Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Während die Zeitung „Heute“ vom Freitag, den 30. April (links im Bild) Wladimir Putin gemeinsam mit einem Forschungstrupp zeigt, schreibt „Österreich“ (rechts), dass Putin die ohnehin schon seltenen Eisbären auf Franz-Josefs-Land jage. Ein Check über die Googlesuche deutet auf die Richtigkeit der Version von „Heute“, nämlich die der harmlosen Forschung. Abgesehen davon müsste es bei „Österreich“ in der Überschrift „auf Franz-Josefs-Land“ heißen – sie selbst schreiben von einer Inselgruppe.

In einem Resumé der vergangenen Präsidentenwahlen inklusive Gegenüberstellung der beiden Großparteien wird unter anderem die Entscheidung Erwin Prölls, keinen Kandidaten aufgestellt zu haben, kritisiert. Oder war es doch Josef?

Scan: „Österreich“ am 30.4.2010


„Thema des Tages“ beim Gratisblatt „Österreich“ war am 29. April Cyber-Mobbing:

Laut Unterrichtsministerium wurde bereits jeder fünfte Teenager zwischen 12 und 19 Jahren – also etwa 150.000 Burschen und Mädchen – Opfer von Schikanen im Internet oder per Handy.

Abgesehen davon, dass man mit 15-16 Jahren die Schulpflicht beendet haben kann und damit die 150.000 betroffenen Teenager kaum alle Schüler sind: Die Teenager sind – siehe Zitat – angeblich „von Schikanen im Internet oder per Handy“ betroffen. Doch das Internet ist groß und umfasst nicht nur Facebook und gemobbt wird offenbar ebenso mit Telefonanrufen.

Wenn man mit der Überschrift implizit aussagt, dass all das böse Mobbing in Facebook passiere – ist das nicht irgendwie Mobbing?

Im Rahmen der Sendung „Bush@n-tv“ wollte Redakteur Moritz Wedel die Video-Chat-Plattform „Chatroulette“ vorstellen. Auf dieser Seite werden die Webcams von einander völlig fremden Menschen weltweit anhand eines Zufallsprinzips miteinander verbunden.

So passierte es, dass in der Live-Sendung plötzlich ein onanierender Mann zu sehen war:

Hier as Video auf Youtube – viel Vergnügen. 😉

Griechenland ist tief in die Krise versunken und die restlichen EU-Staaten überlegen sich Hilfsleistungen. Auch Österreich soll einen Kredit geben. Die Hilfe ist aber kein reiner Akt der Nächstenliebe. Denn auch österreichische Banken sind in Griechenland engagiert, wenn auch vergleichsweise gering. Zumindest das haben alle heimischen Medien unisono verkündet. Nur bei den genauen Zahlen gibt es eine erstaunliche Bandbreite. Aber 500 Millionen Euro auf oder ab, ist ja alles nicht so tragisch – oder?

Laut Heute.at schulde Griechenland den österreichischen Banken „etwa 5 Milliarden“. Hingegen berichtet das Gratisblatt Österreich, dass um „4,5 Milliarden“ gezittert wird. (siehe Foto) Andere Zeitungen gibt es da schon günstiger: Die Salzburger Nachrichten und Kleine Zeitung sprechen von „rund 4 Mrd. Euro“.

Das Wirtschaftsblatt beziffert die  Schulden Griechenlands mit 4,5 Milliarden. Anders als bei „Österreich“ wird aber erwähnt, dass dieser Wert vom Herbst 2009 stammt. Preiswert gibt sich DerStandard.at: Dort schulden die Griechen Österreichs Bankern „rund 4,6 Mrd. Dollar (3,5 Mrd. Euro)“ – allerdings beziehen sich die Zahlen auf Dezember 2009.

Die Gegensätze, die ein gleichzeitiger Blick auf die Frontpages von CNN auf der einen und BBC oder Al Jazeera auf der anderen Seite offenbaren, sind spätestens seit dem Irak-Krieg Legion. Nun ist mit WTF CNN?! ein Dienst erschienen, der CNN direkt Al Jazeera oder wahlweise zehn anderen internationalen Nachrichtenwebsites gegenüberstellt.

Hier ein Vergleich von Anfang April, als CNN das an die Öffentlichkeit gekommene US-Militärvideo aus dem Irak komplett ignorierte:

Die Macher erklären in einem offenen Brief ihre Motive:

Dear CNN,

We know you think this is what we want, but it’s not. We don’t care what random Tweeters think about a news story, how many holograms you have in your Situation Room, or even the latest celebrity gossip.

We care about our world. Instead of using your resources to do the journalism that gives us a better understanding of this world — we get the front page of CNN.com.

Why do we have to look enviously at the front page of Al-Jazeera English for a better sampling of important news stories at any given time? If the CNN frontpage is a reflection of consumer demand, are we to believe that their readers demand real journalism?

Consider this a gentle nudge from the anonymous Internet, CNN.

Danke an Michael Horak für den Hinweis!

Wechselkurse ständig im Auge zu behalten, kann auf die Dauer anstrengend sein. Das stellte die „Österreich“-Redaktion in einem Artikel über die Liste der 100 wertvollsten Marken 2010 (PDF) des Marktforschers Millward Brown unter Beweis.

In dieser Liste rangiert Red Bull mit 8,917 Millarden US-Dollar aktuell auf Platz 82. Mit dem aktuellen Wechselkurs von 1 US-Dollar = 0,76 Euro macht das 6,78 Milliarden Euro.

Nicht so für „Österreich“:

Der aufmerksame Leser wird bereits bemerkt haben, dass da was nicht stimmen kann.

Im Artikel selbst, indem sich „Österreich“ munter mit Angaben aus diesem Ranking bedient, ist  dann wieder von US-Dollar-Werten die Rede, außer in dem Absatz, der sich explizit mit Red Bull beschäftigt. Dort werden dem österreichischen Energiedrink-Hersteller, wie bereits im Titel abermals rund 2,1 Milliarde Euro zusätzlichen Markenwert zugesprochen, die er laut Ranking gar nicht besitzt. Didi Mateschitz würde die Schlagzeile wohl freuen, wenn sie denn wahr wäre.

Es wird jetzt noch skurriler – in der Tabelle, direkt neben besagtem Artikel steht dann:

Die 9,0 stehen für den Milliarden-Wert der Marke Red Bull. Woher die 100 zusätzlichen Millionen zu den 8,9 aus der Headline auf einmal kommen, weiß die „Österreich“- Redaktion wahrscheinlich selbst nicht so genau.

Überhaupt wurde z.B. ALDI (auf Platz 83) 8,7 Milliarden Marktwert (tatsächlich 8,747 Milliarden) ab-, Red Bull (Platz 82) jedoch wie bereits erwähnt (mit tatsächlichen 8,917 Milliarden Marktwert)  auf 9,0 Milliarden aufgerundet.

Das Boulevardblatt „Österreich“ titelt in seiner Ausgabe vom 29. April, dass rund 2 Milliarden Euro österreichischer Steuergelder an das stark gebeutelte Griechenland  verschenkt würden.

Allerdings räumt es in einem Artikel mit dem ebenso reißerischen Titel „Österreich spendet 2 Milliarden“ auf Seite 5 dann doch kleinlaut ein, dass es sich dabei lediglich um einen Kredit handelt und fügt in typischer Stammtisch-Polemik fragend hinzu:

aber kriegen wir das Geld jemals wieder?

Abgesehen davon ist die Anhebung von derzeit versprochenen 858 Millionen Euro auf 2 Milliarden Euro österreichischer Kredithilfe noch nicht fix, im Gegensatz zur irreführenden Darstellung in „Österreich“.

Kann es sein, das „Österreich“ den BILDblog-Leitfaden „Wie hetze ich gegen ein Land auf?“ gelesen hat?

Diese Überschrift findet man in der heutigen Ausgabe der Gratiszeitung „Österreich“. Anlassfall ist der Autofunfall des ORF-Betriebsrates Heinz Fiedler. Dabei wurde ein Kind so schwer verletzt, dass ihm ein Bein amputiert werden musste. Die Schuldfrage muss jetzt vor Gericht geklärt werden. „Österreich“ lässt aber sicherheitshalber keinen Zweifel an der Bösartigkeit von Fiedler. So heißt es schon im Lead:

ORF-Bonze mähte Kind um

Dazu passend beginnt der Text mit:

ORF-Betriebsratskaiser Heinz Fiedler ist ein Mann, der sich vor Auslagen die Frisur richtet und auch mit 67 Jahren noch an Ämter klammert, weil er gern im Rampenlicht steht.

Aber die heldenhafte „Österreich“ hat „das Geheimnis eines furchtbaren Unfalls gelüftet“. Das ist objektiver und ausgewogener Journalismus, wie er im Lehrbuch steht.

Zwei Reifenplatzer machen das Flugzeug von Außenminister Spindelegger auf dem Weg zur Startbahn des Prager Flughafens manövrierunfähig. An sich keine besondere Geschichte, außer man schreibt für „Österreich“.

Erst titelt das Blatt am 28. April auf der ersten Seite (!) über ein „Flugdrama„. Ist ein Flugdrama nicht ein Drama während eines Fluges? Doch nicht genug, der Titel lautet „Flugdrama im Minister-Jet“. Das ist faktisch falsch.

„Österreich“ schreibt schließlich im Artikel  selbst völlig unaufgeregt:

Spindelegger und seine Begleitung wurden in Bussen abtransportiert und wurden in die Residenz des Österreichischen Botschafters in Prag gebracht.

Falls sich der geneigte Leser jetzt noch wundern sollte: Nein, der sogenannte „Minister-Jet“ ist nicht etwa eine Österreichische Air Force One, sondern lediglich eine Dornier 328 der Fluglinie Grossmann Air.