Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

WikiLeaks: Kleiner Englischkurs für ORF und Co

Wie würdet ihr diesen WikiLeaks-Tweet interpretieren?

Drei Antwortmöglichkeiten:

  1. „Die heutige Aktion gegen unseren Chefredakteur Julian Assange wird unsere Arbeit nicht beeinträchtigen“, kündigten die Aktivisten über den Online-Dienst Twitter an. Die nächste Veröffentlichung geheimer Dokumente des US-Außenministeriums werde sogar noch mehr Papiere als üblich enthalten.
  2. „Die heutige Aktion gegen unseren Chefredakteur Julian Assange wird unsere Arbeit nicht beeinträchtigen. Wir werden heute Nacht mehr Botschaftsdepeschen veröffentlichen als normal.“
  3. „Die heutigen Maßnahmen gegen unseren Chefredakteur Julian Assange werden unseren Betrieb nicht beeinflussen. Wir werden wie üblich heute Nacht weitere Botschaftsdepeschen veröffentlichen.“

Die Auflösung:

Antwort 1 stammt von ORF.at und (interessanterweise wortgleich, obwohl ein Hinweis auf eine Agenturmeldung fehlt) Kleiner Zeitung.
Antwort 2 hat sich Spiegel Online ausgedacht (wurde bereits korrigiert).
Antwort 3 stammt vom BILDblog – und ist die richtige Antwort.

"Österreich": Wenn Kaltschreiben pietätlos wird
Österreichische Medien scheitern an PISA

11 Kommentar(e)

Leo - Am 08. December 2010 um 01:23

Die Bild? Wer hätte das gedacht? 🙂

Andreas Ostheimer - Am 08. December 2010 um 01:27

Tja, vielleicht hätten ein paar (unübliche) Beistriche im Tweet geholfen 😉

Helge Fahrnberger - Am 08. December 2010 um 01:51

@Leo: Nicht die BILD, das BILDblog. Nicht gaaanz das Gleiche.

socialhack - Am 08. December 2010 um 03:37

wo ist euer Flattr Button?

Martin - Am 08. December 2010 um 06:53

Auch lustig:
Financial Times „Brüderle vergleicht US-Sammelwut mit Stasi“.
Bild zum gleichen Thema „Brüderle vergleicht Wikileaks mit Stasi“

Patrick - Am 08. December 2010 um 11:29

@Socialhack: Falls du den vorliegenden Artikel flattrn willst, kannst du das im Weblog der Autorin tun, wo der Artikel ebenfalls erschienen ist.

Tom Schaffer - Am 08. December 2010 um 13:24

ja, das hab ich mir auch gedacht beim lesen. ich hab allerdings schon beim tweet kommen sehen, dass das zu solchen fehlern führen wird.

Silke Rische - Am 08. December 2010 um 19:43

Ja, ja – der kleine Unterschied zwischen „as“ und „than“ – führt in meinen Kursen bei Übersetzungen auch immer wieder gerne zu Fehlern. Eigentlich ist der Unterschied den Leuten bekannt, aber oft wird der Text einfach zu schnell gelesen. Nach dem Motto: „Die Wörter kenne ich ja alle.“ Also werden die Wörter nur gescannt und der Zusammenhang bleibt auf der Strecke. Schon ist’s passiert!

Interessanter Beitrag, bei dem sich für mich natürlich auch die Frage aufdrängt: Was lese ich jeden Tag alles in deutschsprachigen Zeitungen, das Ergebnis von Übersetzungsfehlern ist?

Christian Györgyfalv - Am 09. December 2010 um 21:19

nur geübte leser englischsprachiger texte finden sich im nahezu satzzeichenlosen (nicht nur beim twittern unüblich) englisch zurecht. das denglische phrasendreschen gilt da nicht als übung.
wahrscheinlich lesen die BILDblog leute die englische potter-ausgabe, die österreichischen griffler dagegen kennen die sprache anscheinend nur aus OV-filmen.
schreit das nicht nach einem PISA-test für journalisten? denn leider sind die immer noch eine sprachliche instanz und damit nicht unschuldig am abschneiden unserer schüler.

Leo - Am 10. December 2010 um 18:12

HAHA!
@Helge
Lol, epic fail von mir. Da laufe ich ja gefahr in einem Kobuk – Artikel zu erscheinen mit diesem Comment. „Blogger meint die Bild kann besser Englisch als der Spiegel und co.“

othercoast - Am 17. December 2010 um 17:52

Nein, Nummer 1/2 ist wahrscheinlicher.

Fehlerhafte Uebersetzung des tweets ist aber sowieso entschuldbar, weil der englische Text einfach falsch ist, weil er wohl selbst woertlich aus einer anderen Sprache uebersetzt wurde. Sowas hatte ich mal bei in D. geschriebener Software eines US-Herstellers: Fehlermeldung sollte heissen „xyx ist von einem anderen Datentyp als abc“ kam als „is of an other type as“, was voellig unverstandlich ist, ausser man kann Deutsch und (eine Spur) Englisch. English for runaways.

„heute Abend mehr Kabel …, so wie ueblich“ waere „more cables, as usual“.
„heute Abend[noch] mehr Kabel as normal[erweise]“ waere „more cables than usual“.

Was da wirklich getweetet wurde, zeigt keinerlei Anzeichen dafuer, eher das eine als das andere bedeuten zu wollen – abgesehen davon, dass das „as normal“ auf z.B. einen dt. Originaltext mit „als normal“ hindeutet. Wenn der Uebersetzungsfehler also nicht noch gerade aus einer ganz anderen Sprache als Deutsch kommt wo ein als-artiges Wort im Sinne von „genau wie“ gebraucht wird, ist wohl (1)/(2) gemeint.

Da man den Unsinn nich uebersetzen kann und schon interpretieren muss, koennte man dazuschreiben: „WL signalisiert, dass sich die Zahl der Hlfer und Angestellten so verringert hat, dass selbst fuer PR-Funktionen niemand mit Englischer Erstsprachigkeit oder zumindest fliessenden Schulenglischkenntnissen zu finden war“.