NEWS.at hat am Montag einen bemerkenswert kritischen Artikel über Raiffeisen veröffentlicht. Wenige Stunden später war dieser aber nicht mehr auffindbar. Der Autor bestätigte uns gegenüber nur, dass der Artikel online war, wollte jedoch keine weitere Stellungnahme abgeben. Laut einem Verlagsinsider, der ungenannt bleiben möchte, wurde der Artikel nach einer Intervention der NEWS-Verlagsleitung bei der Chefredaktion entfernt. Der NEWS-Verlag steht zu 25,3 % im Eigentum von Raiffeisen/Kurier.
Machtfaktor Raiffeisen
Wie konnte aus einer kleinen Selbsthilfegruppe verarmter Landwirte die mächtigste und größte Firmengruppe des Landes werden? Dieser Frage gingen die Autoren Lutz Holzinger und Clemens Staudinger in ihrem „Schwarzbuch Raiffeisen“ nach und trugen dabei akribisch Informationen über den Großkonzern zusammen, die diesen nicht immer im besten Licht darstellen. NEWS.AT sprach mit den Autoren über ihr Buch und Raiffeisen.
In dem Beitrag (hier eine gerettete Textversion) wurden die Machtstrukturen von Raiffeisen beleuchtet. Quasi-Monopole zum Nachteil von Produzenten und Konsumenten, öffentlich kaum beachteter Einfluss auf bekannte Unternehmen, Verflechtungen mit Medien und Politik. Bis hin zu Tricks, die der Bank eine sagenhafte Steuerquote von tlw. nur 1 % bescheren, indem sie die Steuerzahler für Expansionsverluste im Ausland mitzahlen lässt.
Vom neuen Raiffeisen-Chef Erwin Hameseder ist übrigens im Monatsmagazin „Datum“ dieses Zitat überliefert:
Ein Eingreifen direkt bei den Redakteuren gibt es bei mir nicht, das hat auch Christian Konrad nicht gemacht. Ich spreche mit den Führungspersonen, also Herausgebern und Chefredakteuren. Die gehen dann damit um.
Update:
Die APA hat sich der Sache angenommen und auch Axel Bogocz, den Geschäftsführer von News-Verlag und News.at, erreicht (hier der Artikel in der „Presse“). Der Artikel sei gelöscht worden, weil er „unseren journalistischen Standards nicht genügt“ habe:
Wenn man den Autoren von ‚Schwarzbuch Raiffeisen‘ so viel Platz für ihre Thesen zum Unternehmen Raiffeisen einräumt, gebietet es die journalistische Fairness, auch einmal die Standpunkte der Raiffeisen dazu zu hören.
Warum man der Raiffeisen nicht in einem zweiten Interview Möglichkeit gegeben hat, ihren Standpunkten Gehör zu verschaffen, anstatt das erste Interview zu löschen, erläuterte Bogocz nicht. Warum sich statt der Chefredaktion die Verlagsleitung um die Einhaltung journalistischer Standards kümmert, ebensowenig. Falter-Chefredakteur Florian Klenk dazu auf Twitter:
Axel Bogocz ist jetzt offenbar Chefredakteur von News.at. Er enstcheidet, was berichtet wird. Früher hätte da ein Medienkonzern gestreikt
— Florian Klenk (@florianklenk) June 25, 2013