Die FPÖ trommelt derzeit auf Twitter in Person von Generalsekretär Harald Vilimsky und Pressemann Martin Glier auf ZIB2-Frontman Armin Wolf ein, er solle seine Nebeneinkünfte offenlegen:
@ArminWolf würde schon reichen, wenn sie ihre nebeneinkünfte offen legen. kolportierte 8.000€ + spesen für 2 stunden moderation ist heftig.
— Martin Glier (@MartinGlier) June 13, 2012
Dieser pariert die Angriffe mit Humor – siehe diese unterhaltsamen Dialoge -, geht aber nicht weiter auf sie ein. Krone-Journalist und Ex-Heute-Chefredakteur Richard Schmitt hält die Vorwürfe zwar ebenfalls für den Versuch einer Neiddebatte, verlangt aber eine Stellungnahme aus Sauberkeitsgründen:
@Helge @lisaigner @MartinGlier Könnte aber auch ganz klar beantwortet werden . . . Sauberkeitsdebatte.
— Richard Schmitt (@RichardSchmitt2) June 13, 2012
Glier und Vilimsky selbst weigern sich seit Wochen beharrlich, offenzulegen, wer die FPÖ-Reise zum tschetschenischen Folterpräsidenten Kadyrov bezahlt hat, die FPÖ steckt derzeit dank Martin Graf in einer veritablen Krise und Armin Wolf gilt als einer der wenigen, dem es gelingt, die aggressive Rhetorik eines Heinz-Christian Strache zu hinterfragen.
Aus diesen Gründen halte ich das plötzliche FPÖ-Interesse an Wolfs Nebeneinkünften nicht nur für fadenscheinig, sondern auch für einen Angriff auf dessen kritischen Journalismus, für einen Versuch, seine Unabhängigkeit zu beschädigen. Die Nervosität der FPÖ könnte auch mit Wolfs Rolle als Interviewer bei den ORF-Sommergesprächen zusammenhängen.
Dennoch ist Transparenz beim Umgang mit Nebeneinkünften wichtig, und ich habe deshalb Armin Wolf um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen gebeten. Seine Antwort im Volltext:
Dass es der FPÖ hier um ein klassisches Ablenkungsmanöver geht, ist ja für einen Blinden offensichtlich. Die Debatte um Herrn Graf muss seinen Kameraden ziemlich nahe gehen.
Aber wenn’s der Wahrheitsfindung dient: Ich mache grundsätzlich keine Interview-Coachings und halte das für gänzlich unvereinbar mit meinem Job (Disclaimer: ich mache immer wieder Interview-Trainings für junge Journalisten im ORF oder an Unis, also für Menschen, die Interviews führen, aber natürlich nicht für Politiker oder Manager). Aber ich halte Vorträge zu den Themen Journalismus und v.a. Social Media und moderiere gelegentlich Podiumsdiskussionen oder Kongresse – üblicherweise vor mehreren hundert Besuchern, also nicht im Geheimen. Selbstverständlich sind alle diese Engagements vom ORF offiziell genehmigt und unterliegen den – sehr strengen – Ethik-Richtlinien des ORF.
Ich hätte übrigens nichts dagegen, würde mir jemand „8.000 Euro für zwei Stunden Moderation“ bezahlen, wie die FPÖ – natürlich ohne jeden Beleg – behauptet. Leider hat mir das aber noch niemand angeboten und ich habe es auch noch nie verlangt.
Ich komme so auf etwa 8 bis 12 „Auftritte“ pro Jahr. Mindestens 80 Prozent aller Anfragen lehne ich ab, da ich sie für unvereinbar mit meiner ORF-Tätigkeit halte. Auf Veranstaltungen jeglicher Art von Partei(nahen)-Organisationen und staatlichen Institutionen (Ministerien etc.) trete ich grundsätzlich nicht auf, ebensowenig auf politisch einseitig besetzten Podien.
Seit vielen Jahren halte ich allerdings immer wieder an Unis und Fachhochschulen Lehrveranstaltungen zum den Themen Journalismus, Medien und politische Kommunikation.
Falls jemand eine allgemeine Regelung einführen möchte, wonach alle ORF-MitarbeiterInnen ihre Nebentätigkeiten offenlegen müssen, hätte ich damit natürlich keinerlei Problem. Ach ja, und bevor ich’s vergesse: Selbstverständlich mache ich auch keine Werbung. Das ist ORF-JournalistInnen gesetzlich verboten.
Meine Anfrage an ihn im Wortlaut: „Könntest du mir eine Stellungnahme zu deinen Nebeneinkünften geben, aus Sicht deiner journalistischen Unabhängigkeit? Die konkrete Höhe dieser Nebeneinkünfte interessiert mich übrigens wenig, ich bin an keiner Neiddebatte interessiert. Wie beurteilst du die Fragen von Glier und Vilimsky auf Twitter, was steckt da dahinter?“
Disclaimer: Ich habe einmal auf Armin Wolfs Vorschlag hin einen Social-Media-Workshop für das ZIB-Team gehalten.
Dramatische Bilder erreichen uns via ORF.at aus London:
Big Ben neigt sich nach links
[…] Der Uhrturm mit dem Big Big [sic!] sinkt ungleichmäßig in den Boden und hat bereits eine beträchtliche Schräglage in Richtung Nordwest erreicht. „Es ist eine Neigung von 46 Zentimetern oder 0,26 Grad auf dem höchsten Punkt“, sagt John Burland, Professor am Imperial College London, gegenüber der BBC. […]
„0,26 Grad“, ah ja. Kobuk hat keine Kosten und Mühen gescheut und in einer aufwendigen Simulation nachgestellt, wie diese Neigung ohne fotografische Verzerrung für Beobachter vor Ort aussehen würde:
Aber das war erst der halbe Spaß. Falls ihr demnächst nach London kommt, macht doch ein kleines Experiment mit Freunden: Begebt euch an eine ähnliche Betrachtungsposition wie im Bild und fragt sie ganz unschuldig, ob sie die Linkslage des Turms auch schon erkennen. Natürlich nicht so wild wie auf dem ORF-Foto, aber eben gerade so ein bisschen — wie auf unserer Skizze.
Falls ja, habt ihr einen wunderschönen Beleg für die menschliche Einbildungskraft. Denn der Turm neigt sich dort gar nicht nach „links“. Zwar hat der britische Baustatiker John Burland tatsächlich zur BBC gesagt:
Wenn Sie am Parliament Square stehen, können Sie sehen, dass er sich ganz leicht nach links neigt […]
Doch Parliament Square befindet sich aus unserer Blickrichtung hinter dem Turm. Big Ben neigt sich in Wahrheit also fast genau in die entgegengesetzte Richtung, die ORF.at suggeriert. Halten wir uns lieber an die Möwe im Vordergrund: Sie fliegt gerade ziemlich genau nach Nordwest — wie auch Big Ben, in vielleicht 10.000 Jahren.
(Danke @skaragerald für den Hinweis)
Boulevard ist, wo jeder Tod ein Mord, jeder Diebstahl ein Raub und jeder Wind ein Orkan ist — und sagt jetzt nicht, das sei Betrug.
DJ Ötzi in Miami ausgeraubt
Während einer Mittagspause brachen unbekannte Täter den Produktionswagen auf und entwendeten fast das gesamte Equipment der Filmcrew. […] Auch eine Diebstahlsanzeige [sic!] bei der Polizei Miami blieb bis dato erfolglos.
Und weil’s bei den Kollegen von „Österreich“ grad so toll mit Photoshop geklappt hat, pflanzt auch „Heute“ den DJ ganz unauffällig vor ein paar Archivpalmen hin.
Update 29.1.2012: Was soll man von einer öffentlich-rechtlichen Sendung erwarten, die „Heute in Österreich“ heißt? Hier die Anmoderation der Ötzi-Story im ORF (abrufbar bis 3.2.):
Miami – nicht nur die Top-Touristenattraktion und der Ausgangspunkt für viele Reisende quer durch Florida. Miami zählt auch zu den gefährlichsten Städten von Amerika. Das musste jetzt auch Gerry Friedle alias DJ Ötzi am eigenen Leib verspüren. Er wurde während eines Videodrehs zu seinem neuen Album, das er gemeinsam mit dem US-Country-Duo „Bellamy Brothers“ herausbringt, ausgeraubt. […]
Also noch mal ganz langsam: Ein Fahrzeugeinbruch, in Abwesenheit des Besitzers, ist kein Raub (und hoffentlich auch kein Beleg für die Gefährlichkeit einer Stadt). Zu behaupten DJ Ötzi sei „ausgeraubt“ worden, ist daher ungefähr so zutreffend, wie seinem Gesang reale Körperverletzung zu unterstellen. Obwohl…
(Mit Dank an Erich T. für den ORF-Hinweis)
Wie „Kronen Zeitung“ und ORF falsche Internetpropaganda verbreiten und auf wen das österreichische Parlament wirklich hört.
Prolog
Straßenhunde sind keine Kuscheltiere, sondern übertragen Krankheiten und sind eine ernste Bedrohung, insbesondere für Kinder. Uns Couch-Tierschützern mag diese Sicht nicht gefallen, aber viele Menschen, die täglich mit Streunern konfrontiert sind, und oft selbst „wie arme Hunde“ leben, empfinden es so.
Und sie sind damit nicht allein. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zum Beispiel, rügte im Juli Rumänien: Allein im ersten Quartal 2010 seien dort über 2.000 Menschen von wilden Hunden angefallen worden. Anfang 2011 wurde eine alte Frau von einem Rudel zu Tode gebissen. Das Land gehe nicht konsequent genug gegen die Tiere vor. Dies sei ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Schutz des Privatlebens, hieß es in der Rüge.
Das soll nichts entschuldigen, was mit den Tieren passiert. Aber man sollte die Umstände kennen, bevor man über andere Menschen und ganze Länder urteilt.
20. November 2011, „Kronen Zeitung“
Kiew am frühen Morgen. Ein Auto fährt durch die Straßen und zwei Männer werfen Fleischbrocken aus dem Fenster. Gierig schnappen Streunerhunde nach den vermeintlichen Leckerbissen […]
Der Bericht liest sich, als hätte die „Krone-Tierlady“ ihn persönlich auf Facebook in der Ukraine recherchiert. Eine erschütternde Reportage über das Leid streunender Hunde, welche für eine „saubere“ Fußball-EM 2012 grausam ihr Leben lassen müssen.
250 Euro gibt es laut „Krone“ für zehn tote Hunde. Das wäre in der Ukraine deutlich mehr als ein durchschnittliches Monatsgehalt. Fast unerträglich: das Foto einer erschossenen Welpenmutter. Die „Krone“ dazu:
Ein Bild wie ein Faustschlag ins Gesicht: Diese Hündin wurde abgeknallt. Ihre hilflosen Welpen wollen ihren Hunger stillen und trinken am leblosen Kadaver ihrer Mutter. Dann wurden wahrscheinlich auch sie bei lebendigem Leib verbrannt.
Ein Bild wie ein Faustschlag, zweifellos. Aber ins Gesicht der Wahrheit. Denn die arme Hundefamilie war nie in der Ukraine und die lebendig brennenden Welpen — welch ein Bild — dürften die Mutter bereits vor über acht Jahren verloren haben. In diesem bosnischen Forum wurde das scheinbar aktuelle Foto aus der Ukraine bereits vor vier Jahren veröffentlicht. Es sei im Juli 2003 entstanden, heißt es dort, und zwar in Zenica. Über 1000 Kilometer — und acht Jahre — vom heutigen Kiew entfernt.
21. November: Bereits am nächsten Tag ist die Geschichte das Hauptthema in den „Krone“-Leserbriefen. Für alle, die die Sonntagsausgabe nicht haben, wird noch einmal das Foto der bosnischen Hündin und ihrer Welpen groß abgedruckt:
Ein schreckliches, aufrüttelndes Bild vom Hundemord in der Ukraine [sic!] – die Hündin wurde abgeknallt, ihre Welpen wollen ihren Hunger stillen und trinken am leblosen mütterlichen Kadaver.
Auszüge aus den Leserbriefen von Montag und den Folgetagen:
„Als ich am Sonntag die ‚Kronen Zeitung‘ aufgeschlagen habe, hat mich fast der Schlag getroffen. UNFASSBAR“ (21. 11.) … „mir schossen sofort die Tränen in die Augen“ (21. 11.) … „jeder, der ein bisschen Herz hat, wird diese grauenvollen Bilder nie mehr vergessen können“ (23. 11.) … „Bilder des Grauens. Erschütternde Bilder, die sich tief in unser Hirn eingebrannt haben. Bilder, die man nie mehr vergisst, herzerschütternde Bilder, die um die Welt gehen.“ (25. 11.)
25. November: Peter Westenthaler (BZÖ) kündigt in einem Leserbrief an die „Kronen Zeitung“ parlamentarische Maßnahmen an.
Die beeindruckende Reportage der sehr engagierten Frau Entenfellner […] hat mich dazu veranlasst, Ideen zu entwickeln, wie das offizielle Österreich gegen diesen Tier-Massenmord protestieren könnte.
[…] Schließlich werde ich auch bei der nächsten Parlamentssitzung einen entsprechenden Antrag für eine offizielle Protestnote einbringen. Lasst uns alle gemeinsam – Politik und Sport – gegen dieses Tierleid kämpfen!
Vorsitzender des parlament. Sportausschusses
Abg. Peter Westenthaler
27. November: Die „Kronen Zeitung“ startet eine große Hilfsaktion und bittet ihre Leser um Geldspenden. Dabei lässt sie durchblicken, wie hilfreich das trügerische Foto aus dem Internet für die bisherige Kampagne war:
Die furchtbaren Bilder von Welpen, die sich an ihre blutüberströmte, totgeschossene Mutter schmiegen, und von fahrbaren Krematorien haben einen Aufschrei des Entsetzens ausgelöst. […] Bitte spenden Sie! Verein „Freunde der Tierecke“
29. November: Heinz-Christian Strache besucht die „Krone“-Redaktion und spendet namens der FPÖ 15.000 (!) Euro für die Versorgung heimatloser Tiere in der Ukraine. Im Gegenzug gibt es Erinnerungsfotos auf Facebook und in der „Kronen Zeitung“.
30. November: Kurzer Schauplatzwechsel nach Rumänien. Auf der Facebook-Seite der „Krone Tierecke“ schreibt Maggie Entenfellner entsetzt:
Liebe Freunde! Dieses Bild des Jammers habe ich eben erhalten – es kommt aus Rumänien. Es anzusehen tut einfach nur weh – Menschen die einem hilflosen Lebewesen so etwas tun – können kein Herz, keinen Verstand und kein Gefühl haben.
(699 Kommentare)
Machen wir’s kurz: Das Foto stammt nicht aus Rumänien, sondern aus Mexiko. Mit ca. 10.000 Kilometern ein neuer Rekord im Welpenweitwurf. Und dem kleinen Racker geht’s auch schon wieder viel besser.
(Hoffentlich prüft die „Krone“ bei der Spendenvergabe genauer, ob die Geschichten auch stimmen, in die das Geld der Leser fließt. Spendengütesiegel trägt der Verein „Freunde der Tierecke“ jedenfalls keines. Und im Internet sind auch keine Jahres- und Finanzberichte auffindbar, im Gegensatz zu anderen Tierschutzvereinen, die zum Teil vielleicht deutlich weniger Spenden einnehmen.)
3. Dezember: Peter Westenthaler fordert nun auch in einer OTS-Aussendung Maßnahmen der österreichischen Regierung und der EU gegen „das bestialische Hundemorden in der Ukraine“. Er lässt wenig Zweifel, was ihn mit am stärksten dazu bewogen hat:
[…] Das blanke Entsetzen lösten und lösen in diesem Zusammenhang veröffentliche Bilder aus, auf denen Welpen zu sehen sind, die sich an ihre blutüberströmte Mutter schmiegen“, so Westenthaler […]
9. Dezember: Das Parlament reagiert einstimmig mit einem Entschließungsantrag auf den Bericht der „Kronen Zeitung“. Die freut sich über die politischen Prioritäten im Land:
Alle Parteien gegen Mord an Hunden in der Ukraine!
Wenn schon nicht bei der Schuldenbremse, so sind sich Österreichs Politiker wenigstens im Kampf gegen Tierleid einig […] Wie berichtet, hatte „Krone“-Tiereckenchefin Maggie Entenfellner den unfassbaren Skandal der grausamen Säuberungsmaßnahmen aufgedeckt.
Wirklich lauter falsche Hunde in der „Krone“, der in diesem Bericht stammt in Wahrheit aus Rumänien.
9. Dezember: Das ORF Servicemagazin „Konkret“ berichtet über die Hilfsaktion der „Krone-Tierlady“ und ORF-Moderatorin. Um das Tierleid in der Ukraine zu illustrieren zeigt „Konkret“ ein Video („Quelle: Internet“), in dem ein Hund lebendig in eine Müllpresse geworfen und darin scheinbar zerquetscht wird.
Dazu der Sprecher:
[…] Weil für Plätze in Tierheimen aber kein Geld da ist, werden viele Hunde von Müllwagen einfach entsorgt. […]
Das angeblich ukrainische Video des ORF war schon 2005 in der Dokumentation „Earthlings“ zu sehen. Die gezeigte Szene dürfte in der Türkei laut einer Kobuk-Leserin in Indien aufgenommen worden sein und ist vermutlich gestellt: Zum einen stoppt die Presse in ungefährlicher Position, sobald der Hund nicht mehr sichtbar ist. Zum anderen ist kurz zuvor für einen Sekundenbruchteil eine zweite, professionelle Kamera am linken Bildrand sichtbar.
Wag the Dog 2.0
Ich fürchte, wie es tatsächlich um die Hunde in der Ukraine steht, kann derzeit niemand von uns beurteilen. Weil Journalisten ihren Job nicht mehr machen und nur Schockpropaganda aus dem Internet durchschleusen, die eine politische und teilweise auch wirtschaftliche Agenda verfolgt.
Das alles ist schon erschreckend nah an der Filmsatire “Wag the Dog”. Um das US-Volk mit einem gefakten Video auf die schreckliche Lage in Albanien einzustimmen, soll im Filmstudio eine junge Frau vor scheinbaren Unruhen fliehen — mit einem Kätzchen einer Tüte Tortilla-Chips im Arm:
Regisseur: Halt die Tüte gut fest, wir brauchen die für die Armhaltung. Im Bild ist sie dann ein Kätzchen.
Darstellerin: Könnt‘ ich ein Kätzchen halten?
Regisseur: Nein, das kopieren wir nachher rein — genau da.
Darstellerin: Sie kopieren das Kätzchen nachher rein, warum?
Regisseur: Um mehr Möglichkeiten zu haben.
Darstellerin: Was für Möglichkeiten denn?
Regisseur: An Kätzchen!
Jede Ähnlichkeit mit realen Ereignissen und lebenden Personen ist rein zufällig.
Stellungnahmen
(Eingeholt von Helge Fahrnberger)
Ich habe Frau Entenfellner von der „Krone“-Tierecke und die Redaktion von „Konkret“ um Stellungnahmen zu den Hinweisen ersucht, dass die verwendeten Aufnahmen nicht aus der Ukraine stammen und nicht aktuell seien. Frau Entenfellner antwortete mir mit dem Satz:
Wir haben die Bilder von Tierschützern aus der Ukraine erhalten.
Auf meine Nachfrage, ob die Authenzität der Aufnahmen in irgendeiner Weise überprüft wurde, sagte mir Frau Entenfellner telefonisch, dass sie keine Möglichkeit habe, die Echtheit solcher Fotos zu überprüfen, da sie bisher nicht in der Ukraine gewesen sei (Kobuk übrigens auch nicht) und sich erst morgen auf den Weg mache. Die Information über das auf Facebook gespostete Welpenfoto habe sie aber bereits richtig gestellt. (Wer findet die Richtigstellung auf Facebook zuerst?)
Eine falsche Herkunft aller anderen verwendeten Fotos würde sie stark verwundern, da sie wegen der anlaufenden LKW-Hilfslieferungen ständig mit den ukrainischen Behörden in Kontakt stehe und diese sie wohl darauf hingewiesen hätten. Wir sollten aber nicht nur die „Krone“, sondern auch andere kritisieren, die diese Bilder verwenden, wie bespielsweise Tierschützer. Auf meinen Einwand, dass wir diese nicht kritisieren, da Kobuk nur für Medien zuständig ist, fragte Maggie Entenfellner:
Gilt Facebook als Medium?
(Wenn das kein Hinweis auf den „medialen“ Ursprung der „Krone“-Bilder ist.) Inzwischen gibt es auch eine ausführlichere Stellungnahme auf ihrer Facebook-Seite, inklusive einer kurzweiligen Diskussion.
Der Sendungsverantwortliche von Quelle: Fernsehen „Konkret“, Edwin Möser, ließ mir folgenden Text schicken:
Beim gezeigten Material – das auch ausdrücklich mit der Quellenangabe „Internet“ versehen wurde – handelt es sich um ein You-Tube-Video, das offenbar zum Thema „Hundetötung in der Ukraine“ ins Internet gestellt worden war. Die „konkret“-Redaktion hat dieses Material nur als Genre-Bild verwendet, um damit die Erzählungen von Augenzeugen der Tiertötungsmethoden in der Ukraine zu dokumentieren. Sollte es sich tatsächlich um Material handeln, das fälschlich unter diesem Titel ins Internet geraten ist, bedauert die „konkret“-Redaktion diesen Irrtum. Der Sachverhalt wird jedenfalls noch einmal genau geprüft. An der Tatsache, dass in der Ukraine anlässlich der Fußball-EM viele Hunde getötet werden sollten und bislang auch getötet wurden, ändert dies jedoch nichts.
Drastische Erhöhung der Hundesteuer in Wien! Wie drastisch, scheint für viele JournalistInnen nebensächlich zu sein. Denn Orf.at, Kleine.at, Krone.at, Oe24.at, Wienerzeitung.at, DerStandard.at und DiePresse.com verwendeten offenbar mehr Zeit darauf, möglichst süße Hundefotos zu finden, als nachzurechnen: Eine Änderung 43,60€ auf 72€ entspricht einer Erhöhung von 65,14%.
Den Ursprungsfehler dürfte die APA gemacht haben, auf die sich die meisten Medien beziehen. Einige Medien haben den Fehler inzwischen unauffällig korrigiert.
Den Hundefoto-Kindchenschema-Wettbewerb hat meines Erachtens übrigens Krone.at gewonnen.
Nachtrag: Inzwischen haben alle der genannten Medien den Fehler ausgebessert.
Kennt ihr den Wilhelmsschrei? Ein Todesschrei auf Band, der erstmals in den 50ern für die Nachvertonung eines Hollywood-Films eingesetzt wurde und so markerschütternd gut gelungen ist, dass er zum Teil bis heute als Synchronschrei des Todes eingesetzt wird. Oft auch als Insider-Gag unter Soundleuten. Rechts ein Zusammenschnitt.
Der Wilhelmsschrei scheint beim ORF einen kleinen Bruder zu haben.
Schon bei „Dancing Stars“ (ich habe nur ein paar Ausschnitte im Internet gesehen, ich schwöre), habe ich mich gewundert, wie eine Handvoll betulicher Herrschaften, an ihren Tischchen im ORF-Ballroom, akustisch ausrasten können wie bei einem Hansi-Hinterseer-Open-Air. Ich hab dann ein bisschen genauer hineingehört, in den Studio-Applaus, und seither verfolgt sie mich durch alle großen ORF-Shows, die ORF-Eule:
(Video laut aufdrehen und auf das „Uhuhuhuuu!“ im Hintergrund achten)
Hört ihr sie auch?
Andreas Quatember lehrt Statistik an der JKU Linz. Der folgende Beitrag erschien zuerst auf seiner Instituts-Homepage in der Rubrik “Unsinn in den Medien”.
Jeder dritte Schulwegunfall im Herbst
Jeder dritte Schulwegunfall passiert im Herbst zwischen Oktober und Dezember, warnt der Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Vor allem in Oberösterreich passieren die meisten Schulwegunfälle in der dunklen Jahreszeit, so eine Studie.
Heuer passierten in Oberösterreich allein in der ersten Jahreshälfte bereits 32 Schulwegunfälle. Die Statistik zeigt, dass in der Zeit zwischen Oktober und Dezember das Risiko für die Schulkinder noch weiter steigt. Denn von den 64 Unfällen im Vorjahr passierten 20, also etwa ein Drittel in der sogenannten dunklen Jahreszeit. […]
(Quelle: orf.at, gefunden von Christoph Pamminger)
Um auf dem Schulweg überhaupt einen Unfall haben zu können, muss ein(e) Schüler(in) in die Schule gehen. Das tun sie in Österreich von 52 Jahreswochen ca. in
- 12 Frühlingswochen (13 – 1 Osterferienwoche),
- 4 Sommerwochen (13 – 9 Sommerferienwochen),
- 13 Herbstwochen (keine Ferien) und in
- 10 Winterwochen (13 – 2 Weihnachtsferien- und 1 Semesterferienwoche).
Der Herbst stellt mit 13 von insgesamt 39 also genau ein Drittel aller Schulwochen. Mit 20 von insgesamt 64 Schulwegunfällen passierten in Oberösterreich im Vorjahr allerdings nur 31,2 % aller Unfälle im Herbst. Also – wenn überhaupt – dann sind im Herbst im Vergleich zu den anderen Jahreszeiten sogar verhältnismäßig weniger Unfälle zu verzeichnen. Einfach die vier Jahreszeiten als gleich lang zu betrachten, wenn man Schulwegunfälle untersucht ist natürlich Unsinn. Oder was halten Sie von folgender Schlagzeile?
August sicherster Schulwegmonat
Noch nie sind im August Unfälle am Schulweg passiert!
Trotzdem sollten Eltern natürlich auf reflektierende Kleidung achten und Kinder diese auch anziehen. Aber das ist eine andere Geschichte …
Ganz wohl war dem ORF offenbar nicht, als er gestern zum zweiten Mal einen mit Gebührengeldern gekauften 9/11-Verschwörungsfilm aus dem Internet zum „dok.film“ adelte. Daher verabschiedete er sich gleich zu Beginn der Ausstrahlung von seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag und distanzierte sich vom eigenen Programm:
Der folgende Dokumentarfilm „9/11 Mysteries“ wurde von der amerikanischen Autorin Sophia Smallstorm [sic! Das ist ein Pseudonym, die Dame heißt Sofia Shafquat] im Jahr 2006 produziert. Smallstorm widerspricht darin den offiziellen Darstellungen der Ereignisse vom 11. September 2001.
Der ORF stellt diese spekulative Ansicht zur Diskussion, distanziert sich jedoch von anfälligen [sic!] Aussagen, die dem ORF-Gesetz, insbesondere dessen Objektivitätsgebot, widersprechen.
In anderen Worten, der ORF macht mitten in den Raum ein Häufchen und sagt: „Ist nicht von mir, ich stell das nur zur Diskussion.“
Wie eine profunde Diskussion entstehen soll, wenn der ORF den Zusehern das nötige Hintergrundwissen vorenthält, um eloquent dargebrachte Falschbehauptungen, Verdrehungen und Unterstellungen als solche zu erkennen, bleibt sein Geheimnis. Dabei haben diese Arbeit schon andere auf sich genommen. Der ORF hätte nur die kommentierte Version der Doku senden müssen. Wo sich jemand die Mühe gemacht hat, praktisch jeden zweiten Satz per Insert zu relativieren oder mit Fakten zu widerlegen.
Auch der Privatsender HISTORY hat sich des Themas angenommen. In „The 9/11 Conspiracies, Fact or Fiction“ werden nahezu alle 9/11-Verschwörungstheorien und -filme aufgegriffen (auch der vom ORF) und Experten mit deren Aussagen konfrontiert. Im Rahmen unseres Bildungsauftrags senden wir die englischsprachige Doku im Anschluss an diesen Beitrag — ganz ohne Distanzierung.
Clunkity Clunk
Wem dieser Film zu lang ist, dem empfehle ich dennoch exemplarisch die Stelle bei 27:56. Im ORF behauptete Sophia Smallstorm Sofia Shafquat ja, der Einsturz jedes Turms hätte im Normalfall 96 (!) Sekunden dauern müssen — da haben vielleicht doch einige kurz gestutzt. Im HISTORY-Interview erklärt sie aber unwiderlegbar, warum es ohne Sprengung unmöglich schneller hätte gehen können:
[Less than 15 seconds] that’s basically free-fall speed. I have a hypothetical demonstration. A collapse is „clunkity clunk … clunkity clunk … clunkity clunk …“, floor by floor. Say that 110 times. And a major Republican tried this. He took his watch with the second hand and he said ‚clunkety clunk‘ 110 times. It took him over three minutes.
[Weniger als 15 Sekunden] das ist praktisch freier Fall. Nehmen wir dieses theoretische Beispiel: Ein Einsturz ist „clunkity clunk … clunkity clunk … clunkity clunk …“, Stockwerk für Stockwerk. Sagen Sie das 110 Mal. Ein bedeutender Republikaner hat das ausprobiert. Er nahm den Sekundenzeiger seiner Uhr und sagte ‚clunkity clunk‘, 110 Mal. Er benötigte dafür über drei Minuten.
Der Treppenwitz
Noch 2003 weigerte sich der ORF trotz zahlreicher Proteste standhaft, eine kritische Dokumentation der Filmemacherin Nathalie Borgers über die Kronen Zeitung ins Programm zu nehmen. Begründung damals: Die Produktion entspräche in mehreren Punkten nicht den Qualitätskriterien für ORF-Dokus. Und Wolfgang Lorenz weiter:
Wo in einer Dokumentation Fakten und Analysen gefragt wären, bleibt die Gestalterin in der bloßen Illustration von Vorurteilen hängen.
Und jetzt — auch wenn die Marke ruiniert ist — unser „dok.film“:
Video: Kronen Zeitung – Tag für Tag ein Boulevardstück
1. Die „Kleine Zeitung“ lässt am 25.05. in einem Bericht über Tornados in den USA vier Tote sterben:
2. Wie man solche Fehler vermeidet, zeigt die Printausgabe der „Presse“ am 29.05. auf Seite 45:
3. Der ORF verwandelt am 12.04. Staatssekretär Sebastian Kurz im Interview zu einer Frau Schittenhelm (nach 4:20 min):
4. Nach dem Erdbeben in Japan war man bei Oe24.at so verwirrt, dass man seitdem die Erdrotation im gleichen Artikel für um 1,8 Mikrosekunden erhöht und weniger Zeilen darunter wieder für verkürzt hält:
Herzlichen Dank u.a. an Tom und Klaus für die Hinweise.
In der ZIB 24 vom 26.5. bekam man zur Verhaftung des ehemaligen Oberbefehlshabers der Armee der bosnischen Serben folgenden Satz zu hören:
Ratko Mladic, der Mann, der verantwortlich ist für das schlimmste Kriegsverbrechen in Europa seit dem 2. Weltkrieg.
Selbst bei diesem heiklen Thema gilt für den Angeklagten immer noch die Unschuldsvermutung.
Tatsache ist, dass sich Medien mit vorverurteilenden Aussagen zurückhalten müssen, bis das Urteil offiziell verkündet wurde. Dies gewährleistet dieser Paragraph des österreichischen Mediengesetzes.
Auch das International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia hat sich hier gegen eine Vorverurteilung und für die Unschuldsvermutung und einen fairen Prozess ausgesprochen.
Danke für den Hinweis an einen Leser.