In zahlreichen Medien ist zu lesen, dass Österreichs Luftraum „unüberwacht“ sei. Das hat faktisch nie gestimmt. Das Verteidigungsministerium dementierte die Berichte allerdings nicht – und hat dafür offenbar Gründe.
„Luftraum über Österreich seit Freitag ungeschützt“, berichtet die Kronen Zeitung am 17. November. Und weiter: „Seit Freitagnachmittag kann am Himmel über Österreich theoretisch jeder machen, was er will.“ Man meint einen neuen Missstand beim österreichischen Bundesheer aufgedeckt zu haben.
Zahlreiche Medien übernahmen die Geschichte, mal reißerischer, mal weniger. Die Kernbotschaft vermittelten sie jedenfalls allesamt: Der Luftraum über Österreich sei ungeschützt. Neben Heute und Oe24 verbreiteten auch Der Standard, Kurier und der ORF die Schreckensnachricht.
Dabei hätte schon ein bisschen Recherche gereicht, um erstens die Fakten zu ermitteln und zweitens den Spin zu riechen, der hier offenbar verbreitet wurde.
Doch der Reihe nach. Mit „Luftraum ungeschützt“ ist gemeint, dass am 16. und 17. November die Eurofighter nicht starten konnten. Der Grund dafür ist ein Überstundenabbau bei Fluglotsen.
Luftraum war nie ungeschützt
Die Eurofighter sind das Herzstück der Luftabwehr, doch laut der Homepages des österreichischen Verteidigungsministeriums besteht die österreichische Luftraumüberwachung längst nicht nur aus dem Einsatz von Eurofightern. Sie setzt sich aus der sogenannten aktiven und der passiven Luftraumüberwachung zusammen. „Dabei bildet das Luftraumbeobachtungs- und Führungssystem „Goldhaube“ die passive Komponente der Überwachung. Als aktive Komponente kommen die Düsenjets des Überwachungsgeschwaders sowie die bodengestützten Systeme der Fliegerabwehrtruppe zum Einsatz“, heißt es. Diese Informationen kommen in den Medienberichten nicht vor.
Jetzt könnte man annehmen, dass das Bundesheer die Berichte dementieren würde. Es macht schließlich kein gutes Bild, wenn in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, Österreichs Luftraum sei „völlig ungeschützt“. Doch Dementis gab es nicht, im Gegenteil. In den diversen Berichten kommen sowohl Experten des Bundesheeres als auch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner zu Wort, die das Narrativ des „ungeschützten Luftraums“ zwar nicht explizit bestätigen, aber auch nicht widersprechen. Vielmehr sagen sie sinngemäß, dass die Personalnot ein ziemlich großes Problem sei.
Und hier wird es interessant. Denn der Sprecher des Bundesheeres schreibt zu dem Fall nur Folgendes auf X:
„Das BMLV [Bundesministerium für Landesverfassung, Anm.] steht mit seinen Fluglotsen in direkter Konkurrenz mit der zivilen Luftfahrt. Diese verdienen aber das 2,5 fache eines Fluglotsen beim #Bundesheer. Wir versuchen daher, mit Sonderverträgen oder Zulagen dieses Ungleichgewicht auszugleichen. Das BMKÖS [Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport, Anm.] muss dem aber zustimmen.“
Heißt also: Das Verteidigungsministerium hätte gerne mehr Budget, um mehr Fluglotsen beschäftigen zu können. Gerade wird eine neue Regierung verhandelt – und damit auch ein neue Budgetpolitik. Vielleicht kommen da Berichte, laut denen es ganz, ganz furchtbar um Österreichs Luftraum steht, also nicht ganz ungelegen? Man bräuchte dafür nur ein paar Medien, die eine solche Nachricht ohne viel Differenzierung schlucken und veröffentlichen.
Das ist natürlich nur eine These. Die andere Option ist, dass an besagtem Wochenende des 16. und 17. Novembers die anderen Komponenten der Luftraumüberwachung ebenfalls nicht einsatzfähig waren und Österreichs Luftraum daher tatsächlich völlig ungeschützt war.
Danach gefragt, antwortet uns der Sprecher der Verteidigungsministeriums, Michael Bauer: „Von der Einschränkung der Luftraumüberwachung war am besagten Wochenende nur die aktive Luftraumüberwachung, das heißt die Eurofighter, betroffen. Die passive Luftraumüberwachung, das ist das System Goldhaube, war und ist uneingeschränkt verfügbar.“
Richtig wäre also gewesen, der Luftraum sei „schwächer geschützt“. „Völlig ungeschützt“ hat zu keinem Zeitpunkt gestimmt.
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