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Kategorie: Der Standard

DerStandard.at berichtet über die gescheiterte BAWAG-Volksbanken-Fusion am Donnerstag Abend mit Hinweis auf die Printausgabe am Freitag.  ORF.at zitiert jedoch erst die Montagausgabe. Doch nicht jeder freie Tag ist ein Sonntag.

Die Presse berichtet ebenfalls unter Berufung auf den „Standard“, allerdings auch mit Bezug auf die APA. Wie passt dies mit der Meldung von ORF.at vom gleichen Tag zusammen, wonach von „der APA bis dato keine Stellungnahme“ vorliege?

Korrektur: Im Artikel steht „gegenüber das APA“, also kein Problem.

Krone.at schafft es wiedermal eine Geschichte nur mit kleinen Informations-Häppchen zu schmücken. Beim Lesen dieses Berichts tauchen viele Fragezeichen auf. Alle Fragezeichen die in dem Bericht von krone.at auftauchen sind unten angeführt. Um die offenen Fragen zu klären wurde, in diesem Fall, der Bericht mit standard.at verglichen.

Wieso Krone.at nicht ausführlich und mit ALLEN Fakten berichten kann, wird wohl weiterhin ein Rätsel bleiben.

Zum Nachlesen: Krone.at
Zum Verstehen: DerStandard.at

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Hier eine verkürzte Rekonstruktion des Tatvorganges laut Krone.at und DerStandard.at:

Krone.at: Ein 22-Jähriger Zeitungsverkäufer kommt um 1:45 früh an die falsche Adresse.
Frage: Was sucht ein Zeitungszusteller um 1:45 Uhr vor dieser Türe?
Information von DerStandard.at:

Ein Zeitungszusteller war auf der Suche nach einer bestimmten Zustelladresse.
Weil er mit der Örtlichkeit nicht vertraut war, ist er gegen 2.00 Uhr in die Hauseinfahrt des Pensionisten gefahren, um sich zu orientieren.

Krone.at: Er wird mit einer Pistolen – Attrappe verjagt.
Frage: Ohne Grund wird jemand mit einer Pistolen – Attrappe bedroht?
Information von DerStandard.at:

Der Zeitungsausträger habe dann das Seitenfenster geöffnet und sei mit einer Pistole bedroht worden.

Krone.at: Nachdem der Mann die Polizei verständigt hat, kommen diese ohne Blaulicht und ohne Dienstkappen zu dem Haus des Pensionisten.
Frage: Fehlt die Dienstkappe kann man einen Polizisten nicht mehr erkennen?
Information DerStandard.at: DerStandard.at hat über diesen Teil nicht geschrieben.

Krone.at: Der Pensionist hat nun die Pistolen Attrappe gegen eine Walther-P38-Replika getauscht und hielt diese zum Boden gerichtet als er die Tür öffnete.
Frage: Zum Boden gerichtet? Wieso sollte dann geschossen werden?
Information Standard.at:

Die Beamten forderten ihn mehrmals auf, stehen zu bleiben und die Waffe abzulegen. Dem kam er aber nicht nach. Auch auf erneute Aufforderungen reagierte er nicht. Einer der Polizisten gab schließlich einen Warnschuss in den Boden vor dem Haus ab.

krone.at: Nach einer heftigen verbalen Auseinandersetzung eröffnete einer der beiden Polizisten das Feuer. Der erste Schuss fiel und darauf wachte der Enkelsohn des Pensionisten auf. Er stürmte aus dem Bett und rannte vom ersten Stock in das Erdgeschoss. Darauf fiel zweite Schuss. Der zweite Schuss hätte auch den Sohn treffen können, der zum Opa lief.
Frage: Wo kommt jetzt der Sohn her?
Information DerStandard.at: Hier kommt kein Sohn vor.

Die „Geschichte“ von Krone.at zeigt Informationslücken auf. Die meisten können durch den Bericht von DerStandard.at beantwortet werden.


Das ist aber auch kompliziert mit diesen Gewichtsangaben:

Nachdem, wie von uns bereits berichtet, DerStandard.at bei einem Artikel über die Ölpest im Golf von Mexiko und die in diesem Zusammenhang verwendete schwere „Stahlglocke“ ein falsches Gewicht von 64 Tonnen angab, ziehen nun weitere Medien nach und liefern übertriebene Daten:
Bild.de spricht von 125 Tonnen und Spiegel.de von 113 Tonnen. Krone.at bekommt zwar das Gewicht mit 100 Tonnen richtig hin, macht dafür allerdings die Glocke 3 Meter höher.

Über Gewicht und Maße dieser Stahlglocke lässt sich aber schwer diskutieren. Es stellt sich also die Frage, warum nicht einfach die von BP selbst angegeben Daten verwendet werden.

Bild: © BP p.l.c.

Update: Selbst BP veröffentlicht mittlerweile unterschiedliche Angaben zum Gewicht der Glocke. Obwohl noch vor einer Woche in einer Presseerklärung von 100 Tonnen gesprochen wurde, ist in einem aktuellen „Fact Sheet“ das Gewicht mit 125 Tonnen beziffert.

Vielen Dank an Kobuk Leserin Annie.

Screenshot: derstandard.at

Die Stahlglocke, die auf dem Bild zu sehen ist, soll laut BP über das Bohrloch vor dem Golf von Mexiko gestellt werden, um das auslaufende Öl aufzufangen und anschließend abzupumpen. Auf der Seite von BP steht dazu Folgendes:

The 40x24x14 feet steel vessel, which weighs almost 100 tons, is expected to be lowered to the seabed today.

Auf DerStandard.at findet man jedoch, wie auf dem Screenshot links zu sehen ist, Informationen über eine 64 Tonnen schwere Betonkonstruktion – logisch, denn ohne Stahl ist das Ding wahrscheinlich auch leichter.

Natürlich ist es kein tragischer Fehler, und natürlich wäre er durch einen kurzen Check gefunden und ausgebessert worden, aber dann hätten wir Kobuks ja nichts mehr zu tun.

Manchmal ist das richtige Bild, oder eben dessen richtiger Einsatz, gar nicht so einfach, wie folgende kleine Liste zeigt:

Beispiel eins: In der Redaktion von Heute.at wusste man zwar, wie man ein (recht wenig sagendes) APA-Bild des einen Artikels bei einem anderen wiederverwendet, jedoch nicht mehr, wie man die Bildunterschrift verändert:

Beispiel zwei: Die folgenden Screenshots sind alle von verschiedenen Portalen über die selbe Story. Während man auf CNN und BBC eine kleine Bildunterschrift spendiert, die die abgebildete Person korrekt als das Opfer auszeichnet (wobei man es im BBC-Artikel auch für dessen Anwalt halten könnte), wird auf Oe24.at durch eine als Bildunterschrift interpretierbare Überschrift der Eindruck vermittelt, als handle sich bei der abgebildete Person um das Opfer und nicht den Täter:

Beispiel drei: Dass ein Bild einem Artikel inhaltlich nahe steht, muss jedoch auch nicht immer sein, wie DerStandard.at zeigt. Die Nascar-Autos zum Artikel über eine neue DSL-Technologie mögen zwar die Assoziation „Auto = Geschwindigkeit“ auslösen, so ganz überzeugt das Bild jedoch nicht.

Wer weitere Beispiele einer „Text-Bild-Schere“, kann uns gerne einen Hinweis geben, den wir dann in späteren Updates berücksichtigen!

Die Verbindung „Sexualmoral der Mullahs“ und „Pille danach“: Geniestreich der Werbung oder einfach nur Situationskomik?

Abb.: Bildschirmfoto der Startseite von https://dastandard.at vom Freitag, 23. 4. 2010 um 21:30h

Da erlaubt sich jemand einen Spaß und erstellt unter Osama Bin Lah Den ein Profil auf Facebook. Der Nachrichtenagentur AFP ist Sensation der Sperrung des Profils durch Facebook eine eigene Meldung wert, mit dem überraschenden Zusatz:

Das Unternehmen geht allerdings nicht davon aus, den El Kaida-Chef persönlich als Mitglied zu haben.

Als eine der wenigen deutschsprachigen Medien war diese Meldung DerStandard.at einen Artikel wert. Danke, das sind die News, die wir täglich brauchen!

Nachricht (Journalismus)
„Die Nachricht ist eine journalistische Darstellungsform und teilt eine Neuigkeit mit […].“

Boulevardisierung
„[…] Die Auswahl der Nachrichten orientiert sich […] nicht mehr ausschließlich an journalistischen Aktualitätskriterien […].“

Update: Da habe ich ORF.at Unrecht getan, ein ganz wenig. Denn diese Boulevard-Meldung ohne Newswert wurde ihm offenbar — man höre und staune — von der APA als Nachricht verkauft. Und der Standard hat da natürlich auch zugeschlagen.

Ich gratuliere Seppi und Burli aus der Sportredaktion zum Schlagzeilen-Namen Fischi für die frischgebackende Olympiasiegerin Andrea Fischbacher. D’Fischbocherin wäre ja zu lang gewesen, und seit Schlieri, Kirchi, Dorfi, Walchi, Meisi, Lizzi und Goldi ist bekannt: Babysprache gehört zum Wintersport wie Boxenluder zur Formel 1.

Siehe auch bei Zib21 und Nömix.

Es gibt eine merkwürdige Symbiose zwischen den Richard Lugners und Paris Hiltons dieser Welt und dem Boulevard: Erstere liefern Klatsch, Bilder und Aufreger und bekommen dafür ein bisschen Aufmerksamkeit. Ob die Story stimmt oder Relevanz hat, ist zweitrangig, solange sie beim Leser Emotionen weckt.

kimschmitz

Wie heiß auch weniger boulevardeske Medien wie DerStandard.at und die Süddeutsche Zeitung auf solche Nicht-Nachrichten sind, zeigt die Geschichte des angeblichen Wiederauftauchens des Schon-vor-10-Jahren-C- und heute F-Promis und selbsternannten Hackers Kim Schmitz. Er soll in Neuseeland ein teures Haus erworben haben.

Die Quelle ist – wie bei Geschichten rund um Schmitz auch früher schon – denkbar fishy. DerStandard.at schreibt: „Wie die Süddeutsche Zeitung in Berufung auf ein neuseeländisches Blatt berichtet..“ Diese neuseeländische Zeitung wiederum hat die Information aus allererster Hand:

A source who wishes to remain anonymous said Kim Schmitz was the man behind an arrangement including a long-term lease of the 24.3ha estate, and sale once the lease expires.

Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, dass dieselbe „anonyme Quelle“ auch die Süddeutsche auf den neuseeländischen Artikel hingewiesen hat.

BildBlog, wo die Herkunft der Geschichte dokumentiert wurde, nennt das treffend „Gerüchterstattung“. Das („Hacker-Legende taucht wieder auf“) erinnert mich auch an das Google-Kronstorf-Gerücht, das DerStandard.at 2008 zur Tatsache adelte. (Was sie schlussendlich auch war, aber das tut nichts zur Sache.)