Die Wege der Atomwolke sind etwas verwirrend für die Redaktion von „Österreich“ – was aber nicht an den Wetterbedingungen und dem drehenden Wind liegen dürfte. In einem Info-Kasten der Printausgabe vom 14. 3. soll erklärt werden, in welche Richtung die Atomwolke in den nächsten Tagen ziehen könnte:
Wenn der Super-GAU am heutigen Montag passiert, zieht die verseuchte Wolke nach Westen in Richtung Pazifik.
Der Pazifik liegt aber bekanntlich im Osten von Japan – wie auch ein Blick auf die im gleichen Info-Kasten darüber abgebildete Grafik beweist. Der Wind aus dem Westen treibt die Wolke also in Richtung Osten.
Ein paar Seiten weiter ist die Frage, in welche Richtung es nach Osten geht, noch immer nicht geklärt:
Die Wolke zieht aus jetziger Sicht nach Westen und damit in Richtung Hawaii.
Auch mit dem Osten hat „Österreich“ Schwierigkeiten:
Thailand liegt im Osten von Japan und ist deshalb derzeit nicht in Gefahr.
Update: Zur Herkunft der Atomwolken-Grafik.
(Scans: “Österreich” Gratisausgabe, Montag 14. 3. 2011)
Danke für den Hinweis an Michael R.
In einem Artikel zum Erdbeben in Japan verlinkt ORF.at You-Tube Video. Blöd nur, dass es nicht Japan, sondern das Erdbeben in Neuseeland im Dezember zeigt. Um das zu sehen, muss man kein Experte sein:
Hinweis Nr. 1: Police statt 警察?
Hinweis Nr. 2: Eine Kirche, in Japan?
Die irgendwie auch stark dieser Kirche ähnelt, die in Christchurch steht:
Foto (cc) Helmut Pfau.
Danke für den Hinweis an Helmut Decker.
Rapid-Fans trauten ihren Augen nicht, als sie am 18. Februar in „Österreich“ über „Pacults brutale Abrechnung“ im Rahmen einer Podiumsdiskussion lasen. Daniel Mandl, der als Redakteur des Austrian Soccer Boards an der Podiumsdiskussion teilnahm, hat den Bericht kommentiert:
In jedem einzelnen Absatz des Artikels […] stehen Fehlinformationen, falsche Zitate oder einfach nur populistisches Gezeter, um Auflage und Sensationsgeilheit des Lesers zu erhöhen
Der SK Rapid bestätigt diese Aussage in einer Stellungnahme. Laut Mandl schreibt der Artikel Peter Pacult Zitate zu, die in Wahrheit von Journalisten und Diskussionsteilnehmern als Fragen an den Rapid-Trainer gestellt wurden. Er schreibt in einem Email an Kobuk:
Dass zwei Transferperioden verschlafen wurden und dass Außenverteidigerpositionen eine Zumutung sind, habe ICH gesagt. Der Dober-Sager kommt auch von mir, allerdings ebenfalls falsch zitiert. Dass Katzer ‚desorientiert’ sei, fiel nie, das haben sie sich einfach aus den Fingern gesogen.
Laut Diskussionsteilnehmern sei Pacult sehr ruhig und entspannt gewesen. Ganz anders liest sich das bei „Österreich“, wo von „brutaler Abrechnung“, „Wut-Protokoll“, „verbalen Watschen“ und „Rundumschlag“ die Rede ist. Passend dazu die Illustration des schreienden Rapid-Trainers.
Danke Alexander N., Michael S. und Arnold P. für die Hinweise sowie Daniel Mandl für die Informationen.
PS: Kobuk hat für diesen Artikel ein bisschen länger gebraucht – aber sportlich sind wir eben noch nicht die Schnellsten!
„In einem Artikel zur Plagiatsaffäre zu plagiieren, ist ein bisserl keck“, sagt Armin Wolf und gibt gleichzeitig den Hinweis zu diesem Artikel. „Ein bisserl keck“ ist da vielleicht ein bisserl untertrieben, gerade in diesem Zusammenhang.
Am Sonntag veröffentlicht die Süddeutsche ein Portrait zu Guttenbergs Doktorvater Peter Häberle. (Der Autor ist klar erkenntlich, eine Agenturmeldung ist daher ausgeschlossen.) Am Dienstag erscheint zum gleichen Thema ein Artikel auf DiePresse.com, am Mittwoch erscheint er auch in der Printausgabe. Das Blatt titelt „Der naive Professor“. Die beiden Artikel sind nicht völlig ident, aber ob hier gänzlich unabhängig voneinander recherchiert wurde, kann bezweifelt werden.
Aber urteilen Sie selbst:
Die Presse schreibt:
Der Lehrstuhl in Bayreuth ist eine Kaderschmiede für Staatswissenschaftler, Verfassungsrechtler, Sozialwissenschaftler und Rechtsphilosophen. Häberles Lehren werden von Verfassungsgerichten in Europa, in Japan und Lateinamerika mit Ehrfurcht zitiert
In der Süddeutschen steht:
Der Lehrstuhl in Bayreuth war eine Kaderschmiede für Staatswissenschaftler, Verfassungsrechtler, Sozialwissenschaftler und Rechtsphilosophen.(…) Seine Lehren werden von den Verfassungsgerichten in Europa, in Japan und Lateinamerika fast mit Ehrfurcht zitiert.
Dann wieder die Presse:
Er lädt sie zu sich ein, er diskutiert mit ihnen mit enthusiastischer Ernsthaftigkeit, er macht sie zu seinen geistigen Partnern. Dass einer von ihnen gegen die Grundregeln wissenschaftlichen Arbeitens verstoßen könnte, auf so einen Gedanken ist Häberle nie gekommen.
Das Gegenstück dazu in der Süddeutschen:
Trotz seiner vielen Auszeichnungen nahm sich Häberle stets Zeit für seine Studenten, lud sie sogar zu sich nach Hause ein, um mit ihnen zu diskutieren. Dass einer von ihnen gegen die Grundregeln wissenschaftlichen Arbeitens verstoßen könnte, kam ihm nie in den Sinn.
Immerhin wurde nicht der ganze Artikel abgeschrieben. Laut Süddeutscher ist Peter Häberle 77 Jahre alt, laut „Presse“ 76. Recht hat die „Presse“. Seinen 77. Geburtstag feiert Peter Häberle am 13. Mai.
„Die Welt braucht Journalismus” jammen [sic!] Medienmanager in der Krise gern. Das stimmt. “Kress”, “Standard” und “Kölner Stadtanzeiger” demonstrieren, wie nötig wir Journalisten brauchen – sie sollten mal welche anstellen.
Blogger Thomas Knüwer ist für seinen angriffigen Schreibstil bekannt, aber das ist schon ein harsches Urteil. Andererseits hat er guten Grund gegen die drei Medien zu sticheln, verkauften die doch ihren Lesern eine mäßig gute Satire als Faktum. Quellenprüfung? Recherche? Hausverstand? – das alles hat es offenbar nicht gegeben.
Die Werbeagentur Jung von Matt wollte die Band „Wir sind Helden“ für eine Werbekampagne der BILD-Zeitung gewinnen. Ködern wollte man sie damit, dass auch eine sehr kritische Meinung über BILD publiziert werden würde und außerdem gäbe es 10.000 Euro für eine wohltätige Organisation ihrer Wahl. Doch Sängerin Judith Holofernes veröffentlichte auf der Bandhomepage eine genial formulierte Absage:
Die laufende Plakat-Aktion der Bild-Zeitung mit sogenannten Testimonials, also irgendwelchem kommentierendem Geseiere (Auch kritischem! Hört, hört!) von sogenannten Prominenten (auch Kritischen! Oho!) ist das Perfideste, was mir seit langer Zeit untergekommen ist. Will heißen: nach Euren Maßstäben sicher eine gelungene Aktion.
Bald gehörte #Helden auf Twitter zu den Top-Schlagworten weltweit und die Bandhomepage ging vor Anfragen in die Knie. Die Begeisterung über die schlagfertige Antwort war groß. Eine Userin im Online-Jugendangebot der “Süddeutschen Zeitung” erfand in der Folge eine satirische Antwort von Jung von Matt auf die Antwort von Holofernes, die unter anderem DerStandard.at offenbar für echt hielt, anstatt sich – wie Thomas Knüwer schreibt – einige Fragen zu stellen, wie zum Beispiel:
Warum reagiert Jung von Matt nur auf Jetzt.de? Warum verpackt Jetzt.de dies nicht in eine Geschichte, die dem Leser erklärt, warum das da so steht? Ist der harsche und platt beleidigende Ton des Textes wirklich die Art, wie Jung von Matt kommunizieren würde?
Mittlerweile wurde auf den eigenen Fehler eingegangen:
Danke an dieser Stelle an Thomas Knüwer. Schon erstaunlich, was Medienjournalisten Agenturen so alles abnehmen ; -)
Erstaunlich allerdings auch, dass die Redakteurin diese Fehleinschätzung mit einem Smiley quittiert und offenbar immer noch glaubt, das wäre eine offizielle Agenturmeldung gewesen. Wie Jetzt.de-Chefredakteur Dirk von Gehlen ausführt:
Dieser Text stammt von einem der rund 160.000 registrierten Nutzer auf jetzt.de. Er ist keine offizielle Antwort der Werbeagentur. Er ist nicht redaktionell verfasst.
Update (21:06 Uhr):
Des einen Leid ist des anderen Freud
Während die einen für ihre Berichterstattung kritisiert werden, können sich die anderen über gigantische Aufmerksamkeit freuen. Über die BILD-Zeitung und Jung von Matts Werbekampagne wird sicher noch länger gesprochen, geschrieben und getwittert werden. Aber nicht nur diese beiden Unternehmen haben viel Aufmerksamkeit generiert… Mit dem selben Tag an dem die Absage von Holofernes veröffentlicht wurde, kann man bei Amazon auch eine neue Maxi-CD „Alles auf Anfang“ der Band bestellen. Ob das Zufall ist? Leisen Zweifel meldet Twitterer Martin Schimak an. Verkaufsfördernd ist es allemal.
Statistiken regen die Fantasie an. Das beweist folgender Text, der im Rahmen der Glosse „Das Letzte“ in der deutschen „Zeit“ vom 10. Februar 2011 erschienen ist:
In Hamburg, so berichtet Bild, seien 55 Prozent aller Männer ledig, aber nur 47 Prozent der Frauen. Das wirft Fragen auf. Wenn 53% der Hamburgerinnen verheiratet sind, aber nur 45% der Hamburger, kann das entweder bedeuten, dass einige Hamburger mit mehreren Hamburgerinnen verheiratet sind. Oder es bedeutet, dass viele Hamburgerinnen Nicht-Hamburger heiraten, sei es weil, die Hamburger nicht attraktiv genug finden, sei es, weil sie selber so attraktiv sind, dass Auswärtige mit Erfolg um sie werben.“
Entweder-Oder-Formulierungen sind ja meistens ein schwieriges Metier. So könnte jetzt beispielsweise behauptet werden, dass entweder in Hamburg einfach mehr Hamburger als Hamburgerinnen leben – stellte man sich nämlich eine Stadt vor, in der exakt 100.000 Frauen und 117.777 Männer, und wären dort 53% der Frauen mit 45% der Männer verheiratet, dann würde niemand eine Doppelehe führen und ebenso keine Auffälligkeit bezüglich Ehen mit Außer-Städtischen zu sehen sein.
Oder man leitet daraus ab, dass man nicht einfach so Bild-Umfragen zitieren sollte: Denn dieser Bericht (pdf) des Statistikamts Nord aus dem Jahr 2009 (!) zeigt – hier ein Faksimile – dass in Hamburg tatsächlich 40% der Männer, und nur 37% der Frauen verheiratet sind. Und das, obwohl es eigentlich mehr Frauen als Männer gibt.
Man sieht: Das Statistik-Deuten ist eine Krux.
Axel Maireder ist Sozialwissenschafter am Publizistikinstitut der Universität Wien. Der folgende Beitrag erschien zuerst auf seinem Blog.
Der gestrige Fernsehabend war eine doppelte Enttäuschung. Zum einen erdreistete sich der ägyptische Diktator – das ägyptische Volk ignorierend – seinen schon angekündigten Rücktritt abzusagen (bzw. hinter lächerlichem Geplänkel so zu verstecken, dass er nicht gewertet werden konnte). Zum anderen kam die Berichterstattung des ORF zu den Ereignissen einem journalistischen Fiasko gleich: Nicht nur, dass es dem ORF nicht gelang für die schon seit Stunden angekündigte Rede Mubaraks einen ordentlichen Arabisch-Dolmetscher zu finden, der die ohne Zweifel historische Rede Mubaraks ohne Gestammel würdig zu übersetzen weiß. Nicht nur, dass sich die Moderatorin und ihr Gast bemüßigt fühlten eben diese Rede auch noch ständig zu kommentieren.
Nein, dem ORF gelang es sogar die Ansprache genau in jenem Moment abzubrechen, in dem der Präsident zum Schlußpunkt ansetzte und stattdessen eine Werbepause (!) einzulegen. Während die fehlende Kompetenz des Dolmetschers und die laufende Kommentierung als hochgradig unprofessionell zu bewerten sind, ist letzteres unanständig und insbesondere einem öffentlich-rechtlichem Sender zutiefst unwürdig.
Abgerundet wurde dieses traurige Bild des ORF noch von den KollegInnen bei orf.at, denen schlicht das journalistische Gespür zu fehlen schien, die Lage in Ägypten im Rahmen einer Überschrift korrekt zu bewerten. Während von CNN bis Al Jazeera, von tagesschau.de bis derstandard.at, der Unmut der Demonstranten über den nicht erfolgten formalen Rücktritt des Mubaraks als zentral für die Nachricht erkannt wurde, titelte orf.at schlicht und wenig ergreifend: “Mubarak übergibt Macht an seinen Vize”. Enttäuschend.
UPDATE (12.02, 07:30): Der ORF erklärt in einer Stellungnahme, von der derstandard.at berichtet, der Werbeblock sei notwendig gewesen um das Studio umzubauen (Und das ging nicht während der laufenden Rede von Mubarak?) und der Übersetzer hätte mit der schlechten Tonqualität der Originalaufnahme von Al Jazeera gekämpft (Okay, das erklärt es zumindest).
Screenshots von 10.2, etwa 23 Uhr:
ORF.at:
Tagesschau.de
DerStandard.at:
CNN.com
Am Sonntag war in der Printausgabe der „Kronen Zeitung“ ein Bericht zu lesen, laut dem eine „Türkenbande“ fünf Jugendliche überfallen haben soll. Wie sich herausstellt, besteht die ganze Story aus zusammengewürfelten Halbwahrheiten.
Türkenbande beraubte mit Messern fünf Jugendliche
Ob es sich bei den TäterInnen um TürkInnen handelt, ist unklar. Die Polizeidirektion Wien bestätigt, dass derzeit lediglich eine TäterInnenbeschreibung der Opfer vorliegt. Es wurde also Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Allerdings sagten die Opfer aus, die TäterInnen hätten einen „türkischen Akzent“ gehabt.
Wieder schlug eine dieser skrupellosen Migrantenbanden, die unbehelligt in Wien ihr Unwesen treiben, zu.
Die Formulierung der Krone legt nahe, dass die TäterInnen wiederholt Straftaten begehen. Ob es sich tatsächlich um eine „skrupellose Bande“ handelt, die unbehelligt in Wien ihr Unwesen treibt, ist reine Spekulation. Ebenso möglich ist, dass es sich um eine Gruppe Jugendlicher handelt, die erstmals straffällig geworden sind.
derartige Coups gehören auf Wiens Straßen mittlerweile zur Tagesordnung
Falsch. Die Polizeidirektion Wien bestätigt auf Anfrage von Kobuk, dass derartige Vergehen in Wien „ganz sicher nicht“ täglich passieren. Wie oft genau, kann gar nicht gesagt werden, da diese Art der Anzeigen nicht gesondert in einer Statistik erfasst werden. Die Jugendkriminalität (pdf) ist jedenfalls seit 2006 um 18% gesunken, wobei von 2009 auf 2010 ein minimaler Anstieg (0,1%) an Anzeigen registriert wurde.
Die sieben halbwüchsigen Türken (…) zückten feige ihre Messer und raubten ihren eingeschüchterten Opfern die Messer.
Sieben böse Türken, haben also fünf armen Opfern die Messer geklaut? Freilich nicht. Es wurden bei dem Vergehen zwei Handys gestohlen. Weiter oben hat die Krone das allerdings richtig geschrieben.
Inzwischen wird der Ruf nach hartem Durchgreifen immer lauter: FPÖ-Mandatar Erich Königsberger: „Wir müssen die ausländischen Banden stoppen und sofort abschieben.“
Der „türkische Akzent“ der TäterInnen ist ein Hinweis, dass es sich nicht um junge TürkInnen („Jungtürken“ sowieso nicht), sondern um „Jungösterreicher“ handelt. Nur 4,6% der MigrantInnen der zweiten Generation sind türkische StaatsbürgerInnen. Für die dritte Generation (beide Elternteile in Österreich geboren) gibt es so eine Statistik gar nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sicht nicht um eine ausländische „Bande“ sondern eine heimische handelt, ist also hoch. Und nur weil ein österreichischer Staatsbürger Eltern oder Großeltern hat, die in der Türkei geboren sind, kann man ihn nicht einfach dorthin abschieben. Das weiß hoffentlich auch Erich Königsberger, der neben seiner Tätigkeit als FPÖ-Politiker als Polizist arbeitet.
Danke an die Twitteruser @kellerabteil und @thebalancebeam, die mich auf den Krone Artikel aufmerksam gemacht haben.
Matura mit 14? Klingt nach etwas für Mensa-Anwärter. Geht es nach der letzten Sonntagsausgabe von „Österreich“, scheint das die ÖVP für alle Schüler landesweit zu fordern.
Was sich erst beim Weiterlesen erschließt: Die eigentlich gemeinte Mittlere Reife ist ein Bildungsabschluss, der mit der Matura nicht das geringste zu tun hat.
Danke an Yilmaz Gülüm für Hinweis und Foto.