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Kategorie: Die Presse

In der Kulturberichterstattung von Standard und Presse verschwimmen die Grenzen zwischen Werbung und Redaktion. Dieselben Autor:innen bewerben Kulturveranstaltungen in bezahlten Anzeigen – und rezensieren diese danach im redaktionellen Kulturteil. Kooperationen werden zudem nicht immer ausreichend gekennzeichnet.

Die Salzburger Festspiele und die Wiener Festwochen gehören zu den bedeutendsten Kulturereignissen Österreichs – und sie investieren erhebliche Summen in sogenannte Medienkooperationen mit Standard und Presse. Solche Kooperationen gibt es schon seit mehreren Jahren. Der Salzburger Festspielfonds gab letztes Jahr 266.675 Euro für Werbung aus, über 80.000 Euro davon flossen zur Presse. Die Wiener Festwochen GesmbH kommt sogar auf 421.285 Euro. Knapp 100.000 Euro davon gehen für Werbung an den Standard.

Die Redaktion als Teil der Bühne

Es handelt sich dabei aber nicht nur um bezahlte Anzeigen. Während der Wiener Festwochen 2024 sind vier Standard-Kultur-Redakteurinnen und -redakteure als „Gerichtsschreiber“ sogar Teil der Inszenierung. Die Kooperation bringt 25.000 Euro.

Dafür wird auf DerStandard.at live von der Bühne getickert. Außerdem zeigt der Standard einen Livestream des Geschehens auf der eigenen Website.

Titel: Ausschnitte aus dem Der Standard-Livestream – einer Kooperation mit den Wiener Festwochen. Bilder: Screenshots aus den Liveübertragungen, auf einem ist die Bühne zu sehen, auf dem anderen der Standard Liveticker "Wiener Festwochen klagen sich in 'Wiener Prozessen' selbst an"

Im Textticker selbst wird die Kooperation transparent gemacht: „Dieser Livebericht ist eine entgeltliche Einschaltung in Form einer Medienkooperation mit der Wiener Festwochen GmbH. Die redaktionelle Verantwortung liegt beim STANDARD.“ In der redaktionellen Besprechung der Wiener Festwochen im Standard fehlt diese Transparenz aber mehrfach.

So wird in einer Nachberichterstattung über die Prozesse die Beteiligung eines Großteils der Standard-Kulturredaktion nicht transparent gemacht. Auch in zwei Fazits zu den Festwochen wird nicht erwähnt, wie stark der Standard in diese Inszenierung eingebunden war. Stattdessen: „Der Festivalchef verstand es nicht nur, die Festwochen-Fahne höher zu hängen, das Festival ins Gerede zu bringen, sondern darüber hinaus auch, dem Publikum jenes Theater zu bieten, das einer Theaterstadt wie Wien schlichtweg zusteht.“

Auch zwei der beteiligten „Gerichtsschreiber“ ziehen Fazit. Das eine ist eine transparente Selbsterfahrung aus den Wiener Prozessen, die die Kooperation sichtbar macht. Das andere Fazit eines beteiligten „Gerichtsschreibers“ kommt dagegen ganz ohne Hinweis aus. Stattdessen: „In Summe ist das gar nicht wenig, es hat sich gelohnt.“

Es stellt sich die Frage, ob ein Redakteur, der selbst Teil einer Inszenierung ist und das in seinem Fazit über ebenjene Veranstaltung nicht kennzeichnet, diese Veranstaltung noch distanziert kommentieren kann. Dass bei dieser Kooperation Geld geflossen ist, ist lediglich in der Einleitung des Tickers zu finden.

Der Kulturressort-Chef des Standard, Stefan Weiss, antwortet auf Nachfrage zur Teilnahme der Redaktion an den Wiener Prozessen, es wurde „mit der Kulturredaktion (…) im Rahmen der Kooperation zu den Wiener Prozessen einzig vereinbart, dass die Prozesse journalistisch vor Ort begleitet werden“ und dass jede Berichterstattung „dem freien Ermessen der Redaktion“ unterliegt. Das könne man darin sehen, dass „mitnichten jede Produktion der Wiener Festwochen, über die wir redaktionell berichtet haben, auch gut wegkommt. Unsere Kritiker:innen agieren frei von jeder Beeinflussung.“

Häufige „Ausnahmefälle“

Die Wiener Festwochen 2024 machen im Standard aber auch ein anderes Phänomen des österreichischen Kulturjournalismus sichtbar: Personelle Überschneidungen in Werbung und Rezension.

Im Wirtschaftsressort würde das etwa bedeuten: Ein Redakteur kündigt in einer bezahlten Anzeige ein neues Automodell ausschließlich positiv an und berichtet kurze Zeit später redaktionell darüber, wie gut sich dieses Auto fährt.

In der Kultur scheint man hier weniger streng zu sein. Im Standard schreibt ein freier Mitarbeiter beispielsweise für eine bezahlte Spezialseite zu den Wiener Festwochen 2024 über das Stück „Hatched Ensemble“. Nur drei Tage später erscheint vom selben Autor ein weiterer Text über das Stück: diesmal eine Rezension im redaktionellen Teil des Standard – ohne irgendeine Kennzeichnung. Das Stück sei „ein Erfolg“, heißt es. Insgesamt schreibt der Autor vier große, von den Wiener Festwochen bezahlte Texte und fünf redaktionelle Rezensionen.

Ähnliches passiert auch im Jahr 2025, beispielsweise bei Anzeigen des Mumok, des Festivals der Regionen oder des Carinthischen Sommers. Sie werden von Freien geschrieben, die manchmal sowohl redaktionelle Artikel als auch bezahlte Einschaltungen schreiben oder sogar in der PR-Branche arbeiten.

Dasselbe ist auch in der Presse zu beobachten. Dort lässt sich der Festspielfonds hinter den Salzburger Festspielen eine dicke Sonderbeilage 42.000 Euro kosten. Diese Beilage ist sauber als Anzeige gekennzeichnet, Leserinnen und Leser lernen viel über das Programm der kommenden Festspiele, über die Highlights und die spannendsten Köpfe.

Doch auch diese bezahlten Spezialseiten werden vorrangig von freien Autorinnen und Autoren erstellt, die reihenweise sowohl für werbliche als auch für redaktionelle Inhalte eingesetzt werden.

Ein Autor schreibt zuerst in der Sonderbeilage den von den Salzburger Festspielen bezahlten Vorbericht über die Liederabende und im Anschluss die redaktionelle Rezension.

Insgesamt schreibt er 2024 in der Beilage drei große Texte, unter anderem auch über Prokofjews „Spieler“ und Weinbergs „Idiot“. Während der Festspiele fungiert er dann als „Salzburger Festspiele-Korrespondent“ und schreibt insgesamt 15 redaktionelle Texte über die Salzburger Festspiele 2024.

Prokofjews „Spieler“ und Weinbergs „Idiot“ lobt er einige Zeit später ausdrücklich in seiner Festspielbilanz. Zu „Idiot“ heißt es: „Sonst aber lässt das Ensemble nebst den Herren des Wiener Staatsopernchores keinen Wunsch offen: ein großer Abend.“

Zeittungsausschnit aus der Presse: Zu sehen ist der Titel "Dieser 'Idiot' hält ganz Salzburg in Atem" und der Teaser: "Festspiele. Bogdan Volkov brilliert als Schmerzensmann in Mieczysław Weinbergs Oper nach Dostojewski. Auch für Regie und Dirigat setzte es in Salzburg Jubelstürme."

Die Presse am Sonntag, 04.08.2024

Und das ist keine Ausnahme. In der Presse interviewt eine freie Redakteurin im Mai 2024 in einer bezahlten Spezialausgabe die Regisseurin der Oper „Hoffmanns Erzählungen“ (Les Contes d’Hoffmann) aus dem Programm der Salzburger Festspiele. Im August schreibt sie im redaktionellen Teil eine Rezension über das Stück.

Über das Jugendangebot der Salzburger Festspiele schreibt die freie Journalistin im Jahr 2025 erneut in Doppelrolle: zweimal in bezahlten Anzeigen, einmal in redaktioneller Form. Auch sie arbeitet nicht nur für unterschiedliche österreichische Medienhäuser, sondern unter anderem auch für das Magazin der Festspielfreunde Salzburg.

Der Ressortleiter des Presse-Feuilletons, Karl Gaulhofer, antwortet auf unsere Anfrage, die Autorinnen und Autoren seien „in keiner Kulturinstitution angestellt (…), was Interessenskonflikte sehr unwahrscheinlich macht.“

Außerdem sei es „sinnvoll, wenn für einzelne Beiträge auf unsere erprobten Fachleute zugegriffen“ werde. Meistens seien „Vorbericht und Rezension von unterschiedlichen Autoren, wir halten es aber aufgrund der Professionalität unserer Mitarbeiter für nicht problematisch, wenn es im Ausnahmefall (weil z.B. niemand anderer zur Verfügung stand) ein und dieselbe Person ist.“

Da die Redaktionen der Presse und des Standard nicht für die personelle Trennung zwischen werblichen Texten und redaktionell-unabhängigen Inhalten sorgen, verursachen sie einen potenziellen Interessenskonflikt und überlassen die Verantwortung der sauberen Trennung den freien Autorinnen und Autoren.

Strukturelles Problem

Die Fälle von Standard und Presse zeigen exemplarisch, wie nah sich Kulturinstitutionen und Redaktionen kommen können – bis zur gemeinsamen Bühne.

Der Grund liegt auch in der Struktur des Marktes: Einerseits werden Werbegelder aus der Kulturbranche bei gleichzeitigem Wegfall anderer Printinserate immer wichtiger. Andererseits gibt es nur wenige Autor:innen, die beispielsweise in der Lage sind, eine treffende Rezension zu „Les Contes d’Hoffmann“ zu schreiben. Die Zeitungen greifen daher auf einen kleinen Kreis zurück.

Doch viele Freie können mit dem Verfassen redaktioneller Texte allein nicht ihren Unterhalt bestreiten, daher arbeiten sie für andere Kulturinstitutionen, schreiben Programmhefte und bezahlte Einschaltungen. Nicht selten sind sie auch noch selbst in der Kulturbranche aktiv. Schon das schafft ein Umfeld für potenzielle Interessenkonflikte.


Im ausführlichen Hintergrundgespräch für den Podcast „Bühneneingang“, der in Kooperation mit Kobuk hergestellt wurde, gibt der Autor Philipp Wohltmann Einblicke in seine Recherche und reflektiert mit Host Fabian Burstein das Verhältnis zwischen Kultur und Kulturjournalismus. Hier geht’s zum Podcast.


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Österreichs Medien sind voll mit PR-Fotos aus dem Österreichischen Bundeskanzleramt. Sie vermitteln uns Bilder unserer Politiker*innen, die nicht die Realität widerspiegeln. 

Unsere Politker*innen sind super. Sie sind sympathisch, sie erklären uns die Welt, sie haben die Krisen im Griff. Diesen Eindruck könnte man bekommen, wenn man in Österreich eine Tageszeitung aufschlägt. Von den Bildern strahlen sie uns entgegen, adrett und kompetent.

 Foto Propaganda Medien

2023 haben etliche öffentliche Stellen deutlich weniger Geld an Medien ausgeschüttet, als noch im Jahr davor. Gleichzeitig mussten in diesem Jahr viele Medien einmal mehr Personal abbauen. Das zeigt, wie schwierig es geworden ist, schwarze Zahlen zu schreiben. Und auch, wie wichtig öffentliche Gelder für das Überleben mittlerweile sind.

Wie schon vergangenes Jahr wollen wir nüchtern aufzeigen, wie viel öffentliches Geld welche Zeitung im Jahr 2023 bekommen hat. Grob gesagt kann man öffentliche Gelder in zwei Kategorien unterteilen: Inserate und Förderungen.

Zu den Inseraten öffentlicher Stellen zählen etwa jene, die durch die Ministerien und das Bundeskanzleramt vergeben werden. Die Vergabe wird regelmäßig kritisiert – der Verdacht der Inseratenkorruption steht seit Jahren im Raum. Auch Kobuk hat mehrere Artikel dazu veröffentlicht.

Erst kürzlich hat beispielsweise die Oberstaatsanwaltschaft die WKSta angewiesen, zu ermitteln, ob OE24-Chef Wolfgang Fellner im Gegenzug für Inserate dem damaligen FPÖ-Chef Strache positive Berichterstattung versprochen und damit bestochen hat. Es gilt die Unschuldsvermutung. It’s a never ending story.

Zu Inseraten von öffentlichen Stellen zählen aber nicht nur Regierungsinserate. Als „öffentliche Stellen“ sind all jene Unternehmen, Institutionen und Einrichtungen definiert, die vom Rechnungshof überprüft werden können. Also beispielsweise auch die Landesregierungen, die AK oder die WKÖ usw.

Bei diesen Geldern handelt es sich nicht immer ausschließlich um Steuergeld. Auch Unternehmen wie die ÖBB oder die Post zählen zu den öffentlichen Stellen.

Davon abgesehen gibt es Förderungen, die die öffentliche Hand vergibt. Wer sich hier einen Überblick verschaffen will, braucht einiges an Geduld, aber grob gesagt gibt es drei Töpfe: Presseförderung, Rundfunkförderung und Digitalisierungsförderung.

Neu dazu kommen hätte vergangenes Jahr eine „Qualitätsjournalismus-Förderung“ sollen. Aufgrund von Verzögerungen wurden die ersten Gelder aber erst im Mai 2024 ausbezahlt.

Zählt man alles zusammen, sieht es für das Jahr 2023 so aus:

Öffentliches Geld für Medien 2023, Inserate und Förderungen

2022 wurde erstmals eine Förderung vergeben, die Medien bei ihrer Digitalisierung unterstützen sollte. Einige Projekte erregten mit absurd hoch wirkende Summen für Aufsehen. Nun ist mehr als ein Jahr vergangen, deshalb wollten wir der Frage nachgehen, was aus dem öffentlichen Geld bisher geworden ist. Das gestaltete sich schwieriger als gedacht. An vielen Stellen mangelt es vollkommen an Transparenz.

Als 2022 das erste Mal die Digitalisierungstransformationsförderung vergeben wurde, sorgten einige Anträge für Stirnrunzeln. Der Radiosender „Welle 1“ kassierte 180.000 Euro für ein Projekt mit dem Titel „Selbstständiges Denken“, die Mediengruppe Österreich erhielt ca. 300.000 Euro für Newsletter und die Oberösterreichischen Nachrichten bekamen für ein Re-Design von nachrichten.at stolze 1,26 Millionen Euro. Es handelt sich um Steuergeld, daher wollte Kobuk wissen, was seither passiert ist. Wurden die Projekte umgesetzt? Sind Medien jetzt tatsächlich „digitalisierter“? Hat auch das Publikum etwas davon, dass diese Förderungen vergeben werden?

In einigen Fällen haben wir Antworten gefunden, aber in vielen anderen war es nicht möglich, die Verwendung der Fördermittel nachzuvollziehen. Aus einer Recherche über die Verwendung von Steuergeld wurde eine Geschichte über fehlende Transparenz.

Titelbild

Die Bundesregierung hat seit ihrem Amtsantritt dutzende Pressereisen organisiert und bezahlt. Über 480 Berichte in allen großen Printredaktionen sind dazu erschienen. Eine Auswertung von Kobuk zeigt, dass in nur 17,5 Prozent der Artikel transparent gemacht wird, wer diese Reise eigentlich bezahlt hat. Ein klarer Verstoß gegen den Ethikkodex des österreichischen Presserates.

Pressereisen sind so eine Sache. Bei vielen Journalist:innen sind sie beliebt – man kommt zur Abwechslung mal raus aus dem Büro und kann sich niederschwellig ein eigenes Bild von einem Ort oder einem Event machen. Wenn Politiker:innen die Reise bezahlen, dann bekommen Journalist:innen außerdem oft wertvolle Gelegenheiten, sich mit ihnen und ihren engsten Mitarbeiter:innen besser bekannt zu machen. Kontakte, die im kleinen Österreich Gold wert sein können.

Politiker:innen finanzieren solche Reisen freilich nicht ohne Hintergedanken. Sie wollen von der Berichterstattung in irgendeiner Weise profitieren. Dafür haben sie auch viele Hebel in der Hand: Sie organisieren die Reise und damit auch den Ablauf – und haben so einen großen Einfluss darauf, wer, wann, was zu sehen bekommt. Es wäre illusorisch zu glauben, dass Journalist:innen auf solchen Reisen völlig frei berichten können. Dennoch stehen die Reisen quasi an der Tagesordnung – von Hanoi bis München.

Berichte im Rahmen von Pressereisen

Mit der Schlagzeile, der wichtigsten Geschichte des Tages, präsentiert sich eine Printtageszeitung nach außen. Kobuk hat 15 Wochen lang die ersten Seiten der sieben wichtigsten Tageszeitungen in Österreich analysiert. Rund 65% der Titelgeschichten stammten aus männlicher Feder.

Früher, vor Hauszustellungen und E-Paper-Downloads, war der Zeitungsverkauf ein lautes Geschäft. Zeitungsverkäufer, im angloamerikanischen Raum auch Newsboys genannt, priesen die Blätter an, indem sie die wichtigste Geschichte durch die Straßen riefen. Die wichtigste Geschichte, das war meistens jene in dicken Lettern auf der Titelseite. Mittlerweile werden Tageszeitungen zwar nicht mehr auf der Straße beworben – dennoch dient die Front Page einer Zeitung bis heute als Aushängeschild. Und bis heute werden die Titelgeschichten in Österreich zum Großteil von Männern geschrieben.

Ein schwarz gekleideter Polizist blickt streng in Richtung Hafen, neben ihm tanzen bunte Micky-Maus-Luftballons in der Luft“, berichten die Salzburger Nachrichten im Mai 2016 aus dem Gazastreifen. Die Kronen Zeitung veröffentlicht im Februar 2020 eine „Spurensuche“ nach einem moldawischen Oligarchen: „Durchs Zentrum von Chisinău knattert ein rostiger Traktor. Auf einem Fahrrad kämpft eine Dame mit Kopftuch und Schürze gegen die Kälte.“

Berichterstattung aus der Ferne ist beliebt, bei Journalistinnen und Journalisten ebenso wie bei ihrem Publikum. Doch Auslandsreportagen sind aufwändig und teuer – die Reise, die Unterkunft, die Übersetzung, die Kontakte vor Ort. Wer finanziert das eigentlich? Die  Recherche von Kobuk zeigt: Häufig sind es nicht die Medien selbst.

Wir wollten für diesen Artikel eine simple Frage beantworten: Welches Medium bekommt in Österreich wie viel öffentliches Geld? Die Frage ist jedoch gar nicht so einfach zu beantworten. Denn Medienförderungen sind ein einziger, unübersichtlicher Dschungel, was die Frage nach Transparenz und Vergabepraxis aufwirft.

Wenn Medien über öffentliche Gelder und Förderungen für Medien berichten, dann oft so, dass man mit dem Finger auf andere zeigt. Die anderen bekommen viel mehr, und überhaupt viel zu viel, so der Tenor. Christian Nusser, Chefredakteur von „Heute“, umschrieb diese Mentalität einmal als „gutes Geld, das man selbst hat, und das schlechte Geld, das andere (noch?) besitzen.“ Daher folgt hier ein Versuch ganz nüchtern aufzuzeigen, wie es wirklich ist.

Heute-Chefredakteur Christian Nusser sieht seine Zeitung zu unrecht an den Pranger gestellt. Auch andere Medien haben in den vergangenen Jahren ungewöhnlich viel Inseraten-Geld vom Finanzministerium bekommen. Hat er damit Recht? Die Kurzfassung: Er hat jedenfalls nicht völlig unrecht.

Inserate aus der öffentlichen Hand sind in Österreich so eine Sache. Die Regierung kann über die Ministerien praktisch unbegrenzt viel Steuergeld an Medien überweisen. Es gibt keine Gesetze, die etwa den Rahmen, den Zweck,  oder eine verpflichtende Evaluierung über die Wirksamkeit solcher Werbeausgaben festlegen. Und sagen wir mal so: Nicht nur wir bei Kobuk hatten in den letzten Jahren immer wieder die Vermutung, dass mit diesen Geldern wohlwollende Berichterstattung gekauft wird; oder umgekehrt: Dass PolitikerInnen niedergeschrieben werden, wenn sie zu wenig bezahlen.

Seit vergangener Woche steht die Zeitung „Heute“ und ihre Herausgeberin Eva Dichand im Fokus dieses Verdachts. Der Falter hat die Causa hier und hier sehr lesenswert zusammen gefasst. Wir erinnern uns: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt unter anderem gegen Thomas Schmid und Wolfgang Fellners OE24, weil dort über das „Beinschab-Tool“ mutmaßlich gefälschte Umfragen publiziert wurden. Als „Belohnung“, so der Verdacht, öffnete das Finanzministerium den Geldhahn und ließ Inseratengelder in die Kassen der Fellners fließen. Soweit, so bekannt.

Der Falter schreibt nun über den neuen Vorwurf der Staatsanwälte: „Damit der Deal, den die Türkisen mit Fellners Österreich-Gruppe mutmaßlich geschlossen haben, um Kurz mit frisierten Umfragen zu pushen, nicht auffliegt, wurden auch die Blätter der Dichands fett bedient.“

Diese Grafik aus dem Standard illustriert den Vorwurf sehr gut:

Kobuk hat drei Monate lang alle Meinungselemente der Tageszeitungen „Die Presse“, „Der Standard“, „Kronen Zeitung“ und „Kleine Zeitung“ analysiert. 68 Prozent aller Kommentare, Glossen und Kolumnen wurden dabei von Männern geschrieben; sieht man sich nur die Leitartikel an, ist das Missverhältnis noch deutlicher: Frauen haben weniger als ein Fünftel dieser Texte verfasst.