Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Kenner nennen es die Dichotomie der Krone und halten sie für eine der Säulen ihres großen Erfolges. Laien würden einfach nur sagen: Wer richtig Erfolg haben will, muss auch ein bisschen wahnsinnig sein…

Links:

(Bild anklicken für Vergrößerung)

Jedes dritte Baby im Internet
Kaum auf der Welt — und schon im Web […] Für […] Landtagsabgeordnete Doris Schulz aus Wels ist das gefährlich [weil die Bilder kaum mehr gelöscht und von Pädophilen gesammelt werden könnten.]

Rechts:

Unser Baby [Leserfoto]
Hallo Welt, hier bin ich! Das könnte die Geste des kleinen Simon W[…] aus N[…] bei S[…] bedeuten. […]

Alle von uns veröffentlichten Baby-Fotos finden Sie auch auf unserem Internet-Portal ooe.krone.at.

Danke Stefan M. für den großartigen Hinweis und Scan!

Die Europäische Union präsentierte kürzlich eine EU-weit durchgeführte Risikostudie über die Internetnutzung von Jugendlichen und Kindern (pdf), von der teilnehmenden Universität Salzburg hier zusammengefasst.

Rot eingefärbt die Themenkategorie Sex, blau Cyberbullying, grün Datenmissbrauch

Nun könnte man z.B. berichten,  dass österreichische Kinder viel zu sorglos im Umgang mit Privatsphäreeinstellungen sind, wie das ORF.at getan hat, oder wie zdf.de auf Eltern oft unbekannte Phänomene wie Cyberbullying hinweisen. Doch die Krone greift einfach den reißerischten Aspekt heraus , selbst wenn das die zitierte Studie nicht in dieser Form hergibt, nämlich die Formel Kinder + Sex.

So wird ausführlich über Nachrichten und Bilder mit sexuellem Inhalt und Online-Treffen mit fremden Personen berichtet, jedoch so gut wie nicht über Cyberbullying oder Datenmissbrauch, obwohl dem in der Studie viel Raum gewidmet ist. Und selbst dabei übertreibt die Krone mit falschen Superlativen:

Österreichische Kinder sehen besonders oft Bilder mit sexuellem oder pornographischem Inhalt – 16 Prozent hatten im Internet in den letzten 12 Monaten Kontakt mit solchen Abbildungen, […]

Doch österreichische Kinder liegen hier genau im europäischen Mittelfeld: So sehen in zwölf Ländern – zum Teil deutlich – mehr Kinder sexuelle Bilder, in zehn Ländern sind es weniger als. Oder:

16 Prozent aller österreichischen Kinder haben sich bereits mit fremden Personen aus dem Internet getroffen – eine große Gefahr.“

Eine große Gefahr? Insgesamt hat lediglich 1% aller befragten Kinder angegeben, von einem Offline-Treffen enttäuscht oder verstört gewesen zu sein – und selbst davon gibt die Hälfte an, dass sie dies nicht oder kaum belastet hat. All das mag daran liegen, dass sich die Mehrzahl der Kinder (56%) offline mit solchen „fremden“ Menschen trifft, die bereits irgendeine Verbindung zu ihrer Familie oder ihrem Bekanntenkreis haben. Von 19.345 EU-weit befragten Kindern gaben lediglich sieben an, körperlich verletzt worden zu sein; 14 berichteten über sexuelle Belästigung (in irgendeiner Form).

Ist es nicht eigentlich die Krone, die fatal blauäugig (siehe Titel) ist, wenn sie als einziges Gefahrenmoment für Kinder im Internet das Thema Sex ausmacht?

P.S.: Vielen Dank an Walter R., der uns auf der Kobuk-Facebook-Seite auf diesen Artikel hingewiesen hat!

Screenshot www.glennbeck.com

Anlässlich der Indienreise Barack Obamas sorgte in US-Medien eine Zahl für Furore: 200 Mio. Dollar täglich sollte der Staatsbesuch kosten, die konservativen Moderatoren Glenn Beck und Rush Limbaugh gaben sich entrüstet, CNN berichtete und vor allem FOX widmete sich der Thematik ausführlich:

https://www.youtube.com/watch?v=7o0jUknE3SM

Um diesen Betrag in Relation zu setzen: Der Afghanistan Krieg kostet die Vereinigten Staaten täglich ca. 190 Millionen Dollar. Eine vergleichbare Afrikareise Bill Clintons im Jahr 1998 schlug ohne den als geheim eingestuften Ausgaben für die Sicherheit mit 42,8 Millionen zu Buche, allerdings für die gesamten 12 Tage. Das entspricht 3,6 Millionen pro Tag, wie die New York Times vorrechnet.

Tatsächlich hatten diese lächerlich hoch wirkenden Zahlen nicht lange Bestand. Als Quelle stellte sich eine NDTV-Meldung (New Delhi Television) heraus, die sich wiederum auf eine anonyme Quelle berief. Spätestens nach der Stellungnahme durch Vertreter des Weißen Hauses war die Falschmeldung als solche enttarnt. Das hielt einige deutschsprachige Regionalmedien aber trotzdem nicht davon ab, sie Tage später zu veröffentlichen.

Vielleicht ist das alles aber auch nur ein rein kulturelles Missverständnis.

Foto: Artikel aus der Heute

„Heute“ titelt Familienbeihilfe: Auch für 200.000 Ausländer. Im dem Artikel heißt es:

Thematisch ausgeklammert blieb aber der Bezug österreichischer Kinderbeihilfe durch Ausländer: 200.486 Türken, Slowaken, etc. sind dazu berechtigt. Kosten: 312 Millionen Euro.

Auf meine Nachfrage beim Sozialreferat der ÖH Wien stellt dieses jedoch klar, dass im Gesetz lediglich die Alterwerte verändert werden: Jedes „26“ wird durch „24“ und jedes „27“ durch „25“ ersetzt. Es gibt keine Sonderregelungen für MigrantInnen.

Die Zahl 200.486 ist eine Angabe der Statistik Austria. Es handelt sich hierbei um 200.486 Kinder von MigrantInnen, die 2009 Familienbeihilfe bezogen. Auf den ersten Blick mag diese Zahl groß erscheinen, doch insgesamt bekamen im Jahr 2009 1.814.923 Kinder Familienbeihilfe.

Weiters schreibt „Heute“:

Einzige Bedingungen dafür: mit Hauptwohnsitz in Österreich drei Monate jobben.

Nicht ganz. Laut Auslaender.at sind mehrere Punkte zu erfüllen:

  1. Ständiger Aufenthalt im Inland seit mindestens 60 Kalendermonaten,
  2. Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland,
  3. Länger als drei Monate im Inland beschäftigt Einkünfte und aus dieser Beschäftigung aus nichtselbstständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Inland, sofern in einem zwischenstaatlichen Abkommen vorgesehen.

Auch Robert Misik greift das Thema in seinem Blog auf. Er meint, dass es bei Rechtspopulisten und Neoliberalen ein beliebtes Mittel sei, die Leistungen des Sozialstaates so darzustellen, dass die Inländer zahlen und die Ausländer beziehen:

Nicht zuletzt deshalb marschiereren rechtsradikale Ausländerfeinde und neoliberale Mehr-Markt-weniger-Staat-Fanatiker so gerne Hand in Hand, obwohl sie ja angeblich so überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Also, überraschend kommt das nicht. Ekelhaft ist es trotzdem.

Oe24.at über über den geplanten Facebook-Email-Dienst:

Screenshot oe24.at

Es dürften ein paar mehr sein.

(Via Dieter Zirnig)

Update: Es ist noch ein Fehler im Text (Danke für den Hinweis von Skoops)
So heißt es laut Oe24.at, dass Facebook-Mitarbeiter eine Mail-Adresse mit der Endung „facebook.com“ bekommen, User eine mit der Endung „fb.com“.

Laut facebookmarketing.de ist es aber genau umgekehrt, denn „jeder Nutzer erhält seine eigene E-Mailadresse die sich aus der VanityURL sowie @facebook.com zusammensetzt.“

Eine Ansichtssache:




The US according to Futurezone..

Die Futurezone berichtet über die Nutzung des Dienstes Foursquare in Österreich und in den USA:

Nur vier Prozent aller US-Internetuser bzw. nur ein Prozent der Bevölkerung nutzt orstbezogene Dienste.

Doch nützen 4% aller Internetnutzer und 1% der Bevölkerung diese Dienste, dann nützen nur 25% der US-Amerikaner das Internet. Tatsächlich sind es jedoch über drei Viertel.

Im Report von Pew Internet Research, auf den sich der Artikel bezieht, der entsprechende Teil auf Englisch:

4% of online adults use a service such as Foursquare or Gowalla that allows them to share their location with friends and to find others who are nearby. On any given day, 1% of internet users are using these services.

Nicht „ein Prozent der Bevölkerung“ sondern ein Prozent der Internetuser nutzen an jedem beliebigen Tag einen solchen Dienst.

(Danke an Axel Maireder für den Hinweis via Twitter.)

„Österreich“ verspricht in der Ausgabe vom 6. November jedem/jeder ÖsterreicherIn heuer noch 606,43 Euro auf dem Konto.

Österreich, 7. November 2010, Seite 4

Es wundert also nicht, dass Österreichs Angestellte nun endlich wieder aufatmen können. Mit einem Gehaltsplus von 2,5 Prozent bei einem durchschnittlichen Bruttojahreseinkommen von 24.257 Euro wird sich heuer jede Österreicherin und jeder Österreicher über 606,43 Euro mehr auf dem Konto freuen können.

In der Printausgabe etwas abweichend:

Österreichs Arbeitnehmer können also endlich wieder jubeln. Mit einem Gehaltsplus…

QUIZ-FRAGE: Wer kriegt jetzt die 606 Euro?

a) Angestellte
b) Alle ArbeitnehmerInnen
c) Alle Österreicherinnen und Österreicher

Hier die Auflösung: Keine der Antworten ist richtig. Der Lohn- und Gehaltsabschluss gilt natürlich nur für die ca. 165.000 Beschäftigten in der Metallindustrie und im Bergbau. Und auch für diese Beschäftigtengruppe sind es heuer keine 606 Euro – das wäre nämlich die Lohnerhöhung aufs ganze Jahr aufgerechnet. Der Abschluss gilt nur rückwirkend mit 1. November.

Apropos Geld: Was würdet ihr mit 606 Euro machen, die plötzlich vom Himmel fallen?

Dazu ein Tipp von „Österreich“:

Für das Geld bekommt man beim Reiseveranstalter joe24.at beispielsweise eine einwöchige Urlaubsreise in ein Fünf-Sterne-Hotel an der türkischen Riviera für zwei Personen.

Der Österreichische Medienrat hat das Boulevard-Blatt „Österreich“ heute in einem Fall besonders menschenverachtender Berichterstattung zu einem Tötungsdelikt öffentlich verurteilt. Das Gremium, unter Vorsitz von Verfassungsjurist Heinz Mayer, folgte damit in allen wesentlichen Teilen einer Beschwerde von Kobuk.

So weit die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht: Dies ist die bislang einzige(!) öffentliche Entscheidung des Medienrates seit seiner Gründung 2009. Wache Medienkonsumenten ahnen, dass hier etwas grundsätzlich falsch läuft.

Kein Screenshot. Das *ist* die Website des Medienrats: Eine große Grafik mit Videolink.

Der Medienrat ist der bislang jüngste — und Dank völliger Sanktionslosigkeit — zahnloseste Versuch, in Österreich eine freiwillige mediale Selbstkontrolle zu etablieren. Zuvor gab es den Presserat (1961 – 2001), den maßgeblich die Krone gesprengt hat, dann die Leseranwaltschaft (gegr. 2003), derzeit den Medienrat (seit 2009) und weil das alles nicht funktioniert hat, wurde heute der feierliche Start des „neuen Presserats“ angekündigt. Am 26. Jänner soll es so weit sein.

Das ist doch eine Farce, mag man denken. Warum tun „die“ sich das immer wieder an, riskieren sogar den Ruf honoriger Persönlichkeiten, wenn’s doch eh wieder nix wird? Die Antwort ist einfach. Fred Thurnheim, der Präsident des „Österreichischen Journalisten Clubs“ hat sie gleich in der ersten Minute der Antritts-Pressekonferenz des Medienrates ganz unverblümt gegeben:

„Wir haben gleich eine Botschaft an die Politik […]: Das Selbstkontrollorgan für die Medien in Österreich, der österreichische Medienrat, ist hiermit gegründet. Er funktioniert ab dem heutigen Tag und daher ist eine Verschärfung des Mediengesetzes, wie es die Justizministerin andenkt, nicht mehr notwendig. Wir können, und wir sind in der Lage, die österreichische Medienlandschaft selbständig zu kontrollieren und auch entsprechend zu organisieren, was die Ethik des Journalismus betrifft.“

Strengere Mediengesetze — und damit eine Beschränkung der Medienfreiheit — zu verhindern, muss für ein Selbstkontrollorgan kein Geburtsfehler sein, wie der deutsche Presserat beweist. Auch er wurde 1956 aus der selben Motivation heraus gegründet.

Aber warum funktioniert dann der deutsche Presserat trotz beschränkter Sanktionsgewalt ganz gut, während man in Österreich nicht mal weiß, wie das Kind gerade heißt und ob’s noch atmet?

Offenbar fürchten die Medien in Deutschland, dass im Falle eines reinen Gesetz-Verhinderungsrates tatsächlich die Politik ihre Verantwortung wahrnehmen könnte. Hierzulande scheint diese Sorge weniger begründet. So gesehen spiegelt die Qualität des österreichischen Medienrats nur jene der österreichischen Medienpolitik.

„Österreich“ titelte heute mit Die Türkei provoziert Österreich.

Gemeint war das Interview mit dem Türken-Botschafter Kardi Ecved Tezcan in der „Presse“, das man jedoch nicht besonders genau gelesen zu haben scheint:

Der Journalist und Tezcan einigen sich im Gespräch bereits ganz am Anfang, dass Tezcan seine persönliche Meinung wiedergibt und nicht in seiner Funktion als Diplomat spricht. Dass das Gespräch weiters nicht mit dem türkischen Außenminister abgesprochen war, stellte die APA am 10.11 bereits vormittags fest, lange vor Redaktionsschluss.

Ein weiterer kleiner, aber feiner Unterschied (Vorsicht, für Querleser kaum zu bemerken): Tezcan sagt niemals UNO soll weg aus Österreich, wie er zitiert wird. Korrekt lautet der Wortlaut:

Wenn ich der Generalsekretär der UNO (…) wäre, würde ich nicht hier bleiben.

Auch das unter Anführungszeichen stehende Ihr seid schuld an Ghettos sucht man im Interview vergebens. Dieser Satz dürfte dem „Zitat“ zugrunde liegen:

Wenn Türken in Wien Wohnungen beantragen, werden sie immer in dieselbe Gegend geschickt, gleichzeitig wirft man ihnen vor, Ghettos zu formen.

Das könnte man mit viel gutem Willen als Schuldanklage werten – wäre da nicht noch ein zweiter Absatz, der genau diese Anklage wieder relativiert:

Ich werde nicht nur den Österreichern Vorwürfe machen. Wir haben auch Probleme, mit anderen Leuten in Kontakt zu treten. Warum? Migranten in New York oder anderswo formen auch Ghettos. Das Erste, was sie im Ausland machen, ist, Landsleute zu suchen.

Klingt irgendwie nicht nach Ihr seid schuld an Ghettos.