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Kategorie: OE24/Österreich

Warum ÖSTERREICH ein Qualitätsmedium ist, man der HEUTE-Redaktion  „in die Goschn hauen sollte und Tränen gut sind.

„Traumberuf Journalist“ – so schrieb die Mediengruppe ÖSTERREICH ihre sechswöchige Journalistenakademie aus. Journalist ist wirklich mein Traumberuf, konnte ich doch als freier Mitarbeiter schon einige Jahre Erfahrung sammeln. Die Bewerbung für die Journalistenakademie schrieb ich mehr aus Spaß denn aus wirklichem Interesse. Umso erstaunter war ich, als ich dann vor Allerheiligen eine Einladung für die darauffolgende Woche erhielt. Kurz und knapp hieß es: Kommen’s vorbei, wir informieren Sie einmal.

Der Autor vor der ÖSTERREICH-RedaktionAm Wochenende davor zerbrach ich mir den Kopf, ob ich wirklich hingehen sollte. Ich bin kein Fan von ÖSTERREICH. Und das ist noch untertrieben.

Nach langem Hin und Her wollte ich mir „die beste Zeitung“ zumindest einmal ansehen. Das Verlagsgebäude liegt im 1. Bezirk in direkter Nähe zum Karlsplatz. Aus einem kargen Foyer wurde ich zu anderen Bewerbern in den ersten Stock geschickt. Wir waren rund 13 junge Leute.

Nachdem wir von unserer Betreuerin in Empfang genommen wurden, ging es hinauf in den Konferenzraum. Von dort aus konnten wir „einen der modernsten Newsrooms Europas“ einsehen. Kurz darauf gesellte sich einer der vielen Chefredakteure, Christoph Hirschmann, und Herausgeber Wolfgang Fellner zu uns. Ab da wurde es spannend.

Fellner sprang von Bewerber zu Bewerber und fragte nach oberflächlichen Details. Die Antworten wartete er meist nicht ab. Ein Verhalten, das mich frappierend an den Stil der Zeitung erinnerte. Danach begann eine kleine Diskussionsrunde.

Das Verhältnis zur härtesten Konkurrenz, der Gratiszeitung HEUTE, beschrieb Fellner wie folgt: „Den Leuten von der HEUTE müsst’s am Besten in die Goschn hauen!“

Auch die Behauptung, ÖSTERREICH sei ein Boulevardblatt und keine Qualitätszeitung, ließ der Herausgeber nicht gelten: Das sei unwahr, gegen dieses Vorurteil habe man oft zu kämpfen. „Wir haben manche Artikel im Blatt, die besser sind als im STANDARD. ÖSTERREICH ist eine Qualitätszeitung, leider werden wir nicht immer als solche erkannt. Ich finde auch, dass die KRONEN ZEITUNG zu den Qualitätsmedien gehört.“ Hirschmann stimmte ein: „Wir haben eine wöchentliche Buchbeilage. Welche andere österreichische Zeitung hat das schon? Auch das zeichnet uns als Qualitätsmedium aus.“

Im Verlauf des Gesprächs ging es auch um die Möglichkeit, für unsere Artikel selbst zu fotografieren. Normalerweise würde sich allerdings die Fotoredaktion darum kümmern. Die Fachleute würden genau wissen, wann Fotos verpixelt oder gar mit einem Balken versehen werden müssen, so Hirschmann.

So ging es bunt und lustig weiter. Da die Journalistenakademie nur sechs Wochen dauern würde, sollten wir unbedingt auffallen, wenn wir bei der ÖSTERREICH eine Zukunft haben wollten. Zitat Fellner: „Wenn einer von euch nach Annaberg fährt, die Freundin des Amokläufers findet, die ihm unter Tränen ein Interview gibt und er ein Video davon macht, dann werde ich mir denjenigen sicher gut merken.“

Genau solche Geschichten — Exklusivstorys! — seien erwünscht. Alle sollten darüber reden: von der Putzfrau bis hinauf zum Banker. Was in diese Kategorie hineinfiele? Mord und Totschlag mit viel Blut. Oder „wenn ein paar Sandler das Hotel Sacher anzünden!“ Die Bezeichnung ‚Sandler‘ schien Fellner überhaupt zu gefallen: Manche von uns wären vorerst noch ohne eigenen Arbeitsplatz. „Da könnt ihr auch gleich zu den Sandlern in der Akademie rübergehen und euch dazugesellen.“ (Gemeint waren offenbar die protestierenden Flüchtlinge in der Akademie der bildenden Künste.)

„Nach den fünf Wochen schauen wir dann weiter“, sagte Fellner. Sicherlich nicht, dachte ich. Mir war schon die einstündige Präsentation genug. Ich bedankte mich für die Einladung und verließ das Verlagsgebäude bei der erstbesten Gelegenheit.

Journalist ist nach wie vor mein Traumberuf, aber ich werde meine Überzeugungen bestimmt nicht an Wolfgang Fellner und sein ÖSTERREICH verkaufen.

 

Lesenswert sind in diesem Zusammenhang auch die Arbeitgeber-Bewertungen von ÖSTERREICH-Mitarbeitern auf Kununu.com. Die Redaktion.

  

1. Update der Redaktion:

Wolfgang Fellner erklärte HORIZONT Online, die Zitate seien aus dem Zusammenhang gerissen. Er habe auf die Frage eines Teilnehmers, wie das Verhältnis zwischen „Heute“ und „Österreich“ sei, gesagt: „Auch wenn es so aussieht, als würden sich die beiden Zeitungen täglich in die Goschn hauen, sind die meisten Redakteure der beiden Zeitungen privat bestens befreundet und treffen sich sogar nach dem Job. Trotzdem will jeder den anderen natürlich bei den Geschichten schlagen!“ Auch die anderen Zitate würden so nicht stimmen.

Der Autor bleibt bei seiner Darstellung.

2. Update:

Vice hat Kobuk-Gründer Helge Fahrnberger zu diesem Artikel befragt. DiePresse.com sprach mit dem Autor und mit Kobuk-Lektor Yilmaz Gülüm

In der Ausgabe vom 6. November berichtet „Österreich“ auffallend freundlich über die „Erste Wohnmesse“ der „Erste Bank“, sowie über die Errichtung von Stadtvillen in Liesing durch „Seeste Bau“. Dass dies interessante Themen für das „Wohnen“-Ressort sind, will ich nicht bestreiten. Die beiden Inserate von „Seeste Bau“ und „Erste Bank“ auf der selben Doppelseite lassen allerdings den Verdacht aufkommen, dass es sich hier um Schleichwerbung handelt.

„Österreicht“ stellt ausführlich die vielen Qualitäten der kommenden „Erste Wohnmesse“ vor. Neben Information über aktuelle Immobilienangebote, gebe es auch stündliche Talk-Shows, Kinderbetreuung und natürlich finanzielle „Beratung“ – durch die „Erste Bank“ und ihre Partner. Daneben das Bild eines strahlenden Paares und die Worte:

Am Sonntag kann der Traum vom Eigenheim wahr werden.

Na wenn das nicht vielversprechend klingt.

Darunter folgt die nächste Empfehlung der „Österreich“-Redaktion: die Wohnanlage An der Au, errichtet von „Seeste Bau“ – dem zweiten Werbekunden auf der Doppelseite. Es wundert einen kaum, dass sich die wohlwollenden Worte über die Anlagen fast eins zu eins auf der Internetseite der „Seeste Bau“ finden lassen (idente Satzbausteine durch uns hevorgehoben):

„Österreich“:

Die Parkvillen An der Au vereinen Vorteile modernen und familienfreundlichen Stadtlebens in der Grünruhelage mit den Vorzügen bester Infrastruktur in direkter Umgebung (Einkaufszentrum Riverside, Buslinien in die City, Kindergärten und Schulen)

„Seeste Bau“:

Die PARKVILLEN AN DER AU [sic!] vereinen Vorteile modernen und familienfreundlichen Stadtlebens in Grünlage mit den Vorzügen bestern [sic!] Infrastruktur in direkter Umgebung, sowie Kindergärten, Schulen (Kollegium Kalksburg & Privatschule Santa Christiana), ein Ärztezentrum und Einkaufsmöglichkeiten im Shoppingcenter Riverside.

 

Sie tun es schon wieder! Das Cover der Gratisausgabe von „Österreich“  vom 07. Juni wird offenbar von ungekennzeichneter Werbung für McDonalds geziert.  Wie es der Zufall so will finden sich just in jener Ausgabe auch Gutscheine für die Fastfood-Kette.

Wurde dem Inserenten zu der Beilage da ein kleines Zuckerl als Draufgabe geleistet?

Laut den auf oe24.at veröffentlichten Tarifen (siehe pdf Seite 6) und dem geprüften Durchschnittswert der Druckauflage 2012 (pdf Seite 52) kommt der Preis für die McDonalds Beilage auf Daumen mal Pi 50.000 Euro. Pro Tausend Stück werden 95€ verrechnet, und durchschnittlich erscheinen an einem Freitag 495.390 Exemplare (geprüfte Druckauflage laut ÖAK). Das macht 47.062,05 Euro.

Da wäre ein Entgegenkommen seitens „Österreich“ zugunsten des Werbenden schon denkbar. Denn interessant ist auch, dass laut Tarifliste der Preis für die Coverplatzierung in dieser Form nicht angegeben ist. Sieht also ganz nach einem Special-Deal aus.

Im Fall der McDonalds Platzierung am Cover, entspricht das Format etwa einer 1/3 Seite quer. Im Heftinneren würde das an einem Freitag 8.820 Euro kosten. Bei dem Sonderformat am Titel kommt aber ein 300%-iger Zuschlag hinzu. Das würde dann 35.280 Euro ergeben. Das Zuckerl hat dem Inserenten bestimmt geschmeckt!

Die Gratiszeitung „Österreich“ stempelt in der Ausgabe vom 15. Mai einen psychisch kranken Mann, der noch dazu Opfer eines Gewaltverbrechens wurde, als „Gemeinde-Bau-Ekel“ ab. Und das natürlich boulevardwirksam auf dem Titelblatt und im Artikel auf Seite 8.

Nicht einmal Menschen mit (psychischer) Behinderung sind also vor vorverurteilender Berichterstattung gefeit. Die Redakteure bezeichnen das Mordopfer als „Gemeindebau-Ekel“, im Artikel sogar als „Gemeindebau-Schreck“. Sie bezichtigen ihn auch des Drogenmissbrauchs:

Laut Anrainer dürfte Frühpensionist Andreas T., der alleine wohnte, ein Drogenproblem gehabt haben.

Außerdem informiert die Redaktion über sein Schizophrenie-Leiden.

Den „ekelhaften“ Eindruck des Opfers komplettiert die Gratiszeitung noch mit dieser Aussage des Nachbarns:

„Wenn er wieder einen Schub hatte, hat er alle angepöbelt.“

Fest steht: das Opfer kann sich nicht mehr verteidigen. Der psychisch kranke Mann, der weder absichtlich noch mutwillig zum „Gemeindebau-Schreck“ wird, kommt im Artikel beinahe schlechter weg als der 16-jährige Täter. Dieser wird nur kurz als „Straßengangster“ bezeichnet.

Das Traurige daran ist aber, dass uns diese pietätlose Arbeitsweise bekannt vorkommt.

In der Printausgabe vom 19. April hat die Tageszeitung Österreich Richter gespielt und einen Verdächtigen an den Pranger gestellt. Das Blatt glaubte bereits zu wissen, wer die Gift-Briefe an US-Präsident Obama und einen Senator geschickt hatte. Nur wenige Tage später stellte sich jedoch heraus, dass der Mann unschuldig ist.

Mit Schlagzeilen wie „Elvis wollte Obama töten“ verurteilte das Blatt einen Elvis-Imitator als Gift-Brief-Attentäter. „Österreich“ veröffentlichte auch online Screenshots und Fotos aus dem Facebook Profil des Verdächtigen. In der Printausgabe auf auf Seite 3 hieß es etwa:

Er war Elvis-Imitator und Obama-Hasser(…) Er verschickte drei Briefe mit Rizin-Gift (…) Der irre Täter ist ein Elvis-Imitator

Die erhoffte Sensationsmeldung blieb jedoch aus. Wie einige Tage später nämlich bekannt wurde, ließen die Ermittler alle Vorwürfe gegen den Verdächtigen fallen und der Mann kam frei. „Die letzte Woche war ein Alptraum“, sagte er laut Medienberichten nach seiner Freilassung.

Auch wenn es ziemlich unwahrscheinlich ist, dass der Mann hierzulande sein Recht für die erlittenen Kränkung gelten machen wird, so dreht sich der wahre King wegen dieses Fauxpas mit Sicherheit mindestens drei Mal im Grab um.

Vielen Dank an Philipp Schmidt für den Hinweis auf Twitter

Wieder einmal beschleicht uns das Gefühl, dass „Österreich“ mit redaktionellen Artikeln eigentlich etwas bewerben will. Und das nicht nur einmal, sondern gleich fünf Mal infolge!

Zur Eröffnung des Wiener Einkaufszentrums „The Mall“ hat es sich die Gratiszeitung offenbar zum Ziel gemacht, ihren Lesern fünf Tage lang von Eröffnungsangeboten und Gewinnspielen zu erzählen. Alle Ausgaben vom Montag, dem 22.4., bis zum Freitag, dem 25.4., berichten über die Eröffnung. In keinem der Artikel befindet sich ein Hinweis auf eine entgeltliche Einschaltung.

Fünf Berichte innerhalb von fünf Tagen

Eine Kostprobe: Der Leser erfährt von „nationalen und internationalen Marken“ und „tollen Eröffnungsangeboten“. „Weiters gibt es 10.000 Sofortgewinne beim Glücksrad“, „und überall warten Schnäppchen.“ Sieht so journalistische Distanz aus?

Das Einkaufscenter und seine Geschäfte rührten in dieser Woche auch heftig in der Werbetrommel. In der Mittwochsausgabe vom 22.4. findet sich am Cover eine ganzseitige Anzeige zur Eröffnung, eine Beilage von Mediamarkt, und zwei Inserate bzw. ein als Werbung gekennzeichneter Artikel von Interspar – jeweils für ihre Filialen in „The Mall“.

Etwas bekannt kommt uns diese Strategie schon vor: Bereits 2011 berichtete die Gratiszeitung in ähnlicher Weise über eine Mediamarkt-Eröffnung in Stadlau .

Kreativität am Arbeitsplatz wird geschätzt. Etwas zu erfinderisch waren allerdings die Redakteure der Gratiszeitung „Österreich“. Sie bastelten sich eine Exklusivstory, die eigentlich gar keine ist.

Das Blatt berichtet vom dramatisch steigenden Spritpreis, der in den nächsten Jahren auf 2 € pro Liter steigen soll. Die heimische Regierung habe sogar vor, den Preis auf 2,4 € zu erhöhen.

Diese brisanten Informationen entnimmt man einem „Geheimdokument“, zu dem „Österreich“ scheinbar exklusiven Zugang genießt:

Aus einem geheimen Dokument, das ÖSTERREICH vorliegt, geht hervor: SPÖ und ÖVP haben sich offenbar klammheimlich geeinigt. Sie wollen die Mineralölsteuer (MöST) anheben.

Prompt folgt ein Auszug aus dem vermeintlichen Geheimdokument:

Tatsächlich ist dieses „Geheimdokument“ der Energie Strategie Österreich (pdf) aber seit 2010 öffentlich zugänglich – „Österreichs“ weltexklusives Geheimzitat steht dort auf Seite 136. Wirtschaftsminister Mitterlehner und Umweltminister Berlakovic stellten das Papier vor über drei Jahren bei einer Pressekonferenz vor. Der Standard, die Presse und andere berichteten noch am gleichen Tag.

Wir bedanken uns für den anonymen Hinweis.

Die „Sport Bild“ hat am 20. März exklusiv in der Printausgabe berichtet, der Extremsportler Felix Baumgartner wolle zum Mond fliegen und suche noch einen Sponsor. Die dpa verbreitete die Nachricht, die APA übernahm sie.  Nahezu alle größeren österreichischen Medien ebenso wie etliche deutsche Zeitungen veröffentlichten die Geschichte. Aber niemand fragte nach, ob die Meldung stimmt. So machte eine Ente ihre Runde.

Die Gratiszeitung „Heute“ brachte die Story am nächsten Tag sogar aufs Cover : „Ich will auf den Mond fliegen“. Die Online-Ausgaben der Kleinen Zeitung, News, Kurier, Salzburger Nachrichten, Kronen Zeitung, Standard, Ö3, und viele mehr stellten die Geschichte vom geplanten Mondflug mit leichten Variationen ins Netz. Die Salzburger Nachrichten, Kleine, Kurier u.a. brachten die Story auch gedruckt.

Nachdem am Sonntag auch „Österreich“ die Geschichte groß brachte, wurde es „Super-Felix“ offenbar zu viel.  Auf Facebook dementierte Felix Baumgartner die Spekulationen.

Es ist immer wieder bemerkenswert mit welcher „billigen effekthascherei“ manche Medienvertreter versuchen Auflage zu machen!!! Als ich neulich beim Laureus Award gefragt wuerde ob ich noch Traeume habe sagte ich:“ Ja, ich wuerde gern zum Mond fliegen“. Daraus wurde dann- „Felix plant naechsten Coup!!“ Diese headline ist so weit von der Wahrheit entfernt wie die Erde vom Mond. Es gibt weder Plaene noch wurde jemals mit meinem langjaehrigen Partner Red Bull darueber gesprochen!!! Ich konzentriere mich in Zukunft auf’s Helikopter fliegen und meine Aufgabe als UN Botschafter. Also liebe Medienvertreter, wenn euch guter Journalismus am Herzen liegt dann schreibt Ihr genau das!! Wenn nicht- habt ihr mir recht gegeben!!Lg Euer Felix

Update: Die APA hat die Meldung von der dpa übernommen. Wir haben das oben im Text entsprechend ergänzt.

Unter dem Titel „So gefährlich ist ihr Bezirk“ betreibt „Österreich“ (Printausgabe vom 4. Jänner) Verunsicherung und Panikmache in großem Stil. Um einen drastischen Kriminalitätsanstieg in Wien zu belegen, werden die Zahlen des Sicherheitsmonitors herangezogen – einer Statistik, die eigentlich etwas anderes aussagt.

Beim Sicherheitsmonitor handelt es sich um ein internes Analyseinstrument der Polizei, das Erstverdachtsfälle dokumentiert. Die Kriminalstatistik dagegen zeigt die tatsächlichen Delikte, also die Anzeigen der Polizei an die Gerichte. Der Erstverdacht kann von den Ermittlungsergebnissen eben auch abweichen. Bereits 2008 warnte das Bundeskriminalamt vor der Gefahr von Falschmeldungen und Fehlinterpretationen des Sicherheitsmonitors.

Im „Österreich“-Artikel stützt man sich allerdings auf die Zahlen ebendieses Sicherheitsmonitors. Das Blatt gibt für jeden Bezirk hohe Zuwachsraten an (siehe Artikel, roter Kasten). Laut „Österreich“ ergibt das einen durchschnittlichen Anstieg der Kriminalität um 4,3 Prozent für ganz Wien.  Die echte Kriminalstatistik 2012 (PDF) zeigt ein anderes Bild. Sie bestätigt zwar eine Zunahme der Delikte in Wien, allerdings nur um 1,1 Prozent im Vergleich zum Jahr davor.

In absoluten Zahlen ist im Gegenteil eine rückläufige Tendenz in den letzten zehn Jahren zu beobachten

Dem zugehörigen Pressegespräch zur Kriminalstatistik kann man entnehmen, dass der geringe Anstieg 2012 auf der Erfassung neuer Kriminalitätsformen, vor allem im Bereich der Internetkriminalität  beruhe. Das widerspricht schon mal dem konstruierten Bedrohungszenario der „Österreich“-Berichterstattung.

Nach Auskunft der Bundespolizeidirektion stimmt auch der angegebene Zeitraum nicht, da sich des Zahlen des Sicherheitsmonitors auf den Zeitraum April bis September beziehen und nicht wie im Artikel angeführt auf den Zeitraum April bis November.

Aber damit noch nicht genug, dürfte es sich auch noch um die falschen Zuwachszahlen handeln, was sich schwerer belegen lässt, da die Zahlen des Sicherheitsmonitors nicht öffentlich zugänglich sind. Im Gespräch mit der Pressestelle der Bundespolizeidirektion wurde ich aber darauf hingewiesen, dass es sich bei den im Artikel angegebenen Zuwachsraten vermutlich um den prozentuellen Anteil der einzelnen Bezirke an der Gesamtkriminalität Wiens handelt:

Addiert man nämlich die einzelnen Prozentzahlen der Bezirke (Artikel, roter Kasten) ergibt das in Summe 99,8 Prozent. Nimmt man einen Rundungsfehler von 0,2 Prozent an, der sich bei nur einer Dezimalstelle ergeben kann, dann ist man bei 100 Prozent Gesamtkriminalität.

Falsche Statistik, falscher Zeitraum und (wahrscheinlich) auch noch die falsche Spalte erwischt – so kann es gehen, wenn man verzweifelt eine Kriminalitätsexplosion heraufbeschwören möchte.

Der Winter ist im österreichischen Fußball Transferzeit. Bei Rapid Wien gab es am 14. Jänner allerdings noch nichts Neues zu vermelden. Und somit erfand „Österreich“ ein paar  Gerüchte augenscheinlich selbst:

Wilde Gerüchte auf der Internet-Plattform „Transfermarkt.at“: Rapid soll am Tunesier Youssef Mouihbi (27, zentrales Mittelfeld) und am Senegalesen Jacques Faty (28, Abwehr) dran sein.

Doch zu diesem Zeitpunkt behandelte kein einziger Beitrag auf transfermarkt.at das angebliche Interesse Rapids an den beiden Spielern.

Doch selbst wenn es so gewesen wäre: In der Gerüchteküche, auf die sich „Österreich“ wohl bezieht, kann jeder registrierter User Gerüchte eröffnen. Dafür braucht man jedoch den Nachweis einer externen Quelle (ein Online- oder Zeitungsartikel). Gerüchte mit unseriösen Quellen werden von den Betreibern geschlossen.

Das Paradoxe an der Geschichte: Nach dem Erscheinen des „Österreich“-Artikels gab es tatsächlich zwei Gerüchte auf transfermarkt.at. Die Quelle dafür: Eben jener „Österreich“ Artikel, der über vorher noch nicht vorhandene „wilde Gerüchte“ auf transfermarkt.at berichtete.

Nicht einmal eine halbe Stunde nach der Eröffnung der besagten Gerüchte, wurden diese auf transfermarkt.at, aufgrund mangelnder Quellen, aber auch schon wieder geschlossen. Ein aufmerksamer User durchschaute den Trick:

Das Paradoxe ist, dass sich das Schundblatt hier auf ein nicht existierendes Gerücht auf TM.at bezieht. Dieses aber existiert nun mit der Quelle, worin das Gerücht aber schon existieren müsste.

Kurz: Lächerlicher Journalismus von oe24!