Statistiken regen die Fantasie an. Das beweist folgender Text, der im Rahmen der Glosse „Das Letzte“ in der deutschen „Zeit“ vom 10. Februar 2011 erschienen ist:
In Hamburg, so berichtet Bild, seien 55 Prozent aller Männer ledig, aber nur 47 Prozent der Frauen. Das wirft Fragen auf. Wenn 53% der Hamburgerinnen verheiratet sind, aber nur 45% der Hamburger, kann das entweder bedeuten, dass einige Hamburger mit mehreren Hamburgerinnen verheiratet sind. Oder es bedeutet, dass viele Hamburgerinnen Nicht-Hamburger heiraten, sei es weil, die Hamburger nicht attraktiv genug finden, sei es, weil sie selber so attraktiv sind, dass Auswärtige mit Erfolg um sie werben.“
Entweder-Oder-Formulierungen sind ja meistens ein schwieriges Metier. So könnte jetzt beispielsweise behauptet werden, dass entweder in Hamburg einfach mehr Hamburger als Hamburgerinnen leben – stellte man sich nämlich eine Stadt vor, in der exakt 100.000 Frauen und 117.777 Männer, und wären dort 53% der Frauen mit 45% der Männer verheiratet, dann würde niemand eine Doppelehe führen und ebenso keine Auffälligkeit bezüglich Ehen mit Außer-Städtischen zu sehen sein.
Oder man leitet daraus ab, dass man nicht einfach so Bild-Umfragen zitieren sollte: Denn dieser Bericht (pdf) des Statistikamts Nord aus dem Jahr 2009 (!) zeigt – hier ein Faksimile – dass in Hamburg tatsächlich 40% der Männer, und nur 37% der Frauen verheiratet sind. Und das, obwohl es eigentlich mehr Frauen als Männer gibt.
Man sieht: Das Statistik-Deuten ist eine Krux.
6 Kommentar(e)
Der Zeit die lustige Deutung einer Statistik in einer Glosse vorzuwerfen ist auch irgendwie paradox. Man könnte Euch da auch vorwerfen, die Glosse nicht verstanden zu haben, Eure Überschrift suggeriert das. Also irgendwie unentschieden.
Ist aber trotzdem eine interessante Frage, die Ihr da aufwerft: Wie sieht journalistische Sorgfaltspflicht in einer Glosse aus?
Wäre es mit der korrekten Statistik überhaupt noch lustig gewesen? Vermutlich nicht, weil die Deutung wenn überhaupt anders herum ausgefallen wäre und somit einen chauvinistisch-unlustigen Unterton gehabt hätte. Vielleicht reicht für den Zeit-Leser auch einfach schon die Quellenangabe „so berichtet Bild“, um der Sache jegliche Ernsthaftigkeit abzusprechen.
ja, darüber habe ich auch nachgedacht. natürlich ist es schwierig, eine glosse so zu kritisieren – der autor meint ja nicht ernsthaft, dass die hamburgerinnen polygam sind. aber was dahintersteckt, ist dennoch ein großer logikfehler, und mit etwas statistischem grundwissen und kurzem nachdenken ist der ganze witz dann ziemlich lahm und eben beinahe dümmlich.
Ähm, klugscheißmodus an:
Der vorletzte Satz sollte vielleicht eher lauten:
„Und das, eben weil es mehr Frauen als Männer gibt.“
Klugscheißmodus aus.
😉
Abgesehen von eurem Titel …
Obwohl Formulierungen sind auch ein schwieriges Metier, denn im Satz „Und das, obwohl es eigentlich mehr Frauen als Männer gibt.“ steckt schon wieder ein Logikfehler.
Denn wenn jeder Hamburger mit einer Hamburgerin verheiratet wäre, und es mehr Hamburgerinnen gibt, ist ja wieder klar dass der Anteil der Verheirateten bei den Frauen geringer ist.
Dass es zusätzlich noch mehr verheiratete Männer als Frauen gibt (in absoluten Zahlen) macht das ganze natürlich noch verwirrender.
Zahlen interpretieren ist eben eine Krux 😉
„Und das, obwohl (…)“ ist unglücklich gewählt, anscheinend ist auch nicht Kobuk vor Logikfehlern gefeit. Perfekt passen würde der Satz nämlich im Kontext dann, wenn es weniger Frauen in Hamburg gäbe:
„Denn dieser Bericht (pdf) des Statistikamts Nord aus dem Jahr 2009 (!) zeigt – hier ein Faksimile – dass in Hamburg tatsächlich 40% der Männer, und nur 37% der Frauen verheiratet sind. Und das, obwohl es eigentlich weniger (!) Frauen als Männer gibt.“
Einfach nochmal einen Blick in die Tabelle des Statistikamts Nord werfen (1.Spalte)
Männer insgesamt 870-Tausend
Frauen insgesamt 910-Tausend
so, jetzt halt ich aber auf mit Klugscheißen 😉