Der „Exxpress“ scheint einer großen Sache auf der Spur. Weil es trotz Klimawandel massiv geschneit hat, meint das selbsternannte Medium für Selberdenker einen Widerspruch aufgedeckt zu haben und schreibt : „So ändern jene Hysteriker, die vor wenigen Monaten noch verlautbarten, es gebe bald keinen Schnee mehr, einfach die Vorzeichen. Der Schnee sei vielmehr ein Zeichen für den Klimawandel“.
Der Exxpress geht dabei auf keinen einzigen wissenschaftlichen Befund näher ein, sondern spielt mit dem Hausverstand. Nach dem Motto: Man müsse ja nur mal kurz nachdenken, dann sei ja ohnehin schon klar, dass wissenschaftlichen Aussagen zum Klimawandel falsch seien. Und das ganze wird vom Exxpress auch noch als Nachricht („News“ – nicht als Kolumne oder Kommentar) präsentiert, obwohl im ganzen Text lediglich unfundierte Meinung kundgetan wird.
Der Exxpress spricht von „Hysterikern“ oder „Klima-Kassandras“, schreibt Experten unter Anführungszeichen und spricht von „obskuren Thesen“. Das Publikum soll also annehmen, dass die genannten Personen nicht wirklich Expertise hätten. Schauen wir uns also an, wer konkret gemeint ist:
Die zitierte Gudrun Mühlbacher ist Klimatologin und Leiterin des Deutschen Wetterdienstes. Sie kann somit durchaus als Expertin ohne Anführungszeichen zitiert werden. Im Faktencheck der Tagesschau, auf den sich der Exxpress bezieht erklärt sie, dass durch den Klimawandel herbeigeführte Temperaturerhöhungen auch innerhalb der Minusgrade stattfinden können (z.B. von -10 auf -8 Grad) und es dann selbstverständlich immer noch schneien kann – wenn auch seltener. Eine Zunahme der Schneemenge wird im Faktencheck mit Daten argumentiert, die belegen, dass die Niederschlagsmenge in Deutschland insgesamt zugenommen, aber eine Verschiebung der Niederschlagsmonate zu den Wintermonaten stattgefunden habe.
Auch Mojib Latif, studierter Meterologe und Klimaforscher wird vom Exxpress aufgrund einer Aussage im Spiegel aus dem Jahr 2000 zitiert. Dort soll er gesagt haben:
„Winter mit starkem Frost und viel Schnee wie noch vor zwanzig Jahren wird es in unseren Breiten nicht mehr geben.“
Diese Aussage wird in sozialen Medien seit einigen Jahren immer wieder in Diskussionen über den Klimawandel angeführt, um die Prognosen von Klimaexpert:innen als falsch darzustellen. Mojib Latif gab jedoch bereits im Jahr 2012 in einem Interview mit der Zeit an, dass seine damalige Aussage falsch zitiert wurde. Seine Prognose bezog sich auf eine längere Zeitspanne (2050-2100) und wurde unter der Annahme, dass keine Klimaschutzmaßnahmen ergriffen werden, gestellt. Auch hier hätte dem Artikel des Exxpress ein wenig Recherche nicht geschadet.
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1 Kommentar(e)
Dass Traurige ist, dass viele Menschen diesen Unsinn glauben werden. Es klingt für Menschen, die sich nie ernsthaft mit dem Thema auseinandergesetzt haben erstmal logisch. Und dieses Schema lässt sich leider auf so ziemlich jedes Thema übertragen. Daher vielen Dank an die Autorin. Auch, wenn es wohl ein aussichtsloser Kampf gegen die Flut von Desinformation ist…