Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Wer kennt sie nicht, diese schönen „finde die fünf Fehler Bilderrätsel“ aus der Kronenzeitung? Für unsere treuen Kobuk Leser/-innen eines mit nur einem „Fehler“. Gefunden auf Orf.at. Zwischen dem linken und dem rechten Bild liegen etwa 10 Minuten. Links eine für den ORF eher unübliche und ziemlich doppelbödige Überschrift zu dem Artikel: „Frau in Wien angezündet: keine heiße Spur zum Täter“. Rechts nach zirka 10 Minuten die redigierte Überschrift: „Frau in Wien angezündet: Noch keine Spur zum Täter“.

Ich danke der ORF-Onlineredaktion für die Korrektur dieser Überschrift, KOBUK hat es aber doch entdeckt! Hier der Link zum aktuellen Artikel auf Orf.at.

Die Kleine Zeitung rechnete nach, wie viel alleine die Regierungsbüros der neun Landesregierungen kosten.  Zahlen alleine sind abstrakt, da braucht es Maßstäbe:

Im nationalen Vergleich haben fast alle Landesräte größere Mitarbeiterstäbe als jeder Bundesminister. Rekordhalter sind Landeshauptmann Franz Voves mit 26, sowie seine Stellvertreter Hermann Schützenhöfer mit 22 und Siegfried Schrittwieser mit 18 Mitarbeitern. Diese drei schlagen sogar EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, dessen Kabinett laut EU-Verfassung maximal 17 Mitarbeiter umfassen darf.

Wenn damit der Lissabon-Vertrag gemeint ist (der Verfassungsvertrag trat nie in Kraft), steht da nicht wie viele Mitarbeiter der Präsident haben darf. Den gesamten 408-seitigen Vertrag habe ich mir nicht durchgelesen, aber nach entsprechenden Keywords durchsucht und betreffende Absätze gelesen. Auch in der Geschäftsordnung der Komission habe ich nichts gefunden.

Auf der Homepage des Kommissionspräsidenten Barroso stehen unter „Mein Team“ jedenfalls nicht 17 sondern insgesamt 40 Mitarbeiter, die meisten davon sogar mit Bild.

Danke an Thomas Knapp für den Hinweis, auf Twitter fragend:

Hat Barroso niemand gesagt, dass er nur 17 Mitarbeiter haben darf, wie die „Kleine“ behauptet?

Update (25.05.):

Wir wollten der Sache auf den Grund gehen und haben bei der österreichischen Vertretung der Europäischen Kommission nachgefragt – und umgehend eine ausführliche Antwort bekommen.

Demnach darf ein “gewöhnlicher” Kommissar 17 Mitarbeiter haben. So dürfte auch die Kleine Zeitung auf ihre Zahl gekommen sein, hat sie allerdings fälschlich auf den Präsidenten bezogen. Barroso darf  in der aktuellen Legislaturperiode 31 Mitarbeiter einstellen, in der Periode davor waren das noch 30. Die Differenz auf die 40 online aufgeführten Mitarbeiter erklärt sich durch Mitarbeiter des Sprecherdienstes der Kommission, welcher administrativ nicht dem Präsidenten zugeordnet ist.

Als Quelle gab die Kleine Zeitung  den „Verfassungsvertrag“ an. Selbst wenn man damit den Lissabon-Vertrag meint, ist die Quellenangabe falsch, denn die Anzahl der Mitarbeiter bestimmt der Präsident selbst. Dazu ist er nach Artikel 19 der Geschäftsordnung der Europäischen Kommission befugt.

Übrigens: Fast genau eine Woche vor der Kleinen Zeitung hat schon die Kronen Zeitung über die „Steuergeldverschwendung“ geschrieben. Auch der Wortlaut ist ziemlich ähnlich. Allerdings darf Barroso in der Krone 18 Mitglieder haben.

Abschließend noch mein Dank an den Mitarbeiter der österreichischen Vertretung der Europäischen Kommission, Bernhard Kühr. Innerhalb eines Werktages wurde meine Frage umfassend beantwortet.

Der Linksgolfer machte vor kurzem auf eine Story der BILD-Zeitung aufmerksam, in der ein Übergriff auf Golf-Star Tiger Woods geschildert wird. Auch Heute.at und Kurier.at übernahmen den Bericht über eine angebliche Attacke.

Aber: Der Vorfall hat in dieser Form nie stattgefunden.

Ein Zuschauer hätte versucht, den Sportler anzugreifen – konnte jedoch in letzter Sekunde von den anwesenden Securities, mit Hilfe eines Elektro-Tasers gestoppt werden. BILD:

Es geschah an Loch 11. Travis Parmelee (36) löste sich aus der Menge, lief brüllend auf Woods zu. Sofort waren Sicherheitskräfte zur Stelle, streckten den Mann mit einer Elektroschockpistole nieder.

Dramatische Szenen also die, geht es nach der BILD, ausschlaggebend dafür gewesen sind, dass Tiger Woods das Turnier kurz darauf abbrechen musste. Unter „kurz darauf“ versteht das Boulevardblatt übrigens zwei Tage nach dem vermeintlichen Vorfall.

Scan: Bildblog.de

Die RedakteurInnen von Heute üben sich in Empathie und machen gar Woods sensiblen Charakter für den Abbruch verantwortlich:

Für Sensibelchen Woods war der Vorfall zu viel, er brach das Turnier ab.

Tatsache ist jedoch, dass der Sportler das Turnier auf Grund von gesundheitlichen Beschwerden nicht beenden konnte.

Wie die Berichterstattung der Nachrichtenagentur AP zeigt, ist dieser  „gezielte Angriff“ so nie passiert. Der „Angreifer“ – ein stark alkoholisierter Mann im Hawaii-Hemd – war schon den ganzen Tag negativ aufgefallen und hatte diverse Spieler beschimpft – worauf er vom Platz verwiesen wurde.

Die Verbindung zu Tiger Woods ist schlichtweg erfunden.

(Via BildBlog)

„Heute“ titelte letzten Mittwoch mit „Nur bei uns stiegen die Steuern“:

Manch braver Steuerzahler mag voller Zorn weitergeblättert haben, um auf Seite 4 folgende Schlagzeile lesen zu müssen:

Steuern sind bei uns am höchsten

„Heute“ bezieht sich auf eine aktuelle Studie der OECD (Excel-Datei). Wer sich die Mühe macht, diese Studie genauer zu lesen, wird die Übertreibung von „Heute“ schnell erkennen:

„Nur bei uns stiegen die Steuern“ – FALSCH

Österreich hat seit 2000 einen Anstieg der Steuer- und Abgabenquote in allen Gesellschaftsschichten erlebt. Das ist korrekt. Aber:

Auch in Japan, Korea, Mexiko, Griechenland, Island und Norwegen ist diese Quote seit 2000 gestiegen. Soviel zu „nur bei uns“.

Österreich führt diese Liste nicht einmal an: In allen genannten Ländern außer in Norwegen ist die Steuer- und Abgabenquote durchschnittlich stärker gestiegen als in Österreich.

„Steuern sind bei uns am höchsten“ – FALSCH

Österreich liegt mit 47,9%  Steuern und Abgaben vom Jahreseinkommen im OECD-Ranking gerade auf dem fünften Platz hinter Frankreich (49,2%), Deutschland 50,9%), Ungarn (53,4%) und Belgien (55,2%).

DerStandard.at berichtet über die gescheiterte BAWAG-Volksbanken-Fusion am Donnerstag Abend mit Hinweis auf die Printausgabe am Freitag.  ORF.at zitiert jedoch erst die Montagausgabe. Doch nicht jeder freie Tag ist ein Sonntag.

Die Presse berichtet ebenfalls unter Berufung auf den „Standard“, allerdings auch mit Bezug auf die APA. Wie passt dies mit der Meldung von ORF.at vom gleichen Tag zusammen, wonach von „der APA bis dato keine Stellungnahme“ vorliege?

Korrektur: Im Artikel steht „gegenüber das APA“, also kein Problem.

Krone.at schafft es wiedermal eine Geschichte nur mit kleinen Informations-Häppchen zu schmücken. Beim Lesen dieses Berichts tauchen viele Fragezeichen auf. Alle Fragezeichen die in dem Bericht von krone.at auftauchen sind unten angeführt. Um die offenen Fragen zu klären wurde, in diesem Fall, der Bericht mit standard.at verglichen.

Wieso Krone.at nicht ausführlich und mit ALLEN Fakten berichten kann, wird wohl weiterhin ein Rätsel bleiben.

Zum Nachlesen: Krone.at
Zum Verstehen: DerStandard.at

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Hier eine verkürzte Rekonstruktion des Tatvorganges laut Krone.at und DerStandard.at:

Krone.at: Ein 22-Jähriger Zeitungsverkäufer kommt um 1:45 früh an die falsche Adresse.
Frage: Was sucht ein Zeitungszusteller um 1:45 Uhr vor dieser Türe?
Information von DerStandard.at:

Ein Zeitungszusteller war auf der Suche nach einer bestimmten Zustelladresse.
Weil er mit der Örtlichkeit nicht vertraut war, ist er gegen 2.00 Uhr in die Hauseinfahrt des Pensionisten gefahren, um sich zu orientieren.

Krone.at: Er wird mit einer Pistolen – Attrappe verjagt.
Frage: Ohne Grund wird jemand mit einer Pistolen – Attrappe bedroht?
Information von DerStandard.at:

Der Zeitungsausträger habe dann das Seitenfenster geöffnet und sei mit einer Pistole bedroht worden.

Krone.at: Nachdem der Mann die Polizei verständigt hat, kommen diese ohne Blaulicht und ohne Dienstkappen zu dem Haus des Pensionisten.
Frage: Fehlt die Dienstkappe kann man einen Polizisten nicht mehr erkennen?
Information DerStandard.at: DerStandard.at hat über diesen Teil nicht geschrieben.

Krone.at: Der Pensionist hat nun die Pistolen Attrappe gegen eine Walther-P38-Replika getauscht und hielt diese zum Boden gerichtet als er die Tür öffnete.
Frage: Zum Boden gerichtet? Wieso sollte dann geschossen werden?
Information Standard.at:

Die Beamten forderten ihn mehrmals auf, stehen zu bleiben und die Waffe abzulegen. Dem kam er aber nicht nach. Auch auf erneute Aufforderungen reagierte er nicht. Einer der Polizisten gab schließlich einen Warnschuss in den Boden vor dem Haus ab.

krone.at: Nach einer heftigen verbalen Auseinandersetzung eröffnete einer der beiden Polizisten das Feuer. Der erste Schuss fiel und darauf wachte der Enkelsohn des Pensionisten auf. Er stürmte aus dem Bett und rannte vom ersten Stock in das Erdgeschoss. Darauf fiel zweite Schuss. Der zweite Schuss hätte auch den Sohn treffen können, der zum Opa lief.
Frage: Wo kommt jetzt der Sohn her?
Information DerStandard.at: Hier kommt kein Sohn vor.

Die „Geschichte“ von Krone.at zeigt Informationslücken auf. Die meisten können durch den Bericht von DerStandard.at beantwortet werden.


Auch die ZEIT ist nicht vor Recherchefehlern gefeit. Doch unserem aufmerksamen Augen entgehen sie nicht: Bundespräsident Heinz Fischer ist nicht – wie im unten angeführten Artikel erwähnt – aus der SPÖ ausgetreten, sondern hat seine Parteimitgliedschaft nur ruhend gestellt. Dass als Quellen hierfür die dpa und AFP angegeben wurden, könnte darauf hinweisen, dass der Fehler von einer der beiden Nachrichtenagenturen gemacht wurde.

Das Hamburger Abendblatt hat den gleichen Text (allerdings ohne die dpa oder die ZEIT zu zitieren) übernommen.

Auch news 3 5 2 bringt den Text unter Berufung auf die AFP.

Abb.: Original-Screenshots der ZEIT-ONLINE

Abb.: Original-Screenshots des Hamburger Abendblatt

Abb.: Original-Screenshots news 3 5 2

Der Standard widmete sich in der Ausgabe vom 7.5. einem Gerichtsverfahren rund um die Beteiligungsstruktur des Gratisblatts „Heute“. Dessen Konkurenzblatt „Österreich“ hatte geschrieben, dass „Heute“ dem Krone-Chef Hans Dichand zuzurechnen sei. Wogegen dieser klagte. Vor Gericht gab Dichands Anwalt an:

Hans Dichand ist an der Tageszeitung Heute weder direkt noch indirekt beteiligt noch bekleidet er dort irgendeine Funktion noch hat er sonst etwas mit ihr zu tun.

Die „Heute“-Chefredakteurin und Schwiegertochter von Dichand, Eva Dichand, war beim Gerichtstermin übrigens nicht anwesend, ebensowenig Hans Dichand selbst. Dafür kam Heinrich Gehl, der die „Periodika Privatstiftung“ ins Leben rief. Dieser Stiftung gehörte bei der Gründung der Heute-Verlag. Ziel war es, damit eine „unpolitische und nicht rechts orientierte“ Zeitung ins Leben zu rufen.

Interessant ist, dass Gehl angab, Hans Dichand nicht zu kennen und auch nicht zu wissen, wie der Verlag den Start der neuen Tageszeitung finanzieren konnte. Desweiteren schreibt der Standard, dass Gehl angab nicht zu wissen,

dass der SP-nahe Wirtschaftstreuhänder und Periodika-Stiftungsvorstand Günther Havranek Mitgesellschafter von Heute ist (Mehrheitseigner nämlich).

Über dessen Verhältnis zum „alten Dichand“ wiederum Gerüchte existieren.

Der Autor und Kobuk distanzieren sich von allen Mutmaßungen um die Eigentümerschaft von „Heute“.

Foto: BMUKK, HBF/Franz Hartl

STANDARD-Redakteurin Lisa Nimmervoll wurde mit dem Staatspreis für Bildungsjournalismus ausgezeichnet. In ihrer Laudatio ging sie unter anderem auf die Situation des Journalismus und speziell auf die des Qualitätsjournalismus ein:

Wachsender Zeitdruck durch das Internet und ökonomischer Druck seien Bedrohungen für den Qualitätsjournalismus. Es müsse Zeit bleiben – zum Denken, zum Nachdenken und zum Vordenken. Dies sei besonders wichtig, da Unternehmen und Politik zunehmend ihre PR-Abteilungen ausbauen, während die Personalsituation in der Medienbranche immer prekärer werde.

Qualitätsjournalismus habe zuerst etwas mit der inneren Einstellung zu tun – mit der Haltung. Wichtig sei das Hinterfragen und Aufdecken. Aufklärung sei das Kerngeschäft von verantwortungsvollem Journalismus. Schließlich habe die Presse den Regierten und nicht den Regierenden zu dienen. Dazu müsse ein Journalist kritikfähig sein und analytische Kraft haben. Er müsse sich bilden um kompetent zu sein. Denn das wertvollste Pfand sei Unbestechlichkeit und Glaubwürdigkeit.

Nimmervoll zeigt sich überzeugt:

Es gibt ein Bedürfnis nach intelligentem, nachdenklichem Journalismus. Darum haben wir Medienmenschen ein Interesse an kritischen, medienkompetenten Leserinnen und Lesern. Vorauseilende Nivellierung nach unten – je bunter, desto besser, mehr Bilder fürs Auge statt mehr Text fürs Hirn – ist nicht die Lösung. Es gibt den Hunger nach anspruchsvollen Texten. Dem zu genügen, muss unser Anspruch sein.

Screenshots: kurier.at vom 10.5.2010 23:45

In der Wikipedia ist nachzulesen, welche der beiden Versionen korrekt ist:

Auch Komposita, deren Bestimmung ein mehrgliedriges Fremdwort aus dem Englischen ist, werden gemäß den deutschen Rechtschreibregeln durchgekoppelt.