Krone-Autor Michael P. hat ein seltsames Verhältnis zu Resozialisierungseinrichtungen. Die eine Woche schreibt er sie in den Himmel, preist in schillernsten Farben den „Luxus hinter Gittern„. Die andere Woche schreibt er sie zur Hölle auf Erden herbei. Beide Male fabriziert er hanebüchenen Unsinn.
Ausgangspunkt war diesmal die Entscheidung des Landesgerichts Eisenstadt, einen 14-jährigen Straftäter in ein Internat für schwer erziehbare Jugendliche in den USA zu schicken — „The Glen Mills Schools“ in Pennsylvania.
Diese Einrichtung versteht sich nicht als „Boot Camp“, sondern verfolgt den Ansatz der Peer-Education. Den Jugendlichen werden keine zweifelhaften Autoritäten vorgesetzt, die mit Druck, militärischem Drill und Repression arbeiten. Vielmehr wirft man sie in eine Art „Gang“ Gleichaltriger. Allerdings eine mit gesellschaftlich erwünschten Normen und Werten. Die Problemkinder bekommen hier eine Ausbildung, müssen gemeinsame Ziele erreichen, lernen in Gruppengesprächen Konfliktsituationen zu meistern und Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Bei entsprechenden Fortschritten ist ein Aufstieg in der Hierarchie mit entsprechenden Privilegien möglich. Bei Rückfall in unerwünschte Verhaltensmuster folgt sozialer Abstieg in der Gruppe und im Erziehungsprogramm.
Soviel ganz grob zum nicht völlig unumstrittenen Glen Mills-Konzept.
Weitere Einblicke gibt es hier oder in diesem Video.
Und so hat die Kronen Zeitung am Sonntag ihren (tlw.) zahlenden Lesern die Geschichte erzählt:
[…] Strafzellen, Isolationshaft und täglicher Drill […]
In den Staaten heißen sie „amerikanische Gulags“ […] Jetzt hat auch die österreichische Justiz diese Besserungs-Camps für sich entdeckt.
„Sir, yes Sir“ — das bleibt vielleicht der einzige Satz, den der 14-jährige […] risikolos sagen darf.
[…] Die Zeit hinter Gittern [in Österreich] wird dem Schwererziehbaren […] wie das Paradies vorkommen, zumindest im Vergleich zum Tagesablauf in „Boot Camps“ […]
Denn die Camps sind in vielen Punkten schlimmer als die Armee. Die Jugendlichen werden rund um die Uhr angebrüllt, oft herrscht Redeverbot, es gibt Isolationshaft und Fußketten.
[…] durch die harten Züchtigungsmethoden verlieren die Insassen schnell die Nerven, erleiden Kreislaufzusammenbrüche. 30 Teenager sind seit 1980 in elf Staaten bereits ums Leben gekommen.
PS: oe24.at vergaloppiert sich in seiner Meldung weniger tief ins Reich der Fantasie, steuert aber wie gewohnt das schönste Symbolbild bei… Nein, der „Burgenländer kommt [nicht] in diese amerikanische Umerziehungsanstalt [in North Carolina]“.
2 Kommentar(e)
Anderes Medium, aber ebenfalls #Journalismus #fail: Und da war dann auch noch das: ‚Oscar-Sieger Waltz GEHEIM in Wien‘,titelt das Kaeseblatt | Und so geheim ist GEHEIM: https://2big.at/6u7
Großartig, danke für den Tipp! 🙂