Anfang des Jahres machte ein Chatbot auf sich aufmerksam, der Politikerreden, Schulaufsätze und Gedichte schreiben kann. ChatGPT heißt das neue, heiße Ding des Internets, und sorgte dafür, dass Künstliche Intelligenz (KI) auch als Thema in den Medien boomt. Doch nicht immer wird dabei seriös berichtet, wie man an einigen Beispielen an Heute.at sieht.
Die KI hat laut der Boulevardzeitung a) nicht nur einen Masterabschluss, sondern b) trifft auch für Putin Entscheidungen über Leben und Tod und ist c) kurz davor, die Menschheit zu vernichten. Im März findet man außerdem auf Heute.at drei Szenarien, die KI uns für uns bereit hält: Chaos, Chaos, und nochmal Chaos.
Und wie ist es wirklich? A: Die KI schaffte keinen Abschluss, sondern beantwortete ein paar Fragen der Abschlussprüfung ganz gut. B: Wie sehr Russland bereits Kriegs-KI einsetzt, ist unklar. Und: C: Der angebliche Vernichtungswille eines KI-Bots reichte gerade mal für ein bisschen Internetrecherche und ein Twitter-Posting, der zugehörige Account ist mittlerweile gelöscht. KI, und insbesondere maschinelles Lernen, ist nicht nur in diversen Produktionsprozessen, sondern auch in unserem Alltag allgegenwärtig. Allerdings kann niemand seriös beantworten, wie extrem die Technologie unser Leben in welcher Geschwindigkeit verändern wird. Die Warnungen vor dem weltzerstörerischen KI-Chaos sind jedenfalls – naja – verfrüht.
Zuletzt behauptet Heute.at außerdem, dass bereits „reihenweise“ Studenten wegen KI-Vorwürfen durchfallen würden, und leitet daraus einige Tipps ab, wie man sich solchen Vorwürfen schütze kann. Drei Beweise nennt der Artikel: ein Reddit-Post eines unbekannten Users, ein Disziplinarverfahren an einer Schweizer Uni, und ein Professor aus Texas, der angeblich eine ganze Klasse durchfallen ließ. Diese Information ist verlinkt, führt allerdings zu einem ganz anderen Artikel, in dem es um „KI-Freundinnen“ geht.
An der Schweizer Uni haben tatsächlich viele Studierende mithilfe von KI bei einer Prüfung geschummelt. Der Fall aus Texas ist allerdings Unsinn. Eine Uni-Sprecherin hat bereits bestätigt, dass niemand in besagtem Kurs des strengen Professors aufgrund von KI-Vorwürfen durchgefallen ist.
Dennoch schreibt Heute.at: “Solche Fälle häufen sich und sind für Universitäten, Fachhochschulen und deren Dozenten ein verzwicktes Thema”.
Stimmt das? Wir haben uns bei den drei größten österreichischen Unis umgehört und tatsächlich beschäftigen sich Uni Wien, TU Wien und Uni Innsbruck schon intensiv mit der Nutzung von KI in der Lehre. Alle drei Universitäten bestätigen aber: Höhere Durchfall-Quoten oder systematische Vorwürfe aufgrund von KI sind nicht bekannt.
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