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So viel öffentliches Geld bekamen Medien 2022

Wir wollten für diesen Artikel eine simple Frage beantworten: Welches Medium bekommt in Österreich wie viel öffentliches Geld? Die Frage ist jedoch gar nicht so einfach zu beantworten. Denn Medienförderungen sind ein einziger, unübersichtlicher Dschungel, was die Frage nach Transparenz und Vergabepraxis aufwirft.

Wenn Medien über öffentliche Gelder und Förderungen für Medien berichten, dann oft so, dass man mit dem Finger auf andere zeigt. Die anderen bekommen viel mehr, und überhaupt viel zu viel, so der Tenor. Christian Nusser, Chefredakteur von „Heute“, umschrieb diese Mentalität einmal als „gutes Geld, das man selbst hat, und das schlechte Geld, das andere (noch?) besitzen.“ Daher folgt hier ein Versuch ganz nüchtern aufzuzeigen, wie es wirklich ist.

Auf der einen Seite gibt es in Österreich staatliche Medienförderungen. Diese sind in verschiedene Kategorien bzw. Fonds unterteilt. Für Massenmedien sind davon drei Töpfe relevant: Der Fonds zur Förderung der digitalen Transformation, der Privatrundfunkfonds, sowie die Presseförderung für Printmedien, die sich wiederum in mehrere Unterkategorien unterteilt.

Der größte dieser Töpfe war der 2022 neu geschaffene Fonds zur digitalen Transformation.  Knapp 53 Millionen Euro wurden dort ausgeschüttet, um Medien den Übergang ins digitale Zeitalter zu erleichtern. Diese Medienförderung wird von der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (kurz: RTR) vergeben. Es gibt zwar einen Fachbeirat, aber letztlich entscheidet RTR-Geschäftsführer Wolfgang Struber, ob eine Förderung vergeben wird. Struber hat diesen Job seit Juni 2022 – die Neos kritisierten damals, er sei der türkise Wunschkandidat gewesen. 

Bei Förderungen aus dem Privatrundfunkfonds ist es ähnlich: Finale Entscheidungen trifft Wolfgang Struber. 2022 war dieser Fonds mit 20 Millionen Euro gefüllt, mit denen private Radio- und Fernsehsender (und alle, die sich als solche ausgeben – dazu später mehr) gefördert werden.

Über die Presseförderung entscheidet die Regulierungsbehörde KommAustria. Dort gibt es für Printzeitungen Vertriebsförderung, oder zum Beispiel Zuschüsse, wenn man Auslandskorrespondenten beschäftigt.

Diese offiziellen Fördertöpfe sind das eine. Daneben gibt es mit Inseraten öffentlicher Stellen auch noch eine inoffizielle Förderung. Öffentliche Stellen sind dabei all jene Einrichtungen, die vom Rechnungshof kontrolliert werden können – also etwa die Ministerien, die Landesregierungen, aber ebenso etwa Kammern oder Unternehmen, die in öffentlichem Eigentum stehen, also etwa die Post oder der Verbund. 

In Summe haben öffentliche Stellen 2022 Inserate um rund 201 Millionen Euro geschalten. Vor allem die Stadt Wien (inkl. Beteiligungen etwa 33 Millionen Euro) und die österreichische Bundesregierung (etwa 28 Millionen Euro) sind zahlungskräftige Kunden. Inserate sind grundsätzlich nichts Verwerfliches – warum aber gerade die Inserate aus der Politik problematisch sind, hat Kobuk schon mehrfach berichtet.

Zählt man alles zusammen – Förderungen und öffentliche Inserate – sieht es für 2022 so aus:

      Öffentliches Geld für Medien 2022

Sieht man sich die einzelnen Medien genauer an, gibt es interessante Details:

Das meiste Geld bekam die größte Zeitung in Österreich, die Krone: 23,8 Millionen Euro.

Mit 4,5 Millionen bekam die Kronen Zeitung den Großteil ihrer Förderungen  aus dem Digitialisierungstopf. Die Projekttitel verraten dabei nur bedingt, wofür konkret das Geld verwendet wurde. So gab es etwa für das Projekt „Krone neu erleben: „Krone Stories“ 1,4 Millionen Euro. Weitere 969.000 Euro gab es für das „Bewegtbildprojekt“, und nochmal 688.000 Euro gab es für den Aufbau eines digitalen Newsrooms.

Für Krone.tv gab es weitere rund 1,6 Millionen Euro aus dem Privatrundfunkfonds. Alle Fördertöpfe zusammen kommt die Krone auf 6,3 Millionen Euro. Viel Geld – aber kein Vergleich zu den über 17 Millionen Euro, die über öffentliche Inseraten geflossen sind. Mehr als ein Drittel kam dabei von der Bundesregierung und der Stadt Wien (inkl. Beteiligungen wie zB Wiener Linien).

Der große „Rest“ bei den Inseraten ist damit zu erklären, dass öffentliche Stellen wie etwa die ÖBB, das AMS, der ORF, öffentliche Energieanbieter etc. zwar oft kleinere Beträge inserieren – weil es aber so viele von diesen öffentlichen Stellen gibt, kommt man Ende doch ein gewaltiger Betrag dabei heraus.

Platz 2 geht an die Mediengruppe Österreich/Oe24 aus dem Hause Fellner. Die Printausgabe von Oe24 bekommt keine Presseförderung, wogegen Wolfgang Fellner sogar geklagt hat. Presseförderung wird nämlich nur Zeitungen gewährt, die den überwiegenden Teil ihrer Auflage verkaufen und nicht kostenlos abgeben – daher gab es aus diesem Topf für Oe24 nichts zu holen.

Dafür gab es aus dem Digitalisierungsfonds rund 3 Millionen Euro. Etwa 700.000 Euro davon für das Redesign der Oe24-Homepage, weitere knapp 549.000 Euro gab es für die Online-Plattform oe24.tv. Man fragt sich: Wie viel Geld kann man eigentlich für eine Homepage ausgeben? Auch bemerkenswert: Das Projekt “Newsletter” wurde mit 300.000 Euro gefördert. 

Für oe24-TV selbst gab es aus dem Privatrundfunkfonds weitere rund 2,2 Millionen Euro. Zählt man die rund 11 Millionen Euro durch Inserate dazu, kommt man auf insgesamt stattliche 16,2 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Der Anteil der Inserate von der Bundesregierung ist bei Oe24 am höchsten.

Platz drei geht an Heute, die insgesamt etwa 13,8 Millionen Euro bekommen haben. Heute betreibt keinen Fernsehsender und bekommt als Gratiszeitung auch keine Presseförderung. Daher bleibt nur der Digitalisierungsfonds, von dem man etwa 2,5 Millionen Euro bekommen hat. Auch hier sind die Projekttitel nicht sehr aussagekräftig. Die zwei am üppigsten geförderten Projekte heißen “Heute goes digital” (gefördert um 790.000 Euro) und “Heute Videoworld” (gefördert um 690.000 Euro)

Dazu kommen üppige Inserate: Mehr als 11 Millionen Euro. Größter Inseratenkunde war die Stadt Wien (inkl. Beteiligungen wie zB die Wiener Linien) mit mehr als 4 Millionen Euro, wobei man dazu sagen muss, dass „Heute“ überwiegend in Wien gelesen wird.

Auch Der Standard bekam viel öffentliches Geld – in Summe 12,6 Millionen Euro. Rund 8 Millionen davon waren Inserate. Was aber auffällt ist: Die Bundesregierung schaltete mit nur etwa 840.000 Euro sehr wenig im Standard – die Stadt Wien mit 3,3 Millionen hingegen ziemlich viel: Mehr als in Oe24 und fast so viel wie in der Kronen Zeitung. Anteilsmäßig schaltet die Stadt Wien überhaupt in keinem Medium mehr Inserate, als im Standard.

Bei den offiziellen Förderungen kommt auch beim Standard der größte Teil aus dem Digitalisierungsfonds mit 3,2 Millionen Euro. 750.000 Euro davon gab es für ein neues Content Management System. Was den Standard von anderen unterscheidet: In ihrem Transparenzblog erläutert die Zeitung, was hinter den geförderten Projekten steckt.

Für derStandard.tv gab es aus dem Privatrundfunkfonds fast 580.000 Euro. Einen „Fernsehsender“ zu betreiben ist also auch für den Standard ein ziemlich lukratives – weil üppig gefördertes – Geschäft. Nichts desto trotz hat der Standard im Juni angekündigt, den Großteil seines Videoteams aus Kostengründen entlassen zu müssen.

Mit 1,1 Millionen Euro gab es außerdem auch aus der Presseförderung ziemlich viel Geld.

Der Kurier betreibt ebenfalls mit Kurier-TV (ehemals Schau TV) einen Fernsehsender und durfte sich über etwa 843.000 Euro aus dem Privatrundfunkfonds freuen. Wie gesagt: Fernsehsender zu betreiben, ist für Medien ein gut gefördertes Geschäft.

Für den Relaunch von kurier.at gab es 533.000 Euro aus dem Digitalisierungsfonds – also etwa 170.000 weniger als OE24 für die Homepage bekommen hat. Die größte Fördersumme gab es für das  Projekt “Crossmediale Digitalisierung” mit etwa 1,4 Millionen Euro. Alle Förderungen zusammen machten etwa 4,5 Millionen aus. Zusätzlich gab es noch 8,3 Millionen Euro durch öffentliche Inserate. Mit insgesamt 12,7 Millionen Euro landet der Kurier damit auf Platz 5.

Die Presse bekam etwa 2,9 Millionen durch Förderungen. Aus dem Digitalisierungsfonds wurden zwei Projekte gefördert: Der Projekttitel verrät dabei in beiden Fälle nicht wirklich, worum es geht. Projekt „Broadcast“ wurde mit etwa 857.000 Euro-, und ein Projekt namens „new work“ mit exakt 750.000 Euro gefördert. Dazu gab es etwa 1,3 Millionen Euro durch Presseförderung, und 5,9 Millionen Euro durch Inserate. 

Unterm Strich ergibt das 8,8 Millionen Euro.

Die Kleine Zeitung bekam insgesamt 7,4 Millionen Euro – über 5 Millionen davon aus Inseraten. Die mit rund 21.000 Euro extrem niedrigen Inserate aus Wien sind damit zu erklären, dass die Printausgabe hauptsächlich in der Steiermark und Kärnten gelesen wird. Die Landesregierungen dort haben aber augenscheinlich deutlich weniger kommunikationsbedarf als die Wiener Stadtregierung.

Dazu kamen 2,1 Millionen Euro durch Förderungen – der Großteil auch hier vom Fonds zur digitalen Transformation.

Der Falter bekam durch Inserate etwa 875.000 Euro – fast ein Drittel davon durch die Stadt Wien und ihre Firmen, wobei man auch hier dazu sagen muss, dass der Falter hauptsächlich in Wien gelesen wird.

Dazu gab es über eine halbe Million Euro an Förderungen – der überwiegende Großteil ebenfalls aus dem Digitalisierungsfonds, den Rest durch Presseförderung. Unterm Strich gab es im Vergleich zu den anderen Medienhäusern aber sowohl bei den öffentlichen Inseraten als auch bei den Förderungen nur relativ niedrige Summen.

Als Wochenzeitung lässt sich der Falter nur bedingt mit den Tageszeitungen vergleichen – wir fanden die Zahlen aber trotzdem spannend. Einerseits, weil böse Zungen gerne das Gerücht streuen, der Falter würde nur dank der Stadt Wien am Leben erhalten (diese Zahlen geben das nicht wirklich her), und andererseits, weil bemerkenswert ist, dass der Falter im Vergleich zu folgendem Medium nur halb so viele Förderungen bekommt:

Exxpress bekam rund 1,1 Millionen Euro an Förderungen. Den größten Teil, nämlich über 700.000 Euro, aus dem Digitalisierungsfonds, wobei davon 44.000 Euro für eine Lehrredaktion vorgesehen waren. Reine Online-Medien sind jedoch gar nicht förderberechtigt. Warum also bekommt der Exxpress dieses Geld?

Indem nicht die Website Exxpress.at Fördernehmer ist, sondern der Fernsehsender Exxpress-TV. Das Video-Kasterl, das sich bei Abruf der Website am unteren Rand automatisch öffnet, ist nämlich auch analog empfangbar. Für diesen Sender bekommt Exxpress weitere knapp 400.000 Euro aus dem Privatrundfunkfonds.

Das heißt: Exxpress bekommt Fördergelder dafür, einen Fernsehsender zu betreiben, und qualifiziert sich somit noch deutlich mehr Fördergelder zu bekommen, um diesen Fernsehsender zu digitalisieren.

Wie gesagt: Medienförderungen sind ein Dschungel.

Im vierten Quartal 2022 hat der Exxpress außerdem erstmals Inserate in meldepflichtiger Höhe aus einem Bundesministerium bekommen. Das Verteidigungsministerium inserierte für über 16.000 Euro. Der Trend zeichnete sich auch im ersten Quartal 2023 ab: Das Bundeskanzleramt und das Finanzministerium buchten erstmals Inserate.

 

Kobuk bekommt weder Förderungen noch Inserate und möchte das auch nicht. Wir finanzieren uns ausschließlich durch unsere Mitglieder. Wenn auch ihr uns unterstützen wollt: Sehr, sehr gerne! Hier entlang!


Zur Recherche:

Die vorliegenden Daten basieren auf Daten der Veröffentlichungen der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR), sowie der Datenbank „Mehr! Medientransparenz“ der FH JOANNEUM, welche sich auf das österreichische „Medientransparenzgesetz“ von 2011 bezieht. Dieses Gesetz verpflichtet öffentliche Einrichtungen und Unternehmen dazu, quartalsweise Ausgaben für Medien-Kooperationen wie Inserate an die KommAustria zu übermitteln. Wir haben bewusst auf eine Auswertung „Euro pro Leser“ verzichtet, da die Gelder für sämtliche Erscheinungsformen (Print, Online, TV, Radio usw) zusammengezählt worden sind.

Mitarbeit: Petra Sturma

Putins Propaganda-exxpress
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