Am Sonntag war in der Printausgabe der „Kronen Zeitung“ ein Bericht zu lesen, laut dem eine „Türkenbande“ fünf Jugendliche überfallen haben soll. Wie sich herausstellt, besteht die ganze Story aus zusammengewürfelten Halbwahrheiten.

Türkenbande beraubte mit Messern fünf Jugendliche
Ob es sich bei den TäterInnen um TürkInnen handelt, ist unklar. Die Polizeidirektion Wien bestätigt, dass derzeit lediglich eine TäterInnenbeschreibung der Opfer vorliegt. Es wurde also Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Allerdings sagten die Opfer aus, die TäterInnen hätten einen „türkischen Akzent“ gehabt.
Wieder schlug eine dieser skrupellosen Migrantenbanden, die unbehelligt in Wien ihr Unwesen treiben, zu.
Die Formulierung der Krone legt nahe, dass die TäterInnen wiederholt Straftaten begehen. Ob es sich tatsächlich um eine „skrupellose Bande“ handelt, die unbehelligt in Wien ihr Unwesen treibt, ist reine Spekulation. Ebenso möglich ist, dass es sich um eine Gruppe Jugendlicher handelt, die erstmals straffällig geworden sind.
derartige Coups gehören auf Wiens Straßen mittlerweile zur Tagesordnung
Falsch. Die Polizeidirektion Wien bestätigt auf Anfrage von Kobuk, dass derartige Vergehen in Wien „ganz sicher nicht“ täglich passieren. Wie oft genau, kann gar nicht gesagt werden, da diese Art der Anzeigen nicht gesondert in einer Statistik erfasst werden. Die Jugendkriminalität (pdf) ist jedenfalls seit 2006 um 18% gesunken, wobei von 2009 auf 2010 ein minimaler Anstieg (0,1%) an Anzeigen registriert wurde.
Die sieben halbwüchsigen Türken (…) zückten feige ihre Messer und raubten ihren eingeschüchterten Opfern die Messer.
Sieben böse Türken, haben also fünf armen Opfern die Messer geklaut? Freilich nicht. Es wurden bei dem Vergehen zwei Handys gestohlen. Weiter oben hat die Krone das allerdings richtig geschrieben.
Inzwischen wird der Ruf nach hartem Durchgreifen immer lauter: FPÖ-Mandatar Erich Königsberger: „Wir müssen die ausländischen Banden stoppen und sofort abschieben.“
Der „türkische Akzent“ der TäterInnen ist ein Hinweis, dass es sich nicht um junge TürkInnen („Jungtürken“ sowieso nicht), sondern um „Jungösterreicher“ handelt. Nur 4,6% der MigrantInnen der zweiten Generation sind türkische StaatsbürgerInnen. Für die dritte Generation (beide Elternteile in Österreich geboren) gibt es so eine Statistik gar nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sicht nicht um eine ausländische „Bande“ sondern eine heimische handelt, ist also hoch. Und nur weil ein österreichischer Staatsbürger Eltern oder Großeltern hat, die in der Türkei geboren sind, kann man ihn nicht einfach dorthin abschieben. Das weiß hoffentlich auch Erich Königsberger, der neben seiner Tätigkeit als FPÖ-Politiker als Polizist arbeitet.
Danke an die Twitteruser @kellerabteil und @thebalancebeam, die mich auf den Krone Artikel aufmerksam gemacht haben.