Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

„Österreich“ veröffentlicht in ihrer Printausgabe vom 4.Dezember ein Foto von Johanna Mikl-Leitner. Die Innenministerin ist mit Polizeikappe und farblich abgestimmter Jacke zu sehen. Dass es sich hierbei um eine Fotomontage handelt, kann man nicht erkennen, da es nirgends vermerkt wurde.

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In der Online-Version war die Redaktion aber korrekter. Dort steht in der Bildunterschrift das Zauberwort „Montage“.

Das Originalbild findet man des Öfteren auf oe24.at. Hier zum Beispiel. Oder hier, hier und hier. Man könnte meinen, der Redaktion wäre das Bild mit der Zeit zu langweilig geworden.

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Warum ÖSTERREICH ein Qualitätsmedium ist, man der HEUTE-Redaktion  „in die Goschn hauen sollte und Tränen gut sind.

„Traumberuf Journalist“ – so schrieb die Mediengruppe ÖSTERREICH ihre sechswöchige Journalistenakademie aus. Journalist ist wirklich mein Traumberuf, konnte ich doch als freier Mitarbeiter schon einige Jahre Erfahrung sammeln. Die Bewerbung für die Journalistenakademie schrieb ich mehr aus Spaß denn aus wirklichem Interesse. Umso erstaunter war ich, als ich dann vor Allerheiligen eine Einladung für die darauffolgende Woche erhielt. Kurz und knapp hieß es: Kommen’s vorbei, wir informieren Sie einmal.

Der Autor vor der ÖSTERREICH-RedaktionAm Wochenende davor zerbrach ich mir den Kopf, ob ich wirklich hingehen sollte. Ich bin kein Fan von ÖSTERREICH. Und das ist noch untertrieben.

Nach langem Hin und Her wollte ich mir „die beste Zeitung“ zumindest einmal ansehen. Das Verlagsgebäude liegt im 1. Bezirk in direkter Nähe zum Karlsplatz. Aus einem kargen Foyer wurde ich zu anderen Bewerbern in den ersten Stock geschickt. Wir waren rund 13 junge Leute.

Nachdem wir von unserer Betreuerin in Empfang genommen wurden, ging es hinauf in den Konferenzraum. Von dort aus konnten wir „einen der modernsten Newsrooms Europas“ einsehen. Kurz darauf gesellte sich einer der vielen Chefredakteure, Christoph Hirschmann, und Herausgeber Wolfgang Fellner zu uns. Ab da wurde es spannend.

Fellner sprang von Bewerber zu Bewerber und fragte nach oberflächlichen Details. Die Antworten wartete er meist nicht ab. Ein Verhalten, das mich frappierend an den Stil der Zeitung erinnerte. Danach begann eine kleine Diskussionsrunde.

Das Verhältnis zur härtesten Konkurrenz, der Gratiszeitung HEUTE, beschrieb Fellner wie folgt: „Den Leuten von der HEUTE müsst’s am Besten in die Goschn hauen!“

Auch die Behauptung, ÖSTERREICH sei ein Boulevardblatt und keine Qualitätszeitung, ließ der Herausgeber nicht gelten: Das sei unwahr, gegen dieses Vorurteil habe man oft zu kämpfen. „Wir haben manche Artikel im Blatt, die besser sind als im STANDARD. ÖSTERREICH ist eine Qualitätszeitung, leider werden wir nicht immer als solche erkannt. Ich finde auch, dass die KRONEN ZEITUNG zu den Qualitätsmedien gehört.“ Hirschmann stimmte ein: „Wir haben eine wöchentliche Buchbeilage. Welche andere österreichische Zeitung hat das schon? Auch das zeichnet uns als Qualitätsmedium aus.“

Im Verlauf des Gesprächs ging es auch um die Möglichkeit, für unsere Artikel selbst zu fotografieren. Normalerweise würde sich allerdings die Fotoredaktion darum kümmern. Die Fachleute würden genau wissen, wann Fotos verpixelt oder gar mit einem Balken versehen werden müssen, so Hirschmann.

So ging es bunt und lustig weiter. Da die Journalistenakademie nur sechs Wochen dauern würde, sollten wir unbedingt auffallen, wenn wir bei der ÖSTERREICH eine Zukunft haben wollten. Zitat Fellner: „Wenn einer von euch nach Annaberg fährt, die Freundin des Amokläufers findet, die ihm unter Tränen ein Interview gibt und er ein Video davon macht, dann werde ich mir denjenigen sicher gut merken.“

Genau solche Geschichten — Exklusivstorys! — seien erwünscht. Alle sollten darüber reden: von der Putzfrau bis hinauf zum Banker. Was in diese Kategorie hineinfiele? Mord und Totschlag mit viel Blut. Oder „wenn ein paar Sandler das Hotel Sacher anzünden!“ Die Bezeichnung ‚Sandler‘ schien Fellner überhaupt zu gefallen: Manche von uns wären vorerst noch ohne eigenen Arbeitsplatz. „Da könnt ihr auch gleich zu den Sandlern in der Akademie rübergehen und euch dazugesellen.“ (Gemeint waren offenbar die protestierenden Flüchtlinge in der Akademie der bildenden Künste.)

„Nach den fünf Wochen schauen wir dann weiter“, sagte Fellner. Sicherlich nicht, dachte ich. Mir war schon die einstündige Präsentation genug. Ich bedankte mich für die Einladung und verließ das Verlagsgebäude bei der erstbesten Gelegenheit.

Journalist ist nach wie vor mein Traumberuf, aber ich werde meine Überzeugungen bestimmt nicht an Wolfgang Fellner und sein ÖSTERREICH verkaufen.

 

Lesenswert sind in diesem Zusammenhang auch die Arbeitgeber-Bewertungen von ÖSTERREICH-Mitarbeitern auf Kununu.com. Die Redaktion.

  

1. Update der Redaktion:

Wolfgang Fellner erklärte HORIZONT Online, die Zitate seien aus dem Zusammenhang gerissen. Er habe auf die Frage eines Teilnehmers, wie das Verhältnis zwischen „Heute“ und „Österreich“ sei, gesagt: „Auch wenn es so aussieht, als würden sich die beiden Zeitungen täglich in die Goschn hauen, sind die meisten Redakteure der beiden Zeitungen privat bestens befreundet und treffen sich sogar nach dem Job. Trotzdem will jeder den anderen natürlich bei den Geschichten schlagen!“ Auch die anderen Zitate würden so nicht stimmen.

Der Autor bleibt bei seiner Darstellung.

2. Update:

Vice hat Kobuk-Gründer Helge Fahrnberger zu diesem Artikel befragt. DiePresse.com sprach mit dem Autor und mit Kobuk-Lektor Yilmaz Gülüm

Barack Obama hat einer taumelnden Schwangeren, die bereits von anderen Personen gestützt wurde, die Hand entgegen gestreckt. Verschiedenste Medien stilisierten diese simple Geste des US-Präsidenten zu einer Heldentat und machten allein Obama zum Retter in höchster Not.

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Der Tenor war in allen Medien derselbe: „Obama fing ohnmächtige Schwangere auf“ (orf.at) bzw. „Obama rettete Schwangere“ (oe24.at). Mal nannte man Obama einen „Nothelfer“ (APA, derstandard.at, nachrichten.at, wienerzeitung.at, news.at), oder gleich einen „heldenhaften Präsidenten“, der die Frau vor einem „gefährlichen Sturz bewahrte“ (heute.at).

Lobhudelei nahe am Personenkult. Davon abgesehen: Die Frau wurde gar nicht ohnmächtig. Aber urteilt selbst:

In Deutschland wird über eine Steuer auf kalorienreiche Lebensmittel diskutiert. Zugegeben, eine umsatzsteigernde Schlagzeile ist das nicht gerade. Für Boulevardzeitungen aber offenbar kein Problem – sie erfanden einfach ihren Teil dazu. Und so wurde aus einer simplen Lebensmittelsteuer eine „Strafsteuer für Dicke“.

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Den Anfang machte die Bild-Zeitung. Sie titelte als erstes mit der „Strafsteuer für Dicke“ und bezog sich dabei auf Edgar Franke. Der  SPD-Politiker schlägt im Artikel aber lediglich „eine Gesundheitssteuer auf besonders fetthaltige und zuckerreiche Nahrungsmittel“ vor. Bekanntlich essen auch dünne Menschen gerne einmal Fast Food und andere Kalorienbomben. Von einer Strafsteuer nur für Dicke kann also keine Rede sein. Der Boulevardzeitung war das aber offenbar egal.

Auf diesen Zug sind dann jedenfalls auch andere Medien aufgesprungen. So versahen unter anderem auch die deutsche Ausgabe der Huffington Post und das Webportal von Microsoft MSN ihre Artikel zur Lebensmittelsteuer mit der Headline „Strafsteuer für Dicke“. Die beiden Medien verwiesen dabei ausdrücklich auf Bild.de. Dieser Schlagzeile konnten dann auch Heute.at und „Österreich“ (9.11, Seite 9) nicht widerstehen und so wurden auch in österreichischen Medien die neuesten deutschen Steuerüberlegungen zur „Strafsteuer für Dicke“.

Ob Franke selbst jemals von einer „Strafsteuer für Dicke“ gesprochen hat, ist fraglich. Weder im Bild-Artikel, noch sonst wo, lässt sich dieses Zitat finden. Vermutlich ist die „Strafsteuer für Dicke“ also der Kreativität der Medien zu verdanken. Denn als Franke im ZDF darauf angesprochen wurde, stellt er klar, dass es um eine Steuer gegen Dickmacher und nicht gegen Dicke gehe. Der Titel der ZDF-Sendung lautete übrigens ebenfalls „Strafsteuer für Dicke?“.

In den letzten Tagen haben unter anderem Kurier und profil von einer APA-Umfrage über das Vertrauen in die Landeshauptleute berichtet. In allen Medien war die Darstellung problematisch.

Im Kurier hat das so ausgesehen:

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und im profil (nur Print) so:

vertrauensindex_profil

Ausgangspunkt war eine Online-Umfrage von APA/OGM mit 500 Befragten.

Im OGM-Bericht (pdf) liest man, dass die maximale Schwankungsbreite 4,5% beträgt. Das ist so nicht richtig und gilt nur für einen Teil der Daten.

Denn im Bericht werden unter anderem Vertrauenswerte für die Landeshauptleute im jeweils eigenen Bundesland ausgewiesen. Wenn die Stichprobe „sauber“ ist, dann wurden in Vorarlberg und im Burgenland daher nur etwa 20 Personen befragt. Da kann man zwar noch die Formel für Schwankungsbreiten verwenden – allerdings wäre sie deutlich größer als die 4,5%. Generell sollte man aber Stichprobenergebnisse mit n=20 nicht mehr publizieren. Da noch auf die Gültigkeit der Näherungsformeln für Stichprobenschätzungen zu hoffen, ist ziemlich wagemutig. Genau das machen aber sowohl Kurier als auch profil: Sie publizieren die bundeslandspezifischen Werte. Auch im Bericht der APA finden sich diese Zahlen.

Für den Vertrauensindex (Anteil Vertrauen minus Anteil kein Vertrauen) stimmt die im OGM/APA Dokument angegebene maximale Schwankungsbreite ebenfalls nicht. Bei Differenzen von Anteilen aus derselben Stichprobe muss man andere Formeln verwenden, und die Schwankungsbreite wird dann größer. Genaueres dazu (inklusive eines interaktiven Rechenblattes) kann man in meinem Blog nachlesen. Die Schwankungsbreite beim bundesweiten Vertrauensindex von LH Pröll beträgt beispielsweise 8,0% und nicht maximal 4,5%.

Der Kurier publiziert bei den bundesweiten Ergebnissen lobenswerterer weise nicht nur die Differenz „Vertrauen – kein Vertrauen“, sondern auch „Vertrauen“, „kein Vertrauen“ und „weiß nicht“ getrennt. Allerdings gibt’s da Probleme mit der Darstellung. Man kann diese Daten nur getrennt und daher nicht gleichzeitig in einer Grafik sehen. Dabei wäre es sehr einfach, alle Daten in übersichtlicher und aufschlussreicher Form darzustellen, etwa so:

Daten aus dem Vertrauensindex - Darstellung von Erich Neuwirth

Daten aus dem Vertrauensindex – Darstellung von Erich Neuwirth

Diese Grafik zeigt auch, warum es statistisch nicht vertretbar ist, nur die Differenzen zwischen Vertrauen und keinem Vertrauen auszuweisen: beim Vergleich der Landeshauptleute weist der Anteil der Unentschiedenen (gelber Balken) die weitaus größten Unterschiede auf. Diese Information in der Grafik einfach auszublenden erweckt ein völlig falsches Bild. Es hat wohl auch wenig Sinn, das Vertrauen in einen LH eines kleinen Bundeslands, der erst kurz im Amt ist, mit einem langdienenden LH eines großen Bundeslandes zu vergleichen.

Und noch ein Problem gibt’s mit der Kuriergrafik. Bei den 3 verschiedenen Diagrammen ändert sich die Reihenfolge der Landeshauptleute weil die immer der Größe der verschiedenen Werte nach angeordnet werden. Das erschwert vergleichendes Lesen ungemein.

Insgesamt illustriert die Kommentierung und die grafische Darstellung recht deutlich, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben, bis Stichprobenerhebungen bezüglich ihrer Schwankungsbreiten sorgfältig kommentiert werden und grafische Darstellungen so gewählt werden, dass es dem Konsumenten möglichst leicht gemacht wird, Erkenntnisse aus den Grafiken abzuleiten.

Statistiker geben aber die Hoffnung nie auf, und außerdem war es früher noch wesentlich schlimmer.

* Erich Neuwirth ist außerordentlicher Professor (i.R.) an der Universität Wien und lehrt Informatik, Statistik und Mathematik.

In der Ausgabe vom 6. November berichtet „Österreich“ auffallend freundlich über die „Erste Wohnmesse“ der „Erste Bank“, sowie über die Errichtung von Stadtvillen in Liesing durch „Seeste Bau“. Dass dies interessante Themen für das „Wohnen“-Ressort sind, will ich nicht bestreiten. Die beiden Inserate von „Seeste Bau“ und „Erste Bank“ auf der selben Doppelseite lassen allerdings den Verdacht aufkommen, dass es sich hier um Schleichwerbung handelt.

„Österreicht“ stellt ausführlich die vielen Qualitäten der kommenden „Erste Wohnmesse“ vor. Neben Information über aktuelle Immobilienangebote, gebe es auch stündliche Talk-Shows, Kinderbetreuung und natürlich finanzielle „Beratung“ – durch die „Erste Bank“ und ihre Partner. Daneben das Bild eines strahlenden Paares und die Worte:

Am Sonntag kann der Traum vom Eigenheim wahr werden.

Na wenn das nicht vielversprechend klingt.

Darunter folgt die nächste Empfehlung der „Österreich“-Redaktion: die Wohnanlage An der Au, errichtet von „Seeste Bau“ – dem zweiten Werbekunden auf der Doppelseite. Es wundert einen kaum, dass sich die wohlwollenden Worte über die Anlagen fast eins zu eins auf der Internetseite der „Seeste Bau“ finden lassen (idente Satzbausteine durch uns hevorgehoben):

„Österreich“:

Die Parkvillen An der Au vereinen Vorteile modernen und familienfreundlichen Stadtlebens in der Grünruhelage mit den Vorzügen bester Infrastruktur in direkter Umgebung (Einkaufszentrum Riverside, Buslinien in die City, Kindergärten und Schulen)

„Seeste Bau“:

Die PARKVILLEN AN DER AU [sic!] vereinen Vorteile modernen und familienfreundlichen Stadtlebens in Grünlage mit den Vorzügen bestern [sic!] Infrastruktur in direkter Umgebung, sowie Kindergärten, Schulen (Kollegium Kalksburg & Privatschule Santa Christiana), ein Ärztezentrum und Einkaufsmöglichkeiten im Shoppingcenter Riverside.

 

Der Tageszeitung „Heute“ ist es wieder einmal gelungen, außerordentliche Nachrichten zu veröffentlichen. Am 30. Oktober berichtet das Blatt von der ersten Nationalratssitzung und schreibt von einer angriffigen Rede des „Abgeordneten“ Karl Öllinger von den Grünen. Das Problem dabei: Karl Öllinger sitzt nicht mehr im Nationalrat.

Heute Artikel 30.10.2013Angriffig Öllinger (Grüne): Raiffeisen Medien hätten Untersuchungen gebremst. Minderheiten müssen U-Ausschuss einsetzen können. FP-Applaus.

 Gemeint war vermutlich die Rede von Öllingers Parteikollegen Werner Kogler.

Auf seiner Facebookseite war Öllinger sichtlich überrascht.

Bildschirmfoto 2013-11-04 um 14.44.01

 Ob die Journalisten bei „Heute“ neuerdings Geister sehen, oder einfach schnell was zur Sitzung schreiben mussten, bleibt wohl ein Rätsel.

Disclaimer: Neben meinem Studium an der Universität Wien bin ich auch Mitglied der Wiener Grünen und Bezirksrat in Wien. Während des Wahlkampfes war ich Teil des Grünen Kampagnenteams. Für meine Artikel im Rahmen der Lehrveranstaltung „Kobuk“, versuche ich aber ausschließlich objektive Medienkritik zu üben und meine parteipolitischen Meinungen außer Acht zu lassen.

Update: „Heute“ hat den Fehler schneller als wir erkannt und am Folgetag ein Erratum gedruckt. Herzlichen Dank an den „Heute“ Politik-Ressortleiter Erich Nuler, der uns darauf aufmerksam machte.

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„Heute“ hat es bekanntlich nicht so mit der Wahrung von Persönlichkeitsrechten. So auch im Fall der niedergestochenen Amida M. Diese hat ihre Rechte anscheinend mit ihrem Tod verloren und der Gratiszeitung überschrieben.

HEUTE-Print vom 28.10.13 (Seite 9)

HEUTE-Print vom 28.10.13 (Seite 9)

Im Bild zum Artikel misst „Heute“ gleich mit dreierlei Maß:  Der zweijährige Bub wird großzügig verpixelt. Die Verstorbene wird gar nicht unkenntlich gemacht. Und der mutmaßliche Täter kriegt einen kleinen Pseudo-Balken vor die Augen. Solche Balken sind zwar weit verbreitet, sind aber laut Medien – und Urhebergesetz keine ausreichende Anonymisierung, weil die Person weiterhin identifizierbar ist. Anständig geschützt ist somit nur der Zweijährige.

Fraglich ist auch, ob „Heute“ überhaupt die Rechte am Foto besitzt – als Quelle ist lediglich „Privat“ angegeben.

Davon abgesehen stellt „Heute“ den nicht rechtskräftig Verurteilten vor vollendete Tatsachen:

Mit einem Küchenmesser metzelte der polizeibekannte Schläger seine Gemahlin nieder. (…) Passanten überwältigten Berserker Fazil M. (Hervorhebung von uns)

Es gilt die Unschuldsvermutung, auch für „Heute“.

Man muss das Problem der Kronen Zeitung schon verstehen. Echte Fotos vom drohenden Bürgerkrieg in Ägypten geben einfach zu wenig her. So ein Muslimbruder, der muss die „Krone“-Leser anspringen wie die schreiende Katze in einem schlechten Hollywood-Schocker:

krone_aegypten_manipulaton

Nein, den Vertikalhinweis in Mikroschrift lassen wir nicht gelten. Fotomontage-Hinweise, die schlechter erkennbar sind als die Manipulation, verfehlen ihren Zweck. Und ja, die Montage ist schlecht, aber sie erzielt einen gewünschten Effekt.

Dabei hatten wir doch erst letzten Sommer die schöne Syrien-Montage, mit der die „Krone“ weltweit Wellen schlug:

Foto: derstandard.at

Davor den Kopf des Golf-Millionärs, dem die „Krone“ einen neuen Körper verpasste:

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Im Vergleich fast harmlos, das Foto vom Panzerwagen, das vier Jahre später einer Hausräumung in Wien zugeschrieben wurde:

krone_hausbesetzung_manipulation

Königin Beatrix, die — plötzlich zehn Jahre jünger — scheinbar vor der Innsbrucker Uniklinik stand:

Die Hunde-Schockbilder aus der Ukraine, die von überall her kamen, nur nicht aus der Ukraine:

krone_ukraine_manipulation

Der vermummte Student, der laut „Krone“ die Uni-Wände mit Parolen besprühte:

Foto: BILDblog

Ein Demonstrant, der fürs Titelblatt ein bisschen aggressiver an die Polizei herangerückt wurde:

Foto: https://imgur.com/OA9ku

Und viele viele mehr. Wir haben hier sicher nicht einmal die Spitze des Eisbergs angeschmolzen. Für das letzte Bild hat sich die „Krone“ — damals noch unter dem alten Dichand — übrigens so entschuldigt:

Durch ein äußerst bedauerliches Missverständnis wurde das ursprünglich querformatige Bild spätnachts reprotechnisch so verzerrt, dass der Demonstrant etwas näher bei der Polizei zu stehen schien, als dies tatsächlich der Fall war (rechts). Diese Montage geschah ohne Wissen der Chefredaktion. Wir bedauern diese technische Panne außerordentlich.

„Technische Panne“, klar.

Zwölf Jahre später, nachdem die Syrien-Fälschung aufgeflogen ist, kennt der junge Dichand solche Scham nicht mehr. Für ihn fehlte offenbar nur ein kaum lesbarer Alibi-Hinweis:

Während wir die Copyrights beider Fotos korrekt angegeben haben, fehlte leider der Hinweis darauf, dass es sich eben um das journalistische Stilmittel einer Fotomontage handelt. Wir entschuldigen uns für dieses Versäumnis.

Dieses Statement vom Herausgeber der größten Tageszeitung Österreichs hätte einen größeren Aufschrei verdient als die Fotomontage selbst. Denn das Problem ist nicht wie gut oder schlecht eine Manipulation erkennbar ist, sondern:

Wer das Lügen mit Bildern zum „journalistischen Stilmittel“ erklärt, dem ist in der Berichterstattung jede Verfälschung zuzutrauen.

Das haben Sie vielleicht noch nicht gewusst, aber: Bilder von Verstorbenen gehen automatisch in das Eigentum der Kronen Zeitung über. Ebenso verfällt das Recht auf Anonymisierung und Privatsphäre. Freunde, Bekannte und entfernte Verwandte erfahren so bequem beim Frühstück einfühlsam die tragische Nachricht.
Krone_Hitzetod

Und dass an der ganzen Titelstory vielleicht gar nichts dran ist, wie die „Krone“ mitten im Artikel selber einräumt?

Krone_Hitzetote_Titelblatt„[…] Auslöser dürften Hitze und Anstrengung gewesen sein“, wird vermutet. Da eindeutig kein Fremdverschulden vorliegt, wird der tragische Todesfall nicht weiter untersucht und keine klärende Obduktion vorgenommen. (Hervorhebungen von uns.)

Ja mei, Hauptsache, die erste Hitzetod-Schlagzeile des Jahres stand nicht in „Österreich“.