Wir recherchieren nach,
damit ihr nicht müsst.

Kategorie: OE24/Österreich

1. Die „Kleine Zeitung“ lässt am 25.05. in einem Bericht über Tornados in den USA vier Tote sterben:

2. Wie man solche Fehler vermeidet, zeigt die Printausgabe der „Presse“ am 29.05. auf Seite 45:

3. Der ORF verwandelt am 12.04. Staatssekretär Sebastian Kurz im Interview zu einer Frau Schittenhelm (nach 4:20 min):

4. Nach dem Erdbeben in Japan war man bei Oe24.at so verwirrt, dass man seitdem die Erdrotation im gleichen Artikel für um 1,8 Mikrosekunden erhöht und weniger Zeilen darunter wieder für verkürzt hält:

Herzlichen Dank u.a. an Tom und Klaus für die Hinweise.

Wie wurscht „Österreichs“ Journalisten die Grenze zwischen Gefundenem und Erfundenem ist, merkt man oft auch speziell im Kleinen. An der Geschichte dieses Ausreißers zum Beispiel:

"Österreich", OÖ-Ausgabe, 27.5.2011, S. 17

Neben der Headline ein anonymisiertes Foto des Jungen, mit der Bildunterschrift:

Kleiner Armin verirrte sich.

Stutzig macht den geübten Medienbeobachter (Vorsicht, Eigenlob) nur, dass der Bub auf dem Bild heult. Hat der Erwachsene, der ihn dann im Kindergarten ablieferte, etwa erst noch ein Foto von dem Kleinen, mitten in seiner größten Not, geschossen und es an „Österreich“ verhökert?

Nein. Es musste wieder mal, wir erinnern uns an „Österreichs“ faulsten Lehrer, einfach nur ein Bild her. Und dem Leser kann’s doch egal sein, ob das nun wirklich dieser Armin ist oder ein x-beliebiges US-Model aus der Getty-Bilderdatenbank (dort natürlich ohne Augenbalken). Und was hätten’s, statt zu lügen, denn auch drunter schreiben sollen … „Symbolkind“ etwa?

Man kann’s auch positiv sehen: Immerhin hat „Österreich“ diesmal keine Persönlichkeitsrechte verletzt.

Schon die Titelseite der „Österreich“-Ausgabe von heute wirbt wieder einmal für angeblich billige Urlaubsreisen:


Ein redaktioneller Artikel auf Seite 6 mit dem Titel Urlaub billig wie nie „berichtet“ dann, dass Urlaub in Griechenland und Ägypten derzeit 30 Prozent günstiger sei. Die meisten Angaben (inkl. aller Preisangaben im und um den Artikel) beziehen sich darin auf Joe24.at, ein Online-Reisebüro das wie die Tageszeitung „Österreich“ zur Fellner Medien GmbH gehört.

Außerdem findet man gleich neben dem Artikel in redaktioneller Aufmachung eine blaue „Servicebox“, die den Super-Saver-Day von Joe24 bewirbt:

Auf der gegenüberliegenden Seite findet sich eine ganzseitige Anzeige von Joe24, in der unter anderem die im Artikel beworbenen Angebote und auch der Super-Saver-Day beworben wird:

Eine ähnliche Online-Version des Artikels ist insgesamt vier Mal durch Text- und Grafiklinks zu Joe24 unterbrochen.

Doch damit nicht genug. Beim Durchblättern findet sich auf Seiten zwei und drei eine Anzeige, die eine Media-Markt-Neueröffnung bewirbt. Kobuk-Leser wissen jetzt wahrscheinlich schon, was das bedeutet.

Richtig. Auf Seite 18 findet man den redaktionellen Artikel dazu: „Wahnsinns-Angebote in Stadlau“. Der Geschäftsführer von Media Markt persönlich stellt im „Artikel“ die neuen Eröffnungsangebote der Media-Markt-Filiale vor:

Vielen Dank an Jens Noll für den Hinweis!

Edit:
Auch auf Seite 21 findet man zwei Anzeigen mit den dazu passenden redaktionellen Artikeln:

Vielen Dank an Tobias Kuehn für den Hinweis via Twitter!

Nummer 1: Am Mittwoch veröffentlichte DerStandard.at diesen Filmtipp.

Auf welchem Sender der Film nun gezeigt wird, will uns DerStandard.at an dieser Stelle nicht verraten. Erst ein Leser-Kommentar unter dem Filmtipp macht darauf aufmerksam, dass „Der Busenfreund“ auf ARTE ausgestrahlt wurde.

Nummer 2: Die Falter-Ausgabe vom 18.5. lässt anhand eines Artikels vermuten, dass in der Redaktion Twitter und Twitpic nur selten genutzt werden.

Abgesehen davon, dass Twitter seinen Nutzern nicht 160 sondern nur 140 Zeichen zur Verbreitung von Informationen zur Verfügung stellt, suggeriert der Artikel, dass Twitter Eigentümer des Tools Twitpic wäre. Twitpic steht jedoch im Eigentum von Noah Everett, nicht von Twitter. Twitter selbst ist also – zumindest in diesem Falle – keineswegs „ins Visier von Informationsschützern geraten“.

Die „Taz“, auf die sich der Falter bezieht, macht es richtig und erkennt den Unterschied zwischen Twitpic und Twitter.

Nummer 3: Dass nicht nur Onlineredakteure öfters mal den Faden verlieren, beweist uns „Österreich“ am 17. Mai. Ganze vier (!) Artikel waren ohne sinnvolles Ende in die fertige Ausgabe gelangt:

(Scans von Artikeln auf den Seiten 3, 6, 10 und 21.)

Wer die heutige Ausgabe von „Österreich“ zur Hand nimmt, sieht auf den ersten Blick, dass auf dem Umschlag für einen Total-Abverkauf von „Kleider Bauer“ geworben wird – an sich nicht schlimm, immerhin wird darauf hingewiesen, dass es sich um Werbung handelt:

Blättert man ein paar Seiten weiter, stößt man im Wien-Teil der Zeitung auf einen weiteren – dieses Mal redaktionellen – Hinweis auf den „Kleider Bauer“-Abverkauf:

Ein Zufall? Möglicherweise. Aber ein Blick auf ähnliche Artikel in der letzten Zeit lässt anderes vermuten.

Wie bereits berichtet dürfte die Zeitung „Österreich“ große Zuneigung zum Urlaubsziel Ägypten empfinden, denn vor Ostern warb sie wieder mit Urlaubsangeboten (Artikel vom 13.4., Seite 5). Der Reiseveranstalter Joe24.at, dessen Geschäftsführer im Artikel zu Wort kommt, hat die gleichen Eigentümer wie „Österreich“.

Profitieren tun jetzt die Reisenden.

Sicher nicht nur die.

Ein schönes Beispiel zu unserem aktuellen Fokus Schleichwerbung lieferte letztes Monat das Gratisblatt „Österreich“:

Erster Akt: Dienstag, 5. April

Der lange Text zur Eröffnung eines Mediamarktes „mit tollen Preishits“ auf Seite 17..

..ist wahrscheinlich nur im Seitenspiegel verrutscht und eigentlich Teil des Inserats sechs Seiten weiter vorne:

Zweiter Akt: Mittwoch, 6. April :

Nur ein Inserat auf Seite 11. Na bitte, war am Vortag sicher nur ein kleiner Fehler.

Dritter Akt: Donnerstag, 7. April:

Ähh.. Also das ist so: Der Artikel auf Seite 18 hat..

"Österreich"-Werbung

..mit der bezahlten Werbebeilage natürlich nichts zu tun. Der wäre selbstverständlich auch so erschienen, denn es handelt sich ja um den „größten Mediamarkt Europas“!

Vierter Akt: Freitag, 8. April:

Liebes „Österreich“, jetzt bringst Du mich aber langsam in Verlegenheit. Der Artikel auf Seite 21 zum „Ansturm auf den neuen Mediamarkt“ und seine „Top-Angebote“ wird doch..

..nicht etwa… Schleichwerbung sein und mit der Werbebeilage in Zusammenhang stehen?

Vor einem Jahr erschien auf Kobuk ein Artikel über die menschenverachtende und pietätlose Berichterstattung von „Österreich“ über den Mord an Stefanie P. Der Artikel hatte immerhin eine Verurteilung durch den Medienrat zur Folge.

Nun findet der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter statt. Hat „Österreich“ dazugelernt? Nein, im Gegenteil: Auch andere Medien unterlassen den gesetzlich vorgeschriebenen Schutz von Persönlichkeit, Identität und Intimssphäre von Opfer und Tatverdächtigem zugunsten reißerischer Berichterstattung über Sex & Crime.

Das Medienrecht sieht in § 7a den Schutz vor identifizierender Berichterstattung vor, um Opfer und ihre Angehörigen nicht ein zweites, öffentliches Mal zum Opfer werden zu lassen und um zu verhindern, dass Verdächtige oder Verurteilte in Form eines ‘Medienprangers’ anstelle oder neben einer gerichtlichen Bestrafung eine soziale Ersatz- oder Zusatzbestrafung erfahren. (Korn, 2010)

Da die Dokumentation der Verstöße gegen diese Bestimmung diesen Blogeintrag sprengen würde (siehe Collage oben), gibt es hier alle Zeitungsausschnitte zum Mordfall Stefanie P. in einem separaten Album (von uns anonymisiert).

Die auffälligsten Verfehlungen der letzten Tage:

  • Bilder des Angeklagten und des Opfers werden tagelang unverpixelt in Heute, Krone und Österreich abgedruckt. Dasselbe passiert in Onlineartikeln. Bei „Heute“ gibt man unverfroren zu, dass ein Foto des Opfers schlicht von Facebook stammt (siehe Bildcredit!).  Auch der Kurier hält sich bei Philipp K. und Opfer Stefanie P. nicht zurück.
  • Wie in den Zeitungsausschnitten ersichtlich, präsentieren „Österreich“ und die Krone (auf der Titelseite) den vollen Namen des Angeklagten und die Krone sogar den vollen Namen des Opfers und seiner Schwester. Der Beitrag ist zwar schon etwas älter, doch auch die Oberösterreichischen Nachrichten bringen ein unverpixeltes Foto und den vollen Namen des Opfers.  Überraschenderweise reihte sich sogar die „Presse“ in diese Riege ein, wie man im Google-Cache eines Berichts noch sehen kann, hier wurde aber mittlerweile (vergleichsweise vorbildlich) schon korrigert.
  • Allem Anschein nach herrscht in den Redaktionen Verwirrung darüber, wann und wie die Identität der Beteiligten geschützt werden muss. Beispiel Oe24.at: Online wird der Angeklagte verpixelt (das Foto kommt schließlich von der APA), aber trotzdem mit vollem Namen genannt. An anderer Stelle jedoch wieder abgekürzt. Auch die Krone gibt sich ungeschickt: Beim Video-Beitrag zum Prozess ist der Angeklagte zunächst unverpixelt und klar erkennbar, im Video selbst jedoch unkenntlich gemacht.
  • „Österreich“ nimmt in der Ausgabe vom 5. Mai gleich das Urteil vorweg, denn „Lebenslang ist beinahe fix!“ Die in Artikel 6 Absatz 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention vorgeschriebene Unschuldsvermutung scheint nicht zu gelten.
  • Ebenso unverschont bleibt das Privatleben der Beiden. Die Krone präsentiert, im öffentlichen Interesse natürlich, deren „Liebes-Collage“, das Magazin News zeigt in einer Online-Bilderstrecke Privatfotos und sogar intime Liebesbriefe.

Aus ihrem Interview in „Österreich“ schließen wir, dass die Mutter des Angeklagten ihr Gesicht bewusst in der Öffentlichkeit zeigen will. Daraus lässt sich jedoch nicht schließen, dass ihr Sohn, der mutmaßliche Täter, diese Ansicht teilt. Dass ein explizites Einverständnis vorliegt, ist zu bezweifeln, schließlich haben andere Medien brav verpixelt.

Wenn Philipp K. anonym bleiben wollte (was der Berichterstattung der APA nach durchaus denkbar ist), stellt sich die Frage, ob es zulässig ist, den Namen eines Verdächtigen abzukürzen, aber dann dennoch jedermann mittels des vollen Namens der Mutter über seine Identität zu informieren. Immerhin, rein rechtlich zählen sowohl Name als auch familiäre Beziehungen zu jenen Identifizierungsmerkmalen, die vom Identitätsschutzparagraphen (§ 7a MedienG) erfasst werden.

Der Ehrenpreis für den sinnfreiesten Versuch, die Persönlichkeitsrechte zu schützen, geht an Oe24.at: Sowohl Angeklagter als auch Opfer werden innerhalb der selben Seite je einmal verpixelt und einmal nicht:

Vielen Dank an Patrick, Alex, Petra, Tanja und Hannes, die alle an diesem Artikel mitgearbeitet haben!

Für € 6,49 bietet der Textil-Diskonter KiK Damenjeans an. Dieses Schnäppchen veranlasste die „Österreich“-Redaktion, in der Printausgabe vom Dienstag einen Artikel zur „Preisschlacht um Jeans“ zu verfassen. Dabei wird der Name „Kik“ in der Bildunterschrift und in den ersten drei Spalten des Texts insgesamt neun Mal genannt. Die Mitbewerber C&A, H&M und Kleider Bauer teilen sich eine Spalte.

Man beachte auch die Preisangabe im Foto:

Eine Kennzeichnung als Inserat sucht man vergebens. Für einen aufmerksamen „Österreich“-Leser stellt das Angebot allerdings keine Neuheit dar, da bereits am Vortag diese Aktion in einem Inserat angekündigt wurde:

Nicht nur, dass die „Österreich“-Redaktion Westen und Osten nicht unterscheiden kann – im gleichen Artikel fällt sie auch noch einem Internet-Schwindel zum Opfer. Die Grafik, die erklären soll, welche Auswirkung die Atomwolke für die USA und Kanada haben könnte, ist eine Fälschung aus dem Internet.

Zum Verwechseln ähnlich - oben: gefälschte Grafik, unten: Grafik in "Österreich"

OBEN: Die gefälschte Web-Grafik zeigt, wie eine extrem hohe radioaktive Strahlung  innerhalb von 10 Tagen bis an die Westküste der USA gelangt. Im linken unteren Eck der Landkarte sieht man das (gefälschte) Logo der „Australian Radiation Services“ abgebildet.

UNTEN: „Atomwolke gefährdet Tokio und Kalifornien“ betitelt „Österreich“ ihre Grafik, die in der Printausgabe vom 14. März ohne jegliche Angabe der Quelle abgedruckt und auf Oe24.at laut dem Hinweis „© tz österreich“ aus eigener Feder stammen soll. Die Ausbreitung der japanischen Atom-Wolke sieht allerdings jener der abstrusen Web-Fälschung zum Verwechseln ähnlich.

Wenig Stunden nachdem die Hoax-Grafik ihren Weg ins Internet fand, konnte man folgendes Statement auf der offiziellen Seite der Australian Radiation Services finden, in dem sich die Organisation von den gefälschten Informationen im Internet distanziert:

Australian Radiation Services is aware of information about radioactive contamination being spread from the Japanese nuclear reactor incident released under the ARS logo and name.  We wish to be clear that this information has not originated from ARS and as such distance ourselves from any such misinformation.

Andrew Schneider, Senior Public Health Correspondent von AOLnews, nimmt in einem Artikel direkten Bezug auf die gefäschte Grafik aus dem Web:

These numbers, which would kill or sicken quickly, have absolutely no basis in fact at all. And, according to a radiation expert at the Federal Emergency Management Agency, they are more typical of the levels that might occur after a nuclear attack.

„RAD“ ist übrigens die seit Ende 1985 nicht mehr verwendete Einheit der absorbierten Strahlendosis.

Die australische TV-Station „Nine News“ fiel ebenfalls auf die Fälschung herein, wie die Aufdeckerwebsite Crikey berichtet:

Danke für Hinweise an Jon, nacaseven und hm