Man muss das Problem der Kronen Zeitung schon verstehen. Echte Fotos vom drohenden Bürgerkrieg in Ägypten geben einfach zu wenig her. So ein Muslimbruder, der muss die „Krone“-Leser anspringen wie die schreiende Katze in einem schlechten Hollywood-Schocker:
Nein, den Vertikalhinweis in Mikroschrift lassen wir nicht gelten. Fotomontage-Hinweise, die schlechter erkennbar sind als die Manipulation, verfehlen ihren Zweck. Und ja, die Montage ist schlecht, aber sie erzielt einen gewünschten Effekt.
Dabei hatten wir doch erst letzten Sommer die schöne Syrien-Montage, mit der die „Krone“ weltweit Wellen schlug:
Davor den Kopf des Golf-Millionärs, dem die „Krone“ einen neuen Körper verpasste:
Im Vergleich fast harmlos, das Foto vom Panzerwagen, das vier Jahre später einer Hausräumung in Wien zugeschrieben wurde:
Königin Beatrix, die — plötzlich zehn Jahre jünger — scheinbar vor der Innsbrucker Uniklinik stand:
Die Hunde-Schockbilder aus der Ukraine, die von überall her kamen, nur nicht aus der Ukraine:
Der vermummte Student, der laut „Krone“ die Uni-Wände mit Parolen besprühte:
Ein Demonstrant, der fürs Titelblatt ein bisschen aggressiver an die Polizei herangerückt wurde:
Und viele viele mehr. Wir haben hier sicher nicht einmal die Spitze des Eisbergs angeschmolzen. Für das letzte Bild hat sich die „Krone“ — damals noch unter dem alten Dichand — übrigens so entschuldigt:
Durch ein äußerst bedauerliches Missverständnis wurde das ursprünglich querformatige Bild spätnachts reprotechnisch so verzerrt, dass der Demonstrant etwas näher bei der Polizei zu stehen schien, als dies tatsächlich der Fall war (rechts). Diese Montage geschah ohne Wissen der Chefredaktion. Wir bedauern diese technische Panne außerordentlich.
„Technische Panne“, klar.
Zwölf Jahre später, nachdem die Syrien-Fälschung aufgeflogen ist, kennt der junge Dichand solche Scham nicht mehr. Für ihn fehlte offenbar nur ein kaum lesbarer Alibi-Hinweis:
Während wir die Copyrights beider Fotos korrekt angegeben haben, fehlte leider der Hinweis darauf, dass es sich eben um das journalistische Stilmittel einer Fotomontage handelt. Wir entschuldigen uns für dieses Versäumnis.
Dieses Statement vom Herausgeber der größten Tageszeitung Österreichs hätte einen größeren Aufschrei verdient als die Fotomontage selbst. Denn das Problem ist nicht wie gut oder schlecht eine Manipulation erkennbar ist, sondern:
Wer das Lügen mit Bildern zum „journalistischen Stilmittel“ erklärt, dem ist in der Berichterstattung jede Verfälschung zuzutrauen.
6 Kommentar(e)
in gewisser weise ists ja dann auch ne lüge wenn man die hundegeschichte in der ukraine aufgrund einiger „gefälschter“ bilder negiert… gratuliere zum „Heute“-Niveau
@nelly: [Gelöscht, bitte nochmal eine klitzekleine Spur freundlicher versuchen. hk]
ohne den hans kirchmeyr persönlich anzuprangern: es darf hier eben nicht für den anderen gelten, was für einen selber gilt…
https://kobuk.at/2011/12/wenn-die-ukraine-hunde-toetet-stirbt-bei-uns-die-wahrheit/
der „prolog“ des artikels ist mindestns genauso polemisierend und manipulierend wie eine „krone“-reißermeldung mit oder ohne bild-nachbearbeitung. m.e. bedeuten eine vorurteilsmotivierte fehlhaltung gegenüber lebensrechten von nicht-menschlichen lebewesen oder verniedlichung der ausrottungsmaßnahmen vor allen im (ehemaligen) politischen osten eine gleichstellung mit dem befürworten ethnischer säuberungen unter menschenvölkern. davon ungeachtet ist die verwendung von „symbolbildern“ und auch „fotomontagen“ ein durchaus legitimes journalistisches stilmittel, das von der presse sehr wohl seit jeher verwendet. jene bildjournalisten, die noch vor beginn des digitalen zeitalters mit dem belichteten film selber in der dunkelkammer standen, werden sicherinnern können, daß allein schon der belichtungsfaktor maßgeblich mitverantwortlich dafür war, ob das fertige bild beim betrachter positive oder negative stimmungen erweckte. selbst gerichtszeichner „manipulieren“ mit oder ohne absicht bei der wiedergabe ihrer eindrücke. da scheint wohl heute einiges nicht gelehrt oder aufgenommen zu werden.
@Leopold Kinast
Der Prolog im genannten Artikel war kein Absprechen der Lebensrechte von unerwünschten Lebewesen — es war die Darstellung einer Sichtweise der betroffenen Menschen, die man kennen MUSS, wenn man die Problematik ernsthaft verstehen und ihre Ursachen wirksam an der Wurzel bekämpfen will. Wir werden das Thema jetzt aber nicht neu aufrollen hier.
Und nein, für den Normalbetrachter praktisch ungekennzeichnete Fotomontagen und Symbolbilder sind keine legitimen journalistischen Stilmittel. Selbst bei deutlicher Kennzeichnung ist ihr Einsatz i.d.R hochproblematisch, weil solche Bilder kaum mit dem höchsten journalistischen Grundsatz der Wahrhaftigkeit vereinbar sind. Ich denke nicht, dass mir jemand im Guardian oder der New York Times einen der „Krone“ ähnlichen Einsatz dieser „Stilmittel“ belegen kann, ohne dass dies ernste interne Konsequenzen nach sich gezogen hätte.
Und natürlich sind Bilder immer ein mehr oder weniger manipulativer Ausschnitt der Wirklichkeit. Gerade deshalb sollten wir größtmögliche Authentizität anstreben und nicht, weil’s ja eh schon egal ist, den Fälschern und Photoshoppern kampflos das Feld überlassen.
Die „Krone“ und „Heute“ scheinen nichts dazugelernt zu haben.
Beide verwendeten im Kontext zur rumänischen Gesetzesvorlage für eine Beseitigung von Streunern Fotos aus dem ukrainischen Tierheim Gostomel:
https://www.krone.at/Tierecke/Appell_an_Rumaenien_Toetet_die_Streuner_nicht!-Tierschuetzer_erbost-Story-375206
(diese Hündin lebt längst bei ihren neuen Besitzern, die darum gebeten haben, dieses Foto nicht mehr öffentlich zu verwenden)
https://www.heute.at/news/welt/art23661,922249#CommentAnchor
(vor allem die Bildunterschrift wirkt so passend)
Erfreulicherweise gelingt es trotzdem Organisationen und engagierten Einzelpersonen, die Wahrheit aus den unterschiedlichsten Quellen zu filtern, wie z.B.: https://newsletter.aerztefuertiere.de/InternetNewsletter.php?hf=174F81EB2EF94DB0.htm&utf8=1&