Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Für Österreich besteht durch die Unfälle bzw. Störfälle in Japans Atomkraftwerken keine Gefahr durch eine „Atom-Wolke“ – darüber sind sich ExpertInnen sowie zahlreiche Medien Österreichs einig. Auch Umweltminister Nikolaus Berlakovich erklärte in einer OTS-Aussendung, dass Österreich nicht gefährdet sei. Einer etwas anderen Meinung ist man da bei „Österreich“:

Eine Gefahr soll demnach schon jetzt (!) bestehen:

Fischstäbchen könnten schon kontaminiert sein. (..) Auch Nahrungsmittel wie Obst, Gemüse oder Reis aus der Region Südostasien, die nach Österreich importiert werden, sollte man in der nächsten Zeit meiden.

In einem Gespräch mit DerStandard.at verneinen ExpertInnen des Gesundheitsministeriums derzeitige (!) Gefahren durch Nahrungsmittel:

Da der Import so gut wie immer per Schiff erfolgt und Tage dauert, sind alle Produkte, die jetzt in Österreich erhältlich sind, unverseucht.

Also: Obst, Gemüse und Reis – sowie die beliebten Fischstäbchen – können nach wie vor ohne Gefahren genossen werden.

(Via Ingrid Brodnig.)

Die Wege der Atomwolke sind etwas verwirrend für die Redaktion von „Österreich“ – was aber nicht an den Wetterbedingungen und dem drehenden Wind liegen dürfte. In einem Info-Kasten der Printausgabe vom 14. 3. soll erklärt werden, in welche Richtung die Atomwolke in den nächsten Tagen ziehen könnte:

Wenn der Super-GAU am heutigen Montag passiert, zieht die verseuchte Wolke nach Westen in Richtung Pazifik.

Der Pazifik liegt aber bekanntlich im Osten von Japan –  wie auch ein Blick auf die im gleichen Info-Kasten darüber abgebildete Grafik beweist. Der Wind aus dem Westen treibt die Wolke also in Richtung Osten

Ein paar Seiten weiter ist die Frage, in welche Richtung es nach Osten geht, noch immer nicht geklärt:

Die Wolke zieht aus jetziger Sicht nach Westen und damit in Richtung Hawaii. 

Auch mit dem Osten hat „Österreich“ Schwierigkeiten:

Thailand liegt im Osten von Japan und ist deshalb derzeit nicht in Gefahr.

Update: Zur Herkunft der Atomwolken-Grafik.

(Scans: “Österreich” Gratisausgabe, Montag 14. 3. 2011)

Danke für den Hinweis an Michael R.

Man könnte sich den Gedankengang des Verfassers beim Schreiben dieses Artikels wie folgt vorstellen:

Demo in Sarajevo… Wo liegt Sarajevo? Klingt irgendwie slawisch… Irgendwas am Balkan… In Kroatien war ich letzten Sommer im Urlaub… In der kroatischen Hauptstadt Sarajewo…

Die Hauptstadt von Kroatien ist Zagreb; Sarajevo ist die Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina.

In einem Artikel zum Erdbeben in Japan verlinkt ORF.at You-Tube Video. Blöd nur, dass es nicht Japan, sondern das Erdbeben in Neuseeland im Dezember zeigt. Um das zu sehen, muss man kein Experte sein:

Hinweis Nr. 1: Police statt 警察?
Screenshot Police

Hinweis Nr. 2: Eine Kirche, in Japan?
Screenshot der Kirche

Die irgendwie auch stark dieser Kirche ähnelt, die in Christchurch steht:

Foto (cc) Helmut Pfau.

Danke für den Hinweis an Helmut Decker.

Österreich“ und Krone.tv zeigen das Video eines spektakulären, neuen Naturphänomens: Wellen frieren derzeit an der kanadischen Ostküste ein. Seltsam nur, dass der gezeigte Videoausschnitt aus einem Video stammt, das schon 2007 bei YouTube hochgeladen wurde, also nicht ganz so aktuell ist:

„Österreich“ hat das Video von einer Frau neu einsprechen lassen. Aktuell ist es dennoch nicht. Auch wenn es in Neufundland derzeit Minus-Grade hat.

Danke für den Hinweis von Oliver Ritter.

Rapid-Fans trauten ihren Augen nicht, als sie am 18. Februar in „Österreich“ über „Pacults brutale Abrechnung“ im Rahmen einer Podiumsdiskussion lasen. Daniel Mandl, der als Redakteur des Austrian Soccer Boards an der Podiumsdiskussion teilnahm, hat den Bericht kommentiert:

In jedem einzelnen Absatz des Artikels […] stehen Fehlinformationen, falsche Zitate oder einfach nur populistisches Gezeter, um Auflage und Sensationsgeilheit des Lesers zu erhöhen

Der SK Rapid bestätigt diese Aussage in einer Stellungnahme. Laut Mandl schreibt der Artikel Peter Pacult Zitate zu, die in Wahrheit von Journalisten und Diskussionsteilnehmern als Fragen an den Rapid-Trainer gestellt wurden. Er schreibt in einem Email an Kobuk:

Dass zwei Transferperioden verschlafen wurden und dass Außenverteidigerpositionen eine Zumutung sind, habe ICH gesagt. Der Dober-Sager kommt auch von mir, allerdings ebenfalls falsch zitiert. Dass Katzer ‚desorientiert’ sei, fiel nie, das haben sie sich einfach aus den Fingern gesogen.

Laut Diskussionsteilnehmern sei Pacult sehr ruhig und entspannt gewesen. Ganz anders liest sich das bei  „Österreich“, wo von „brutaler Abrechnung“, „Wut-Protokoll“, „verbalen Watschen“ und „Rundumschlag“ die Rede ist. Passend dazu die Illustration des schreienden Rapid-Trainers.

Danke Alexander N., Michael S. und Arnold P. für die Hinweise sowie Daniel Mandl für die Informationen.

PS: Kobuk hat für diesen Artikel ein bisschen länger gebraucht – aber sportlich sind wir eben noch nicht die Schnellsten!

naugh|ty [ˈnɔːtɪ]
engl.: unartig, ungezogen; a naughty
boy: ein Schlingel/böser Junge

Redaktionssysteme können tückisch sein. Manche benennen beim Upload jede Datei automatisch in eine nichtssagende Buchstaben-/Zahlenkombination um, andere behalten den ursprünglichen Dateinamen bei. Und plötzlich — ein medienhistorisch ziemlich einmaliger Moment — sagt ein Wort mehr als tausend Bilder:

(Das Video zeigt ein Interview mit dem Feldkircher Bürgermeister Wilfried Berchtold, der seine ehem. Geliebte zu nicht-einvernehmlichem Verkehr gezwungen haben soll, aber am Samstag in erster Instanz, und im Zweifel, vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden war.)

Mittlerweile wurde der Artikel umgestaltet und das Video unter neuem Namen in einen anderen Bericht ausgelagert. Hier ist aber (noch) die „naughty“ Variante abrufbar.

(Danke für den Hinweis und Screenshot an Markus W.)

Update: Das Originalvideo wurde nun endgültig vom ORF-Server entfernt.

Update 8. März: Der ORF hat uns gebeten, folgende Stellungnahme zu veröffentlichen:

Wir bedauern, dass eine intern geglaubte Bezeichnung online gegangen ist.

Seitens der diensthabenden Online-Redakteurin wurde am vergangenen Freitag diese Bezeichnung als unverwechselbare i n t e r n e Arbeitsbezeichnung für ein Videofile gewählt. Dieser Name war nicht für die Veröffentlichung bestimmt. Der Apple Quicktime Player zieht jedoch automatisch die Dateibezeichnung in die Titelleiste hinauf und macht die Bezeichnung damit für die Apple User sichtbar, was der jungen Redakteurin bis dahin nicht bewusst war. Da die Redaktion den MicrosoftPlayer verwendet, war die Titelbezeichnung im Haus selbst nicht sichtbar und ist auch nicht aufgefallen. Ca. eine Stunde, nachdem das File und für Apple User auch die Titelleiste online waren, ist die Online-Redaktion durch einen User auf diese Situation aufmerksam gemacht worden. Daraufhin hat die Redaktion das Video umgehend offline gestellt, neu beschriftet und wieder online gestellt. Die ORF-Technik hat am Sonntag auch den offline gestellten Link gelöscht.

Es bestand zu keiner Zeit die Absicht den Bürgermeister zu verunglimpfen.

Doktor Guttenberg kann’s nicht lassen. Selbst Teile seiner Rücktrittsrede soll er geklaut haben, ausgerechnet aus einem Star Trek-Film, behauptet Peter Pelinka in seiner „Heute“-Kolumne:

Apropos Plagiat: „Ich war immer bereit zu kämpfen, aber ich habe die Grenzen meiner Kräfte erreicht.“ (Abschiedsrede Guttenberg). Zitat Captain Kirk, Star Trek II: „Ich war immer bereit zu kämpfen, aber ich habe die Grenzen meiner Kräfte erreicht.“

Und stellt sich selber, nicht ohne Seitenhieb, selbstbewusst über den Ex-Doktor:

Wurde auf Facebook entdeckt, nicht von mir. Ich zitiere Quellen korrekt.



Nun ist aber die Quellenangabe „wurde auf Facebook entdeckt“ ungefähr so korrekt wie „hab ich in der Unibibliothek gefunden“, das sollte ein Dr. und Publizistik-Lehrender eigentlich wissen.

Und was nützt das korrekte Zitat, wenn es die Quelle nicht ist? Daher haben Doktorväter aller Zeiten und Journalistenväter alter(?) Zeiten vor das Zitat die Prüfung der Zitierfähigkeit gesetzt, also ob die Quelle den Ansprüchen genügt und glaubwürdig ist. Möchte man sich doch die Peinlichkeit ersparen, etwa öffentlich einem Hoax — einem Internetschwindel aufgesessen zu sein. Wie im Fall des genussvoll dargebrachten angeblichen Star Trek-Zitats, dessen Genese der Journalist Daniel Bröckerhoff ausführlich in seinem Blog dokumentiert hat:

(Mit Dank an Christoph A. und Tanja T. für den Hinweis)

[Update] Auch andere haben freundliche Hinweisgeber, wie es scheint. So folgt heute prompt die Korrektur, mit doppelt angekratztem Reno(m)mee:

P.S.: Die von mir gestern aus diversen Online-Foren zitierte Parallele zwischen einem Zitat von Guttenberg und einem von Captain Kirk war getürkt. Allein, dass sie stundenlang ernsthaft und nicht satirisch kolportiert wurde, spricht aber für ihre — böse — Güte. Und gegen Guttenbergs ziemlich angekratztes Renomee [sic!].

„In einem Artikel zur Plagiatsaffäre zu plagiieren, ist ein bisserl keck“, sagt Armin Wolf und gibt gleichzeitig den Hinweis zu diesem Artikel. „Ein bisserl keck“ ist da vielleicht ein bisserl untertrieben, gerade in diesem Zusammenhang.

Am Sonntag veröffentlicht die Süddeutsche ein Portrait zu Guttenbergs Doktorvater Peter Häberle. (Der Autor ist klar erkenntlich, eine Agenturmeldung ist daher ausgeschlossen.) Am Dienstag erscheint zum gleichen Thema ein Artikel auf DiePresse.com, am Mittwoch erscheint er auch in der Printausgabe. Das Blatt titelt „Der naive Professor“. Die beiden Artikel sind nicht völlig ident, aber ob hier gänzlich unabhängig voneinander recherchiert wurde, kann bezweifelt werden.

Aber urteilen Sie selbst:

Die Presse schreibt:

Der Lehrstuhl in Bayreuth ist eine Kaderschmiede für Staatswissenschaftler, Verfassungsrechtler, Sozialwissenschaftler und Rechtsphilosophen. Häberles Lehren werden von Verfassungsgerichten in Europa, in Japan und Lateinamerika mit Ehrfurcht zitiert

In der Süddeutschen steht:

Der Lehrstuhl in Bayreuth war eine Kaderschmiede für Staatswissenschaftler, Verfassungsrechtler, Sozialwissenschaftler und Rechtsphilosophen.(…) Seine Lehren werden von den Verfassungsgerichten in Europa, in Japan und Lateinamerika fast mit Ehrfurcht zitiert.

Dann wieder die Presse:

Er lädt sie zu sich ein, er diskutiert mit ihnen mit enthusiastischer Ernsthaftigkeit, er macht sie zu seinen geistigen Partnern. Dass einer von ihnen gegen die Grundregeln wissenschaftlichen Arbeitens verstoßen könnte, auf so einen Gedanken ist Häberle nie gekommen.

Das Gegenstück dazu in der Süddeutschen:

Trotz seiner vielen Auszeichnungen nahm sich Häberle stets Zeit für seine Studenten, lud sie sogar zu sich nach Hause ein, um mit ihnen zu diskutieren. Dass einer von ihnen gegen die Grundregeln wissenschaftlichen Arbeitens verstoßen könnte, kam ihm nie in den Sinn.

Immerhin wurde nicht der ganze Artikel abgeschrieben. Laut Süddeutscher ist Peter Häberle 77 Jahre alt, laut „Presse“ 76. Recht hat die „Presse“. Seinen 77. Geburtstag feiert Peter Häberle am 13. Mai.

Wer findet den durchaus bezeichnenden Unterschied zwischen ARD und ORF?
Hier ein Standbild des ARD-Vorentscheids mit dem Siegertitel von Lena:

Und hier ein Foto vom gestrigen ORF-Vorentscheid mit dem Siegertitel von Nadine Beiler:

Gratulation an Nadine und Lösungsvorschläge bitte in den Kommentaren…