Wir lesen Zeitung
und schauen fern.


Große Zahlen anschaulich darzustellen ist nicht immer ganz einfach, das stellt der Kurier in seiner Sonntagsausgabe einmal mehr unter Beweis.

Wie sinnvoll es ist, die österreichische Milchproduktion in Volumen von deutschen Fußballstadien anzugeben, ist eine andere Frage, doch rechnen wir es durch:

3,26 Mio. Liter dividiert durch 900 ergibt 3.622 Liter. Die Allianz-Arena hat demnach ein Volumen von gut 3,6m³… Hohe und lange Bälle zählen damit wohl nicht zum Spielstil der Bayern.

Für Interessierte aus der Rubrik „unnützes Wissen“:

Die Milchproduktion betrug 2009 3.230.000 Tonnen, also ca. 3,12 Milliarden Liter. Das Volumen der Allianz-Arena schlägt Daumen mal Pi mit 2.928.300m³ (258m x 227m x 50m) zu Buche. Lässt man sie also ein wenig überschwappen, passt die jährlich in Österreich produzierte Milch knapp in das Münchner Stadion. Allerdings nur ein Mal.

Fotos: (cc) Miaers und (cc) Nathan 16. Montage: Peter Pfeiffer. Scan: Kurier vom 19.12., Seite 9.

„Falter“-Herausgeber Armin Thurnher vergleicht die Bewohner der Internetgemeinde gerne väterlich liebevoll mit Meerschweinchen („weil sie so zuverlässig auf Reize reagieren“). Ich hätte da auch einen possierlichen Nager für seine Zunft: Den Lemming.

Raimund Löw schreibt diese Woche im „Falter“ über „Die Treibjagd des Westens gegen Julian Assange“ und stellt unter anderem fest:

Mike Huckebee [sic!], ein Präsidentschaftskandidat der Republikaner, würde ihn am liebsten hinrichten lassen.

Das Geräusch, das jetzt einige vernehmen, das ist nur BILDblogger und Journalist Stefan Niggemeier, wie er an seinem Beißholz nagt. Wies er doch gestern, schon leicht verzweifelnd, zum wiederholten Mal darauf hin, dass Mike Huckabee eben nicht die Todesstrafe für Wikileaks-Gründer Julian Assange gefordert hat. Sondern, wegen Hochverrats, für jenen Maulwurf im Staatsdienst, der die Informationen an Wikileaks weitergab.

Immerhin befindet sich der „Falter“ in bester Gesellschaft: AFP, dpa, FAZ, Spiegel und sogar die New York Times haben die Ente auch geschluckt gedruckt.

Als Anzeichen einer möglichen Verschwörung gegen Assange führt Löw übrigens u.a. an:

Bei seinen Reisen fühlt er sich beschattet, Gepäcksstücke verschwinden auf mysteriöse Weise.

Da kann ich Julian Assange beruhigen: es wäre weitaus verdächtiger, wäre auf seinen zahllosen Reisen nie ein Gepäcksstück mysteriös verschwunden.

www.oe24.at, Schulbegehren zu WerbezweckenDass „Österreich“ gerne im rechtlichen und ethischen Graubereich agiert, ist nichts Neues. Nun nützt die Zeitung die aktuelle Bildungsdebatte, um für Werbezwecke an die persönlichen Daten ihrer LeserInnen zu gelangen.

Auf Oe24.at kann man ein auch in der Printausgabe heftig beworbenes und täuschend nahe in den Kontext des Androsch-Volksbegehrens gerücktes „Online-Schulbegehren“ unterschreiben. Während die LeserInnen über die weitere Vorgangsweise dieses Schulbegehrens (was passiert mit den Unterschriften?) im Unklaren bleiben, versteckt sich bereits im Seitentitel der Hinweis auf das eigentliche Anliegen der Zeitung. Dieser lautet  „OE24 Gewinnspiel Anmeldung“ (sic!).

Mit der „Unterschrift für die Schulreform“ gibt man zugleich das Einverständnis, dass die persönlichen Daten für Werbezwecke weiter verwendet werden dürfen. Telefonnummer, Emailadresse und Postanschrift sind dabei Pflichtfelder. Diese Einverständniserklärung versteckt sich in sogenannten AGBs, die erst durch mühevolles Scrollen voll lesbar sind:

Jeder Einsender erklärt sich einverstanden, dass seine Daten für werbliche Zwecke von ÖSTERREICH und oe24.at, insbesondere für die Unterbreitung interessanter Angebote per Telefon oder E-Mail, genutzt werden können oder ihm ein ÖSTERREICH Gratis-Testabo zugesandt werden kann.

Grobe Bedenken gegen diese neue Variante der KundInnen-Keilerei äußerte auf meine Anfrage die Abteilung Konsumentenschutz der AK Wien, die im Fall von Beschwerden weitere Schritte einleiten will.

Danke an Herbert Sasshofer für den Hinweis!

Update: Der Seitentitel wurde inzwischen auf „OE24 Schul-Begehren“ geändert. ABGs sind entfernt. Nur der Link gibt noch Anlass zur Skepsis: https://app.oe24.at/oe24win/schul-begehren.do?do=authenticate

Damit hier auch Klatsch & Tratsch nicht zu kurz kommt, ein kleines Schmankerl aus dem Seitenblicke-Magazin:

www.seitenblicke.at, 9.12.2010

Links der falsche Ronaldo, rechts der richtige (nach Korrektur).

In einem Beitrag über den brasilianischen Fußball-Stars Ronaldo, der per Vaterschaftstest zum vierfachen Vater wurde, unterlag man einer Verwechslung mit dem portugiesischen Kicker-Star Cristiano Ronaldo (der seine Vaterfreuden ebenfalls twitterte). Übrigens kein Einzelfall. Der Fehler wurde mittlerweile korrigiert.

Danke Thomas für den Hinweis!

Während der „ZIB 24“ am 7.12. war die technische Abteilung anscheinend schon in Feiertagslaune: So wurde Hanno Settele, der sich visuell ohnehin stark vom Hintergrund abhob, kurzerhand vom Kapitol …

… ins US-Außenministerium gebeamt,

wo er anschließend als dessen Kommunikationschef  auftrat,

bevor er und das untere Drittel Washingstons komplett verschwanden.

Als wäre der Bluescreen nicht schon genug beansprucht worden, ging die magische Reise kurz darauf mit  Andreas Schleicher, dem Erfinder der PISA-Studie, weiter:

Das brachte den Hintergrund kurz zum kompletten Zusammenbruch,

als plötzlich Hanno Settele (in seiner Rolle als Kommunikationschef des US-Außenministeriums) wieder auftauchte:

Das war allerdings nur ein kurzes Aufbäumen, es folgte der endgültige Tod:

Der Vollständigkeit halber sollte allerdings erwähnt werden, dass man es dann doch noch schaffte, Andreas Schleicher das letzte Drittel seines Interviews vors Kapitol zu setzen.

Rechnen mit Österreich Foto

Dass Rechnen nicht immer einfach ist, haben auch schon andere Medien bewiesen.

(Danke für den Hinweis und das Foto von Stefan.)

Der Legende nach überdachte mancher schon den illegalen Betrieb seines Empfangsgeräts, wenn Armin Wolf ihm tief in seine Augen blickte. Zu Recht ist die “Zeit im Bild 2” eines der renommiertesten öffentlich-rechtlichen Feigenbl… Aushängeschilder des ORF.

Doch wenn im Opener die erste der drei Schlagzeilen das „verrückt spielende“ Wetter ist (unglaublich: es schneit in Teilen Europas. Im Dezember! Und in wärmeren Regionen stürmt und regnet es. Zur selben Zeit! Lou Lorenz-Dittlbacher: „Ist das schon der Klimawandel?“);

wenn die dritte Top-Meldung ein Zweieinhalb-Minuten-Bericht über ein eineinhalbminütiges Sexvideo aus der Wiener U-Bahn ist (den öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllt ein schwarzer Balken, während die Redaktion zum dritten(!) Mal den feinen Witz vom „öffentlichen Verkehr“ in Stellung bringt);

und wenn dann zwischen Wetter und Porno der Minister kommt — dann ist das einer dieser Tage, an denen man sich besser gleich zu Beginn der Sendung vom Publikum auf 3sat verabschiedet hätte.

Der nächste PISA-Schock: Österreichs Medien versagen in der Kernkompetenz „sinnerfassendes Lesen und korrekte Wiedergabe einer Studie“…

Die Presse zeigt eine APA-Grafik (s. rechts), in der Mexiko konsequent auf Platz 35 von 34 OECD-Staaten ausgewiesen wird. (Die APA hat in allen drei Ranglisten die Zeile „OECD-Schnitt“ als eigenen Staat mitgezählt.)

Ähnlich erstaunlich, die „Daten & Fakten“ der Kronen Zeitung:

Der Test umfasste 101 Aufgaben, davon 102 aus der Hauptdomäne Lesen, 36 aus Mathematik und 53 aus Naturwissenschaft.

In Wahrheit waren es insgesamt 191 verschiedene Aufgaben. Aber auch diese Zahl ist grob irreführend, da die Schüler jeweils nur einen Bruchteil davon in ihren unterschiedlichen Testheften vorfanden.

Die OÖN berichten:

Den 31-OECD-Staaten [sic!] haben sich mittlerweile 34 Partner-Länder für die Studie angeschlossen.

Und:

Österreichs Schüler sind dabei von Platz 16 auf 39 aus dem Mittelfeld ins hintere Drittel abgestürzt, knapp vor der Türkei, Chile und Mexiko.

Es ist genau umgekehrt: 34 OECD-Staaten und 31 Partnerländer haben am Test teilgenommen. 65 Nationen also insgesamt. Das „hintere Drittel“ begänne demzufolge bei Platz 44 — da muss die 39 noch ein bisschen abstürzen.

Nach der PISA-Auswertung kursieren ja immer zwei Ranglisten: Jene der OECD-Staaten und eine etwa doppelt so lange, die alle teilnehmenden Länder umfasst. Die OÖN haben oben, ebenso wie HEUTE und Wiener Zeitung, unseren OECD-Rang 2006 mit jenem unter allen Ländern 2009 verglichen, wodurch Österreichs ohnehin schlimmer Absturz noch mal um ein paar Plätze dramatischer wirkt.

Als Entschädigung für den unzulässigen Vergleich zieht die Wiener Zeitung immerhin drei Plätze ab und verfehlt damit sowohl die korrekte OECD 31 als auch die 39, die wir im gesamten Testfeld einnehmen:

Besonders tief ist der Fall beim Lesen, auf dem der Schwerpunkt des Tests lag: Von Platz 16 auf Platz 36.

Und wenn Österreich scheitert, ist „Österreich“ ganz vorne (auf dem Titel) mit dabei:

PISA-Test: Österreich ist Letzter in der EU
[…] Unter allen EU-Staaten, die von PISA getestet wurden, liegt Österreich an letzter Stelle.

… wenn man mal von Litauen, Bulgarien und Rumänien absieht, die hinter uns liegen.

Und dann wären da noch jene ungezählten Seelen, die PISA immer noch für eine Stadt in Italien halten, und auch so schreiben

[Update] Facebook-User Daniel K. hat in einem PISA-Bericht der Krone diesen sehr speziellen Lese(r)test gefunden, den wir euch nicht vorenthalten möchten:


(Danke Josef B. fürs Weiterleiten.)

Wie würdet ihr diesen WikiLeaks-Tweet interpretieren?

Drei Antwortmöglichkeiten:

  1. „Die heutige Aktion gegen unseren Chefredakteur Julian Assange wird unsere Arbeit nicht beeinträchtigen“, kündigten die Aktivisten über den Online-Dienst Twitter an. Die nächste Veröffentlichung geheimer Dokumente des US-Außenministeriums werde sogar noch mehr Papiere als üblich enthalten.
  2. „Die heutige Aktion gegen unseren Chefredakteur Julian Assange wird unsere Arbeit nicht beeinträchtigen. Wir werden heute Nacht mehr Botschaftsdepeschen veröffentlichen als normal.“
  3. „Die heutigen Maßnahmen gegen unseren Chefredakteur Julian Assange werden unseren Betrieb nicht beeinflussen. Wir werden wie üblich heute Nacht weitere Botschaftsdepeschen veröffentlichen.“

Die Auflösung:

Antwort 1 stammt von ORF.at und (interessanterweise wortgleich, obwohl ein Hinweis auf eine Agenturmeldung fehlt) Kleiner Zeitung.
Antwort 2 hat sich Spiegel Online ausgedacht (wurde bereits korrigiert).
Antwort 3 stammt vom BILDblog – und ist die richtige Antwort.