Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Enttäuschung für die Besucher des traditionellen Themse-Feuerwerks in London. Dichter Nebel hing laut ORF über der Stadt, weshalb es für die Muggel vom Küniglberg „nur wenig zu sehen“ gab:

„Unsichtbares“ Feuerwerk in London

So nannten sie die Show rückblickend vor (!) Mitternacht.



Aber zum Glück gibt’s ja Kobuk. Wir lichten die Nebel — auch 2011:

Im Video: Das Neujahrsfeuerwerk 2011 in London, bei klarer Sicht, „Nebel“ nur hintennach.

Langsam müssen wir uns echt Sorgen machen. „Österreich“ sieht eine Show, die nie zu sehen war, und beim ORF ist’s genau umgekehrt. An alle Medien — von den Besten, bis zu jenen, die sich so nennen: wie wär’s mit einem kleinen Neujahrsvorsatz zum Thema kaltgeschriebene Berichte über künftige Ereignisse? Ich mein, es heißt ja auch Nachrichten…

Danke an Max Kossatz für den Tweet aus London,
und ein gutes neues Jahr allen Hinweisgebern und Lesern!

Die Puls-4-Redaktion hat es möglicherweise geschafft, den bizarrsten Pressetext des letzten Jahrzehnts online zu stellen:

So finden sich in dem (auf Satzzeichen zum größten Teil verzichtenden) Artikel sage und schreibe 33 Rechtschreib- und Grammatikfehler, was anbetrachts seiner Länge wirklich sensationell ist. Auch stilistisch sind Sätze wie „Das ganze ist eine ziemlich fette Produktion, wo so ziemlich alle großen Designer (…) mitziehen, also keine Kinderkacke“ alles andere als gewöhnlich.

Jedenfalls weckt der Text große Neugier, einen Blick hinter die Kulissen von Puls 4 zu werfen.

Danke an Marlene Altenhofer für den Hinweis auf Twitter!

Anscheinend hatte die „News“-Redaktion letztens sämtliche Taschenrechner daheim vergessen:  So sind laut News „56 % der von  Österreichern bestellten Artikel“ Bücher. Addiert  man dazu allerdings die am zweithäufigsten bestellten Artikel (Kleidung und Schuhe mit 41 %), erreicht man schon 97 %. Insgesamt ergibt sich eine  Summe von 410 % – was logisch unmöglich ist.

Als Quelle gibt „News“ das Integral Markt- und Meinungsforschungsinstitut an, welches einen Teil ihrer Forschungsergebnisse auch online zugänglich (PDF) macht. Hier sehen die Daten allerdings um einiges besser aus: Nicht 56 % der Artikel waren Bücher sondern 30 % der Österreicher haben Bücher bestellt. Siehe Faksimilie hier.

Eßlinger Zeitung Print Foto

Ostern? Ah, noch nicht ganz. Das hat auch die Eßlinger-Zeitung erkannt und bessert online aus:

Eßlinger Zeitung Screenshot

Na dann, Frohe Ost… äh … Weihnachten!

Danke an Astrid aus Tirol für Hinweis und Bilder.

Gestern titelte die Kronen Zeitung:

Grammatikschwäche Headline der Kronen Zeitung am 22. Dezember 2010: „Senioren lehren Kinder das Lesen“. Danke an Katrin W. für das Foto.

UPDATE: Diesmal muss ich mich selbst an der PISA-Nase nehmen. Daniel Kürner schreibt auf Facebook:

Nach ‚lehren‘ kommt ein Akkusativ, und der Akkusativ von ‚Kinder‘ lautet ‚die Kinder‘, also ist die Schlagzeile eh richtig! ‚Kindern‘ mit einem n hinten dran wäre der Dativ.

Siehe auch Kommentar von Corinna Milborn. Im 18. Jahrhundert wäre ich vielleicht noch richtig gelegen, aber im 21. ist der Dativ eher falsch.

Update 2: Wie es zu diesem Fehler kam: Irgendwo (Facebook oder Twitter) waren mir gestern hämische Meldungen über diesen „Fehler“ aufgefallen. Als heute jemand obiges Foto auf unserer Facebook-Page postete, machte ich den Gegencheck über Google, fand den Text aber zu meiner Überraschung nur einmal, auf der Homepage der steirischen Grünen – und auch da nur im Google-Cache. Erster Gedanke: Vielleicht ein Fake. Auf Twitter bestätigten aber gleich vier Follower die Echtheit. Auf die Idee, dass mich hier mein spontanes Sprachgefühl (und das der Hinweisgeber) täuschen könnte, kam ich nicht. Bei „Ich lehre dir“ (eher falsch) stellt es mir zwar die Haare auf, aber bei „Sie lehren Kinder das Lesen“ (richtig) ebenso. Wieder was gelernt.

Florian Klenk fragt Krone-Innenpolitikchef Claus Pándi nach Peter „Ich treffe mich mit niemandem“ Gnam:

Es wäre zu schade, wenn dieser Dialog aus dem Inneren der Wiener Medienszene in den Tiefen des Twitter-Nirvanas verschwinden würde.

(Quellen: 1, 2, 3.)

Ein PS. von Die 4 da:

Danke an Jonas Reis für den Hinweis!

Über das Verhältnis von Politik und Medien wird in Österreich selten laut gesprochen.
Bestenfalls hinter vorgehaltener Hand. Das ist nun anders.
12 ½ Zeilen im KURIER ändern alles.

Dass Politiker Jobs vergeben können, ist bekannt.
Dass Journalisten sie dabei kontrollieren, ebenso.
Dass Politiker Journalisten-Jobs vergeben, ist neu.
Zumindest, dass es öffentlich ausgesprochen wird.
Vor allem aber, dass das betreffende Medium diesen Eindruck selbst vermittelt und es als Leistung des Politikers darstellt.

.
KURIER, 19. Dezember, Niederösterreich-Ausgabe:

„Rasche Hilfe für die KURIER-Leser
Telefonsprechstunde: Der traditionelle Termin des Landeshauptmanns in der KURIER-Redaktion brachte erneut viele Lösungen“

Ein emotionaler Anruf kam von einer verzweifelten Mutter aus Breitenfurt:
„Mein Sohn hat Publizistik studiert, zusätzliche Ausbildungen gemacht und findet keinen Job“,
weint die Frau.
Erwin Pröll überlegt keine Sekunde:
„Gnädige Frau, wäre der KURIER vielleicht
etwas für ihren Sohn?“
Mit der Telefonnummer von KURIER-Chronik-Chef Michael Jäger in der Tasche beendet die Frau das Gespräch hörbar erleichert.“

Das lässt drei Schlüsse zu:

a) Landeshauptmann Erwin Pröll kann jemanden zum Journalist machen. Beim KURIER.
Das hieße, ein Politiker kann jene, die ihn kontrollieren sollen, selbst bestimmen.
Tragisch für die Demokratie. Tragisch für den KURIER.
Aber für den Politiker wäre solchjemand dort wohl gut brauchbar.
b) Landeshauptmann Erwin Pröll hat den Jemand nur empfohlen.
Das hieße, er hätte ihn für Fähigkeiten gelobt, die er nicht überprüft haben konnte.
c) Landeshauptmann Erwin Pröll hat nur einen Kontakt hergestellt.
Das hieße, der Jungpublizist hätte es bislang nicht geschafft, die Nummer des KURIER-Chronik-Chefs zu recherchieren. Und sei’s nur für ein Volontariat.
Tragisch für einen angehenden Journalisten.

Bewundernswert ist die Selbstverständlichkeit mit der der KURIER die Passage publiziert.
Bleibt sie unwidersprochen, zeichnen die 12 ½ Zeilen – ganz abgesehen von Titel und Tonalität – ein erschreckendes Bild vom Selbstverständnis des KURIER.

Und sie konterkarierten damit die Inszenierung des KURIER an sich respektive Aussagen seines Chefredakteurs.

Den KURIER betreffend ließe das wieder drei Schlüsse zu:

a) Beim KURIER ist es üblich oder möglich – oder für seine Redakteure zumindest denkmöglich! –, dass Politiker die faktische Macht haben KURIER-Jobs auf diese Art und Weise zu besetzen.
Das wäre bei allen wirtschaftlichen Gegebenheiten wohl eine Täuschung des Lesers, dem man als politisch „Unabhängige Tageszeitung für Österreich“ (Subtitel) seit kurzem auch „Journalismus pur“ verspricht (Slogan).

b) Der KURIER sucht dringend Journalisten und ist dankbar für jeden der ihm vermittelt wird.
Das widerspräche den Aussagen von KURIER-Chefredakteur Helmut Brandstätter. Demnach werde es sogar Kürzungen im Personalbereich geben. Vielleicht weist aber auch keiner der vorhandenen Mitarbeiter die schon zitierten (Recherche-)Qualitäten des Jungpublizisten aus Breitenfurt auf.
c) Der KURIER-Redakteur hat mit dem Telefonat lediglich das Geschehen wiedergegeben. Unreflektiert eben. Und weder der KURIER-Redakteur, noch der KURIER-Chef vom Dienst oder KURIER-Chronik-Chef oder KURIER-Chefredakteur, befanden es für nötig der falschen Vorstellung des Politikers über die Jobvergabe beim KURIER zu widersprechen, und im Sinne unabhängigen Journalismus’ auch gegenüber dem Leser unmissverständlich klar zu stellen, dass ein derartiger Vorgang beim KURIER gänzlich ausgeschlossen ist.
Eine derartig unreflektierte Berichterstattung widerspräche einem wesentlichen Kriterium einer Qualitätszeitung. Und eben das nimmt Chefredakteur Helmut Brandstätter für den KURIER in Anspruch: „Der Kurier ist eine Qualitätszeitung“.

Warum just die Telefonnummer von KURIER-Chronik-Chef Michael Jäger vermittelt wurde, bis vor Kurzem noch KURIER-Niederösterreich-Chef, tut dabei gar nichts mehr zur Sache.

Das Tragische an all den Varianten, die in der 12 ½ Zeilen-Passage des KURIER stecken:
Sie sind dazu angetan, dem Vertrauen in die gute Arbeit der verdienten Mitarbeiter des KURIER zu schaden – und dem Journalismus im Allgemeinen.

All jene Journalisten, die sich mit Unabhängigikeit, Objektivität und Fairness bei allen Widrigkeiten täglich bemühen ihrer Kontrollfunktion als Vierter Macht im Staat gerecht zu werden, die Politik kritisch hinterfragen und Machtmissbrauch aufdecken, verdienen es nicht unter einem Generalverdacht zu stehen. Auch der bedauernswerte Publizistikabsolvent in seiner schwierigen Situation auf Jobsuche nicht.

Dem Generalverdacht, dass Politiker Journalisten machen können.
Mit den 12 ½ Zeilen im KURIER könnte dieser Eindruck leider entstehen.

Ich ersuche den KURIER daher um Widerspruch.
Im Sinne des Journalismus.
…des puren Journalismus.

Der Standard und viele andere Medien veröffentlichen eine Meldung von APA/dpa über Details zu den Vorwürfen gegen den Wikileaks Gründer Julian Assange. Diese Meldung stützt sich auf einen Artikel des Guardian. Wie wir bereits wissen, ist das Übersetzen nicht immer einfach, so auch in diesem Fall.

Die APA/dpa meint:

Die „Fräulein A“ genannte Schwedin soll er bei anderer Gelegenheit zu von ihr nicht gewünschtem Sex genötigt haben.

Wohingegen der Guardian schreibt:

She told police that Assange had continued to make sexual advances to her every day after they slept together (..).

Doch „Advances“ sind übersetzt noch keine „Nötigung“ sondern „Annäherungsversuche“, „Avancen“. Die Entscheidung, etwa ob hier ein Fall von Nötigung vorliegt, hat darüber hinaus das schwedische Gericht zu treffen.

Auf DerStandard.at wurde entsprechende Passage nach einem Kommentar von Markus Kienast bereits korrigiert. Der Kommentar selbst ist dabei laut Markus allerdings in der Moderationsschleife hängen geblieben.

Bild: (cc) Ross_TT


Große Zahlen anschaulich darzustellen ist nicht immer ganz einfach, das stellt der Kurier in seiner Sonntagsausgabe einmal mehr unter Beweis.

Wie sinnvoll es ist, die österreichische Milchproduktion in Volumen von deutschen Fußballstadien anzugeben, ist eine andere Frage, doch rechnen wir es durch:

3,26 Mio. Liter dividiert durch 900 ergibt 3.622 Liter. Die Allianz-Arena hat demnach ein Volumen von gut 3,6m³… Hohe und lange Bälle zählen damit wohl nicht zum Spielstil der Bayern.

Für Interessierte aus der Rubrik „unnützes Wissen“:

Die Milchproduktion betrug 2009 3.230.000 Tonnen, also ca. 3,12 Milliarden Liter. Das Volumen der Allianz-Arena schlägt Daumen mal Pi mit 2.928.300m³ (258m x 227m x 50m) zu Buche. Lässt man sie also ein wenig überschwappen, passt die jährlich in Österreich produzierte Milch knapp in das Münchner Stadion. Allerdings nur ein Mal.

Fotos: (cc) Miaers und (cc) Nathan 16. Montage: Peter Pfeiffer. Scan: Kurier vom 19.12., Seite 9.

„Falter“-Herausgeber Armin Thurnher vergleicht die Bewohner der Internetgemeinde gerne väterlich liebevoll mit Meerschweinchen („weil sie so zuverlässig auf Reize reagieren“). Ich hätte da auch einen possierlichen Nager für seine Zunft: Den Lemming.

Raimund Löw schreibt diese Woche im „Falter“ über „Die Treibjagd des Westens gegen Julian Assange“ und stellt unter anderem fest:

Mike Huckebee [sic!], ein Präsidentschaftskandidat der Republikaner, würde ihn am liebsten hinrichten lassen.

Das Geräusch, das jetzt einige vernehmen, das ist nur BILDblogger und Journalist Stefan Niggemeier, wie er an seinem Beißholz nagt. Wies er doch gestern, schon leicht verzweifelnd, zum wiederholten Mal darauf hin, dass Mike Huckabee eben nicht die Todesstrafe für Wikileaks-Gründer Julian Assange gefordert hat. Sondern, wegen Hochverrats, für jenen Maulwurf im Staatsdienst, der die Informationen an Wikileaks weitergab.

Immerhin befindet sich der „Falter“ in bester Gesellschaft: AFP, dpa, FAZ, Spiegel und sogar die New York Times haben die Ente auch geschluckt gedruckt.

Als Anzeichen einer möglichen Verschwörung gegen Assange führt Löw übrigens u.a. an:

Bei seinen Reisen fühlt er sich beschattet, Gepäcksstücke verschwinden auf mysteriöse Weise.

Da kann ich Julian Assange beruhigen: es wäre weitaus verdächtiger, wäre auf seinen zahllosen Reisen nie ein Gepäcksstück mysteriös verschwunden.