Identifizierende Berichterstattung über Tatverdächtige ist prinzipiell unzulässig. Ausnahme: wenn zum Beispiel die Verfolgungsbehörden um Veröffentlichung bitten.
Da dies aber einen massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte von möglicherweise unschuldigen — jedenfalls aber nicht verurteilten — Menschen darstellt, ist besondere Behutsamkeit und Zurückhaltung in der Berichterstattung angebracht.
Für derart sensible Themen hat die Kronen Zeitung ihren eigenen Experten:
Elendes, niederträchtiges Pack,
… He, Ihr [sic!] Dreckskerle, wie fühlt man sich, wenn einem die eigene Gangstervisage aus der Zeitung anspringt? … Verzerrt Panik Eure [sic!] widerwärtigen Gesichter?
Der Starkolumnist, der hier hemmungslos den Mob aufhetzt, fand übrigens auch, dass ein 14-Jähriger „alt genug zum Sterben“ ist, wenn er in einen Supermarkt einbricht.
Die Verantwortung, dass eine Fahndung nach Verdächtigen (!) nicht zur Menschenhetze wird, liegt allerdings auch bei den Behörden. Sie sollten nicht zu bequem zum Mittel der Öffentlichkeitsfahndung greifen — meint man zumindest in Deutschland.
Dort sollen klare Verwaltungsvorschriften für Ermittler und Staatsanwälte Auswüchse wie in Österreich vermeiden helfen. Problembewusst heißt es darin:
durch die … Namensnennung des Tatverdächtigen [entsteht] die Gefahr einer erheblichen Rufschädigung … Die spätere Resozialisierung des Täters kann … erschwert werden … Eine Bloßstellung oder Schädigung des Tatverdächtigen oder anderer Betroffener, muss nicht nur in deren Interesse, sondern auch im Interesse der Strafrechtspflege möglichst vermieden werden.
Daher sei stets auch zu prüfen:
ob der … Fahndungserfolg nicht auch … erreicht werden kann, [indem] nur Medien von geringerer Breitenwirkung in Anspruch genommen werden, andere Formen … wie Plakate, Handzettel … gewählt werden … oder … auf die Verbreitung der Abbildung [verzichtet] wird.
Der Schweizer Presserat meint sogar, dass auch eine Öffentlichkeitsfahndung noch keinen Freibrief für die Medien darstellt:
Redaktionen sollten nicht reflexartig publizieren, wenn Behörden den Namen und das Bild eines Tatverdächtigen freigeben, sondern eigenständige berufsethische Überlegungen anstellen.
Leider zielt der Verweis auf die berufliche Ethik bei manchen ins Leere.
Update:
Die vier Männer haben sich der Polizei gestellt und ihre Unschuld beteuert. Und sie werden laut oe24.at den Krone-Kolumnisten verklagen – auf 60.000 Euro. Wir wünschen viel Erfolg.