Da müht man sich ab, in den besten Redaktionen des Landes,
trotzt mit gefüllter Portokassa den kleinkarierten Beschränkungen des Medienrechts
und pfeift auf journalistische Moral und Ehrenkodex sowieso.
Immerhin hat man einen Informationsauftrag zu erfüllen. Muss den Lesern ein gnadenlos recherchiertes Bild vermitteln, über diesen abartigen Eigenbrötler, der sich nie am Gemeindeleben beteiligte und in keinem Verein war:
Außer beim ASKÖ, über 60 Jahre — doch was kümmern uns unsere Lügen vom letzten Tag? Heut ist wahr. Gestern war.
Und dennoch gibt es immer noch Menschen, die diesem “Inzest-Monster” die … Stange halten:
Die trotz aller Aufklärungsarbeit der Top-Journalisten-Richter-Henker dieses Landes erst ein Gerichtsurteil abwarten möchten, oder zumindest die offizielle Anklage, bevor sie sich über diesen Mann — von dem sie derzeit gesichert nur wissen, dass er von seinen Töchtern mehrere Tage hilflos am Boden liegen gelassen wurde und nun schwer von ihnen beschuldigt wird — ihr eigenes Urteil bilden. Ja lesen diese Menschen denn keine Zeitung?!
Ein „Heute“-Redakteur bringt kopfschüttelnd und leicht fassungslos auf den Punkt, was er von der Einstellung solcher Bürger hält, die das mediale Vor-Urteil infrage stellen:
Wahnsinn!
Update 9.9.2011: Der Verdächtige wurde heute aus der U-Haft entlassen. Die Inzest-Vorwürfe waren Medienberichten zufolge ein Missverständnis bei der Einvernahme der beiden geistig beeinträchtigten Schwestern. Und jetzt einfach noch mal die Bilder anschauen, in diesem Artikel.
UPDATE: Stellungnahme des Fotografen siehe unten.
Heute hitzebedingt nur ein leichtes Sommerrätsel: Auf dem Suchbild unten verbirgt sich ein Spanner, der über Kopf in die privaten Räume von Verbrechensopfern fotografiert. Wer findet ihn?
ÖSTERREICH: „ein einziger Müllhaufen“
UPDATE 31. August: Der Österreich-Fotograf, der namentlich nicht genannt werden möchte, möchte diesen Artikel gelöscht sehen. Wir haben das trotz Androhung von „rechtlichen Schritten“ abgelehnt. Wir haben ihn um eine Stellungnahme gebeten:
Bei dieser Gelegenheit darf ich Sie noch einmal um Stellungnahme bitten:
– Hatten Sie Erlaubnis, das betreffende Grundstück zu betreten?
– Hatten Sie Erlaubnis, das Innere des Gebäudes für eine Veröffentlichung zu fotografieren?
– Haben Sie im Auftrag Ihrer Redaktion oder auf eigene Faust gehandelt?
Seine Antwort:
Es ist mehr als lächerlich von mir in irgendeiner Weise eine Stellungnahme zu erwarten!
Weiters haben Sie mit den Bildern eine Urheberrechtsverletzung begangen.
Sie zeigen mit Ihrem Artikel weder irgendwelche Missstände auf etc. Das Einzige, was Sie machen, ist eine Person (von keinerlei öffentlichem Interesse) an den Pranger zu stellen, ohne dafür Beweise zu haben. Oder fühlen Sie sich zu einem Richter berufen? Was Sie ja ironischerweise den Medien vorwerfen. Entschuldigen Sie bitte, dass ich von der sachlichen Argumentationsbasis abschweife.
Mittlerweile dürfte es sich bereits herumgesprochen haben: Der neue Mediamarkt in Stadlau wartet mit „tollen“ Eröffnungsangeboten. Zur Sicherheit erinnerte uns die „Österreich“-Redaktion am 26. (links) und 27. Mai (rechts) noch einmal daran:
1. Die „Kleine Zeitung“ lässt am 25.05. in einem Bericht über Tornados in den USA vier Tote sterben:
2. Wie man solche Fehler vermeidet, zeigt die Printausgabe der „Presse“ am 29.05. auf Seite 45:
3. Der ORF verwandelt am 12.04. Staatssekretär Sebastian Kurz im Interview zu einer Frau Schittenhelm (nach 4:20 min):
4. Nach dem Erdbeben in Japan war man bei Oe24.at so verwirrt, dass man seitdem die Erdrotation im gleichen Artikel für um 1,8 Mikrosekunden erhöht und weniger Zeilen darunter wieder für verkürzt hält:
Herzlichen Dank u.a. an Tom und Klaus für die Hinweise.
Wie wurscht „Österreichs“ Journalisten die Grenze zwischen Gefundenem und Erfundenem ist, merkt man oft auch speziell im Kleinen. An der Geschichte dieses Ausreißers zum Beispiel:
Neben der Headline ein anonymisiertes Foto des Jungen, mit der Bildunterschrift:
Kleiner Armin verirrte sich.
Stutzig macht den geübten Medienbeobachter (Vorsicht, Eigenlob) nur, dass der Bub auf dem Bild heult. Hat der Erwachsene, der ihn dann im Kindergarten ablieferte, etwa erst noch ein Foto von dem Kleinen, mitten in seiner größten Not, geschossen und es an „Österreich“ verhökert?
Nein. Es musste wieder mal, wir erinnern uns an „Österreichs“ faulsten Lehrer, einfach nur ein Bild her. Und dem Leser kann’s doch egal sein, ob das nun wirklich dieser Armin ist oder ein x-beliebiges US-Model aus der Getty-Bilderdatenbank (dort natürlich ohne Augenbalken). Und was hätten’s, statt zu lügen, denn auch drunter schreiben sollen … „Symbolkind“ etwa?
Man kann’s auch positiv sehen: Immerhin hat „Österreich“ diesmal keine Persönlichkeitsrechte verletzt.
Schon die Titelseite der „Österreich“-Ausgabe von heute wirbt wieder einmal für angeblich billige Urlaubsreisen:
Ein redaktioneller Artikel auf Seite 6 mit dem Titel Urlaub billig wie nie „berichtet“ dann, dass Urlaub in Griechenland und Ägypten derzeit 30 Prozent günstiger sei. Die meisten Angaben (inkl. aller Preisangaben im und um den Artikel) beziehen sich darin auf Joe24.at, ein Online-Reisebüro das wie die Tageszeitung „Österreich“ zur Fellner Medien GmbH gehört.
Außerdem findet man gleich neben dem Artikel in redaktioneller Aufmachung eine blaue „Servicebox“, die den Super-Saver-Day von Joe24 bewirbt:
Auf der gegenüberliegenden Seite findet sich eine ganzseitige Anzeige von Joe24, in der unter anderem die im Artikel beworbenen Angebote und auch der Super-Saver-Day beworben wird:
Eine ähnliche Online-Version des Artikels ist insgesamt vier Mal durch Text- und Grafiklinks zu Joe24 unterbrochen.
Doch damit nicht genug. Beim Durchblättern findet sich auf Seiten zwei und drei eine Anzeige, die eine Media-Markt-Neueröffnung bewirbt. Kobuk-Leser wissen jetzt wahrscheinlich schon, was das bedeutet.
Richtig. Auf Seite 18 findet man den redaktionellen Artikel dazu: „Wahnsinns-Angebote in Stadlau“. Der Geschäftsführer von Media Markt persönlich stellt im „Artikel“ die neuen Eröffnungsangebote der Media-Markt-Filiale vor:
Nummer 1: Am Mittwoch veröffentlichte DerStandard.at diesen Filmtipp.
Auf welchem Sender der Film nun gezeigt wird, will uns DerStandard.at an dieser Stelle nicht verraten. Erst ein Leser-Kommentar unter dem Filmtipp macht darauf aufmerksam, dass „Der Busenfreund“ auf ARTE ausgestrahlt wurde.
Nummer 2: Die Falter-Ausgabe vom 18.5. lässt anhand eines Artikels vermuten, dass in der Redaktion Twitter und Twitpic nur selten genutzt werden.
Abgesehen davon, dass Twitter seinen Nutzern nicht 160 sondern nur 140 Zeichen zur Verbreitung von Informationen zur Verfügung stellt, suggeriert der Artikel, dass Twitter Eigentümer des Tools Twitpic wäre. Twitpic steht jedoch im Eigentum von Noah Everett, nicht von Twitter. Twitter selbst ist also – zumindest in diesem Falle – keineswegs „ins Visier von Informationsschützern geraten“.
Die „Taz“, auf die sich der Falter bezieht, macht es richtig und erkennt den Unterschied zwischen Twitpic und Twitter.
Nummer 3: Dass nicht nur Onlineredakteure öfters mal den Faden verlieren, beweist uns „Österreich“ am 17. Mai. Ganze vier (!) Artikel waren ohne sinnvolles Ende in die fertige Ausgabe gelangt:
(Scans von Artikeln auf den Seiten 3, 6, 10 und 21.)
Wer die heutige Ausgabe von „Österreich“ zur Hand nimmt, sieht auf den ersten Blick, dass auf dem Umschlag für einen Total-Abverkauf von „Kleider Bauer“ geworben wird – an sich nicht schlimm, immerhin wird darauf hingewiesen, dass es sich um Werbung handelt:
Blättert man ein paar Seiten weiter, stößt man im Wien-Teil der Zeitung auf einen weiteren – dieses Mal redaktionellen – Hinweis auf den „Kleider Bauer“-Abverkauf:
Ein Zufall? Möglicherweise. Aber ein Blick auf ähnliche Artikel in der letzten Zeit lässt anderes vermuten.
Wie bereits berichtet dürfte die Zeitung „Österreich“ große Zuneigung zum Urlaubsziel Ägypten empfinden, denn vor Ostern warb sie wieder mit Urlaubsangeboten (Artikel vom 13.4., Seite 5). Der Reiseveranstalter Joe24.at, dessen Geschäftsführer im Artikel zu Wort kommt, hat die gleichen Eigentümer wie „Österreich“.
Profitieren tun jetzt die Reisenden.
Sicher nicht nur die.
Ein schönes Beispiel zu unserem aktuellen Fokus Schleichwerbung lieferte letztes Monat das Gratisblatt „Österreich“:
Erster Akt: Dienstag, 5. April
Der lange Text zur Eröffnung eines Mediamarktes „mit tollen Preishits“ auf Seite 17..
..ist wahrscheinlich nur im Seitenspiegel verrutscht und eigentlich Teil des Inserats sechs Seiten weiter vorne:
Zweiter Akt: Mittwoch, 6. April :
Nur ein Inserat auf Seite 11. Na bitte, war am Vortag sicher nur ein kleiner Fehler.
Dritter Akt: Donnerstag, 7. April:
Ähh.. Also das ist so: Der Artikel auf Seite 18 hat..
..mit der bezahlten Werbebeilage natürlich nichts zu tun. Der wäre selbstverständlich auch so erschienen, denn es handelt sich ja um den „größten Mediamarkt Europas“!
Vierter Akt: Freitag, 8. April:
Liebes „Österreich“, jetzt bringst Du mich aber langsam in Verlegenheit. Der Artikel auf Seite 21 zum „Ansturm auf den neuen Mediamarkt“ und seine „Top-Angebote“ wird doch..
..nicht etwa… Schleichwerbung sein und mit der Werbebeilage in Zusammenhang stehen?