grundsatz, den die Dokumentation gegenüber ihren Porträtierten auch beherzigen könnte, es aber nicht tut.

„Josef Krainer führt die Steiermark (…) zu Prosperität und Wohlstand und steht dabei für Stabilität und Optimismus. (…) Josef Krainer junior (…) findet einen vom Vater aufbereiteten Boden vor.“

Das berichtet die Erzählstimme über die Nachkriegszeit. Mit keinem Wort wird erwähnt, mit welchen internationalen Mitteln die Steiermark da wiederaufgebaut wurde, beispielsweise jenen aus dem Marshallplan. Nein, nein, das waren alles genuin Krainer’sche Errungenschaften. Denn, so die Off-Stimme: „Es sind Vater und Sohn, die zu Wegbereitern für die moderne Steiermark werden. Zwei Ausnahmepolitiker vom selben Schlag (…) – eine steirische Dynastie“. Als wären Dynastien eine tolle Sache, und nicht etwas, das man demokratiepolitisch hinterfragen kann.

In der Doku kommen zahlreiche Fans zu Wort: „Volksverbunden, wie kaum ein anderer“ (Arnold Schwarzenegger), „immer herzlich, sehr humorvoll“ (Gerald Schöpfer, steirischer Ex-ÖVP-Landesrat) werden die Krainers da genannt. Und: „Es wäre die Steiermark in der Entwicklung wahrscheinlich überhaupt nicht zu erkennen, hätte es nicht diese beiden Menschen Krainer gegeben“ (Waltraud Klasnic, Nachfolgerin, steirische ÖVP-Landeshauptfrau 1996-2005). Kritische Stimmen von politischen Gegnern sucht man vergebens.

Inspiriert: Krainer junior und Arnold Schwarzenegger in den 1990ern

Volksverbunden: Krainer junior und Arnold Schwarzenegger 1990

Der Schauspieler Cornelius Obonya, der auch in anderen Folgen der „Baumeister der Republik“ den Erzähler gibt, beschreibt, wie Josef Krainer senior „mitten unter den Menschen“ im Wirtshaus Wein getrunken und „sich so ganz nebenbei die Nöte und Sorgen der Menschen angehört“ hat. Auch bei sich daheim habe er die Steirer empfangen: „Sein Haus war für alle offen. Immer.“

Doch Krainer senior soll nicht nur volksverbunden, politisch geschickt gegenüber der Bundes-ÖVP, sondern auch international orientiert gewesen sein. So weiß die Off-Stimme:

„Als 1969 die britische Königin Elizabeth (…) in die Steiermark kommt, wird sie weltgewandt von Josef Krainer empfangen. Für viele sogar ein Besuch auf Augenhöhe: der steirische Landesfürst empfängt die Queen.“

Ein österreichischer Landespolitiker auf Augenhöhe mit der Queen also. Und überhaupt: Fürst? Als wäre Österreich nicht bereits seit 1918 eine Republik.

Offenbar auf Augenhöhe: Krainer senior und die Queen

„Auf Augenhöhe“: Krainer senior und die Queen 1969

Krainer pflegt zu dieser Zeit auch Kontakte zum jugoslawischen Staatschef Tito, „da kommen möglicherweise auch zwei sehr ähnliche Typen aufeinander zu“, sagt Historiker Dieter-Anton Binder (Mitglied im katholischen, traditionell ÖVP-nahen Kartellverband). Warum ORFIII den Landeshauptmann eines international mäßig bedeutenden österreichischen Bundeslandes in eine Reihe mit weltweit bekannten historischen Figuren des 20. Jahrhunderts stellt, bleibt offen.

Nach diesen größenwahnsinnig anmutenden Vergleichen ist es nur logisch, dass der Doku-Erzähler Obonya auch aus einer Erinnerungstafel an Josef Krainer senior zitiert: „Er starb in der freien Weite des steirischen Landes, dem er entstammte und dem er –siebenmal zum Landeshauptmann gewählt– über 24 Jahre mit allen Kräften seines Herzens und Geistes diente. Als Landesvater bleibt er unvergessen.“ Ok, Boomer.

Josef „Joschi“ Krainer junior, dem die zweite Hälfte der Dokumentation gewidmet ist, schließt in den Augen von ORFIII an die Herrlichkeit seines Vaters an. „Er gilt als strategisches und organisatorisches Ausnahmetalent. Als moderner Intellektueller“, schwärmt die Off-Stimme.

Laut ORF III ein moderner Intellektueller: Josef Krainer junior

ORF III: Joschi Krainer „ein moderner Intellektueller“

Dabei gäbe es durchaus Kritisches über Josef Krainer junior zu berichten. So hat er während seiner Amtszeit einem Historiker und ehemaligen SS-Obersturmbannführer das Goldene Ehrenzeichen des Landes Steiermark verliehen. In der Doku kommt das aber nicht vor.

Dass Josef Krainer junior bei der Landtagswahl 1995 mit einem Minus von 8 Prozentpunkten eine saftige Niederlange einfährt und zurücktritt, wird im Film zwar angedeutet, aber die Off-Stimme beschwichtigt: „Josef Krainer junior geht aus freien Stücken, frei von Wehmut und Bitterkeit.“ Die lobendenden Abschlussworte über Josef Krainer junior leitet in der Dokumentation Krainers ehemaligen Sekretärin Anneliese Weixler ein: „Er ist immer am Heiligen Abend zu mir nachhause gekommen. (…) Das war für mich immer der schönste Moment des Jahres.“ Krainer als Heilsbringer? Das passt tatsächlich in das Gesamtbild der Dokumentation. Eine bemerkenswert unkritischen Mythisierung zweier steirischer Landeshauptmänner.

Aufmerksamen Medienkonsumenten ist die Doku-Reihe „Baumeister der Republik“ bereits im März 2019 mit ihrer Folge über Franz Dinghofer (1873-1956), deutschnationaler Politiker in der Zwischenkriegszeit, aufgefallen. Wie zahlreiche Zeitungen (darunter Die Presse, Der Standard, Kurier, Süddeutsche Zeitung) berichteten, hatte die Dokumentation die nicht ganz unwesentliche Information, dass Dinghofer NSDAP-Mitglied war, ausgelassen, und auch sonst ein freundliches Bild des deutschnationalen Dinghofer gezeichnet. Das Mauthausen Komitee hatte die Sache ins Rollen gebracht und Dinghofers NSDAP-Mitgliedschaft nachgewiesen.

Auch damals kamen fast nur freundliche Stimmen zu Wort. So etwa der FPÖ-nahe Historiker Lothar Höbelt, der Dinghofer als „Patriot“ bezeichnet, die erzkonservative NÖN-Herausgeberin Gudula Walterskirchen, die sich wundert, warum Dinghofer „da irgendwie aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden“ ist, und zahlreiche FPÖ-Politiker, darunter HC Strache.

Die Off-Erzählung verortet Dinghofers „politisches Vermächtnis in der Mitte“. Laut der Doku war Dinghofer ein „Demokrat“, ein „Mann der Kompromisse“ und ein „pragmatischer, aber wertbewusster Politiker“. Wie gesagt: Der Mann war NSDAP-Mitglied.

Die FPÖ veranstaltete im Februar 2019 eine Premiere des Films im Parlament. Auf Einladung der damaligen dritten Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller (FPÖ) und des damaligen FPÖ-Vizekanzlers HC Strache stellte ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz die Dokumentation vor: „Der ORF versteht sich als elektronisches Gedächtnis dieses Landes. (…) Dieses zu bewahren, zu vervollständigen, ist ein öffentlich-rechtlicher Kernauftrag, den wir gerne und umfassend (…) erfüllen“, sagte Wrabetz.

Leidet dieses Gedächtnis möglicherweise an einer selektiven Amnesie, bei der positive Informationen hervorgehoben und unangenehme schlichtweg vergessen werden?

 

Der Artikel entstand im Rahmen des Master-Studiums für Journalismus an der FH-Wien.

Wenige Tage vor der wichtigsten Wahl des Jahres, der Wiener Landtagswahl, bringt die Kronen Zeitung eine Coverstory, der es an jeglicher Substanz fehlt und die auf faktisch falschen und irreführenden Zahlen basiert.

Zur Beurteilung der Corona-Lage kann man eine ganze Reihe an Daten heranziehen. Die Zahl der Tests insgesamt, den Anteil der positiven Tests, die Zahl der positiven Fälle, auf welche Altersgruppen sich die Fälle verteilen, wie viel Zeit vom Erstverdacht bis zum Testergebnis vergeht, wie gut die Infektionsketten nachverfolgt werden können, wie viele Menschen in Krankenhäusern behandelt werden und wie sich die Lage dort entwickelt. Und und und.

Wer ein so vernichtendes und pauschales Urteil am Cover der auflagenstarken Wien- und Burgenlandausgabe fällt, der hat sich sicherlich mit mehreren dieser Zahlen befasst, richtig? Na gut, sagen wir zumindest mit einigen – oder jedenfalls mit mehr als nur einer einzigen, richtig?

Weil was wäre das sonst für ein Journalismus?

Machen wir es kurz: Die Krone begründet ihr Urteil im Blattinneren tatsächlich mit nur einer einzigen Zahl. „Lediglich erschreckende 17,2 Prozent“ der aktuellen Fälle seien in Wien Clustern zuzuordnen, schreibt das Boulevardblatt. Sprich: Bei mehr als 4 von 5 Infektionen würden die Behörden nicht wissen, wie sich das Virus verbreitet hat. Das wäre tatsächlich beunruhigend. Allein: Diese Zahl stimmt nicht.

Die Krone gibt als Quelle ihrer Zahl die Ages an – jene Behörde, die in Österreich Cluster auswertet und daher den besten Einblick hat. Auch die Ampel-Kommission des Bundes greift auf die Daten der Ages zurück. Am gleichen Tag, an dem die Krone dieses Cover druckte, veröffentlichte die Ampel-Kommission ihre aktuellen „Indikatoren zur Risikoeinstufung“ (Excel file). Und siehe da – es zeigt sich ein ganz anderes Bild:

Quelle: Ampel-Kommission, Indikatoren zur Risikoeinstufung (Stand Dienstag 6.10.2020, 24 Uhr für Empfehlung 8.10.2020). eigene Darstellung

Wien gelingt es demnach nicht bei 17,2 Prozent der Infektionen die Quelle zu finden, sondern aktuell bei 61 Prozent. Damit ist die Bundeshauptstadt zwar Schlusslicht aller Bundesländer, der Abstand zur Steiermark, Salzburg, Niederösterreich und Oberösterreich ist aber überschaubar. Wenn diese eine Zahl also entscheiden soll, ob die Kontrolle über Corona verloren wurde (was lächerlich ist – eine einzige Zahl wird diese Frage nie beantworten können), dann müssten auf dem Cover noch ein paar Bundesländer mehr stehen.

Davon abgesehen, ist die Aufklärungsquote in Wien im Vergleich zur Woche davor von 51 Prozent auf 61 Prozent gestiegen. Wien hat die Kontrolle also nicht verloren, sondern (in diesem Punkt) zuletzt wieder Boden gut gemacht.

Wie kommt es nun zu so einem Cover? Ironischerweise gibt die Online-Ausgabe des Artikels zwischen den Zeilen ein paar Hinweise darauf. Dort kann man nämlich herauslesen, dass die Zahlen aus dem ÖVP-geführten Innenministerium stammen. Wie Kobuk in Erfahrung bringen konnte, dürfte es sich bei den 17,2 Prozent um einen Tageswert handeln, der dem Krisenstab von der Ages übermittelt wurde. Die Ages selbst weist darauf hin, dass Tageswerte beispielsweise wegen der Datenübermittlung stark schwanken und die Kommunikation solcher Daten daher sinnlos und „nicht zielführend“ ist – nur kommt es eben darauf an, welches Ziel man verfolgt.

Was hier also geschehen ist, ist dass aus ÖVP-Kreisen ein nichtssagender Wert an die Krone gespielt wurde, um gegen die Wiener-SPÖ wenige Tage vor dem Wahlsonntag Stimmung zu machen. Die Krone macht sich hier somit mindestens zum Erfüllungsgehilfen, wenn nicht gar zum Mittäter im Wahlkampf-Hick-Hack.

Der Boulevard-Journalist Richard Schmitt hat eine Klage wegen Ehrenbeleidigung und Kreditschädigung gegen mich angestrengt und rechtskräftig verloren. Konkret ging es um einen Tweet, in dem ich auf einen Kobuk-Artikel über eine Arbeit Schmitts verlinkte – und dazu schrieb:

Wenn Richard Schmitt was schreibt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es nicht stimmt, recht hoch. Wenn’s um Verkehr geht, steigt sie gegen 100%.

FALTER 50/19: About Schmitt

FALTER 50/19: About Schmitt

Das klagte Schmitt. Und zwang meine Anwältin Maria Windhager und mich somit, vor Gericht den Beweis anzutreten, dass diese Aussage im Kern wahr ist. Was folgte, war ein langes Verfahren vor dem Handelsgericht Wien, mit über vier Stunden Verhandlung sowie über 70 Seiten schriftlicher Auseinandersetzung. (Alle Details zum Urteil am Ende des Artikels.)

Das Spannende daran: Es entstand eine umfangreiche Sammlung der journalistischen Höchstleistungen des Richard Schmitt, quasi ein Best Of. Und da das nicht in Gerichtsdokumenten verschwinden soll, folgt hier die Zusammenfassung.

Exkurs: Wer ist Richard Schmitt?

Schmitt ist der ehemalige Chefredakteur von Krone.at und aktuelle Chefredakteur von Oe24.at. Kaum jemand beschäftigt mit seinen Produkten den Presserat mehr als er. Mit HC Strache wollte er ein neues Medium gründen.

Im Zuge eines Versuchs, einen Vergleich zu schließen – siehe Berichterstattung, einigten wir uns auf folgende Formulierung eines Tweets, den ich absetzen hätte sollen:

Ich habe den Tweet gelöscht, er war zu hart formuliert. Mir war in dem Tweet wichtig aufzuzeigen, dass Richard Schmitt zu tendenziöser Berichterstattung neigt, besonders b. Thema Verkehr, sowie Fakten manipulativ einsetzt.

Die Formulierung „..Fakten manipulativ einsetzt“ war der Vorschlag der Gegenseite (!), wir hatten „..pflegt einen schlampigen Umgang mit Fakten“ vorgeschlagen.

So viel zu Richard Schmitts Selbstverständnis als Journalist.

Best of Richard Schmitt – 18 Fälle

Dies sind die wichtigsten Fälle, die wir dem Gericht zur Untermauerung der im Tweet getätigten Aussage vorgelegt haben, chronologisch sortiert. Es ist ein bisschen eine willkürliche Auswahl – es hätte noch einige Beispiele dieser Art mehr gegeben – aber sie geben einen guten Einblick in die Denk- und Arbeitswelt des Richard Schmitt. Und: Sorry, das wird lang.

1. „Degradierung“ von Natascha Kampusch zum Objekt, 2007

In seiner Zeit als Chefredakteur der Zeitung „Heute“ wurde diese verurteilt, weil in drei Artikeln der höchstpersönliche Lebensbereich des Entführungsopfers Natascha Kampusch verletzt wurde.

Der OGH spricht in seiner Urteilsbegründung von einer „realitätsverzerrend zum Objekt einer klischeehaften Spekulation über ihre ‚erste Liebe‘ degradierenden medialen Darstellung“. Gegenüber dem „Standard“ rechtfertigte sich Richard Schmitt damals damit, dass die Story „dezent“ gewesen sei. „Noch dazu bei so einer netten Geschichte.“

Nach dem Urteil des OGH wurde die Kampagne gegen Natascha Kampusch aber noch intensiviert, indem aus den vertraulichen Akten zitiert wurde, in denen Inhalte aufgezeichnet waren, die Natascha Kampusch nach ihrer Befreiung einem Arzt und einer Polizistin anvertraut hatte. Ein Staatsanwalt sprach damals von „einer Schweinerei der Sonderklasse“. Frau Kampusch selbst sprach entsetzt über dieses Vorgehen von einem „Tiefpunkt des Journalismus“. (Siehe „Falter“ Nr. 17 / 2008)

2. Negativpreis Rosa Koffer, 2012

Das Frauennetzwerk Medien verlieh Richard Schmitt 2012 den Negativpreis „Rosa Koffer“ – ein Upgrade vom „Rosa Handtaschl“ extra für ihn – wegen einer beispiellos frauenfeindliche Kampagne: Richard Schmitt habe es sich als Redakteur der „Kronen Zeitung“ anscheinend zur persönlichen Aufgabe gemacht hat, die Wiener Vizebürgermeisterin und Finanzstadträtin Renate Brauner „abzuschießen“.

3. Die vermeintlich versickerte Milliarde, 2012

2012 veröffentlichte Richard Schmitt in der „Krone“ einen Artikel mit dem Titel „Eine Milliarde ist versickert“ samt einer Tabelle „Das ABC der teuersten Skandale in Wien“. Doch war diese vermeintliche Milliarde an in der Stadt Wien versickerten Geldern lediglich eine Behauptung der ÖVP Wien, die Schmitt offenbar ungeprüft übernahm. Viele der Zahlen halten einer genauen Betrachtungen nicht stand.

Richard Schmitt rechtfertigt im Zuge des Verfahrens so:

Es wird ausgeführt, dass der Kläger lediglich eine von der ÖVP erstellte Auflistung zitiert hat. Es wird in diesem Artikel unmissverständlich darauf hingewiesen, dass es sich um eine Auflistung der ÖVP handle, sodass schon aufgrund dieses Hinweises keine Täuschung der Leser und somit eine unwahre Berichterstattung vorliegen kann.

Wir haben den Fall damals im Artikel Wiener Skandale – Krone druckt falsche Parteipropaganda einer Überprüfung unterzogen.

4. Das Märchen mit der gekündigten Kindergartenpädagogin, 2015

In einem Artikel vom 22. August 2015 mit dem Titel „Im Kindergarten. Pädagogin erklärt Kindern Weihnachten – gekündigt“ behauptet Schmitt, dass die Angestellte eines Kindergartens der Stadt Wien gekündigt worden wäre, weil sie „über Christus geredet“ oder das „Weihnachtsfest erklärt“ habe. Der Artikel stellt in einer Zwischenüberschrift die Suggestivfrage: „Verbot in Kindergärten, über Christus zu reden?“

Als dieser Vorwurf damals auch von HC Strache im Rahmen der  TV-Elefantenrunde zur Wien Wahl 2015 wiederholt wurde, besorgte ich mir die vierseitige Niederschrift der zuständigen Magistratsabteilung und veröffentlichte sie hier auf Kobuk: Das Krone-Weihnachtsmärchen mit der gekündigten Pädagogin.

Das Protokoll zeichnet das Bild einer Kindergartenpädagogin, die Kolleginnen und Kollegen zu religiösen und politischen Themen mit Broschüren der „Kaiser Karl Gebetsliga“ zu missionieren versuchte, das praktizierte Konzept gendersensibler Pädagogik oder auch Aktivitäten wie das „Gespensterfest“ nicht mit ihrer Rolle als Christin vereinbaren konnte und sich allgemein unkooperativ verhielt. Dem Protokoll ist allerdings nicht zu entnehmen, dass die Pädagogin gekündigt worden wäre.

Richard Schmitts Rechtfertigung vor Gericht:

Es wird darauf verwiesen, dass dieser Artikel richtig recherchiert wurde. Dem Kläger wurde der Sachverhalt genau so von der betroffenen gekündigten Lehrerin erzählt.

Dass hier die Unwahrheit verbreitet wird, wurde selbst von der Zeit im Bild 2 festgestellt, die aufgrund der Wiederholung dieser Behauptung durch Heinz-Christian Strache, die Aussage einem Faktencheck unterzog. Unter Berufung auf die von Kobuk.at veröffentlichte Niederschrift und weitere Recherchen kamen auch die Redakteurinnen und Redakteure der Zib2 zum Schluss, dass die Behauptung „nicht richtig“ ist.

5. Schmitts Fahrradpropaganda, 2015

Ein schönes Beispiel für Richard Schmitts „manipulativen Umgang mit Fakten“ (Eigenzuschreibung) lieferte er in seiner Krone-Kolumne „Wiener Melange“ am 30. August 2015. Hier behauptete er, der Radanteil in Wien sei „um bloß 2 % auf 7 % gestiegen, die Zahl der Radunfälle nahm aber im gleichen Zeitraum deutlich zu.“

Lesenswert dazu die Urteilsbegründung des Richters:

„Durch die Beifügung des Wortes ‚bloß‘ zu den nominell kleinen Zahlen von fünf und sieben wird dem durchschnittlichen Leser des Boulevardmediums Kronen Zeitung die tatsächliche Relation verschleiert. Eine Steigerung von 5 auf 7 Prozentpunkte beträgt 40 %, was beim Thema wie der Verkehrsmittelwahl, die sich in der Vergangenheit nicht sprunghaft veränderte, in einem Zeitraum von vier Jahren einen erheblichen Zuwachs bedeutet. Zum Vergleich: Eine 40 %ige Zunahme des Autoverkehrsanteils binnen vier Jahren wäre wohl eine Veränderung, die für Wien kaum verkraftbar wäre.

Die Zahl der Radunfälle ist in den letzten drei Jahren vor Erscheinen des Artikels vergleichsweise konstant geblieben. Trotz eines zwischenzeitigen Anstieges von 2013 auf 2014 lagen beide Werte unter jenem für 2012.

Der vom Kläger erweckte Eindruck ist daher falsch; der Fahrradverkehr ist in den Jahren vor dem Erscheinen des Artikels nicht gefährlicher, sondern im Gegenteil sicherer geworden.“

6. Das falsche Kindergartenfoto, 2015

Am 15. Oktober 2015 veröffentlichte Schmitt in seiner Kolumne „Wiener Melange“ ein Foto einer „Krone“-Leserin. Das Foto zeigt eine vollverschleierte Frau neben einer Kindergruppe auf dem Wiener Naschmarkt.

Er schreibt dazu, dass es sich bei der vollverschleierten Frau um eine Kindergartenpädagogin aus einem Kindergarten in der Arnethgasse in Wien Ottakring handle, die sich mit einer Gruppe an Kindern aus diesem Kindergarten auf einem Ausflug am Wiener Naschmarkt befinde.

Die Behauptung, die Frau wäre Pädagogin in besagtem Kindergarten, wiederholt er fünf Tage später im Artikel „Islamischer Kindergarten vor Sperre“. Wie jedoch ein Artikel aus der Wochenzeitung „Falter“ vom 21. Oktober  zeigt, war die Behauptung falsch:

Es offenbart sich ein (von dem Redakteur mittlerweile eingestandener) Recherchefehler […] Sowohl die MA 11 als auch der Kindergarten widerlegen, dass die Verschleierte in dem von der Krone genannten Kindergarten arbeitet.

Der „Falter“ schildert, dass ein Lokalaugenschein genügt hätte, um auszuschließen, dass es sich bei der abgebildeten Frau um eine Kindergartenpädagogin aus diesem Kindergarten handelt.

7. Die Recherche-Meisterleistung mit der roten Welle, 2016

In einer Kolumne vom 13. Oktober 2016 behauptet Schmitt, die Stadt Wien würde Autofahrer mit bewussten roten Wellen “sekkieren”. Als Beleg führt er einen Leserbrief sowie einen eigenen Test (!) an. Experten kommen nicht zu Wort. Auch eine Stellungnahme der Stadt wurde nicht eingeholt.

8. Die vermeintlichen Blitz-Kurse für Zuwanderer, 2016

Ein weiteres Beispiel für die verzerrte Darstellung von Migrationsthemen liefert Schmitt in seiner Kolumne vom 27. Oktober 2016. Er behauptet, dass „zugewanderte Afghanen, Iraker, Nigerianer etc. (noch dazu ohne Deutschkenntnisse)“ einen „Blitz- Kurs“ besuchen könnten, welcher nur 200 Tage dauere und dieser mit acht Jahren Schulausbildung gleichzusetzen ist.

Dazu schreibt der Richter in der Urteilsbegründung:

„Dem durchschnittlich verständigen Leser der Kronen Zeitung wird durch den oben zitierten Text der Eindruck vermittelt, es gäbe Sonderregelungen, die Migranten einen im Vergleich zu Österreichern erheblich vereinfachten Zugang zum Pflichtschulabschluss ermöglichten, insbesondere, dass ihre Ausbildung 200 Tage statt acht Jahren dauern würde und keine Prüfung erforderlich wäre. (..)  Die vom Kläger suggerierte Bevorzugung von Migranten hält einer Überprüfung anhand der gesetzlichen Bestimmungen nicht stand.“

9. Die „wahren“ Kosten der Asylkrise, 2016

Am 28. August 2016 veröffentlichte Schmitt einen doppelseitigen „Im Brennpunkt“- Artikel mit dem Titel „Die wahren Kosten der Asylkrise“ und dem Aufmacher: „So viel kostet die Asylkrise wirklich“.

Zunächst schreibt er, dass aktuell 35.000 Menschen, aufgrund positiver Asylbescheide die bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehen würden. Jeder dieser 35.000 Personen würde so sie Mindestsicherung beziehen, also € 837,76 pro Monat erhalten.  „Jeder der 35.000 Migranten, die bereits im Mindestsicherungssystem sind, erhält 837,76 € pro Monat.“

Der Richter dazu in seiner Urteilsbegründung:

„Der im Artikel genannte Betrag ist ein Höchstbetrag, der bei weitem nicht für alle Beziehern zur Anwendung kommt und auf den das jeweilige Eigeneinkommen anzurechnen ist. Auch bei Aufwendung minimaler journalistischer Sorgfalt wäre es dem Kläger daher möglich gewesen, zu erheben, dass die von ihm vorgenommene Multiplikation des Höchstbetrages mit der von ihm genannten Zahl der Migranten im Mindestsicherungssystem keine sinnvolle Berechnungsmethode zur Ermittlung der tatsächlichen Ausgaben darstellen kann.“

Schmitt rechtfertigt sich so:

Es wird vorgebracht, dass dem Kläger die Höhe der Mindestsicherung vom zuständigen Magistrat mitgeteilt wurde und er diese einfach nur weitergeleitet hat, sodass hier kein Recherchefehler vorliegt. Sollte dem Kläger von der Magistratsabteilung eine unrichtige Zahlung genannt worden sein, so ist ihm dies nicht vorwerfbar.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass sich die falschen Behauptungen unter dem Titel „Die wahren Kosten der Asylkrise“ finden.

10. Nur 100 studierende Asylwerber, 2016

In einem Artikel vom 31. März 2016 mit dem Titel „Von 111.026 Flüchtlingen studieren nur 100“ behauptet Schmitt, dass von 111.026 Personen, die seit Sommer 2015 als Asylwerberinnen und Asylwerber nach Österreich kamen, nunmehr lediglich 100 studieren würden.

  • Er bezieht sich dabei auf ein Schreiben der Universitätsverwaltung einer nicht näher benannten Wiener Universität. Für die Zahl an Asylwerbenden wird eine bundesweite Zahl herangezogen, für die Zahl der Studierenden lediglich Angaben einer Universität.
  • Weiters besteht die herangezogenen Personengruppe zu einem nicht unwesentlichen Teil aus minderjährigen Personen (37 % der Asylwerber von 2015 sind minderjährig), von welchen (noch) kein Studium an einer Universität erwartet werden kann.
  • Zu berücksichtigen wären auch jene Personen, die bereits ein Studium abgeschlossen haben oder andere Berufsausbildungen abgeschlossen haben.
  • Dazu nimmt eine Nostrifizierung von Zeugnissen etc. durchaus längere Zeit in Anspruch, bevor man zur Inskription berechtigt ist.

Die Replik Richard Schmitts fiel so aus:

Es wird ausgeführt, dass hier der Kläger die journalistische Sorgfalt jedenfalls befolgt hat und ihm nichts vorzuwerfen ist, zumal ihm diese Zahl von der Universität Wien genannt wurde. Der Kläger hat mit der Pressestelle der Universität Wien Kontakt aufgenommen und wurde ihm dabei mitgeteilt, dass nur 100 studieren würden.

Siehe auch den Kobuk-Artikel Zahlenspiel der Krone lässt Flüchtlinge dumm aussehen.

11. Gratisfrühstück für Drogensüchtige, 2016

Sie spritzen kein Opium? Nehmen kein LSD? Dann haben Sie, liebe Leser, leider keinen Anspruch auf ein vom Wiener Steuerzahler finanziertes Gratisfrühstück.

Das schrieb Schmitt in einem heftigen Kommentar über Betreuungsangebote von Wiener Drogenberatungs- und -behandlungseinrichtungen. Lesenswert dazu der Offene Brief von KlientInnen und MitarbeiterInnen dieser Einrichtungen:

Menschenverachtend. Letztklassig. Widerwärtig. Abstoßend. Richard Schmitt, Kronen Zeitung.

12. Maschinengewehre auf der Donauinsel, 2017

Im Juni 2017 war auf Krone.at, dessen Chefredakteur Richard Schmitt war, zu lesen, die Polizei hätte kurz vor dem Donauinselfest auf der Donauinsel zwei Maschinengewehre und eine Faustfeuerwaffe gefunden. Nichts davon stimmte, wie die Polizei mitteilte:

Schmitt rechtfertigte sich damit, dass er den Artikel nicht verfasst habe, wie er auch bei anderen Gelegenheiten die Annahme von sich wies, er trüge Verantwortung für Artikel, die in Medien erschienen waren, für die er verantwortlich zeichnete.

Der Richter dazu in der Urteilsbegründung:

Die Frage, wie weit die Verantwortung des Klägers für Artikel zu bemessen ist, die nicht von ihm verfasst wurden, jedoch unter seiner Leitung als Chefredakteur publiziert wurden, kann dahingestellt bleiben, weil bereits die von ihm geschriebenen Artikel die Äußerung des Beklagten rechtfertigen.

13. Wieder ein falsches Kindergartenfoto, 2017

Am 25. Juni 2017 veröffentlichte Schmitt unter dem Titel „Kopftuch: Bei Kindern Alltag“ eine weitere Islamkindergarten-Story, wieder mit falschen Fotos. Dies führt in der Folge zu einer Rüge durch den Presserat sowie einer rechtskräftigen Verurteilung durch das Handelsgericht.

14. Die Stadt Wien verschweigt die Mohammeds, 2017

2017 veröffentlichte Schmitt sowohl in der Printausgabe der „Kronenzeitung“ als auch auf „Krone.at“ den Artikel „Mohammad bereits auf Platz fünf der Kindernamen!“, dies würde die Stadt Wien aber verschweigen.

Richter Exner dazu in seiner Urteilsbegründung:

„Der Artikel vermittelt dem durchschnittlich verständigen Leser der Kronen Zeitung den Eindruck, dass die Stadt Wien bewusst verschweigen würde, dass der Vorname Mohammad bereits der fünftbeliebteste für Neugeborene wäre.

(Ausführliche Begründung:)

Es ist jedoch gerichtsnotorisch, dass die Vornamenstatistik sowohl der Stadt Wien als auch der Statistik Austria seit Jahren sowohl mit exakter Schreibweise als auch phonetisiert (Wien) bzw. etymologisiert (Statistik Austria) veröffentlicht werden. Wenn also ein Vorname besonders viele Variationen aufweist, wie zB Mohammad (Muhammad, Muhammed, Mohamed, Mohammed, Mohamad, Muhamed, Muhammet, …), scheint er in der erstgenannten Statistik weiter hinten platziert, jedoch häufig auf, während er bei der zweitgenannten Statistik nur ein Mal, jedoch weiter vorne, enthalten ist.

Warum die Stadt Wien nur eine der beiden Statistiken an die Medien versendet, kann viele Gründe haben. Der Vorwurf der Verschleierungsabsicht erscheint jedoch angesichts der Untauglichkeit des Versuchs der Täuschung redlicher Journalisten unhaltbar, ist doch mit einem Blick auf die nicht zusammengefasste Statistik sofort erkennbar, dass unter den Bubennamen Mohammad in unterschiedlichen Schreibweisen mehrfach in den vorderen Rängen aufscheint. Zudem ist die vermisste Statistik seit Jahren im Internet abrufbar. Ein Verschweigen wäre selbst gegenüber einem Journalisten, der nicht recherchiert, sondern die übermittelte Statistik bloß oberflächlich betrachtet, unmöglich.

Die vom Kläger vermittelte Aufregung über einen aufgedeckten Missstand lässt bei genauerer Betrachtung jedes Substrat vermissen.“

15. „Radler verletzen 74 Fußgeher“, 2018

Der Stein des Anstoßes, der Kobuk-Artikel, der Richard Schmitt so in Rage brachte, dass er den Rechtsweg einschlug.

Die richterliche Beurteilung liest sich so:

„Der gesamte Artikel handelt von der Gefahr, die von Radfahrern ausgeht. Durch die übergangslose Aneinanderreihung der oben festgestellten Sätze gewinnt der durchschnittlich verständige Leser der Kronen Zeitung den Eindruck, die elf Verkehrstoten seien auf Unfälle von Fußgängern mit Fahrrädern zurückzuführen. Der Satz davor und der Satz danach handeln ausdrücklich von Radfahrern, nur der entscheidende Satz dazwischen nicht. Nur bei besonders sorgfältigem Lesen und Kenntnis der Verkehrstotenstatistik könnte auffallen, dass der mittlere Satz einen Themenbruch darstellt.

Eine derartige Aufmerksamkeit kann dem durchschnittlichen Konsumenten dieses Boulevardmediums nicht unterstellt werden, der von ihm wahrgenommene Inhalt ist falsch.“

16. Die vermeintliche Spur nach Wien, 2018

In einem Artikel vom 29. September 2018 unter dem Titel „Journalistenmord: Spur nach Wien“ wird in der „Kronen Zeitung“ über den Mord an dem slowakischen Journalisten Jan Kuciak berichtet.

Darin heißt es wörtlich: „Slowakische Auftragskiller erhielten spezielles Training mit halbautomatischen Waffen auf einem Schießplatz in Wien- Stammersdorf.“ Tatverdächte aus dem Mordfall Jan Kuciak sollen also in Wien ausgebildet worden sein.
Die „Kronen Zeitung“ selbst sah sich zwei Tage später, am 30.09.2018, gezwungen eine Richtigstellung vorzunehmen: In dem Artikel mit dem Titel „Wir trainieren keine Mörder!“ wird festgestellt, dass Tatverdächte in der Causa Jan Kuciak niemals in Wien an einem Waffentraining teilgenommen haben, sondern vielmehr in Polen. Das tags zuvor verleumdete österreichische Schulungsunternehmen bekam ausführlich Platz zur Selbstdarstellung.

Glaubwürdigen Quellen zufolge stammt die relevante Falschinformation von Richard Schmitt, er wurde intern entsprechend gerügt. Er selbst verantwortet sich so:

Es wird darauf verwiesen, dass der Kläger für diesen Artikel lediglich die Hintergrundinformation über die Ausbildungsstätte von einem Konkurrenzunternehmen in der Slowakei erhalten und diese weitergegeben hat. Verfasst wurde der genannte Artikel von Frau Martina Prewein und Herrn Christoph Budin.

 

17. Fälschung eines Demo-Fotos, 2018

Der Artikel Schmitts „Grünen-Politiker in Salzburger Gipfel-Randale“ vom 21. September 2018 veranlasste den Österreichischen Presserat zur Rüge aufgrund eines Verstoßes gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse. Hintergrund war ein manipuliertes Lichtbild, das den damaligen MEP Michel Reimon so darstellt, als wäre Reimon Teil einer gewaltbereiten Demonstration.

Der 2. Senat des Presserats merkte dazu an:

Anscheinend wollten die Redakteure den Grünen- Politiker gezielt mit vermummten und gewaltbereiten Demonstranten in Verbindung bringen.

Schmitt selbst bezeichnete die Bildfälschung als „Collage“.

18. Stimmungsmache mit Messer-Migranten, 2018

Am 04.11.2018 behauptete Richard Schmitt im sowohl auf „Krone.at“ als auch im Print verbreiteten Artikel “GRENZSTURM DROHT – Experten zu ‚Krone‘: ‘Jetzt kommen ganz andere‘”, in Bosnien “hoffen mehr als 20.000 Migranten auf die Chance eines Durchbruchs nach Mitteleuropa. Sie sind bewaffnet, fast alle haben ein Messer“.

Trotz eines Faktenchecks der ARD beim UNHCR, wonach in Bosnien im Jahr 2018 insgesamt 20.000 Migranten registriert wurden, sich aber nie gleichzeitig dort aufhielten, ist der Artikel bis heute unverändert online.

Der Presserat sprach eine Rüge in mehreren Punkten aus.

Das Urteil

Das HG Wien als Erstinstanz hat die Klage Schmitts am 31. August 2020 zur Gänze abgewiesen, das Oberlandesgericht Wien hat dieses Urteil in zweiter Instanz nach einer Berufung Schmitts bestätigt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Der Richter der Erstinstanz, Rat Jürgen Exner, begründete sein Urteil im Wesentlichen damit, dass durchschnittliche Twitter-UserInnen meinen Tweet als Äußerung einer negativen Meinung über Schmitt verstehen.

Zwar sei der Tweet nach seinem Wortlaut grundsätzlich eine Tatsachenbehauptung, allerdings sei für durchschnittliche LeserInnen leicht erkennbar, dass es sich um eine stilistische Übertreibung zwecks persönlicher Kritik an den Publikationen von Richard Schmitt handle; niemand würde ernsthaft davon ausgehen, dass Schmitt zu 100% Falsches publiziere.

In meinem Tweet werde daher ein Werturteil geäußert, für das es eine ausreichende Tatsachengrundlage gebe:

Die festgestellten Unrichtigkeiten mögen nur einen Bruchteil des journalistischen Werkes des Klägers betreffen, reichen jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts aus, um im Zusammenhalt mit der zugestandenen tendenziösen Berichterstattung die vom Beklagten geäußerte Kritik zu rechtfertigen.

Auch für das OLG lag „weder ein Wertungsexzess vor, noch werden die Grenzen zulässiger Kritik überschritten“. Der Kritik liege „ein ausreichendes Tatsachensubstrat zugrunde“.

Die Spende

Als die Klage bekannt wurde und wir einen Rechtshilfetopf einrichteten, kam innerhalb kurzer Zeit die unglaubliche Summe von €13.195 an Spenden zusammen. Eine wunderbare Welle der Solidarität. Herzlichen Dank an alle!

Diese Summe habe ich (abzüglich Nebenkosten), am 2. Juni 2021 als Spende dem Verein Reporter ohne Grenzen Österreich überwiesen.

Helge Fahrnberger, Hans Kirchmeyr (Kobuk.at) und Rubina Möhring (Reporter ohne Grenzen) bei der Spendenübergabe

Ich bin sehr froh, dass ich nicht auf den – inhaltlich bereits ausverhandelten – Vergleich eingegangen bin, denn Schmitt wollte, dass ich die halben Gerichtskosten sowie die Kosten meiner Rechtsvertretung tragen solle. Das war für mich nicht akzeptabel, immerhin habe ich die Spenden nicht erhalten, um schnell den Schwanz einzuziehen, sondern um mich gegen diese Einschüchterungsklage wehren zu können.

Die Spendenempfängerin Reporter ohne Grenzen fand der Richter angesichts Richard Schmitts notorischem Faible für Migrationsthemen übrigens recht lustig.

Gefällt dir der Artikel? Wenn du möchtest, dass wir auch in Zukunft solche Recherchen veröffentlichen können, kannst du uns gerne unterstützen. Hier erfährst du alle Hintergründe.

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Anhang: Die Gerichtsdokumente

15. März 2019:
Klage Schmitt
19. Februar 2020:
Aufgetragene Replik Schmitt
31. August 2020: 🏁
Urteil des Handelsgerichts Wien
24. September 2020:
Berufung Schmitt
5. März 2021: 🏁
Urteil des Oberlandesgerichts Wien (rechtskräftig)

Mario Barth widmete sich am Mittwoch auf RTL dem Diesel und angeblich total überzogenen Luftgrenzwerten. Das alles ungefähr im Stil eines Aufklärungsfilms der Tabakindustrie aus den 1960ern über die Harmlosigkeit des Rauchens. Zufällig aber hatte tags zuvor „Die Anstalt“ im ZDF das gleiche Thema. Das gibt uns die einmalige Möglichkeit, das öffentlich-rechtliche und das private Format in einem spektakulären Videozweikampf gegeneinander antreten zu lassen:

Das Video enthält nur einen Bruchteil der absolut sehenswerten „Anstalt“, die ganze Folge gibt es hier (bis 11.03.2020).

Das war übrigens nicht die erste „Verschwörung“, die Mario Barth aufdeckte. 2016 postete er auf Facebook ein Video, das beweisen sollte, dass die Demonstrationen vor dem Trump-Tower in New York eine Erfindung der Medien seien. Dumm nur: Die Proteste haben am Abend stattgefunden, Barth filmte den ruhigen Platz tagsüber. Das Video wurde in einschlägigen Kreisen begeistert aufgenommen. Österreichs Vizekanzler teilt es bis es zum heutigen Tag mit den Worten:

Mario Barth zeigt auf, wie uns diverse Medien für dumm verkaufen wollen…… Es finden keine Massendemos vor dem Trump-Tower in New York statt.