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Das Gratisblatt „Österreich“ behauptet, in Klagenfurt würden sich Flüchtlinge gezielt vor Autos werfen, um anschließend Schmerzengeld zu fordern. Das Klagenfurter Bezirksgericht weiß davon aber nichts.
flüchtlinge-österreich
In dem Artikel vom 21. März ist die Rede von einer „irren Serie“, in der bereits zum vierten Mal ein junger Flüchtling absichtlich vor ein Auto gesprungen sein soll. Die Polizei hat da aber ganz andere Infos: Zwar gab es im März einige Fälle, in denen Menschen vor Autos liefen. Markus Dexl von der Landespolizeidirektion Kärnten sagt dazu aber: „Ein Zusammenhang zwischen diesen Fällen lässt sich nach derzeitigem Ermittlungsstand nicht herstellen.“

Außerdem weiß man nur in einem Fall sicher, dass es um einen Flüchtling geht. Von den anderen ist die Identität nicht bekannt, sie fallen aber offenbar in die Kategorie des „südländischen Typus“. Da jedenfalls nur von diesem einen Asylwerber die Identität bekannt ist, könnte also auch nur er vor Gericht Schmerzengeld fordern. Beim Bezirksgericht Klagenfurt sind zur Zeit allerdings keine derartigen Klagen anhängig, wie Richterin Martina Löbel auf Nachfrage erklärt.

„Österreich“ schreibt: „Es wird spekuliert, dass die ‚Opfer‘ zu Schmerzengeld kommen möchten.“ „Es wird spekuliert“ ist eine raffinierte Formulierung, denn so vermeidet das Boulevardblatt zu benennen, wer da eigentlich spekuliert. Offenbar nämlich zuerst die Kronen Zeitung in einem Artikel vom 7. März, und jetzt vor allem es selbst. Markus Dexl von der Landespolizeidirektion Kärnten meint dazu: „Seitens der Polizei wurde diese Spekulation nie in den Raum gestellt. Die zuständigen Polizeiinspektionen haben die Anzeigen entgegengenommen und die Ermittlungen, wie gesetzlich vorgesehen, eingeleitet.“

Update: Die Kärntner Kronen Zeitung berichtete als erstes von den Vorfällen und stellte die Spekulationen in den Raum. Vielen Dank an unsere Leser, die uns darauf aufmerksam gemacht haben.

Der Presse zufolge haben Österreicher kaum noch Durst, denn: „Kaum jemand trinkt noch Leitungswasser (…) Leitungswasser, das in Österreich höchste Qualität hat, hat praktisch ausgedient“. Abgelöst hat es angeblich das Mineralwasser. Diesen Unfug schreibt zumindest das Qualitätsmedium.

Artikel


Eigentlich geht es in dem Artikel hauptsächlich um das Geschäft von Mineralwasserherstellern, also um ein ziemlich langweiliges Thema. Um zu verhindern, dass die Leser reihenweise einschlafen oder die Zeitung ins Altpapier werfen, hat die Presse also offenbar nach einer steilen These gesucht. Besonders intensiv hat man sich aber keine Gedanken gemacht, denn schon anhand der eigenen Grafik wird klar, was für ein Unsinn diese Behauptung ist:

mineralwasser

Zwei Dinge sieht man: Erstens, der durchschnittliche Mineralwasserverbrauch ist in den letzten zehn Jahren fast gleich geblieben. Und zweitens: Wir trinken viel zu wenig Mineralwasser, als dass es jemals das Leitungswasser ersetzen könnte. Gerade einmal 90,6 Liter waren es pro Person im gesamten letzten Jahr. Bei 2,4 Liter Tagesbedarf reicht das Mineralwasser also für 37 Tage. Was trinken wir wohl den Rest des Jahres?

Die Konsumentenerhebung 2009/10 ergab, dass pro Kopf und Tag 0,45 Liter Mineralwasser und Säfte verbraucht werden. Dazu kommen noch Kaffee und Tee (0,44 bzw 0,35 Liter pro Tag), die es allerdings ohne Wasser auch nicht gäbe. Demzufolge ist es Irrsinn zu behaupten, dass das Leitungswasser ausgedient habe. Zur Verdeutlichung eine einfache Rechnung:

Rechnung

Es verbleiben also 1,16 Liter „Durst“ pro Tag und Kopf, den die Österreicher vermutlich großteils mit Leitungswasser löschen.

Wenn überhaupt hat das Leitungswasser bis dato also nur in der Redaktion der Presse ausgedient, und vielleicht noch in den feuchten Träumen der Mineralwasserhersteller. Im restlichen Österreich aber noch lange nicht.

Danke für den Hinweis.

titel

Die Welt lacht wieder einmal über Nordkorea. Das diktatorisch geführte Land verliert bei der U20-WM gegen Ungarn 1:5. Kim Jong-Un gefällt das gar nicht und macht daraus kurzerhand ein 98:0. So lautet jedenfalls die vermeintliche Sensation, die uns News.at, oe24.at und Kronehit verkaufen wollen.

Ausgangspunkt der Geschichte ist ein Bild, das vermutlich von der Online-Plattform „9GAG.com“ stammt, auf der vor allem lustige Bilder und Videos geteilt werden. Dort tauchte es etwa 3 Tage nach dem Match am 1. Juni auf.

9gag

Daraufhin verbreitete es sich auf den sozialen Netzwerken, von wo aus es von internationalen und heimischen Medien übernommen wurde.

Gräbt man jedoch noch tiefer, stellt sich heraus, dass das Bild bereits zwei Jahre alt ist. Auf dieser Version von 2013 fehlen die 98 Tore. Laut dem dazugehörigen Bericht handelt es sich um einen Screenshot des nordkoreanischen TVs vom 12.2.2013, auf dem ein Nachrichtensprecher über Nuklearwaffentests des Landes informiert.

This screen grab taken from North Korean TV on February 12, 2013 shows an announcer reading a statement on the country's nuclear test.  North Korea on February 12 staged its most powerful nuclear test yet, claiming a technological breakthrough with a "miniaturised" device in a striking act of defiance to global powers including its sole patron China.   AFP PHOTO / NORTH KOREAN TV           -----EDITORS NOTE --- RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT " AFP PHOTO / NORTH KOREAN TV" - NO MARKETING NO ADVERTISING CAMPAIGNS - DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS -----

This screen grab taken from North Korean TV on February 12, 2013 shows an announcer reading a statement on the country’s nuclear test. North Korea on February 12 staged its most powerful nuclear test yet, claiming a technological breakthrough with a „miniaturised“ device in a striking act of defiance to global powers including its sole patron China.

 

Das Bild scheint gut für satirische Zwecke geeignet zu sein, denn auch die Tagespresse verwendete es  bereits 2014 für einen Artikel über ein nordkoreanisches Wahlphänomen.

Auch die Krone und die Kleine Zeitung scheinen zuerst auf das Fake-Bild hineingefallen zu sein, haben ihren Fehler aber schon bemerkt und die Artikel gelöscht.

krone ohnee kleine zeitung

Dieses Beispiel zeigt wieder einmal, wie gierig sich westliche Medien auf solche irrationalen Berichte aus Nordkorea stürzen. Diese passen hervorragend in das Bild des größenwahnsinnigen Diktators, das sich so gut verkaufen lässt. Faktenkontrolle wird dabei überbewertet.

 

Am Samstag ist ein 26-jähriger Österreicher mit einem Geländewagen durch die Grazer Innenstadt gerast, hat dabei 3 Menschen getötet und viele andere teils schwer verletzt. Obwohl der steirische Landespolizeidirektor noch am selben Tag einen terroristischen Hintergrund ausgeschlossen hat, versucht die Krone auch noch am nächsten Tag, die Tat irgendwie mit Extremismus in Verbindung zu bringen. Anders als mit der Agenda, Angst in der Bevölkerung zu verbreiten, kann man das kaum erklären.

So heißt es in einem Artikel vom Sonntag:

Laut derzeitigem Ermittlungsstand ist der 26-Jährige kein Mitglied einer Fanatikergruppe, dennoch trägt sein blindwütiges Vorgehen gegen völlig unbeteiligte Passanten auch die Handschrift eines Terroristen. Bei vielen „Krone“Lesern und Usern blieb so der schreckliche Gedanke: „Und wenn es doch Terror war und ‚die‘ uns nur beruhigen wollen…?“

Die Krone übertrifft sich hier selbst und nimmt ihren Lesern vorweg, was sie zu denken haben. Trotz eindeutiger Aussagen der Polizei muss so ein Verbrechen in der Welt der Krone offenbar im Zusammenhang mit Islamismus stehen. Hier werden vorgekaute Ressentiments in mundgerechten Häppchen für den Stammtisch serviert.

Ein weiterer Artikel aus der sonntäglichen Printausgabe:

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Die Krone stellt wirre Zusammenhänge her: Es wird Bildmaterial vom letzten Jahr verwendet, als es in Graz Razzien im Islamistenumfeld gab; der österreichische Verfassungsschutz-Direktor wird zum Charlie-Hebdo-Anschlag zitiert. Beides Themen, die nichts mit dem Grazer Amokfahrer zu tun haben. Dennoch werden sie erwähnt, um den Lesern das Gefühl zu geben, die Tat müsse einen extremistischen Hintergrund haben. Das i-Tüpfelchen ist aber der schlichtweg falsche Satz

Noch kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei dem gebürtigen Bosnier doch um einen Schläfer handelt…

Doch! Genau das wurde bereits am selben Tag vom Landespolizeidirektor ausgeschlossen. Eine solch direkte und eindeutige Aussage zu ignorieren kann man nicht als journalistische Ungenauigkeit bezeichnen. Hier muss man bewusste Tatsachenverdrehung vermuten.

Die „Krone“ argumentiert in ihrer Ausgabe vom 6. Mai mit einer Studie gegen die kürzlich von den Grünen angeregte Diskussion über eine Ringstraße der Zukunft. Bei dieser schon 2012 publizierten Studie handelt es sich um eine Veröffentlichung der KFZ-Lobby, die lediglich auf temporäre Sperren des Rings eingeht. Mit einer dauerhaften Verkehrsberuhigung, wie von der „Krone“ suggeriert, hat diese Studie nichts zu tun.

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In der Studie geht es ausschließlich um die Erhöhung der Schadstoffemissionen als Folge von vorübergehenden Straßensperren für ein bis vier Stunden, wie es bei Demos (wie z.B. jene der Plattform „Autofreie Stadt“) der Fall ist, welche die „Krone“ sehr häufig kritisiert.

In der Arbeit schätzt die Autorin die verursachten Mehremissionen, die durch Staus und Umleitungen aufgrund einer vorübergehenden Ringsperre entstehen. Dabei gelangt sie zum wenig überraschenden Ergebnis, dass es mit Sperre eines Abschnitts des Rings zu einer höheren Schadstoffbelastung kommt als ohne einer solchen Straßensperre.

Screenshot: krone.atDoch selbstverständlich würde eine Umgestaltung der Ringstraße mit einer umfangreichen Neuordnung der Verkehrsströme einhergehen und ist mit einer kurzzeitigen Straßensperre nicht vergleichbar.

Selbst die Autorin der Studie bestätigte mir gegenüber, dass für eine dauerhafte Sperre die Berechnungen mit anderen Randbedingungen durchgeführt werden müssten. Inhaltlich ist diese Studie für eine Argumentation gegen eine langfristige Umgestaltung mit einem dafür notwendigen Verkehrskonzept also völlig ungeeignet.

Laut dem „Krone“-Artikel handle es sich um zwei ExpertInnen der Technischen Universität (TU) Wien, die bereits vor Monaten sämtliche Folgen einer Sperre der Ringstrasse erhoben hätten. Die besagte Studie wurde allerdings bereits vor mittlerweile 40 Monaten veröffentlicht und kommt nicht von der TU. Der Herausgeber der Studie ist nämlich der Österreichische Verein für Kraftfahrzeugstechnik.

Bildschirmfoto 2015-05-07 um 12.52.11Der ÖVT schafft es nicht zum ersten Mal, dass über seine Studien in den österreichischen Medien prominent berichtet wird. Schon voriges Jahr haben wir aufgezeigt, wie APA, Heute & Co über eine dieser Lobbystudien berichteten, ohne dass für die Leserschaft eine journalistische Einordnung erfolgte.

Der Artikel merkt an, die Autorin der Studie würde „ganz ohne politisch motivierte Emotion“ erklären, „warum sich die Situation sicher nicht bessert“. Doch ganz im Gegenteil dazu setzt sich der ÖVK seit Jahren sehr intensiv für die Interessen der Automobilbranche ein. Der ebenfalls erwähnte achtzigjährige Hans Peter Lenz, dessen Vorsitzender, wird als „Motoren-Papst“ bezeichnet, der als Vorstand am Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik als strikter Verteidiger der Verbrennungskraftmaschine galt. Er behauptete beispielsweise auch,  dass es Tatsache sei, dass es keine vom Menschen verursachte Klimakatastrophe gäbe.

Die Krone trägt nichts zu einer demokratischen Debatte über eine umfassende Umgestaltung der Wiener Ringstraße bei. Vielmehr führt sie ihre LeserInnen absichtlich in die Irre.

Kürzlich machte eine vermeintliche Sensation in internationalen und auch österreichischen Medien die Runde. So behaupten „buzz.oe24.at“, „heute.at“, die Online-Ausgabe der „Bild“ und viele internationalen Medien, dass so mancher Bart ekliger und dreckiger als Toiletten sei. In Online-Artikeln von „Heute“ und „Bild“ ist sogar die Rede davon, dass in Bärten Spuren von Kot enthalten sei. Wie sich herausstellt, ist das Unfug.

Bart

Die Meldungen gehen auf ein Experiment des US Senders KOAT Action News 7 zurück. Dort wurden bakterielle Proben aus den Bärten von zufällig ausgewählten Männern analysiert. Laut Ergebnis wurden teilweise Bakterien, die unter anderem im Darm zu finden sind, auch in den Bart-Proben gefunden. Einige Medien setzen dann diese Bakterien mit „Spuren von Kot“ gleich. Das ist so allerdings nicht richtig.

Im Video des Senders erklärt der leitende Mikrobiologe, dass es sich hierbei um Enterobakterien handelt. Enterobakterien kommen so gut wie überall vor. Im Kot, auf dem Boden, auf der Haut, im Bart oder auf dem Gerät mit dem du diesen Artikel gerade liest. Deswegen hast du aber noch lange kein Kot auf deinem Smartphone oder Tablet. Diese Bakterien sind also allgegenwärtig und sie mit Kot gleichzusetzen, wie es zum Beispiel „Heute“ macht, ist unsinnig:

„So befinden sich Mikrobiologen zufolge im Bart eines Mannes mehr Bakterien als auf einem Klo, darunter sogar Spuren von Kot.“

Ob dieses Experiment wissenschaftlichen Kriterien standhalten würde ist fraglich. Ein Gegen-Experiment mit Proben von der Gesichtshaut von glattrasierten Personen wurde vom US-Sender KOAT Action News 7 jedenfalls nicht durchgeführt.

Diese Meldung war wohl zu saftig, um sie mit Recherche zu verderben: Einige Medien, darunter „Heute“ und „Österreich“, berichten über ein Restaurant in Nigeria, das Menschenfleisch aufgetischt haben soll. Was uns diese Medien auftischen sind allerdings keine aktuellen Nachrichten, sondern eine Falschmeldung, die noch dazu schon seit August 2013 durch Netz geistert.

Menschenfleisch Screenshot

Das erste Mal geht die Meldung im August 2013 durchs Netz. Damals überwiegend in afrikanischen Medien. Soweit sich die Quellen zurückverfolgen lassen, dürfte der nigerianische Blog „Naijazip“ der Ursprung der Meldung sein. Der Artikel ist in einem subjektiven Stil geschrieben und der Blog sagt von sich selbst, „Latest Gossip News“ zu bieten.

Ein halbes Jahr später, im Februar 2014, taucht die Story in den ersten deutschsprachigen Medien auf. Die Meldung wird eins zu eins übernommen.

Über ein weiteres Jahr später, heuer im Mai, zieht die BBC Swahili nach. Deren Artikel ist auch die Quelle für „Österreich“ und „Heute“. Mittlerweile hat die BBC den Artikel allerdings gelöscht, und kurz davor noch einen Disclaimer eingebaut (Google Translate):

BBC Swahili has confirmed that a story we published about a restaurant in Nigeria selling human flesh was not true. Police in Nigeria have denied reports that they shut down a human flesh selling restaurant.

Ein Fake also, wie man auch auf Snopes.com nachlesen kann. Es ist doch bemerkenswert, wie eine Meldung von einem nigerianischen Blog fast 2 Jahre später noch um die Welt gehen kann. Und in diesen 2 Jahren hat es sich niemand (bis auf die BBC heute) angetan, bei der nigerianischen Polizei nachzufragen, ob an der Geschichte etwas Wahres dran ist.

Mitarbeit: Thomas Hoisl

Wien hat sie schon, München will sie noch, die gleichgeschlechtlichen Ampelpärchen. Der Unterschied: Laut Krone zahlt München für dieselbe Aktion um 53.000 Euro weniger als Wien. Doch so einfach geht die Rechnung der Krone nicht auf.
krone
Was die Krone nämlich verschweigt: In München wird es deutlich weniger Ampeln geben. In Wien wurden die Ampelpärchen auf 120 Schutzwegen montiert. Das entspricht 240 Ampeln. In München sind aber zur Zeit nur 32 Ampeln mit gleichgeschlechtlicher Pärchenoptik geplant. Das bestätigt uns der zuständige Landesreferent Klaus Krämer auf Anfrage. Er schreibt:

„Die Kosten für einen „Signalbegriff“ (in diesem Fall das Rot oder das Grün) belaufen sich nach den uns vorliegenden Zahlen auf etwa 150 €. Also ca. 300 € pro Fußgängersignal (bestehend aus zwei Signalbegriffen), 600 € pro Fußgängerfurt, da immer zwei Fußgängersignale (oder 4 Signalbegriffe) vorhanden sind. So können mit 10.000 € insgesamt ungefähr 16 Fußgängerfurten ausgestattet werden, die wir über mehrere Lichtsignalanlagen verteilen wollen.“

Die Kosten für das Wiener Projekt belaufen sich auf 63.000 Euro. Das macht pro Ampel 262,50 Euro. Damit sind die Münchner Ampeln pro Stück sogar um 40 Euro teurer als die Wiener Modelle.

Einfache Rechnung:

 GesamtkostenAnzahl der AmpelnKosten pro Ampel
Wien63.000 €240262,50 €
München~10.000 €32~300 €

Es stimmt also, dass Wien mehr Geld für das Projekt ausgibt als München. Der Krone Vergleich ist aber trügerisch. Die Anzahl der Ampeln wird im Artikel kein einziges Mal erwähnt.

Am 24.03.2015 berichtet die Tageszeitung „Heute“: „Unsere Kicker schießen in Europa am präzisesten“. Österreichs Nationalmannschaft soll präziser schießen als Deutschland, Spanien, Niederlande, England und Co.. Dieser Satz scheint zu schön um wahr zu sein. Und tatsächlich: „Heute“ berichtet nur die halbe Wahrheit.

DSC_0438

Bei der Rechnung von „Heute“ handelt es sich um einen Schmäh. Die Zeitung vergleicht das Verhältnis zwischen Schüssen insgesamt und Schüssen aufs Tor. Österreich schneidet mit 48% besser ab, als alle anderen Mannschaften, die „Heute“ aufzählt (siehe Tabelle).

DSC_0438_Tabelle

Jedoch vergisst das Gratisblatt die Werte anderer europäischer Nationalteams mit ins Visier zu nehmen. Mit den Werten der UEFA(Stand 14. März 2015) und einer Excel Tabelle sieht die Welt gleich ganz anders aus. Polen, Irland, Slowakei und Rumänien schießen noch präziser als Österreich. Irland schießt mit einem Wert von 53,5% am präzisesten.

UEFA Tabelle_Ausschnitt_kurz

Abgesehen davon ist die Relevanz dieses Wertes fraglich, denn „Versuche aufs Tor“ bedeutet nicht gleichzeitig „ins Tor“. Polen erzielte mittlerweile 15 Tore, Österreich nur 5. Aussagekräftiger ist jedenfalls die Frage, wie viele Schüsse ein Team braucht, um ein Tor zu schießen (6. Spalte unserer Tabelle). Bei Österreich sind es im Schnitt 10,4 Schüsse. Und auch das ist leider ganz und gar nicht top in Europa.

 

In fast allen österreichischen Medien war zuletzt von einem dramatisch hohen Anstieg an illegal geschleppten Flüchtlingen die Rede. Bei Personen aus Syrien habe sich die Zahl von 2013 auf 2014 angeblich sogar verzehnfacht. Das Problem daran: Das stimmt so nicht.

Bildschirmfoto 2015-04-14 um 00.01.07

Die Meldungen beziehen sich auf den kürzlich veröffentlichten Schlepperbericht des Bundeskriminalamtes für das Jahr 2014. Tatsächlich unterlief der Behörde bei der Ausarbeitung des Berichtes aber wohl selbst ein Fehler.

Konkret hakt es bei den Vergleichszahlen aus 2013. Laut dem aktuellen Bericht sei die Zahl illegaler Flüchtlinge aus Syrien von 847 (2013) auf 9.083 (2014) gestiegen. Im Schlepperbericht von 2013 steht allerdings, aus Syrien seien damals nicht 847, sondern 2.959 Menschen aufgegriffen worden. Wie kommt der aktuelle Bericht also auf 847? Auch die APA roch den Braten und fragte nach:

Laut Oberst Gerald Tatzgern, Leiter des Büros für Menschenhandel und Schlepperei im BK, handelt es sich bei den Zahlen nämlich um Momentaufnahmen. Stellt sich danach heraus, dass ein Aufgegriffener etwa Staatsbürger einer anderen Nation ist, als von ihm ursprünglich angegeben, ändert das nachträglich auch die Statistik.“

Das mag plausibel klingen. Wenn man genauer hinsieht merkt man aber, dass Herr Oberst die APA offenbar an der Nase herumführte. Denn: Nicht die Statistik änderte sich, sondern das Bundeskriminalamt nahm fälschlicherweise als Vergleichszahlen des Vorjahres die Daten aus 2012, statt aus 2013. Dadurch entsteht im aktuellen Bericht ein viel rasanterer Anstieg, als er tatsächlich stattfand.

Hätte man in die Schlepperberichte der Vorjahre geschaut, wäre dieser Fehler aufgefallen.

Als Beleg hier die Zahlen aus dem Bericht von 2012 am Beispiel Syriens:

Bildschirmfoto 2015-04-14 um 00.14.11

Aus Syrien waren es im Jahr 2012 also insgesamt 847 illegal gefasste Flüchtlinge gewesen.

Die Zahlen aus dem Bericht von 2013 zeigen dann einen Anstieg von diesen 847 auf 2.959 Personen:

Bildschirmfoto 2015-04-13 um 18.27.55

Im neuen Bericht für 2014 wurden dann als Vergleichszahl für 2013 nicht die 2.959, sondern fälschlicherweise die alten Zahlen aus 2012 (847) genommen. Das Jahr 2013 wurde quasi ausgelassen:

Bildschirmfoto 2015-04-13 um 18.40.09

So kommt man im Fall Syriens auf einen immens hohen Anstieg von +972,3 Prozent bzw. das von den Medien getitelte Zehnfache. In Wahrheit wäre es, wenn man mit der richtigen Vorjahreszahl vergleicht, „nur“ ein Anstieg um 206,91 Prozent. Drei Mal so viele Menschen ist zwar immer noch viel, aber weit weniger als das behauptete Zehnfache. Der Fehler zieht sich auch bei allen anderen Ländern durch: Die Zahlen von 2014 wurden durchgehend mit jenen von 2012 vergleichen, weshalb auch eine „nachträgliche Änderungen der Statistik“ als Erklärung unglaubwürdig ist. Die Anstiege sind jedenfalls völlig verfälscht. So auch beim Kosovo, wo es keinen Anstieg von den erwähnten 262,2 Prozent gibt, sondern nur um 50 Prozent.

Der ursprüngliche Fehler liegt also beim Bundeskriminalamt. Das Innenministerium gab den Bericht schließlich heraus. Und was danach folgte ist ein Lehrbeispiel des „Wird schon passen“-Journalismus. Zuerst vertraute die APA dem Ministerium blind, und dann schrieben praktisch alle Medien von der APA ab. Copy & passt.