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und schauen fern.

Kategorie: Kronen Zeitung

Heute, Österreich und die Krone berichteten über die gestiegenen Gefahren für AMS-Mitarbeiter, übertreiben dabei maßlos und vergleichen Äpfel mit Birnen. Um 163 Prozent sollen die Angriffe auf AMS Mitarbeiter laut den Boulevardblättern gestiegen sein. 163 Prozent – das klingt nach einem schlimmen Skandal: Nach „Horror-Statistik“ und „Telefon-Terror“.

horrorstatistikTatsächlich sind die Berichte aber kompletter Blödsinn. Das sieht man, wenn man sich die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage ansieht, aus der die Zahlen stammen.

Die Übergriffe werden hier in zwei Kategorien geteilt: Jene an der Telefon-Hotline und jene in den Geschäftstellen.

An der Hotline stiegen die verbalen Übergriffe in Wien tatsächlich von 82 auf 450 an – ein Plus von etwa 450 Prozent. Eine Fußnote an dieser Stelle verrät jedoch, dass Wien im Jahr 2015 die Erfassungsmethodik änderte. Und genau deshalb ist es Unfug die Zahlen miteinander zu vergleichen.

163Bis 2014 wurden nur dann Zahlen erhoben wenn ein Mitarbeiter sich bedroht oder persönlich beleidigt fühlte und dies von sich aus meldete. Ab 2015 ordnete das AMS an, über jeden Übergriff Statistik zu führen. Die Mitarbeiter wurden aufgefordert, wirklich jeden Vorfall zu dokumentieren, unabhängig von den persönlichen Empfindungen, wie ein Sprecher des AMS auf Rückfrage erklärt. Dadurch tauchen in der Statistik zwar viel mehr Fälle auf, es lassen sich jedoch keine Rückschlüsse darauf ziehen, wie sich der Alltag für die Mitarbeiter im vergangenen Jahr tatsächlich verändert hat.

In der zweiten Kategorie, den Geschäftstellen, sind die Angriffe in Wien um 40 Prozent gestiegen, auf 260 Fälle. Gemeint ist aber nicht nur körperliche Gewalt, sondern etwa auch mündliche und schriftliche Beschimpfungen. Eine Fußnote verrät auch hier, dass 137 dieser schriftlichen Angriffe nur eine Geschäftsstelle betrafen und „zum überwiegenden Teil einer Person zuzuordnen sind.“ Auch dieser Anstieg ist also kaum aussagekräftig. Die Krone und Heute erwähnen diese Person sogar, allerdings nur im direkten Zusammenhang mit den Angriffen, nicht jedoch bei der Interpretation des behaupteten Gesamtanstiegs.

Generell lassen sich von so kleinen Zahlen kaum handfeste Trends ableiten, wie genau solche Beispiele zeigen. Denn wenn eine einzige Person die Statistik derart verfälschen kann, wo bleibt dann die Relevanz?

100 von 111.026 Flüchtlingen – also nur 0,09 Prozent. So viele Flüchtlinge studieren laut Kronen Zeitung in Österreich an einer Universität. Eine auf den ersten Blick überschaubare Zahl. Doch sieht man genauer hin fällt auf, dass sich die „Krone“ die Zahlen nur zurechtbiegt, um einen falschen Eindruck zu erwecken.

krone-studenten-flüchtlinge

Welchen Eindruck das Blatt erwecken will, merkt man schon am giftigen Unterton. So fragt die Krone provokant, wie viele der zu uns geflüchteten „Hoffnungsträger aus Syrien, Afghanistan, aus dem Iran und dem Irak“ nun bereits an den Wiener Universitäten studieren, um „in Kürze Österreichs Wirtschaft zu beleben und uns allen Wohlstand und Pensionen auf Jahrzehnte zu sichern“. Die Antwort gab die Universitätsverwaltung der Krone per Mail: 100 Vertriebene sind derzeit Studenten. Die Krone setzt diese Zahl in Relation zu 111.026 Flüchtlingen (88.151 Asylwerber und 22.875 Asylberechtigte) und kommt so auf 0,09 Prozent. Diese Rechnung ist aber Unfug. Und das aus mehreren Gründen.

  1. Das Blatt schreibt explizit von Flüchtlingen, die „seit Sommer 2015“ nach Österreich gekommen sind. Das waren aber nicht 111.026, und auch nicht 88.151, sondern deutlich weniger.  Die rund 88.000 Asylanträge gab es nämlich im gesamten Jahr 2015.
  2. Die Krone bezieht sich auf Flüchtlinge jeden Alters. Allein von den 86.175 Asylsuchenden, die aktuell in Grundversorgung stehen, sind nach Angaben des Innenministeriums jedoch 28.183 minderjährig – also Personen, die noch gar keine Universität besuchen können. Zieht diese ab, kommt man auf 57.992 Asylsuchende, die theoretisch studieren könnten.
  3. Aber auch diese Zahl passt nicht. Im Artikel der Krone ist nämlich nur die Rede von „Wiener Universitäten“. Die Universitäten außerhalb Wiens finden keine Berücksichtigung. In Wien selbst sind nach Angaben des Fonds für Soziales Wien – Stichtag 2. Februar – 13.540 Asylsuchende im studierfähigen Alter in der Grundversorgung, wie Kobuk auf Anfrage erfuhr. Wenn die Krone schon ausschließlich von Wiener Universitäten spricht, müsste sich der Artikel also auf diese Zahl beziehen – 13.540, nicht 111.026.
  4. Von den Asylsuchenden(1) Asylberechtigten, die aus Syrien, Afghanistan, aus dem Iran und dem Irak nach Österreich gekommen sind, haben laut AMS durchschnittlich 23 Prozent bereits ein Studium abgeschlossen. Wenn wir der Einfachheit halber annehmen, dass Asylwerber ähnlich gebildet sind und dann die 23 Prozent von den 13.540 weg rechnen, kommt man auf 10.426 Flüchtlinge. Weil der Artikel von Asylsuchenden an Wiener Universitäten spricht, ist das also am ehesten die passenden Zahl, die in Relation zu den 100 studierenden Flüchtlingen gesetzt werden müsste.

Die Berechnung des Prozentsatzes der in Wien studierenden Flüchtlinge sieht nun so aus:

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0,96 Prozent ist zwar deutlich näher an der Realität als die 0,09 der Krone. Im Grunde ist aber auch diese Zahl nicht aussagekräftig. Denn wenn Flüchtlinge in Österreich studieren wollen, gibt es ziemlich viele Hürden. So muss man beispielsweise ausreichend Deutschkenntnisse nachweisen. Das kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld – der offizielle Vorstudienlehrgang der Wiener Universitäten kostet beispielsweise immerhin 465 Euro. Bei einer Grundversorgung von 40 Euro pro Monat in organisierter Unterkunft bzw. 320 Euro pro Monat für selbstständig wohnende Asylwerber sind solche Kosten keine Kleinigkeit. Die Krone ignoriert all das. Wer Stimmung machen will, lässt sich von Fakten eben nicht aufhalten.

Mitarbeit: André Marston Alvarez

* Zusatz

Die Krone schreibt von „88.151 Asylwerber und 22.875 Asylberechtigten“ und kommt so auf 111.026 Flüchtlinge. Der Einfachheit halber haben wir unsere Zahlen nur auf Asylwerber bezogen – für Asylberechtigte gelten die Argumente aber sinngemäß ebenso.

(1) In einer früheren Version bezogen wir den AMS-Kompetenzcheck irrtümlicherweise auf Asylsuchende. Tatsächlich ging es bei der Untersuchung jedoch um Asylberechtigte. Zum Bildungsstand von Asylsuchenden gibt es keine verlässlichen Daten. Wir bedanken uns für den Hinweis und bedauern den Irrtum

Krone-AsylwerberDie „Krone“ veröffentlichte am 11. Dezember 2015 einen Artikel unter dem Titel „Asylwerber begingen in 8 Monaten 8484 Straftaten“. Auf Basis einer parlamentarischen Anfrage berichtet das Blatt, dass im Jahr 2014 9513 strafbare Handlungen durch Asylwerber registriert wurden und 2015 bis August 8484. Die „Krone“ dividierte diese Zahlen durch die Anzahl der Tage (also 365 im Jahr 2014 und 240 Tage bis August 2015) und folgert daraus fälschlicherweise:

„Bezüglich der Gesamtzahl der Asylanträge ist das ein Anstieg  von 26 auf 35 Straftaten pro Tag“

Das stimmt zwar, berücksichtigt aber ein entscheidendes Faktum nicht: 2015 gab es viel mehr Asylanträge als 2014. Setzt man die Zahl der Asylanträge in Relation zu den Anzeigen gegen Asylwerber, sieht man: Die Kriminalitätsrate ist sogar rückläufig:

tabelle2

(Zahlen vom Innenministerium: 2014, 2015).

Pro Asylwerber gab es 2014 0,34 Anzeigen, 2015 waren es bis August hingegen nur 0,18 Anzeigen. Diese rückläufige Rate bestätigt auch der Sprecher des Innenministeriums, Karl-Heinz Grundböck, in einem Interview mit dem ORF.

* Grundsätzlich ist aber selbst die Gegenüberstellung dieser Zahlen nicht geeignet für die Erfassung der straffällig gewordenen Asylwerber. Denn die Zahl der Asylanträge spiegelt nicht unbedingt wider, wie viele sich zu einem Zeitpunkt tatsächlich in Österreich aufgehalten haben. Durch laufende Neuanträge und positive oder negative Bescheide schwanken die Zahlen täglich.

Die „Krone“ verschweigt außerdem, dass  durch eine Anzeige noch nicht von der tatsächlichen Schuld des Betroffenen gesprochen werden kann. Nicht jeder, der angezeigt wird, ist automatisch ein Verbrecher. Ein einzelner Asylwerber könnte außerdem auch mehrere Anzeigen bekommen haben, was die Zahlen ebenso verzerren würde (darauf weist aber auch die „Krone“ hin).

Aufgrund eines bemalten Passes durch einen 4-Jährigen sitzt ein chinesischer Vater angeblich am Flughafen in Südkorea fest. Das berichtet jedenfalls die Krone; die Quelle ist ein Tweet.

Bildschirmfoto 2015-11-07 um 20.03.59Wo soll man nur anfangen? Damit, dass dieses Märchen seit mindestes einem Jahr durch das Internet geistert? Oder damit, dass diese Story genau das nämlich ist: Ein Märchen.

Der Ursprung des Fotos dürfte Weibo sein, das chinesische Gegenstück zu Twitter. Im Frühling 2014 ging das Stück jedenfalls durch die Weltpresse. Bald darauf konnte man auf kotaku.com nachlesen, warum das Foto ziemlich sicher ein Fake ist:

  1. Kaum ein 4-jähriges Kind kann so detailliert zeichnen, wie auf dem Bild zu sehen ist.
  2. Durch das Zeichnen müssten Schmierspuren entstanden sein, da Pässe um scannbar zu sein, normalerweise mit einer Glanz-Folie versehen sind.
  3. Offensichtlich wurde der Pass mit einer Bildbearbeitungssoftware bearbeitet – ganz rechts hängt die Zeichnung in der Luft.
  4. Außerdem wurden wesentliche Daten wie der Name komplett ausgemalt – schon ein großer Zufall für eine Kinderzeichnung.

Das Wallstreet-Journal sorgte dann für Gewissheit: Die chinesische Botschaft in Seoul bestätigte dem Blatt, dass das Foto ein Fake sei. Das war vor mehr als 17 Monaten, und natürlich hätte das die Krone wissen können, wenn man ein bisschen gegoogelt hätte. Oder auch, wenn man die Antworten zum oben erwähnten Tweet gelesen hätte. Aber womöglich findet man ja auch gerade dort einen Hinweis, warum die Krone die Story trotzdem gebracht hat:

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weihnachtsfestIm August veröffentlichte die Kronen Zeitung auszugsweise ein Vernehmungsprotokoll der Wiener Magistratsabteilung 10, aus dem hervorgeht, dass eine Wiener Kindergärtnerin gekündigt worden sei, weil sie Weihnachten erklärt hatte.

Gestern wärmten Heinz-Christian Strache und Manfred Juraczka die Angelegenheit bei der Elefantenrunde auf ORF und Puls4 auf. Doch aus gutem Grund hat sowohl Krone als auch die Politik bislang darauf verzichtet, das gesamte Protokoll zu veröffentlichen. Denn es ergibt ein gänzlich anderes Bild.

Es zirkuliert seit Monaten in Journalistenkreisen – Zeit, es in seiner Gesamtheit öffentlich zu machen (Markierungen nicht von uns, Klick für Großansicht):

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Das Protokoll zeichnet das Bild einer Kindergärtnerin, die Kolleginnen zu religiösen und politischen Themen und mit Broschüren der Kaiser-Karl-Gebetsliga zu missionieren versuchte, das praktizierte Konzept gendersensibler Pädagogik oder auch Aktivitäten wie das „Gespensterfest“ nicht mit ihrer Rolle als Christin vereinbaren konnte und sich allgemein unkooperativ verhielt. Aus dem Protokoll geht übrigens nicht hervor, dass sie tatsächlich gekündigt worden wäre. Eine Tatsache, die auch Bürgermeister Häupl gestern in Abrede stellte.

Unter den 15 der Pädagogin vorgeworfenen Punkten findet sich allerdings in der Tat auch der von der „Krone“ veröffentlichte wörtliche Vorwurf, sie habe „Kinder über die Bedeutung des Weihnachtsfestes aufgeklärt“:

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Wenn man jedoch das vierseitige Protokoll kennt, drängt sich als Interpretationsmöglichkeit auf, dass es sich hier lediglich um eine unglückliche Formulierung handeln könnte, wie auch Stadtrat Oxonitsch im Krone-Artikel beteuert. So könnte beispielsweise gemeint sein, dass die Kindergärtnerin muslimische Kinder oder Zeugen Jehovas gezielt über Weihnachten aufklären wollte, also zu missionieren versuchte. Selbstverständlich werden in städtischen Kindergärten Weihnachten, Nikolo, Ostern und andere christliche Feiertage gefeiert, wie auf Wien.at nachzulesen ist und was auch eine kurze Umfrage unter Eltern in meinem Bekanntenkreis bestätigt.

Recherche ruiniert bekanntlich die beste Story und eine unglückliche Formulierung ist eben keine. Dass christliche Feiertage verdrängt würden, schon: Seit Jahren stellt die FPÖ zu jedem Advent die Behauptung auf, dass das Nikolofest aus den Kindergärten verdrängt würde. Und die Krone berichtet jedes Mal brav und wider (durch Recherche leicht zugängliches) besseres Wissen. Hier nur drei Beispiele aus den letzten Jahren:

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Interessant übrigens, dass die Krone die aus dem August stammende Geschichte mit der gekündigten Kindergärtnerin rechtzeitig zur Wien-Wahl am 27. September in der Krone Bunt und am 29. September auf den Leserbriefseiten aufwärmt.

Interessant außerdem, dass die Geschichte von Krone-Redakteur und Ex-Heute-Chefredakteur Richard Schmitt stammt und in ihr ÖVP-Chef Manfred Juraczka zu Wort kommt (der der Medienlogik entsprechend die Quelle des Dokuments sein dürfte). Exakt dieses Muster – Schmitt, Juraczka, fehlende Recherche – hatten wir schon einmal aufgedeckt.

Update:

Die Zeit im Bild 2 hat diesen Artikel aufgegriffen und zu einem Faktencheck gemacht:

Zib2 Faktencheck in Folge des Krone-Kobuks

Sagen Strache und die Kronen Zeitung die Wahrheit, wenn sie behaupten, eine Kindergärtnerin sei gekündigt worden, weil sie Weihnachten erklärt hat?

Die Zeit im Bild 2 hat aus unserem Kobuk-Artikel von gestern einen Faktencheck gemacht:

Posted by Kobuk on Tuesday, October 6, 2015

 

Anmerkung: In der ersten Version dieses Artikels war der Nachname einer Kollegin der betreffenden Pädagogin nicht geschwärzt. Diese Version war wenige Stunden online. Wir haben den Fehler korrigiert und bitten um Verzeihung.

Am Samstag ist ein 26-jähriger Österreicher mit einem Geländewagen durch die Grazer Innenstadt gerast, hat dabei 3 Menschen getötet und viele andere teils schwer verletzt. Obwohl der steirische Landespolizeidirektor noch am selben Tag einen terroristischen Hintergrund ausgeschlossen hat, versucht die Krone auch noch am nächsten Tag, die Tat irgendwie mit Extremismus in Verbindung zu bringen. Anders als mit der Agenda, Angst in der Bevölkerung zu verbreiten, kann man das kaum erklären.

So heißt es in einem Artikel vom Sonntag:

Laut derzeitigem Ermittlungsstand ist der 26-Jährige kein Mitglied einer Fanatikergruppe, dennoch trägt sein blindwütiges Vorgehen gegen völlig unbeteiligte Passanten auch die Handschrift eines Terroristen. Bei vielen „Krone“Lesern und Usern blieb so der schreckliche Gedanke: „Und wenn es doch Terror war und ‚die‘ uns nur beruhigen wollen…?“

Die Krone übertrifft sich hier selbst und nimmt ihren Lesern vorweg, was sie zu denken haben. Trotz eindeutiger Aussagen der Polizei muss so ein Verbrechen in der Welt der Krone offenbar im Zusammenhang mit Islamismus stehen. Hier werden vorgekaute Ressentiments in mundgerechten Häppchen für den Stammtisch serviert.

Ein weiterer Artikel aus der sonntäglichen Printausgabe:

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Die Krone stellt wirre Zusammenhänge her: Es wird Bildmaterial vom letzten Jahr verwendet, als es in Graz Razzien im Islamistenumfeld gab; der österreichische Verfassungsschutz-Direktor wird zum Charlie-Hebdo-Anschlag zitiert. Beides Themen, die nichts mit dem Grazer Amokfahrer zu tun haben. Dennoch werden sie erwähnt, um den Lesern das Gefühl zu geben, die Tat müsse einen extremistischen Hintergrund haben. Das i-Tüpfelchen ist aber der schlichtweg falsche Satz

Noch kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei dem gebürtigen Bosnier doch um einen Schläfer handelt…

Doch! Genau das wurde bereits am selben Tag vom Landespolizeidirektor ausgeschlossen. Eine solch direkte und eindeutige Aussage zu ignorieren kann man nicht als journalistische Ungenauigkeit bezeichnen. Hier muss man bewusste Tatsachenverdrehung vermuten.

Die „Krone“ argumentiert in ihrer Ausgabe vom 6. Mai mit einer Studie gegen die kürzlich von den Grünen angeregte Diskussion über eine Ringstraße der Zukunft. Bei dieser schon 2012 publizierten Studie handelt es sich um eine Veröffentlichung der KFZ-Lobby, die lediglich auf temporäre Sperren des Rings eingeht. Mit einer dauerhaften Verkehrsberuhigung, wie von der „Krone“ suggeriert, hat diese Studie nichts zu tun.

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In der Studie geht es ausschließlich um die Erhöhung der Schadstoffemissionen als Folge von vorübergehenden Straßensperren für ein bis vier Stunden, wie es bei Demos (wie z.B. jene der Plattform „Autofreie Stadt“) der Fall ist, welche die „Krone“ sehr häufig kritisiert.

In der Arbeit schätzt die Autorin die verursachten Mehremissionen, die durch Staus und Umleitungen aufgrund einer vorübergehenden Ringsperre entstehen. Dabei gelangt sie zum wenig überraschenden Ergebnis, dass es mit Sperre eines Abschnitts des Rings zu einer höheren Schadstoffbelastung kommt als ohne einer solchen Straßensperre.

Screenshot: krone.atDoch selbstverständlich würde eine Umgestaltung der Ringstraße mit einer umfangreichen Neuordnung der Verkehrsströme einhergehen und ist mit einer kurzzeitigen Straßensperre nicht vergleichbar.

Selbst die Autorin der Studie bestätigte mir gegenüber, dass für eine dauerhafte Sperre die Berechnungen mit anderen Randbedingungen durchgeführt werden müssten. Inhaltlich ist diese Studie für eine Argumentation gegen eine langfristige Umgestaltung mit einem dafür notwendigen Verkehrskonzept also völlig ungeeignet.

Laut dem „Krone“-Artikel handle es sich um zwei ExpertInnen der Technischen Universität (TU) Wien, die bereits vor Monaten sämtliche Folgen einer Sperre der Ringstrasse erhoben hätten. Die besagte Studie wurde allerdings bereits vor mittlerweile 40 Monaten veröffentlicht und kommt nicht von der TU. Der Herausgeber der Studie ist nämlich der Österreichische Verein für Kraftfahrzeugstechnik.

Bildschirmfoto 2015-05-07 um 12.52.11Der ÖVT schafft es nicht zum ersten Mal, dass über seine Studien in den österreichischen Medien prominent berichtet wird. Schon voriges Jahr haben wir aufgezeigt, wie APA, Heute & Co über eine dieser Lobbystudien berichteten, ohne dass für die Leserschaft eine journalistische Einordnung erfolgte.

Der Artikel merkt an, die Autorin der Studie würde „ganz ohne politisch motivierte Emotion“ erklären, „warum sich die Situation sicher nicht bessert“. Doch ganz im Gegenteil dazu setzt sich der ÖVK seit Jahren sehr intensiv für die Interessen der Automobilbranche ein. Der ebenfalls erwähnte achtzigjährige Hans Peter Lenz, dessen Vorsitzender, wird als „Motoren-Papst“ bezeichnet, der als Vorstand am Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik als strikter Verteidiger der Verbrennungskraftmaschine galt. Er behauptete beispielsweise auch,  dass es Tatsache sei, dass es keine vom Menschen verursachte Klimakatastrophe gäbe.

Die Krone trägt nichts zu einer demokratischen Debatte über eine umfassende Umgestaltung der Wiener Ringstraße bei. Vielmehr führt sie ihre LeserInnen absichtlich in die Irre.

Die Salzburg-„Krone“ hat in den letzten Monaten massiv Druck auf die Politik ausgeübt — mit einer Kampagne, die ihresgleichen sucht. Deren Hauptnutznießer ist die Spar-Gruppe, einer der größten Werbekunden der Kronen Zeitung.

„Jedes Bundesland würde sich glücklich schätzen, hätte es einen Europark, der mit dem Ausbau hunderte neue Jobs … schaffen will. Wer dies verhindert, treibt viele Familien in Verzweiflung und finanzielle Not.“

(Die „Krone“ über Shoppingcenter-Ausbaupläne von Spar)

Allein im ersten Quartal 2015 buchte Spar rund ein Fünftel aller ganzseitigen Inserate der Salzburg-„Krone“. Bei überregionalen Schaltungen entspricht das einem Listenwert von über 2,5 Millionen Euro.

Man ahnt die wirtschaftliche Machtposition gegenüber dem „unabhängigen“ Kleinformat. Anders ist kaum zu erklären, wie die „Krone“ in Salzburg den Streit um die Erweiterung des Spar-Einkaufszentrums Europark „journalistisch“ begleitet.


Eine Chronologie:

8. Jänner — Das schönste Einkaufszentrum der Welt

Die „Krone“ preist das Engagement der Konzerne für unser aller Wohl, Spar für gemeinsame Kämpfe und den Europark als „schönstes Einkaufszentrum der Welt“:

Der Europark wurde natürlich nie zum schönsten Einkaufszentrum der Welt “gekrönt”. 2007 erhielt er lediglich vom globalen Lobbyverband der Shoppingcenter einen Designpreis. Dieser nicht allzu exklusive Award ging im selben Jahr noch an sieben (!) andere Einkaufszentren (PDF). Im Gegensatz zur “Krone” wirbt der Europark auch “nur” mit “schönstem Shoppingcenter Europas”. Dabei beruft er sich übrigens auf ein 18 Jahre altes Architekturmagazin.

 

10. Februar — Diktaturen und Ausgangssperren

Um die Ortskerne zu stärken stoppt das Land Salzburg vorläufig alle Erweiterungspläne von Einkaufszentren. Die endgültige Entscheidung wird im April folgen. Die „Krone“ bringt ein doppelseitiges Interview mit den „starken Argumenten“ ihrer Anzeigengroßkunden Spar und XXXLutz gegen diese Maßnahme:

(Für Komplettansicht Ausriss anklicken)

 

Subtil verfeinert mit einem Kommentar, der diese politische Entscheidung mit „elenden Diktaturen“ und „totalen Ausgangssperren“ in Verbindung bringt:

 

11. Februar — Warnung vor dem Kommunismus

In der Sache wenig Neues, aber die Redaktion muss noch dringend eine Warnung loswerden. „Es geht Richtung Kommunismus“ in Salzburg — :

 

15. Februar — Die Politik darf Stellung beziehen

Niemand sage der „Krone“ einseitige Berichterstattung nach und in Interviews keine kritischen Fragen zu stellen. Daher heute ein großes Interview mit der verantwortlichen Landeshauptmann-Stellvertreterin und Raumordnungsreferentin:

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17. Februar — Vor dem Fasching

Niemand sage der „Krone“ zu viel Nähe zu den Objekten ihrer Berichterstattung nach. Daher beschränkt sich der Hinweis auf das Faschingsfest im Europark auf das Allernötigste: Nur eine rechte Seite, zwei unscheinbare Bilder und neutral distanzierte Formulierungen wie „das beliebteste Shopping-Center von Salzburg“ dokumentieren die Unabhängigkeit der Kronen Zeitung von ihren Inserenten:

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18. Februar — Nach dem Fasching

Es ist eine Unsitte am Boulevard, Themen zu verheizen und sich dann nicht mehr um sie zu kümmern. Die „Krone“ ist mit ihrer Nachberichterstattung zum Fasching im Europark eine löbliche Ausnahme. Und das süße Werbemodel hat vermutlich nur einen Krapfen gekostet:

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20. Februar — Spar Titelstar

Alte Regel am Boulevard: Die Seite eins verkauft das Blatt. Daher stehen hier immer klar verständliche Botschaften zu jenen Themen, die das Volk bewegen — außer man möchte jemandem eine Freude machen:

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Das Neue am Kommentar von „Jedermann“ ist heute das „Neo“, das er vor den Kommunismus setzt:

 

21. Februar — „Geben Sie Einkaufsfreiheit!“

Mittlerweile gemahnt die unabhängige Berichterstattung der Kronen Zeitung an eine Gehirnwäsche-Dauerschleife im Homeshopping-TV. Der Kommunismus trägt heute die Vorsilbe „Krypto“:

 

„Sir, geben Sie Gedankenfreiheit!“ lautet ein berühmtes Zitat aus Schillers „Don Carlos.“

Ich möchte es abwandeln […]: „Frau Dr. Rössler, geben Sie Einkaufsfreiheit!“

 

 

22. Februar — Susanne fühlt sich wohl

Heute eine sympathische Wohlfühlreportage aus dem Herzen des Europarks.

 

6. März — „Alle gegen die Rössler“

Die Politikerin, die Familien „in Verzweiflung und Not treibt“, kriegt jetzt auch eine Doppelseite, ohne extra zu bezahlen. Nur der Werbewert ist bei Spar-Doppelseiten irgendwie höher:

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Die Manager des „schönsten Shopping Centers der Welt“ (Bildtext einer unabhängigen Tageszeitung) dürfen endlich ihre Argumente in einem investigativen Interview auf einer Europark-Doppelseite darlegen. Das letzte „Interview“ mit ihnen ist immerhin schon 24 Tage her (siehe weiter oben), und da mussten sie sich den Platz noch mit XXXLutz teilen:

 

 

Und der unabhängige Kommentar warnt vor Skepsis gegen Spar:

Jedes Bundesland würde sich glücklich schätzen, hätte es einen Europark, der mit dem Ausbau hunderte neue Jobs […] schaffen will. Wer dies verhindert, treibt viele Familien in Verzweiflung und finanzielle Not.

 

 

7. März — Und wieder ein Interview

In Salzburg hat es sich herumgesprochen: Jeder, der für Spar ist, bekommt in der Kronen Zeitung „das große Interview“. Das letzte zu diesem Thema liegt ja auch schon wieder einen ganzen Tag zurück. Heute: Der Gewerkschaftschef.

Und die gute Nachricht für alle Fans der gepflegten Kommunismus-Kommentare: Die rote Gefahr ist zurück.

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10. März — Mailand war gestern

Die fetzigen Shops im Europark haben eine sensationelle Modeschau ihrer neuen Kaufkollektionen auf die Beine gestellt. Die „Krone“ war live vor Ort hat sich vom Center-Management Bilder schicken lassen (“Fotos: Europark/Wild & Team”) und berichtet in angemessenem Ausmaß. Seither ist es Traum aller Mädchen einmal im Europark für ein großes Label zu laufen:

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12. März — Doppelt hält besser

Das Redaktionssystem der Salzburger „Krone“ ist inzwischen neu konfiguriert. Sobald in einem Artikel der Begriff „Europark“ oder „Spar“ aufscheint, wird das Layout vollautomatisch auf Doppelseite umgestellt. Außerdem werden großformatige Fotos von Gebäude und Management eingefügt. Eine enorme Arbeitserleichterung:

 

21. März — Ganz ohne Kommunismus

Wieder ein ganzseitiger Artikel für den Ausbau. Diesmal aber zurückhaltender und seriöser als gewohnt. Neuer Stil der Redaktion? Nein, es handelt sich um ein offizielles Inserat von Spar:

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9. April — Hausverstand statt Studie

Die Politik präsentiert eine Studie, die „Krone“ ist wenig beeindruckt. Der Witz an der Geschichte: Vermutlich das einzige, wofür Spar hier gezahlt hat, ist das Mini-Inserat mit Sepp Forcher auf Seite 27:

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Die „Krone“ empfiehlt, statt Studien den Hausverstand zu bemühen (eigentlich Domäne von Billa):

Die laut Kronen Zeitung „lächerlich kleine Umwandlung von Lagerräumen“ ist in Wahrheit übrigens eine Erweiterung um satte 11.300 m², knapp ein Drittel der derzeitigen Verkaufsfläche und fast so viel wie die letzte Erweiterung „Europark II“ mit 12.250 m².

Freche Reporter könnten da den Spar-Chef ja mal fragen, wie er es heute mit seinen Beteuerungen von 2005 hält:

Es ist kein Ziel, immer wieder auszubauen, sonst wird es eine Gstätten und ein kommerzieller Misserfolg. Wir wissen, wann es genug ist.
(Spar-Chef Gerhard Drexel, Salzburger Nachrichten 25.01.2005)

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10. April — „Verhöhnung von Joblosen“

Die Kronen Zeitung bemüht sich um eine Versachlichung der komplexen Debatte. Immerhin hätte sie auch schreiben können: „Wer gegen den Europark ist, quält auch kleine Hundebabys.“ Außerdem verstärkt sie ihre Kampagne gegen die Autoren der Studie, die dem Ausbaustopp mit zugrunde lag:

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15. April — Das Wunder von Salzburg

Die Landesregierung hält geschlossen dem monatelangen medialen Dauerfeuer stand. Die Dreierkoalition aus ÖVP, Grünen und Team Stronach lehnt sechs große Erweiterungen von Einkaufsflächen endgültig ab. Für die erfolgsverwöhnte „Krone“ steht sprichwörtlich die Welt Kopf:

 

Über ihr Krone-versum hat sie aber noch Kontrolle und so kommen auf drei Seiten Bericht im Blattinneren ausschließlich empörte Gegner dieser „willkürlichen“ Entscheidung zu Wort:

2015-04-15_Krone_Sbg_S1_Europark_Empoerung_ueber_Baustopp

2015-04-15_Krone_Sbg_S16f_Europark_Land_auf_Kopf_gestellt2015-04-15_Krone_Sbg_S18_Europark_Chef_fassungslos

 

16. April – Jetzt erst recht

Die Politik hat entschieden, aber es ist noch lange nicht vorbei:

2015-04-16_Krone_Sbg_S1_Europark_Urteil_war_Fehler2015-04-16_Krone_Sbg_S20f_Europark_Erfolg_wird_nicht_verziehen_HPH_cut

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In ihrem Kommentar sieht sich die „Krone“ in einer Art Schicksalsgemeinschaft mit Spar:

„Erfolg ist ja das Letzte, das einem in Österreich verziehen wird“, meinte ich bei unserer „Krone“-Gala im Hangar 7.

Und wer hielt bei besagter Gala vor fünf Monaten freundlich die Jubiläumsausgabe der Salzburger Kronen Zeitung in die Kamera? Richtig, der Vorstandsvorsitzende des Milliardenkonzerns Spar „und Gattin Andrea“:

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Alles eine große Familie.

 

17. April – Die Kampagne gegen die Studie geht weiter

Am 14. April zeigte sich Spar in einer großen Presseaussendung über Gefälligkeitsjournalismus „über Gefälligkeitsgutachten schockiert“. Drei Tage später stehen die Kerninhalte der Spar-Aussendung auf dem „Krone“-Titelblatt samt doppelseitiger „Aufdecker-Story“. Ergänzt um eigene Recherchen, die sensationell enthüllen, dass die Studienautoren nicht zum ersten Mal ein Shoppingcenter kritisch beurteilt haben:

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Der Erfinder der amerikanischen Shopping-Mall, wie wir sie kennen, war übrigens ein Österreicher. Der in die USA emigrierte Victor Gruen meinte zu dem Thema:

„Ich werde immer wieder der Vater der Shopping Mall genannt. Ich möchte die Gelegenheit nützen, diese Vaterschaft zurückzuweisen. Ich weigere mich, Alimente für diese Bastardprojekte zu zahlen. Sie haben unsere Städte zerstört.“

 

18. April — Die Opposition wird eingespannt

Die „Krone“ hat einen Oppositionspolitiker in den Europark geleitet begleitet, um die Expansions-Argumente der Spar-Presseabteilung noch einmal in Zeitungsform zu gießen. Darunter glänzt ein Interview des Spar-Chefs mit investigativen Fragestellungen:

Herr Dr. Drexel, was stört Sie am meisten? […] Braucht der Europark die Erweiterung wirklich so dringend? […] Wie geht es jetzt weiter?

Und die Chefredaktion beklagt den politischen Einfluss eines „Papierls“ — sie meint nicht ihr eigenes.

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19. April — Diktat der Konzerne

Das ist eigentlich eine „Krone“-Schlagzeile zu TTIP — aber die muss einfach hier rein:

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Eine Seite nach ihrem „Nein zum Diktat der Konzerne“ schreibt die „Krone“:

[Erweiterungsgegner] möchte[n] das Rad der Zeit zurück drehen und die wirtschaftliche Entwicklung in Salzburg wie im Kommunismus regeln. […] Die rapide Entwicklung von Einkaufszentren kann nicht als Flächenwahn bezeichnet werden. Und der Europark des […] SPAR-Konzerns zeigt es vor wie Umwelt-Anliegen erfüllt werden […] Lasst den Europark und das Outlet ausbauen!

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Auf den Folgeseiten schalten dann sowohl die Grünen als auch Spar teure ganzseitige Inserate, um ihre Sicht darzulegen:

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Man kann’s auch so sehen: Die „Krone“ gewinnt immer.

 

Ausblick

Die Schlacht wird wohl weitergehen. Aufgabe der Medien wäre es jedoch, sachlich und frei von Eigeninteresse zu berichten. Den demokratischen Prozess zu unterstützen, indem sie den Beteiligten ein faires, öffentliches Forum bieten, zu dem der Zugang nicht über die Anzeigenabteilung erfolgt.

Die Realität sieht nicht nur in Salzburg anders aus. So haben im Februar deutsche Konzerne (!) eine Initiative gestartet, um die beängstigende Einflussnahme, die ihnen Medien erlauben, freiwillig zu beschränken. Der Vorsitzende dazu:

Unternehmen können heute in einem Ausmaß redaktionelle Berichterstattung kaufen, wie das früher völlig undenkbar war. Und sie machen davon Gebrauch.

 

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Die Titelstory der Kronen-Zeitung vom 19. Dezember behauptet eine „Explosion“ der Kriminalität, obwohl diese in den letzten zehn Jahren rückläufig war. Selbst der Trick eines „Langzeit-Vergleichs“, bei dem Zahlen aus dem Jahr 1996 mit den aktuellen Zahlen (PDF) verglichen wurden, ergibt unter Berücksichtigung des Bevölkerungswachstums nur einen Anstieg von rund 6% in 17 Jahren, also weit entfernt vom behaupteten explosionsartigen (also exponentiellen) Anstieg. Doch auch dieser Vergleich hat einen Haken.

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Denn vergleicht man die Statistiken von 1991 bis 2013, sieht man, dass die Kriminalität in Österreich im Jahr 2000 rapide anstieg und seitdem eher rückläufig ist. Das ist auf einen Systemwechsel bei der Erfassung der Straftaten zurückzuführen. Vor dem Jahr 2000 erfolgte die Zählung der angezeigten Straftaten auf fehleranfälligen Datenblättern, sogenannten “Stricherllisten”, seitdem wird elektronisch erfasst. Das Bundesministerium für Inneres vermerkte im Jahr 2001 zu diesem Systemwechsel:

Ein Vergleich mit der bisherigen polizeilichen Kriminalitätsstatistik ist daher nicht aussagekräftig.

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Grundsätzlich sind Kriminalitätsstatistiken mit Vorsicht zu genießen, beispielsweise da die Zahl von Anzeigen nicht mit der Zahl von tatsächlichen Straftaten korrelieren muss. Ein Artikel des „Guardian“ hält solche Statistiken für „bedeutungslos“ und würde sie am liebsten verbannen. Es gibt auch zahlreiche wissenschaftliche Artikel, die sich mit dem Thema der Glaubwürdigkeit von Kriminalstatistiken beschäftigen und diese oftmals in Frage stellen.

In der „Kronen Zeitung“ wurde im Dezember behauptet, dass Russland Teile seines „Goldschatzes“ verkauft hat, um in der Krise die eigene Währung zu stützen. Wie sich herausstellt, ist dies jedoch eine Falschmeldung. Die russische Zentralbank hat lediglich Fremdwährungsreserven veräußert, nicht aber das Edelmetall.

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Im Artikel werden als Quelle Berichte von Yahoo Finance und Business Insider UK genannt. Geht man diesen nach, findet sich bei beiden gleich zu Beginn eine Klarstellung aus der Redaktion, dass es sich bei den angeblichen Goldverkäufen um eine Falschmeldung handelt und dies entsprechend korrigiert wurde.

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Bei der „Kronen Zeitung“ hat man – wie dort üblich – auf so eine Klarstellung verzichtet, auch online findet sich der falsche Bericht einen Monat später weiterhin.

Der Redakteur der Krone hat zudem bereits eine „Folge“ der nicht statt gefundenen Goldverkäufe eruiert, nämlich dass der weltweite Preis des Edelmetalls nun deshalb sinke. Der im Artikel genannte Höchstwert von 1390 Dollar stammt aber bereits aus dem März 2014, also nicht aus unmittelbarer Vergangenheit. Dieser erklärte Zusammenhang ist deshalb genauso erfunden wie schlichtweg falsch.