Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

„Heute“ am Montag:

Schock-Studie: Unsere Kids suchen im Web nach „Sex“
Immer mehr Kinder suchen in der virtuellen Internet-Welt nach Antworten auf erste erotische Fantasien: Selbst bei den unter Siebenjährigen (!) rangiert das Wort „Porno“ auf Platz 4 der am häufigsten verwendeten Suchbegriffe. […] Das ergab eine aktuelle Uni-Studie. Erstmals werteten Wissenschafter die Suchbegriffe minderjähriger Computernutzer aus […]

Die spannendste Nachricht verschweigt uns „Heute“ freilich: Die „Universität“, an der diese „wissenschaftliche“ Studie über „unsere“ Kids durchgeführt wurde, notiert an der NASDAQ. Es handelt sich nämlich um den Software-Hersteller Symantec in Kalifornien.

Erforscht wird dort höchstens, wie man den Absatz seiner eigenen Sicherheitslösungen steigert. Zum Beispiel von „Norton Online Family“, einem Internetfilter mit dem besorgte Eltern das Surfverhalten ihrer Kleinen rigoros überwachen und einschränken können.

Bereits im Dezember 2009 (soviel zum Thema „aktuell“) hat Symantec jene Liste der Top 100 Suchbegriffe unter Kindern veröffentlicht, aus der „Heute“ zitiert. Das Unternehmen hatte dazu anonym Suchanfragen ausgewertet, die über jene Accounts der Filtersoftware liefen, die Eltern für ihre Kinder eingerichtet hatten.

Diese Vorgangsweise erlaubt zwar beeindruckende soziographische Auswertungen, deren Aussagekraft dürfte sich allerdings aufgrund methodischer Schwächen etwa umgekehrt zur PR-Wirkung verhalten:

  • So wurden nur Suchanfragen von Kindern erfasst, deren Eltern die Filtersoftware (ev. nach konkreten Anlässen?) installiert haben.
  • Das Tool könnte auch vorzugsweise in Familien und Ländern (soviel zum Thema „unsere“ Kids) installiert werden, die einen — nun ja — eher bigott-prüden Umgang mit Sexualität pflegen. Wie Kinder auf Verbote und Tabus reagieren, sollte niemanden überraschen.
  • Ev. wollten diese Siebenjährigen und noch Jüngere auch gar nicht ihre „ersten erotischen Fantasien“ befriedigen, wie „Heute“ unterstellt, sondern erst mal nur nachschlagen, wovon die anderen da die ganze Zeit reden?
  • Vielleicht hat Papa in der Nacht auch einfach nur vergessen, sich mit dem richtigen Account einzuloggen?

Die Antwort, warum selbst unter den Kleinsten schon so viele nach „Sex“ und „Porn“ gesucht haben, könnte aber auch noch viel banaler sein:

  • Stellt euch mal kurz vor, ihr seid Vater oder Mutter und habt diesen neuen Internetfilter installiert. Wie würdet ihr nun testen, ob er auch tatsächlich funktioniert…?

Die Auslandskorrespondenten der taz wehren sich gegen Kündigung und neue Verträge:

Die beiden Zutaten, sinkende Auflagen und damit Werbeeinnahmen bei den Tageszeitungen und die Möglichkeit, direkt und unvermittelt mit uns, der Öffentlichkeit, in Kontakt zu treten, legen die Vermutung nahe: Solche Aktionen werden wir nicht zum letzten Mal gesehen haben.

Außerdem wird es eh Zeit, dass sich auch in Europa Journalisten zusammentun und selbst Neues ausprobieren, ähnlich wie die Gründer von Politico in den USA.

(Via Gawhary.)

Dieser Gastbeitrag von Robert Menasse erschien zuerst auf seiner Facebook-Seite, unter dem Titel „Die herrschende Meinung ist noch dümmer als die Meinung der Herrschenden“.

Gestern, am 12. September 2010 schrieb der KURIER-Kolumnist A. S. auf Seite 1, im sogenannten „Einserkastl“, über das „Thema Integration“ und die „Thesen“ von Thilo Sarrazin:

Wer hat jetzt recht? Sarrazin, der auch überzogen hat? Seine Kritiker, die ihn in vorauseilendem Gehorsam (wem gegenüber eigentlich?) mundtot machen wollen und damit eigentlich die Demokratie abschaffen?

Man weiß bei Herrn S. nie, ob er einen schlampigen Gedanken perfid formuliert, oder ob er bloß unfähig ist, einen naturtrüben Gedanken klarer zu formulieren. Versuchen wir einmal, ihn zu verstehen:

Er meint also, dass die Kritiker von Thilo Sarrazin „eigentlich“ die Demokratie abschaffen. Wir ersparen uns jetzt einen Exkurs über den „Jargon der Eigentlichkeit“, über den Adorno ein Buch geschrieben hat, das am Beispiel von (immerhin Heidegger) vorführt, wie Sprache zum Werkzeug der Täuschung wird, die sich gegen Kritik darüber immunisiert, dass sie jederzeit das Gegenteil des Geschriebenen als „eigentlich“ Gemeintes, das Gegenteil des Verstandenen als „eigentlich“ Geschriebenes, das Gegenteil von Sinn als „eigentliche“ Wahrheit behaupten kann. Man darf Herrn S. nicht vorwerfen, dass er auch dieses Buch nicht kennt, aber man muss ihn doch fragen, ob ihm klar ist, was er, um es in seinem Jargon zu sagen, „eigentlich“ geschrieben hat:

Die Kritiker von Thilo Sarrazin schaffen also „eigentlich“ die Demokratie ab. Das ist ein Satz, der ein Faktum behauptet. Nun ist aber, trotz heftiger, massiver, breiter Kritik an Sarrazin nirgendwo im deutschen Sprachraum, in dem „die Thesen“ von Sarrazin diskutiert werden, nachweislich abgeschafft worden, was hier unter Demokratie verstanden wird. Das ist ein Faktum, das völlig widerlegt, was er als Faktum behauptet. Ich habe den Verdacht, dass Herr S. eigentlich etwas anderes „eigentlich“ schreiben wollte, etwas anderes „gemeint“ hat: nämlich, dass das „wollen“ vom ersten Satzteil sich auch auf den zweiten bezieht, er also schreiben wollte: „mundtot machen wollen“ und damit auch die „Demokratie abschaffen wollen“ – allerdings hat er in der fünften Klasse Gymnasium gelernt, „unschöne Wortwiederholungen“ zu vermeiden, also hat er das zweite „wollen“ weggelassen“, statt das erste an das Ende des Satzes zu ziehen.

Aber selbst wenn er es „eigentlich“ so gemeint hatte – es wird dadurch nicht viel besser. Denn selbst für den Satz, dass die Kritiker von Sarrazin die Demokratie abschaffen WOLLEN, gibt es keine einzige faktische Bestätigung. Es gibt nicht den geringsten Hinweis darauf, dass auch nur ein einziger Kritiker Sarrazins irgendwo, ganz entlegen, gesagt oder geschrieben hat: Wir wollen Thilo Sarrazin mundtot machen, weil wir wollen die Demokratie abschaffen.

Warum schreibt der Journalist einer Tageszeitung, die den Fakten verpflichtet sein sollte, also einen solchen Satz? Weil er ihn „eigentlich“ nicht so gemeint hat?

Wenn man länger darüber nachdenkt, kommt man zu dem Gedanken, dass Herr S. vielleicht „eigentlich“ etwas anderes gemeint hat: nämlich nicht „Demokratie“, also Wahlen, die Entsendung von Volksvertretern nach bestimmten, in der Verfassung geregelten Verfahren, die Bildung einer Regierung etc., sondern „Meinungsfreiheit“. Vielleicht hat Herr S. nur dies gemeint: die Gegner von Thilo Sarrazin schaffen die Meinungsfreiheit ab, oder wollen die Meinungsfreiheit abschaffen. Nun haben aber die Gegner von Thilo Sarrazin nachweislich die Meinungsfreiheit nicht abgeschafft – denn sie verbreiten ja sogar seine Meinung, indem sie mit ihm in allen Talkshows auf und ab diskutierten. Und sie WOLLEN auch die Meinungsfreiheit nicht abschaffen, weil es just die Gegner von Thilo Sarrazin sind, die genau wissen, dass im Fall der Abschaffung der Meinungsfreiheit es ihre Meinung ist, die zuallererst abgeschafft wird. Also wieder ein faktischer, und dazu noch ein interpretativer Unsinn von Herrn S.

Lesen wir die Sätze von Herrn A.S. nochmals, um zu begreifen, was er gesagt hat – und wir entdecken eine weitere Technik, bei der „eigentlich“ (im Sinn des „Jargons der Eigentlichkeit“) nicht nachgewiesen werden kann, ob Herr S. sie in bewusster Perfidie oder bloß mit naturtrüben Bewusstsein eingesetzt hat:

Herr Sarazin, schreibt er, „hat überzogen“ – das heißt: ein bissl übertrieben, aber das wird man doch noch dürfen, um etwas zuzuspitzen.

Seine Kritiker aber, schreibt er, wollen ihn Mundtot machen und die Demokratie abschaffen, also ihn zum Schweigen bringen und jede vernünftige Grundlage eines gedeihlichen Zusammenlebens zerstören.

Diese Formulierung drückt klar aus, welcher Seite die Sympathie von Herrn S. gilt. Sie ist allerdings so formuliert, dass Herr S. jederzeit behaupten kann, „eigentlich“ habe er das nicht so gemeint.

Wenn Herr S. geschrieben hätte: „Der Ku Klux Clan hat übertrieben, als er auf soziale Probleme in den Südstaaten der USA hinwies, aber Martin Luther King wollte diese besorgten Bürger mit ihren schicken Kapuzen mundtot machen“, wäre die S.-Technik heute augenfällig. Er hätte umgekehrt auch schreiben können: „Herr Sarrazin betreibt Volksverhetzung, aber ein erfreulich großer Teil der deutschen Zivilgesellschaft und der deutschen Medien übt daran Kritik“ – dies wäre, auf Grund der FAKTENlage genauso gerechtfertigt gewesen…. und da stellt sich natürlich die Frage, warum Herr S. seine Formulierung so gewählt hatte, wie er es „eigentlich“ tat (wenn wir immer noch voraussetzen, dass Herr S. seine Formulierungen bewusst wählt!)

Aber es wird ja noch abenteuerlich und zugleich auch verräterisch, wenn wir Herrn S. genau lesen: er schrieb ja nicht nur, dass die Kritiker Herrn Sarrazin „mundtot machen wollen“,  sonder auch, dass sie dies „in vorauseilendem Gehorsam (wem gegenüber eigentlich?) tun.“

Ich kann mir gut vorstellen, dass Herr S. beim schnellen Tippen plötzlich die Formulierung „in vorauseilendem Gehorsam“ hinschrieb, das kam plötzlich, ganz schnell, es muss ja schnell gehen, es muss eine Tageszeitung produziert werden. Da schreibt sich schon mal etwas ganz schnell von selbst, Floskeln, Phrasen, das fliegt einem routinierten Lohnschreiber, der ganz schnell für morgen etwas Geharnischtes schreiben soll, flott zu, und ich kann mir vorstellen, wie Herr S. in diesem Moment kurz stutzte und sich fragte: „Wem gegenüber eigentlich?“

Und da kam ihm diese Frage plötzlich sehr originell vor, kritisch, und dabei völlig logisch, da er, als ein Mann, der jede Zeile für Lohn schreibt und dabei weiß, wer die Eigentümer seines Mediums sind, und wem gegenüber er gehorsam zu sein hat, und wie er seinen Nimbus als „unabhängiger Journalist“ aufrecht erhalten kann, wenn er NICHT fragt, was er schreiben soll, sondern schreibt, was er WEISS, dass er schreiben soll, so eilig, so schnell…. für morgen! ….. Ich kann mir vorstellen, wie er, als ihm diese Frage einfiel („vorauseilend gehorsam. Wem gegenüber eigentlich?“),  sie ihm ungemein kritisch und kess vorkam, aber nicht so schmerzhaft, wie es eine selbstkritische Frage (die da so nahe lag) gewesen wäre, dass er gar nicht weiter darüber nachdachte und sie  tatsächlich gleich mit martialischem Gefühl hinschmierte: „Die Kritiker von Thilo Sarrazin wollen in vorauseilendem Gehorsam (!Mann, das ist kritisch!) aber wem gegenüber eigentlich? (Mann, das ist reflektiert!) ihn mundtot machen, Demokratie abschaffen……“

Tatsächlich ist diese Formulierung in diesem Kontext so unsinnig, dass es sogar bei einem Journalisten eine Entlassung rechtfertigen würde: Nicht jede Phrase passt in jeden Kontext. „Vorauseilender Gehorsam“ war noch nie der Grund für Kritik, die von der Zivilgesellschaft geäußert wird.

Wie wäre es zum Beispiel, wenn Herr S. statt „vorauseilendem Gehorsam“ den schönen, alten Begriff „Einsicht“ verwendet hätte, oder „Erinnerung“, „Wissen“, „Verpflichtung: Die Kritiker von Thilo Sarrazin üben Kritik in der Einsicht, wohin Volksverhetzung führt, die Spaltung der Gesellschaft, das Schüren von Hass. Sie haben noch die Erinnerung daran, was just in diesen Landen eine pseudowissenschaftliche Argumentation, die sich auf „Rassen“-Spezifika stützt,  schon einmal bedeutet hat, sie wissen, wohin Eugenik, Rassenlehre, Sterilisationsprogramme, SOZIALE Reinheitsgebote geführt haben, sie haben die Verpflichtung, dagegen aufzustehen und diesen Rückfall in die Barbarei, der mit dem unschuldigen „Ist-ja-wahr“-Gestus daherkommt, zu verhindern!!!! —- Da ist weit und breit kein „Gehorsam“, sondern, im Gegenteil, Widerstand gegen Tendenzen am Werk, die Menschen Grundrechte absprechen wollen – und dies wäre nach Herrn S. vom KURIER die „Abschaffung der Demokratie“?

Warum?

Dummheit?

Es wäre schön, wenn es Dummheit wäre.

Am selben Tag erschien in derselben Zeitung ebenfalls auf Seite Eins: „Die Blauen führen bei den unter Dreißigjährigen!“

Kann es sein, dass Herr S. seinen Unsinn, wie immer er ihn „eigentlich“ gemeint hat, „in vorauseilendem Gehorsam“ an die künftige Mehrheit in diesem Land geschrieben hat? Kann es sein, dass ein Zeilenschreiber-Idiot so luzid ist, dass er daran denkt, in einer „Das-wird-man-doch-noch-sagen-dürfen“- Gesellschaft die Annonce aufzugeben: „Ich will auch morgen noch für Euch schreiben dürfen!“?

„Österreich“ weiß:

Neuerdings setzt aber auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auf „schuss- und stichsichere Westen“, wie er im ÖSTERREICH-Gespräch berichtet.

Und schreibt zur Abbildung rechts:

Kugelsichere Weste
So eine Weste trägt Strache nun bei Großveranstaltungen unter seinen Hemden…

Nun, das darf bezweifelt werden.  Auf der Seite des Spezialanbieters, von dem „Österreich“ das Foto hat, wird das Modell mit den ausgeprägten Protektoren als „Oberkörper-Schlagschutz“ geführt. Also hieb-, aber nicht schuss- und stichfest. Und am Körper getragen, sieht ein ähnliches Modell dann so aus — das Michelin-Männchen lässt grüßen. Sollte Strache tatsächlich so ein Gerät unter Hemd und Anzug kriegen, dann schafft er auch den Bürgermeister.

PS: Ein korrektes Symbolbild hätte sich zwei Modelle weiter unten auf der Herstellerseite gefunden.

Dann küsste Pocher einen Mann – wie Kachelmann, als er aus der U-Haft kam. („Österreich“, 7.9.2010)

Für „Österreich“ — exklusiv auf Kobuk: So küsst Kachelmann!

Heute die Einführung einer neuen Kategorie auf Kobuk: Der Kobuk-Kampagnenmonitor. Wenn Medien sich über Gebühr in ein Thema verbeißen, werden wir versuchen, das zu dokumentieren und mögliche Interessenskonflikte aufzuzeigen.

Heute auch ein erster Fall: „Heute“. Die Wiener Gratiszeitung schreibt seit Wochen recht viel über die Streitereien innerhalb der Wiener Grünen. Ein Artikel in der „Presse“ vermutet dabei unlautere Motive:

„Heute“-Retourkutsche? Dass „Heute“ derzeit eine recht scharfe Linie gegen die Wiener Grünen fährt, so munkelt man, dürfte vor allem daran liegen, dass Bundeschefin Eva Glawischnig zum Ableben von „Krone“-Gründer Hans Dichand neben dem Ausdruck der Anteilnahme auch ein paar kritische Worte gefunden hat. Was der „Heute“-Redaktion, deren Herausgeberin Eva Dichand heißt und die offiziell nichts mit der Krone zu tun hat, nicht so gut gefallen haben soll.

Und tatsächlich: Seit Ende Mai erschien alleine in der Printausgabe im Schnitt alle 3,7 Tage ein kritischer Artikel über die Grünen, darunter 21 große (mehrspaltige) Artikel. Angesichts des nur wenige Seiten umfassenden Politikteils eine enorme Menge.

Hier das Headline-Potpourri (man beachte die Häufung von „Chaos“):

Beinahe die Hälfte dieser Artikel, im Schnitt jeden zweiten Tag einer, sind in den drei Wochen nach Eva Glawischnigs kritischer Presseaussendung zum Ableben Hans Dichands erschienen. Darunter einige, die ein Wahldebakel herbeischreiben sowie ein Bericht über einen Streit in Ottakring, von dem man dort gar nichts weiß.

Ob wirklich eine Verbindung zwischen der fehlenden Würdigung Dichands (oder auch der kolportierten SPÖ-Nähe von „Heute“) und der redaktionellen Linie in Sachen Grüne besteht, bleibt unklar. Ich habe die Grünen sowie den Autor der meisten der Artikel, Elias Natmessnig, um eine Stellungnahme gebeten.

Disclaimer: Ich bin selbst Wechselwähler mit Grün-Tendenz und daher in gewissem Maße befangen.

Update: Ungefähr seit Richard Schmitt im Februar 2011 als Chefredakteur von „Heute“ abgelöst wurde ist auch diese „Chaos“-Kampagne zu Ende.

Die Nonprophetorganisation AG-ATHE berichtet über eine besondere Glanzleistung der Kronenzeitung am 11. August:

Die beiden Schmetterlinge.. kopulieren.

Einen herzlichen Gruß an Robert Liensberger aus Hatting, der die Krone so fantastisch aufs Kreuz gelegt hat. Qualtinger hätt’s gefallen.

Das aufgeregte Echo auf Twitter und Facebook ließ mich vermuten, dass ich der Erste gewesen sein musste, dem kürzlich das neue Wiener-Blut-Wahlplakats der FPÖ aufgefallen war. Also stellte ich das Foto in der Originalversion auf mein Blog und schrieb dazu:

Die Verwendung, auch im kommerziellen Umfeld, ist mit Namensnennung und Link erlaubt.

Ein kleiner Foto-Credit hätte mir genügt, aber natürlich freue ich mich auch über ausführliche Nennungen wie im Online-Standard.

„Österreich“ verwendete mein Bild am 17. August, schaffte es aber trotz einfachster Bedingungen nicht, meinen Namen dazu zu schreiben. Angeblich – ich habe den Ausschnitt nicht – stand dort das sinnige „Foto: Privat“, was auch sonst meist recht zweifelsfrei auf eine Urheberrechtsverletzung hinweist.

Am 20. August wieder, diesmal ganz ohne Credit. Heute das gleiche in „Heute“, als Illustration eines Leserbriefs: Kein Credit.

Den Vogel schoss aber „Heute“ ab, als man mein Foto am 17. August mit einem „© Hertel“ versah. Doch es stammt nicht aus dem teuren Equipment von „Heute“-Fotografin Sabine Hertel sondern schlicht aus meinem Handy.

Auf Nachfrage bekam ich diese Antwort:

Der von Ihnen besagte Artikel am 17. August wurde 1 zu 1 vom Print in Online übernommen. Da im Print neben Ihrem Foto in der Fotocreditzeile sowohl Hertel als auch Ihr Name angegeben wurde, hat der zuständige Redakteur missverständlicherweise den Namen des anderen Fotografen übernommen.

Na wenigstens werde ich nicht verklagt.

(Danke an Mediatrice für den Hinweis!)

ORF.at berichtet heute über einen dreisten Fall von Spendenbetrug:

Foto: Chris Carpenter https://www.flickr.com/photos/chris_carpenter/274244238/Spendengelder in eigene Tasche gesteckt
Ein 49-jähriger Beschäftigungsloser aus dem Bezirk Urfahr-Umgebung soll seit Juni 2002 mehrere hunderttausend Euro Spenden und Zuwendungen an einen von ihm gegründeten Verein für sich selbst verwendet haben. […] Die Polizei ermittelte seit mehreren Wochen gegen den angeblich gemeinnützigen Verein. Dessen vorgegebenes Ziel sei es gewesen, misshandelte und missbrauchte Kinder ideell und vorwiegend materiell zu unterstützen.

Polizei ersucht um Mithilfe
[…] Es wird angenommen, dass noch eine Vielzahl an getäuschten Geld- oder Sachspendern, zahlende Vereinsmitglieder und sonstige Geschädigte nicht bekannt sind. Diese werden ersucht, entsprechende Anzeigen bei der Polizei Hellmonsödt unter der Telefonnummer 059133/4335, Mailadresse [email protected] zu erstatten.

(Foto: CC Chris Carpenter)

Das Zitat wurde gekürzt, enthält aber tatsächlich alle sachdienlichen Hinweise des ORF, gegen wen die Polizei da eigentlich um Mithilfe ersucht.

PS: Hat man den Verein dann doch gefunden, ist speziell seine Medienseite spannend. Mit 30 Ausschnitten aus Zeitungen, die wohl nie so genau hinterfragt haben (Stichwort: fehlendes Spendengütesiegel), wofür sie da eigentlich die Werbetrommel rühren.

PPS: Es gilt die Unschuldsvermutung.

  • Journalism Warning Labels https://www.tomscott.com/warnings/„Geek Comedian“ Tom Scott hat Warnaufkleber für Gratiszeitungen und gegen billigen Journalismus entworfen. Die englische PDF-Druckvorlage gibt’s hier zum Download. Deutsche Twitterer haben bereits Interesse an einer Übersetzung bekundet.  (Danke @Luca für den Hinweis.)
  • Der Fall machte im Juli Riesenschlagzeilen: Sechs Stunden sei ein Tiroler Altlandeshauptmann bewusstlos und schwer verletzt in einer Tiefgarage gelegen, Passanten laut seiner Aussage in einem ORF-Interview quasi über ihn drüber gestiegen, bevor sich einer erbarmt habe. „Die Zeitungsente des Jahres“ berichtet nun dietwag.org (bekannt als Aufdeckerin des „Schwein-Sagers“ eines anderen Tiroler Altlandeshauptmanns) und wirft ein völlig neues Licht auf diesen Fall.
  • Und 669 Milliarden Euro schließlich soll laut Profil die U2-Verlängerung in Wien kosten. Wenn das mal nicht dem Häupl auf den Kopf fällt… Diese und andere Seltsamkeiten hat wie immer nömix zusammengetragen.

(Foto: m. freundl. Genehm. v. Tom Scott)