Wer in der Grazer Innenstadt sein Auto in eine Parkgarage stellt, muss ordentlich blechen. Zumindest laut einer „Studie“ des Webportals Hotelreservierung.de. Darin wurden 339 Parkhäuser in ganz Europa verglichen, und die Stadt Graz ist absoluter Preis-Spitzenreiter. Durchschnittlich zahle man hier 62 Euro pro Tag:
Aber es kommt noch teurer:
So kassiert ein Parkhaus in Graz in Österreich sage und schreibe 96 Euro [für ein Tagesticket, Anm. des Autors], was 573% über dem internationalen Schnitt von 14,27€ liegt.
96 Euro pro Tag! Wahnsinn! Dem Horrorpreis liegt eine einfache Rechnung zugrunde: 4 Euro Stundenpreis x 24 Stunden = 96 Euro. Diese Milchmädchenrechnung kam zustande, weil für die Studie nur online recherchiert wurde und für Graz gerade einmal zwei Parkhäuser (statt etwa 30) herangezogen wurden (ganz unten im Bild, unter dem Punkt Erhebungsbasis). Und auf der Website des Parkraumservice Graz fand man bis vor wenigen Tagen eine wichtige Info noch nicht: Dass es jeweils ein Tagesmaximum von 40 Euro gibt. Könnte man aber, zum Beispiel, leicht per Telefonat oder über die Arbeiterkammer (PDF) herausfinden. Die knapp 100 Euro pro Tag sind also falsch, ebenso der Grazer Durchschnitt von 62 Euro, der liegt laut Arbeiterkammer-Tabelle etwa bei 23 Euro.
Trotzdem kam der Bericht über die horrenden Parkgaragenpreise in Graz in zahlreichen österreichischen Medien. Beispielsweise auf Orf.at, wo der unbekannte Autor pflichtbewusst angibt, die Geschichte online gegenrecherchiert zu haben. Und da fand er eben kein Tagesmaximum. Vielleicht wäre hier die gute alte Telefonrecherche besser gewesen. Auf DerStandard.at ist zudem verwirrterweise einmal von 93, einmal von 96 Euro die Rede.
Dass es auch anders geht, zeigt die Kleine Zeitung. Dort hat man sorgfältiger recherchiert und bei Parkraummanager Günter Janezic nachgefragt.
Danke an Lukas A. für den Hinweis via Facebook.
Der Wikipedia-Artikel über Janet Jackson beginnt mit:
Mit mehr als 130 Millionen verkauften Tonträgern gilt sie als eine der erfolgreichsten Interpretinnen der 1990er Jahre.
Dem Satz konnte die APA offenbar nicht widerstehen, als sie erfuhr, dass Janet Jackson den diesjährigen Lifeball besuchen wird:
Keiner Nur einer dieser Artikel ist übrigens mit dem Kürzel der APA versehen.
Update: Den Satz dürfte bereits die Presseabteilung des Life Balls abgeschrieben haben, denn er stand in deren Presseaussendung. Danke an „Fg68at“ für den Hinweis in den Kommentaren.
Statistiken sind nicht einfach zu interpretieren – das haben uns die österreichischen Medien schon öfters gezeigt.
Opfer der Statistik wurde dieser Tage die APA, als sie über die neuen Daten der Media-Analyse berichtete. Die größte Reichweite bei den Tageszeitungen hat laut der Media-Analyse, wie auch in den vergangenen Jahren, die „Kronen Zeitung“ (38,9 % österreichweit, 35,6 % in Wien), deren Chefredakteur bekanntlich Christoph Dichand ist. Seine Ehefrau Eva Dichand, Herausgeberin der Gratiszeitung „Heute“, durfte sich ebenfalls über gute Reichweitenwerte freuen (12,0 % österreichweit, 37,6 % in Wien) – da fragt man sich, wie viele Menschen in Österreich eines der beiden Dichand-Blätter lesen. Die APA fand das scheinbar heraus und ORF.at, die Wiener Zeitung sowie relevant.at übernahmen diese Meldung:
„Das Ehepaar verwaltet gemeinsam ein beeindruckendes Imperium: Von insgesamt 5,2 Millionen Tageszeitungslesern in der Republik griffen mehr als 3,6 Millionen zu einer der beiden Dichand-Zeitungen.“
3,6 Millionen sind viele Menschen, das wären immerhin 69,23 Prozent aller TageszeitungsleserInnen. Aber wie kommt man auf diese 3,6 Millionen? Die APA scheint hier zusammengezählt zu haben: Laut Media-Analyse lesen 2.764.000 Menschen die „Kronen Zeitung“, 849.000 „Heute“. Addiert man die beiden Zahlen, kommt man tatsächlich auf gerundete 3,6 Millionen.
Leider wurde ein Detail am Rande nicht beachtet: Es gibt in Österreich doch einige Menschen, die zu mehr als einer Zeitung täglich greifen – diese wurden also doppelt gerechnet.
Gestern um 14:13 berichtete die APA über das steirische Sparbudget und die dazu gehörige Diskussion im Landtag. Auch die Kleine Zeitung zog um 14:23 nach und veröffentlichte einen Artikel dazu. Und natürlich ist auch auf ORF Steiermark ein Bericht darüber zu lesen.
Klingt im ersten Moment alles ganz normal. Komisch nur, dass diese Sitzung erst rund zwei Stunden später um 16 Uhr statt fand, so unser Hinweisgeber Bernd Pekari. Auf der Homepage des Landtags wurde die Sitzung per Livestream übertragen, der bestätigte, dass die Anträge erst ab 16 Uhr diskutiert wurden.
Die medizinische Wirkung von homöopathischen Präparaten ist, ich will es einmal milde formulieren, äußerst umstritten. Oder besser gesagt: Wissenschaftlich betrachtet nicht vorhanden.
Das scheint aber noch nicht bis zum ORF Oberösterreich durchgedrungen zu sein. Das Thema: Eine österreichische Homöopathengesellschaft, konkret die Ärztegesellschaft für klassische Homöopathie (kurz ÄKH), fordert mehr Krankenkassenleistungen. Schon jetzt zahlt die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse für homöopathische „Medikamente“, aber auch der teure Besuch beim Homöopathen sollte laut ÄKH zukünftig abgegolten werden. Was in der Sendung Oberösterreich Heute vom 17.03.2011 dann dem Zuschauer präsentiert wurde, ist einseitig, blauäugig, manchmal schlichtweg falsch und zweitweise regelrechte Homöopathie-Propaganda.
Hier nur einige der vielen haarsträubenden Zitate aus dem sechsminütigen Beitrag:
Mit Arzneien, die so verdünnt verabreicht werden, dass Wirksubstanzen nicht nachweisbar sind. Die Wirkung wird nur durch den Informationsgehalt der Arznei erreicht.
Nun müsste dem Zuschauer nur noch jemand erklären, was der „Informationsgehalt der Arznei“ ist.
Wobei die klassische Homöopathie auch ihre Grenzen klar darlegt und nach Operationen oder im Fall von Krebs oft zusätzlich zur Chemo- oder Strahlentherapie angewendet wird.
Dass Homöopathie zusätzlich hilft, Krebs zu heilen, ist beinahe schon fahrlässig falsch.
In der Schweiz haben ein Bericht, der der Homöopathie wissenschaftliche Effektivität bescheinigt und ein Volksentscheid dazu geführt, dass ab 2012 die Kassen homöopathische Behandlungen bezahlen.
Das ist ebenso nur teilweise richtig, das beweist schon die Lektüre des zugehörigen ORF-Online Artikels. Dort findet sich im letzten Absatz nämlich der Beschluss des Eidgenössischen Department für Inneres und der lautet folgendermaßen:
Bis heute fehlt der Nachweis, dass diese fünf Behandlungsmethoden (Homöopathie, anthroposophische Medizin, Neuraltherapie, Phytotherapie und die traditionelle chinesische Medizin – Anm. des Autors) gesetzlichen Kriterien der Wirksamkeit, der Zweckmässigkeit [sic] und der Wirtschaftlichkeit (WZW) vollumfänglich erfüllen.
Im Studiogespräch von Oberösterreich Heute geht es in diesem Tonfall weiter. Geladen sind klarerweise keine Kritiker der Homöopathie, sondern ein praktizierender Homöopath und Prim. Prof. Dr. Maximilian Gstöttner von der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse. Letzterer lässt keinen Zweifel mehr:
[…] völlig außer Streit ob Homöopathie wirkt oder nicht. Sie wirkt.
Und wer freut sich schlussendlich über diese Berichterstattung? Eh klar: die ÄKH. Damit die Krankenkassen weiter/noch mehr für angeblich heilende Zuckerkugeln blechen.
(Dank an Stefan Löffler für den Hinweis.)
In einem Artikel zum Erdbeben in Japan verlinkt ORF.at You-Tube Video. Blöd nur, dass es nicht Japan, sondern das Erdbeben in Neuseeland im Dezember zeigt. Um das zu sehen, muss man kein Experte sein:
Hinweis Nr. 1: Police statt 警察?
Hinweis Nr. 2: Eine Kirche, in Japan?
Die irgendwie auch stark dieser Kirche ähnelt, die in Christchurch steht:
Foto (cc) Helmut Pfau.
Danke für den Hinweis an Helmut Decker.
naugh|ty [ˈnɔːtɪ]
engl.: unartig, ungezogen; a naughty boy: ein Schlingel/böser Junge
Redaktionssysteme können tückisch sein. Manche benennen beim Upload jede Datei automatisch in eine nichtssagende Buchstaben-/Zahlenkombination um, andere behalten den ursprünglichen Dateinamen bei. Und plötzlich — ein medienhistorisch ziemlich einmaliger Moment — sagt ein Wort mehr als tausend Bilder:
(Das Video zeigt ein Interview mit dem Feldkircher Bürgermeister Wilfried Berchtold, der seine ehem. Geliebte zu nicht-einvernehmlichem Verkehr gezwungen haben soll, aber am Samstag in erster Instanz, und im Zweifel, vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden war.)
Mittlerweile wurde der Artikel umgestaltet und das Video unter neuem Namen in einen anderen Bericht ausgelagert. Hier ist aber (noch) die „naughty“ Variante abrufbar.
(Danke für den Hinweis und Screenshot an Markus W.)
Update: Das Originalvideo wurde nun endgültig vom ORF-Server entfernt.
Update 8. März: Der ORF hat uns gebeten, folgende Stellungnahme zu veröffentlichen:
Wir bedauern, dass eine intern geglaubte Bezeichnung online gegangen ist.
Seitens der diensthabenden Online-Redakteurin wurde am vergangenen Freitag diese Bezeichnung als unverwechselbare i n t e r n e Arbeitsbezeichnung für ein Videofile gewählt. Dieser Name war nicht für die Veröffentlichung bestimmt. Der Apple Quicktime Player zieht jedoch automatisch die Dateibezeichnung in die Titelleiste hinauf und macht die Bezeichnung damit für die Apple User sichtbar, was der jungen Redakteurin bis dahin nicht bewusst war. Da die Redaktion den MicrosoftPlayer verwendet, war die Titelbezeichnung im Haus selbst nicht sichtbar und ist auch nicht aufgefallen. Ca. eine Stunde, nachdem das File und für Apple User auch die Titelleiste online waren, ist die Online-Redaktion durch einen User auf diese Situation aufmerksam gemacht worden. Daraufhin hat die Redaktion das Video umgehend offline gestellt, neu beschriftet und wieder online gestellt. Die ORF-Technik hat am Sonntag auch den offline gestellten Link gelöscht.
Es bestand zu keiner Zeit die Absicht den Bürgermeister zu verunglimpfen.
Wer findet den durchaus bezeichnenden Unterschied zwischen ARD und ORF?
Hier ein Standbild des ARD-Vorentscheids mit dem Siegertitel von Lena:
Und hier ein Foto vom gestrigen ORF-Vorentscheid mit dem Siegertitel von Nadine Beiler:
Gratulation an Nadine und Lösungsvorschläge bitte in den Kommentaren…
Axel Maireder ist Sozialwissenschafter am Publizistikinstitut der Universität Wien. Der folgende Beitrag erschien zuerst auf seinem Blog.
Der gestrige Fernsehabend war eine doppelte Enttäuschung. Zum einen erdreistete sich der ägyptische Diktator – das ägyptische Volk ignorierend – seinen schon angekündigten Rücktritt abzusagen (bzw. hinter lächerlichem Geplänkel so zu verstecken, dass er nicht gewertet werden konnte). Zum anderen kam die Berichterstattung des ORF zu den Ereignissen einem journalistischen Fiasko gleich: Nicht nur, dass es dem ORF nicht gelang für die schon seit Stunden angekündigte Rede Mubaraks einen ordentlichen Arabisch-Dolmetscher zu finden, der die ohne Zweifel historische Rede Mubaraks ohne Gestammel würdig zu übersetzen weiß. Nicht nur, dass sich die Moderatorin und ihr Gast bemüßigt fühlten eben diese Rede auch noch ständig zu kommentieren.
Nein, dem ORF gelang es sogar die Ansprache genau in jenem Moment abzubrechen, in dem der Präsident zum Schlußpunkt ansetzte und stattdessen eine Werbepause (!) einzulegen. Während die fehlende Kompetenz des Dolmetschers und die laufende Kommentierung als hochgradig unprofessionell zu bewerten sind, ist letzteres unanständig und insbesondere einem öffentlich-rechtlichem Sender zutiefst unwürdig.
Abgerundet wurde dieses traurige Bild des ORF noch von den KollegInnen bei orf.at, denen schlicht das journalistische Gespür zu fehlen schien, die Lage in Ägypten im Rahmen einer Überschrift korrekt zu bewerten. Während von CNN bis Al Jazeera, von tagesschau.de bis derstandard.at, der Unmut der Demonstranten über den nicht erfolgten formalen Rücktritt des Mubaraks als zentral für die Nachricht erkannt wurde, titelte orf.at schlicht und wenig ergreifend: “Mubarak übergibt Macht an seinen Vize”. Enttäuschend.
UPDATE (12.02, 07:30): Der ORF erklärt in einer Stellungnahme, von der derstandard.at berichtet, der Werbeblock sei notwendig gewesen um das Studio umzubauen (Und das ging nicht während der laufenden Rede von Mubarak?) und der Übersetzer hätte mit der schlechten Tonqualität der Originalaufnahme von Al Jazeera gekämpft (Okay, das erklärt es zumindest).
Screenshots von 10.2, etwa 23 Uhr:
ORF.at:
Tagesschau.de
DerStandard.at:
CNN.com
Enttäuschung für die Besucher des traditionellen Themse-Feuerwerks in London. Dichter Nebel hing laut ORF über der Stadt, weshalb es für die Muggel vom Küniglberg „nur wenig zu sehen“ gab:
„Unsichtbares“ Feuerwerk in London
So nannten sie die Show rückblickend vor (!) Mitternacht.
Aber zum Glück gibt’s ja Kobuk. Wir lichten die Nebel — auch 2011:
Im Video: Das Neujahrsfeuerwerk 2011 in London, bei klarer Sicht, „Nebel“ nur hintennach.
Langsam müssen wir uns echt Sorgen machen. „Österreich“ sieht eine Show, die nie zu sehen war, und beim ORF ist’s genau umgekehrt. An alle Medien — von den Besten, bis zu jenen, die sich so nennen: wie wär’s mit einem kleinen Neujahrsvorsatz zum Thema kaltgeschriebene Berichte über künftige Ereignisse? Ich mein, es heißt ja auch Nachrichten…
Danke an Max Kossatz für den Tweet aus London,
und ein gutes neues Jahr allen Hinweisgebern und Lesern!