Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Natürlich produzieren Österreichs Medien nicht nur Starken Kobuk: Viele Lapsus1 kommen Woche für Woche als Hinweise herein und sind doch zu kurios, um sie euch vorzuenthalten:

  • So berichtet die „Presse“ diese Woche von einer Terrorgrippe im Irak, was die dortige Situation nach den zwei Atombomben von letzter Woche weiters verschärfen könnte.
  • Der „Standard“ weiß hingegen um die Zukunft des LASK und stellt dessen Trainer Helmut Kraft gleich als seit Februar 2011 amtierenden Wieder/Immernoch-Coach vor.
  • Eine etwas hohe Erwartungshaltung an WC-Muschel-Sprenger hinsichtlich zu hinterlassender Spuren hat die Orf.at-Redaktion, wo doch ..von den Tätern, die auf den Bildern einer Überwachungskamera zu sehen sind, jede Spur fehlt.
  • Als Desaster bezeichnet „Heute“ Österreichs Platzierung (25.) im UNO-Entwicklungsbericht über Lebensqualität (nur in der Printausgabe). 25. von 193 ist zwar nicht absolute Spitzenklasse, als Desaster im klassischen Sinn kann es aber kaum bezeichnet werden. Ebenso ist nicht ganz verständlich, was „Heute“ an Island auszusetzen hat, im Artikel wird es nicht erklärt. (Screenshot)
  • Fast so unheimlich wie die Geisterstunde, zu der die EMA-Awards verliehen wurden (und daher – Redaktionsschluss! – nicht mehr abgedruckt werden konnten), ist die Tatsache, dass die Ergebnisse dann doch noch ihren Weg in dieselbe „Heute“- Ausgabe fanden.
  • Der chilenische Kumpel Edison Pena hat es also geschafft: Er hat den New Yorker Marathon in einer Zeit unter 6 Stunden beendet, wie die „Kronen Zeitung“  online völlig korrekt verkündete. Schade nur, dass ihre zirka 3 Millionen Print-Leser falsch informiert wurden.

Danke an Sandra Capljak und die anderen Hinweisgeber!

1 Ad „Lapsus“: Auch wenn es das Kobuk-Lektorat nicht gleich glauben mochte, das ist tatsächlich die korrekte Mehrzahl von Lapsus. U-Deklination. Das hat meine Lateinlehrerin immer mit so einer komischen U-Betonung ausgesprochen, also Lapsuus.

Dieser Beitrag stammt von Markus Wilhelm, der das Watchblog DieTIWAG.org betreibt, in dem er die „Tiroler Wasserkraft“ und die -Politik kritisch beobachtet und wo dieser Artikel zuerst erschien.

Die Tiroler Wasserkraft (TIWAG) setzt enorme Summen an Kundengeldern ein, um die Meinung ihrer Kunden zu manipulieren. Wir nehmen das dieser Tage erfolgte Hinscheiden der „Tiroler Woche“ zum Anlass, das verbriefte Durchgriffsrecht des Anzeigenschalters auf die Redaktionen anhand der TIWAG und anhand dieses Wochenblatts beispielhaft zu dokumentieren. Mitzubedenken dabei ist nämlich, dass es in TIWAG-Land viele Medien und viele Vereinbarungen dieser Art gibt.

Die „Tiroler Woche“ war oder ist ein Wochenblatt, das seit 2007 unter diesem Namen (und davor jahrzehntelang unter verschiedenen Titeln und von wechselnden Eigentümern herausgegeben) unverlangt in fast allen Tiroler Haushalten gelandet ist. Zuletzt erschien es in Kooperation mit der im Oberland marktbeherrschenden „Rundschau“, welche die wichtigsten Projektregionen der TIWAG (Ötztal, Pitztal, Kaunertal, Oberes Gericht, Paznaun, Stanzertal, Sellrain) lückenlos abdeckt.

Die Abmachungen zwischen der TIWAG und der „Tiroler Woche“, angestiefelt von der TIWAG-Agentur Hofherr, aber im Auftrag des Vorstandsvorsitzenden Wallnöfer, schließen damit immer auch die „Rundschau“ (mit ihren Ausgaben Imst, Landeck, Telfs) mit ein. In der Agentursprache nennen sich solche Manipulationsverträge schlicht „Medienkooperation“.

In unserem Beispiel schlägt die TIWAG-Agentur Hofherr Communikation ihrem Auftraggeber im September 2008 so einen Vertrag vor:

Schon kurze Zeit später kann Hofherr das Konzept für den Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung mit dem „Partnermedium“ dem TIWAG-Vorstand vorlegen:

„Klar ist, dass die Gegner nicht zu Wort kommen“

Der Kooperationsplan als PDF.

Seit Jahren werden nebst Tiroler Tageszeitung und ORF auch die Regionalmedien mit TIWAG-Inseraten regelrecht geflutet. Ohne Ende. Das sieht im Falle der „Tiroler Woche“ so …

… und im Falle „Rundschau“ so aus:

Das Prinzip ist einfach und funktioniert ganz offensichtlich: Über geschaltete Anzeigenseiten werden positive Berichte mitgekauft, denn „diese redaktionell gestalteten Beiträge eines anerkannten Mediums haben eine hohe Glaubwürdigkeit“, wie es oben im Konzept der TIWAG-Agentur heißt.

Das Angebot der „Tiroler Woche“ (auch für die „Rundschau“) schließt dementsprechend und vielleicht erstmals in dieser Deutlichkeit „Redaktionelle Berichterstattung wie vereinbart!“ ein:

Die Vorgangsweise selbst ist auch von der Politik erprobt. Welchen anderen Sinn sollten viele nichtssagende Werbeeinschaltungen der Landespolitik denn haben, als damit wohlwollende Berichterstattung zu erkaufen? Nicht von ungefähr fällt dem ÖVP-Landtagsabgeordneten und stellvertretenden ÖVP-Klubomann und TIWAG-Lakaien Jakob Wolf zum Thema TIWAG-Projekt Ötztal-Kaunertal als erstes ein, der Rundschau – offenbar gewohnheitsmäßig – Geld für „redaktionelle Beiträge“ anzubieten:

„Kooperationsplan“

So schaut das dann im Normalfall aus: Überteuertes Ganzseiteninserat einerseits und damit querfinanzierter „glaubwürdiger“ redaktioneller Artikel andererseits – oft in ein und der selben Ausgabe, versehentlich mitunter sogar nebeneinander oder aus Scham durch einige Seiten getrennt:

„Tiroler Woche“

„Rundschau“

Wobei davon auszugehen ist, dass Interviews mit dem TIWAG-Chef Wallnöfer (siehe oben) oder den Projektleitern Eibl, Pließnig, Stroppa nicht nur bei der Rundschau angeleiert, sondern von Hofherr selbst erfunden und von der TIWAG endredigiert werden:

Korrigiertes Interview-Manuskript, Agentur Hofherr, Oktober 2008

Entsprechend sieht der von der TIWAG-Agentur Hofherr ausgearbeitete Plan für die „Medienkooperation Oberländer Rundschau / Tiroler Woche auch zum „Auftakt“ solch ein Interview mit DW (Direktor Wallnöfer) vor:

(Medienkooperationsplan groß anzeigen)

Medium heißt Mittel. Die Medien sind das Mittel, ein Ziel zu erreichen. Im Falle der TIWAG: ihre Projekte zu realisieren. Geld, im Falle der TIWAG: Kundengeld, spielt keine Rolle. Allein für „Tiroler Woche“ und „Rundschau“ für lediglich zwölf durchgeschaltete Seiten 145.000 Euro (netto) sind kein Dreck.

Wie gesagt, die genannten Blätter sind kein Einzelfall in TIWAG-Land. Für 2005 ist ebenso schön eine „Kooperation“ mit den Bezirksblättern dokumentiert. Auch dabei geht es um bezahlte „redaktionelle Berichterstattung bezüglich neuer Kraftwerke“, die über horrende Anzeigentarife abgerechnet wird:

Tirol ist ein in Korruption versinkendes Land

Auf diesem festen finanziellen Fundament („Kooperation“) aufbauend konnten bei den Gemeinderatswahlen 2010 die „Tiroler Woche“ im Fall Neustift und die „Rundschau“ im Fall Kaunertal perfekt für den Wahlkampf der beiden TIWAG-freundlichen Bürgermeister eingesetzt werden.

Wenn man diesen fast totalen Durchgriff der TIWAG auf die Berichterstattung im Lande sieht, muss man sich noch viel mehr wundern, dass sie mit ihren Projekten nicht von der Stelle kommt.

Es ist Korruption. Keine Frage. Und sie kennen keinen Genierer mehr. Die TIWAG nicht und die Medien nicht. Wie selbstverständlich rennen auch die Chefredakteure der größten Tiroler Medien zum Angefüttertwerden durch den TIWAG-Chef ins reservierte Altstadtstüberl.

mountians out of molehills

Der Informationsdesigner David McCandless ist bekannt für seine wunderbaren Datenvisualisierungen, die mit oft subversiver Kraft helfen, die Welt zu verstehen und versteckte Zusammenhänge zu sehen.

Diese Timeline von 2000 bis 2009 zeigt die Anzahl der News-Artikel zu den Horrorgeschichten der Mediengeschichte: Schweinegrippe (pink), Vogelgrippe (gelb), Rinderwahnsinn (violett), SARS (orange), Millenium Bug (grau, ganz links), Killerspiele (rot), Killerwespen, Handys & Krebs, Asteroidkolisionen (grün-gelb) und ein paar mehr.

McCandless weist auch auf interessante Muster hin, die in der Visualisierung erkennbar sind: So häufen sich die Berichte über Killerspiele regelmäßig zu Weihnachten (Haupteinkaufszeit) und im April, zum Jahrestag des Columbine-Massakers. Auch interessant: Ab 9/11 war, von Asteroidenkollisionen abgesehen, einige Monate Pause

Hier die große Version. Rechte: (cc) David McCandless. Danke an Martin Schobert für den Tipp!

Als Devon Griffin in Cleveland nach Hause kommt, liegen seine Eltern und sein Bruder bereits blutüberströmt in ihren Betten. Ermordet, vermutlich von seinem Halbbruder William Liske. Der 16-Jährige bemerkt davon allerdings nichts, da er direkt auf sein Zimmer geht, um dort mit dem Computer zu spielen. Nach einiger Zeit kommt ihm dann doch etwas seltsam vor und er geht ins Schlafzimmer seiner Eltern, wo er ihre Leichen vorfindet. Später sagt er, er habe angesichts dieser Szene im ersten Moment an einen Halloween-Streich geglaubt.

So hat sich die Geschichte laut US-Medien zugetragen. Und nun, mit dem Grusel-Extra für Krone-Leser und alle Freunde des sauberen Journalismus:

Cleveland. — Als Devin Liske nach Hause kam, lagen seine Eltern und sein älterer Bruder blutüberströmt im Wohnzimmer und bewegten sich nicht. Der 16-Jährige ging trotzdem seelenruhig in sein Zimmer und spielte mit dem Computer. Er hielt das Horror-Szenario für eine Halloween-Inszenierung seiner Familie. Irrtum.

Erst als Devin in die Küche […] ging, um sich sein Abendessen zu machen, erlebte der Teenager den Schock seines Lebens. Seine Stiefmutter Susan und sein Halbbruder Derrick lagen immer noch am selben Fleck in ihren Blutlachen. […]

Andreas Quatember lehrt Statistik an der JKU Linz. Der folgende Beitrag erschien zuerst auf seiner Instituts-Homepage in der Rubrik Unsinn in den Medien.

„Ein Viertel der Studenten ist alkoholabhängig“ (APA-Meldung vom 29.9., hier auf Krone Online, gefunden von Daniel Pauger)

Da wird einem ja schon bei der Überschrift schlecht. Wenn man in Studierendenheimen eine Umfrage macht, erhält man sicherlich keine repräsentative Stichprobe aller Studierenden in Hinblick auf das Merkmal Alkoholkonsum. Dann zu behaupten, weil ¼ in der Umfrage als alkoholabhängig eingestuft wird, dass dies der Prozentsatz unter allen Studierenden sein soll, ist … naja, lassen wir das unkommentiert.

Faktum ist jedoch, dass es sich hierbei natürlich in keinerlei Hinsicht um eine Zufallsauswahl aus der Grundgesamtheit aller Studierenden handeln kann. Deshalb ist auch ein Hinweis darauf, dass der Raucherprozentsatz signifikant weniger sei als in einer anderen Studie, reiner Unsinn. Solche Schlüsse lassen sich nur auf Basis von Zufallsauswahlen ziehen. Hatte jede(r) Student(in) eine Chance, in diese Stichprobe zu gelangen? Oder waren es nur die Studierenden, die in Heimen wohnen, wo man am Abend gerne zusammen sitzt, diskutiert und dann und wann auch mal gerne feiert?

Solarstrom lässt die Strompreise steigen, produziert aber nur wenig Strom und hat keine Klimaschutzwirkung.

So berichteten diesen Herbst unisono alle deutschen Medien, von Welt bis zum Focus-Magazin. Der Spiegel hievte das Thema – „Öko um jeden Preis“ – sogar aufs Cover.

Wie diese Medien den Lobbyisten der Ölindustrie aufsaßen, deckte das ARD-Magazin Monitor auf.

Prädikat sehenswert:

(Via Volker P. auf Facebook)

Neueste Berichte über H.C. Strache und den Vorwurf der Videomanipulation durch den ORF ziehen sich wieder durch die Medien. Interessant, dass die Bilder der Skinheads in jüngeren Meldungen verpixelt wurden:

Siehe Kurier.at: Sept/Nov, Oe24.at: Mai/ Sept und News.at: März/ Nov

Nachdem diese beiden Herren noch nie jemand gesehen hat, ist wohl der beste Schutz, ihre Bilder ein halbes Jahr nach Aufkommen des „Skandals“ zu verpixeln.

500 Millionen Freunde – und für die „Presse“ immer noch Mr. Nobody:

"Die Presse" 02.11.2010

Auf DiePresse.com wurde David Zuckerberg inzwischen in Mark Zuckerberg umbenannt. Danke an Johannes K. für das Email mit Hinweis und Bild! 🙂

Dass die Kronen Zeitung zu kronischem Rassismus (pdf!) neigt und kein Fan der Grünen ist, dürfte bekannt sein. Dazu passt die Headline von gestern, Häupl regiert mit einer Griechin:

Ja, Vassilakou ist auch Griechin, sie hat eine Doppelstaatsbürgerschaft. Politikberater und Ex-Fischer-Wahlkampfleiter Stefan Bachleitner findet dennoch:

..eine Headline, die vor Ressentiment nur so strotzt. Offensichtlich arbeiten dort nicht genug Menschen mit Migrationshintergrund.

Letzterem dürfte auch Blogger Tom Schaffer zustimmen. Profil-Herausgeber Christian Rainer stellt in seinem Blog die wesentliche Frage:

Was will uns das Blatt damit sagen?
„In Wien kommt eine Ausländerin an die Macht!”
„Ein Ausländerin aus einem Pleite- und Betrügerstaat wird Wien kaputt machen.”
Hat diese Ausländerin Kontakt zu linksextremen griechischen Briefbombenattentätern?”
„Und überhaupt: Was soll eine Frau in der Spitzenpolitik?!”

(Foto von Stefan Bachleitner)

„Heute“ schreibt:

1166 Euro/Tag […] 280.000 Euro brutto Jahres-Gage

280.000 Euro Jahresgage / 365 Tage im Jahr = 767 Euro/Tag. Immer noch viel, aber von den berichteten 1166 Euro/Tag weit entfernt.

Das sich „Heute“ mit dem Rechnen schwer tut, ist nicht unbedingt neu.