Die Kronen Zeitung hatte am 28. April folgende Schlagzeile am Titelblatt:
Der Begriff „Ostarbeiter“ ist schwer vorbelastet. Die beiden Kobuk-Autoren Yilmaz Gülüm und Hans Kirchmeyr haben sich dazu im Redaktionssystem von Kobuk eine Debatte geliefert, wie die Verwendung des Begriffs durch die „Krone“ zu bewerten sei.
Yilmaz:
„Ostarbeiter“. Arbeiter aus dem Osten eben, oder? Falsch. Denn so wurden während der NS-Zeit Zwangsarbeiter genannt, die aus der Ukraine oder Weißrussland verschleppt worden waren. Entscheidend war dabei die „nichtdeutsche Volkszugehörigkeit“.
1942 gab es einen Erlass, der „Ostarbeitern“ etwa verbot, Geld oder Wertgegenstände zu besitzen oder den Arbeitsplatz zu verlassen. Manche sehen im Begriff „Ostarbeiter“ gar ein Synonym für „Sklavenarbeiter“ oder Zwangsarbeiter
Ob es sich um Unwissen oder Provokation handelt, sei dahin gestellt. Neben der Kronen-Zeitung findet sich der „Ostarbeiter“-Begriff auch auf der Onlineausgabe der „Tiroler Tageszeitung“ sowie im Magazin Unzensuriert, einem rechten Medium rund um den dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf. Die FPÖ und das BZÖ verwenden den Begriff ebenfalls in je einer Presseaussendung. Ansonsten wird der Begriff so gut wie nur im historischen (NS-)Kontext verwendet.
Daraufhin kontert Hans:
Ich finde, wir können es auch übertreiben (und das sag ich mit meinem Stürmer-Strache-Vergleich). Selbst wenn die Verwendung von „Ostarbeiter“ perfide Absicht sein sollte, schadet das Aufdecken hier vermutlich mehr als es nützt. Weil das kaum mehr wer nachvollziehen können wird. Es ist nämlich schon ein Unterschied, ob jemand ohne Not und mit erkennbarem Augenzwinkern auf Nazi-Semantik zurückgreift („Ehre heißt Treue“, etc.) oder ob es sich um einen Begriff handelt, der sich auch „normalen“ Leuten durchaus anbietet und wo die Vorbelastung schon eher in die Rubrik Spezial- bis Geheimwissen fällt. Vielleicht liege ich aber auch völlig falsch, die ersten Suchergebnisse auf Google sprechen ja durchaus ihre eigene Sprache.
Ich halte es jedenfalls für schwierig, hier die Leser mit ins Boot zu holen. Das würde nach einer sehr stringenten Beweisführung verlangen, dass es sich hier eindeutig um einen Nazibegriff handelt, der auch bewusst von der Krone so gesetzt wurde. Das halte ich nicht für machbar.
Eher könnte man noch im Rahmen eines größeren Arguments nebenbei auf diese zufällige (?) Gemeinsamkeit in der Wortwahl hinweisen, so wie Andreas Koller es in den Salzburger Nachrichten gemacht hat.
Und wieder Yilmaz:
Ostarbeiter ist ein Nazibegriff. Wie „schlimm“ das Wort jetzt ist oder nicht ist, beurteile ich ja nicht. Ich finde einfach, gerade Medien sollten sensibler mit solchen Begriffen umgehen. Übrigens ist es doch lustig, dass FPÖ, BZÖ und die „Krone“ (und eine Tiroler Zeitung) den Begriff verwenden und alle andern nicht.
Wie seht ihr das?
(Danke an Corinna Milborn für den Hinweis zu diesem Artikel und das Twitpic.)
Update: Anita Weidhofer hat sich die Kampagne hinter der Schlagzeile angesehen – in diesem Kobuk.