Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Griechenland ist tief in die Krise versunken und die restlichen EU-Staaten überlegen sich Hilfsleistungen. Auch Österreich soll einen Kredit geben. Die Hilfe ist aber kein reiner Akt der Nächstenliebe. Denn auch österreichische Banken sind in Griechenland engagiert, wenn auch vergleichsweise gering. Zumindest das haben alle heimischen Medien unisono verkündet. Nur bei den genauen Zahlen gibt es eine erstaunliche Bandbreite. Aber 500 Millionen Euro auf oder ab, ist ja alles nicht so tragisch – oder?

Laut Heute.at schulde Griechenland den österreichischen Banken „etwa 5 Milliarden“. Hingegen berichtet das Gratisblatt Österreich, dass um „4,5 Milliarden“ gezittert wird. (siehe Foto) Andere Zeitungen gibt es da schon günstiger: Die Salzburger Nachrichten und Kleine Zeitung sprechen von „rund 4 Mrd. Euro“.

Das Wirtschaftsblatt beziffert die  Schulden Griechenlands mit 4,5 Milliarden. Anders als bei „Österreich“ wird aber erwähnt, dass dieser Wert vom Herbst 2009 stammt. Preiswert gibt sich DerStandard.at: Dort schulden die Griechen Österreichs Bankern „rund 4,6 Mrd. Dollar (3,5 Mrd. Euro)“ – allerdings beziehen sich die Zahlen auf Dezember 2009.

Die Gegensätze, die ein gleichzeitiger Blick auf die Frontpages von CNN auf der einen und BBC oder Al Jazeera auf der anderen Seite offenbaren, sind spätestens seit dem Irak-Krieg Legion. Nun ist mit WTF CNN?! ein Dienst erschienen, der CNN direkt Al Jazeera oder wahlweise zehn anderen internationalen Nachrichtenwebsites gegenüberstellt.

Hier ein Vergleich von Anfang April, als CNN das an die Öffentlichkeit gekommene US-Militärvideo aus dem Irak komplett ignorierte:

Die Macher erklären in einem offenen Brief ihre Motive:

Dear CNN,

We know you think this is what we want, but it’s not. We don’t care what random Tweeters think about a news story, how many holograms you have in your Situation Room, or even the latest celebrity gossip.

We care about our world. Instead of using your resources to do the journalism that gives us a better understanding of this world — we get the front page of CNN.com.

Why do we have to look enviously at the front page of Al-Jazeera English for a better sampling of important news stories at any given time? If the CNN frontpage is a reflection of consumer demand, are we to believe that their readers demand real journalism?

Consider this a gentle nudge from the anonymous Internet, CNN.

Danke an Michael Horak für den Hinweis!

Wechselkurse ständig im Auge zu behalten, kann auf die Dauer anstrengend sein. Das stellte die „Österreich“-Redaktion in einem Artikel über die Liste der 100 wertvollsten Marken 2010 (PDF) des Marktforschers Millward Brown unter Beweis.

In dieser Liste rangiert Red Bull mit 8,917 Millarden US-Dollar aktuell auf Platz 82. Mit dem aktuellen Wechselkurs von 1 US-Dollar = 0,76 Euro macht das 6,78 Milliarden Euro.

Nicht so für „Österreich“:

Der aufmerksame Leser wird bereits bemerkt haben, dass da was nicht stimmen kann.

Im Artikel selbst, indem sich „Österreich“ munter mit Angaben aus diesem Ranking bedient, ist  dann wieder von US-Dollar-Werten die Rede, außer in dem Absatz, der sich explizit mit Red Bull beschäftigt. Dort werden dem österreichischen Energiedrink-Hersteller, wie bereits im Titel abermals rund 2,1 Milliarde Euro zusätzlichen Markenwert zugesprochen, die er laut Ranking gar nicht besitzt. Didi Mateschitz würde die Schlagzeile wohl freuen, wenn sie denn wahr wäre.

Es wird jetzt noch skurriler – in der Tabelle, direkt neben besagtem Artikel steht dann:

Die 9,0 stehen für den Milliarden-Wert der Marke Red Bull. Woher die 100 zusätzlichen Millionen zu den 8,9 aus der Headline auf einmal kommen, weiß die „Österreich“- Redaktion wahrscheinlich selbst nicht so genau.

Überhaupt wurde z.B. ALDI (auf Platz 83) 8,7 Milliarden Marktwert (tatsächlich 8,747 Milliarden) ab-, Red Bull (Platz 82) jedoch wie bereits erwähnt (mit tatsächlichen 8,917 Milliarden Marktwert)  auf 9,0 Milliarden aufgerundet.

Das Boulevardblatt „Österreich“ titelt in seiner Ausgabe vom 29. April, dass rund 2 Milliarden Euro österreichischer Steuergelder an das stark gebeutelte Griechenland  verschenkt würden.

Allerdings räumt es in einem Artikel mit dem ebenso reißerischen Titel „Österreich spendet 2 Milliarden“ auf Seite 5 dann doch kleinlaut ein, dass es sich dabei lediglich um einen Kredit handelt und fügt in typischer Stammtisch-Polemik fragend hinzu:

aber kriegen wir das Geld jemals wieder?

Abgesehen davon ist die Anhebung von derzeit versprochenen 858 Millionen Euro auf 2 Milliarden Euro österreichischer Kredithilfe noch nicht fix, im Gegensatz zur irreführenden Darstellung in „Österreich“.

Kann es sein, das „Österreich“ den BILDblog-Leitfaden „Wie hetze ich gegen ein Land auf?“ gelesen hat?

Diese Überschrift findet man in der heutigen Ausgabe der Gratiszeitung „Österreich“. Anlassfall ist der Autofunfall des ORF-Betriebsrates Heinz Fiedler. Dabei wurde ein Kind so schwer verletzt, dass ihm ein Bein amputiert werden musste. Die Schuldfrage muss jetzt vor Gericht geklärt werden. „Österreich“ lässt aber sicherheitshalber keinen Zweifel an der Bösartigkeit von Fiedler. So heißt es schon im Lead:

ORF-Bonze mähte Kind um

Dazu passend beginnt der Text mit:

ORF-Betriebsratskaiser Heinz Fiedler ist ein Mann, der sich vor Auslagen die Frisur richtet und auch mit 67 Jahren noch an Ämter klammert, weil er gern im Rampenlicht steht.

Aber die heldenhafte „Österreich“ hat „das Geheimnis eines furchtbaren Unfalls gelüftet“. Das ist objektiver und ausgewogener Journalismus, wie er im Lehrbuch steht.

Zwei Reifenplatzer machen das Flugzeug von Außenminister Spindelegger auf dem Weg zur Startbahn des Prager Flughafens manövrierunfähig. An sich keine besondere Geschichte, außer man schreibt für „Österreich“.

Erst titelt das Blatt am 28. April auf der ersten Seite (!) über ein „Flugdrama„. Ist ein Flugdrama nicht ein Drama während eines Fluges? Doch nicht genug, der Titel lautet „Flugdrama im Minister-Jet“. Das ist faktisch falsch.

„Österreich“ schreibt schließlich im Artikel  selbst völlig unaufgeregt:

Spindelegger und seine Begleitung wurden in Bussen abtransportiert und wurden in die Residenz des Österreichischen Botschafters in Prag gebracht.

Falls sich der geneigte Leser jetzt noch wundern sollte: Nein, der sogenannte „Minister-Jet“ ist nicht etwa eine Österreichische Air Force One, sondern lediglich eine Dornier 328 der Fluglinie Grossmann Air.

Am 27. April titelten die Printausgaben von „Österreich“ und Kronenzeitung mit der Geschichte einer Frau, die ihren betrunkenen Ehemann auf der Autobahn aussetzte.

Doch die beiden Artikel sind ziemlich unterschiedlich. Schon beim Ziel des Paares sind sich beide Zeitungen – links die Krone, rechts „Österreich“ – uneinig:

Die Trennung der Tschechoslowakei wurde 1992 besiegelt, aber für die Kronenzeitung und „Österreich“ lässt sich ja vielleicht eine kurzzeitige Wiedervereinigung erwirken, damit beide Zeitungen Recht behalten.

Und was wurde aus dem betrunkenen Ehemann? Rechts die Krone, links „Österreich“:

Wohin seine Reise tatsächlich ging, bleibt wohl der Fantasie überlassen.

„Heute“ titelt heute:

Staat zahlt Häftlingen 10 Millionen € Gehalt!
Kein Geld für Studenten, Pensionisten, aber Mörder kassieren Steuergeld

Die Aussage an sich ist falsch und suggeriert, der österreichische Staat würde Gehälter in der Höhe von 10 Millionen Euro tragen. Tatsächlich fungieren die einzelnen Haftanstalten jedoch nur als Vermittler zwischen Häftling und dem jeweiligen Arbeitgeber.

Die österreichische Wirtschaft zahlt die Gehälter, und zwar laut der Homepage der Justizanstalten in der Höhe von rund 48,7 Mio. Euro (2008). Davon werden 75% einbehalten und wandern in die Staatskasse. Nachzulesen im Pilotbericht über den Strafvollzug 2008 (pdf). Der Rest wird an die Arbeitnehmer ausgezahlt – das entspricht etwa der Größenordnung der genannten 10 Mio. Wohlgemerkt: Nicht aus Steuergeldern.

Im Artikel erwähnt „Heute“, die Staatseinnahmen aus Leistungen der Gefangenen, die „Fritzl & Co.“ genannt werden – als ob in Österreichs Haftanstalten nur Psychopaten einsitzen, würden nur 9 Millionen Euro betragen. Doch wie kommt es zu dieser Zahl? Denn die verbleibenden 75% machen nach Adam Riese rund 37 Millionen Euro Einnahmen für den Staat aus, nicht 9. Eine Quelle nennt „Heute“ nicht.

PS: Fordert „Heute“ ernsthaft, dass Österreichs Häftlinge unbezahlte Zwangsarbeit verrichten sollen, sowie nach ihrer Haft ohne finanzielle Reserven ins Leben entlassen werden?

Harte Töne von Herbert Lackner, Chefredakteur bei „profil“. Er bezeichnet Nichtwähler der Bundespräsidentenwahl als: „Ignoranten, von chronischer geistiger Trägheit Befallene bar jeden Gemeinsinns“.

Ich finde: Knapp die Hälfte aller Wahlberechtigten Österreicher/innen als Ignoranten zu bezeichnen ist ein starkes Stück.

Ohne Worte:

Aus „Heute“ vom 22. April.