Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Im wöchentlichen auf Papier gedruckten Fernsehprogramm „TV Media“ der Verlagsgruppe NEWS findet sich auf Seite 142 der Ausgabe 7/2014 ein nicht gekennzeichnetes UPC-Inserat:

 

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Außer der Tatsache, dass die darauf zu Wort kommende Sandra Zotti als UPC-Chefredakteurin bezeichnet wird, finden sich keinerlei Hinweise und schon gar keine Kennzeichnung im Sinne des österreichischen Mediengesetzes § 26, dass es sich um bezahlte Werbung handelt. Im Gegenteil, Aufmachung und Art des Inhalts sind jenem der nächsten Seite sehr ähnlich. TV-Media-Chefredakteur, Hadubrand Schreibershofen, kommentierte das, telefonisch um Stellungnahme gebeten, so:

Der Inhalt wird vom Kunden so angeliefert. Diese oder ähnliche UPC-Seiten gibt es doch schon seit Jahren!

Ähnlich auf Seite 150 derselben Ausgabe:

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Aufmachung und Stil entsprechen auch hier – mangels Kennzeichnung rechtswidrig – dem Layout des restlichen Magazins. Leser und Leserinnen können somit nicht erkennen, dass es sich um Werbung handelt.

Die „Salzburger Nachrichten“ beweisen in der Wochenendausgabe vom 11. Jänner höchste Pietätlosigkeit. Der schwere Trainingssturz des Skispringers Thomas Morgenstern wird dort durch sechs Serienbilder übertrieben deutlich illustriert.

Zur Erinnerung: Am 10. Jänner fanden in Bad Mitterndorf auf der Skiflugschanze „Kulm“ die Trainingssprünge des ÖSV statt. Thomas Morgenstern stürzte während des Sprungs und fiel mit der Kopf- und Rückenpartie voran auf die Piste.

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Diese Abbildungen sind aus ethischer Sicht wohl äußerst strittig, da Morgenstern zu diesem Zeitpunkt mit einer schweren Schädelverletzung auf der Intensivstation lag. Ob und welche Folgeschäden er haben würde, war damals noch völlig unklar. Die Salzburger Nachrichten druckten Bilder, die zeigen wie Morgenstern mit verdrehten Gliedern bzw. auf dem Gesicht die Piste hinunterrutscht. Mit „Information“ hat das wenig zutun.

Wer sich selbst ein Urteil machen möchte: Einen unverpixelten Scan der Salzburger Nachrichten gibt es hier.

Wir haben in dieser Sache den Presserat bereits um eine Stellungnahme gebeten.

Eines muss man der „Krone“ lassen: Wenn sie sich in ein Thema verbissen hat, bleibt sie hartnäckig dran. Mit beinahe allen Mitteln. Da werden Zusammenhänge herbei fantasiert, Quellen unsauber angegeben und Menschen pauschal verurteilt. Dieses Mal im Visier: Die ominöse „Bettelmafia“.   
Die Story ist eingängig und wird seit Jahren nicht nur vom Boulevard verbreitet: Eine osteuropäische Bettelmafia zwinge verarmte Menschen auf heimischen Straßen zu betteln. Von diesem Geld leben die „Bosse“ in den Heimatländern in Saus und Braus. Beweise dafür sind bis heute rar. Natürlich sprechen sich zwar auch arme Menschen ab und „organisieren“ etwa eine gemeinsame Fahrt und Unterkunft. Mafiöse Strukturen im großen Stil konnten allerdings auch in wissenschaftlichen Arbeiten nicht nachgewiesen werden. Fakten scheinen für die Krone aber ohnehin zweitrangig zu sein – wie eine Artikelserie im Jänner zeigt.

Krone SBG Bettler-Bosse leben in Villen 2014-01-19_Krone_Sbg_22 2014-01-20_Krone_Sbg_10 2014-01-20_Krone_Sbg_11 2014-01-21_Krone_Sbg_20 2014-01-21_Krone_Sbg_21

Den Anfang macht die Salzburger Krone am 19. Jänner. Dort kommt ein rumänischer Botschaftsrat zu Wort, der über die Existenz einer Bettelmafia erzählt. Für die Krone sind das bereits unumstößliche Tatsachen.

Schon am folgenden Tag legt die Zeitung nach und liefert die passenden Bilder zu den Aussagen des Botschaftsrates. Sie stammen aus dem rumänischen Dorf Buzescu und wurden von „National Geographic Deutschland“ aufgenommen. Zu sehen sind posierende Kinder, die nicht gerade einen sympathischen Eindruck machen, und bizarr anmutende Villen in kitschigem Prunk.

Villen in Rumänien

Für die Krone ist klar:

„Ihre Besitzer sind Roma. Clans, die verarmte Menschen zum Betteln ins reiche Westeuropa schicken und auch noch mit „Metallhandel“ ihr Geld machen.“

Den Zusammenhang zwischen den Bildern aus Buzescu und Bettlern in Österreich stellt aber nur die Krone her, denn der Autor des National Geographic-Artikels Tom O‘Neill erwähnt das Thema Betteln mit keiner Silbe. Im Gegenteil: Dort steht, das Geld sei mit Altmetallhandel nach dem Zusammenbruch des Kommunismus verdient worden. Nicht nur, dass die Krone einen Zusammenhang zwischen den Bildern und einer Bettelmafia behauptet, sie suggeriert auch noch, dass es sich dabei um das Rechercheergebnis der deutschen Kollegen handelt. 

Armenpfarrer Pucher in der Krone

Immerhin lässt die Salzburger-Krone in ihrem nächsten Artikel am 21.1. die „Gegenseite“ zu Wort kommen, in Gestalt des „Armenpfarrers“ Wolfgang Pucher aus Graz. Er bestreitet die Sichtweise der Krone vehement.

Und doch ist die Artikelserie in der Salzburger-Krone nichts im Vergleich mit der Oberösterreich-Ausgabe wiederum einen Tag später, am 22.1. Denn die Linzer Redaktion betätigt sich als journalistischer Resteverwerter und formt aus den haltlosen Behauptungen der Salzburger-Krone einen eigenen Bericht, bei dem man den Eindruck bekommt, die Zeitung selbst habe nach langer Recherche endlich die Bosse der Bettelmafia überführt.

 

Wieder verwendet man die eigentlich harmlosen Bilder von „National Geographic“. Plötzlich scheint die Krone aber zu wissen:

„Diese Villen werden mit Bettlergeld finanziert.“

OÖ-Krone OÖ Krone 2

Als Fotocredit liest man „Krone“. Ein Hinweis auf „National Geographic“ oder Metallhandel? Keine Spur.

Ungeachtet dessen, wie die fotografierten Villen tatsächlich finanziert werden, ob es in Zusammenhang mit der Armutsmigration auch kriminelle Strukturen gibt und inwieweit osteuropäische Bettler Opfer solcher Strukturen sind: Augenscheinlich ist der Krone beinahe jedes Mittel recht, um die Ressentiments in der Bevölkerung und den Mythos der Bettelmafia weiter zu bedienen.

Das zeigt auch die Wiener Ausgabe am 23.1. Am Titelblatt heißt es:

2014-01-23_Krone_Wien_01xTatsächlich geht es im Artikel um einen Vater, der seine Kinder an einem Bahnhof in Wien aussetzte. Ein tragischer Fall, keine Frage. Was das aber mit einer „Mafia“ zu tun haben soll, das weiß vermutlich nur die Krone.

Meistens beglückt das ProSieben-Magazin „taff“ ja mit leicht verdaulichen Lifestyle- und Promi-Geschichten. In der Ausgabe vom 6. Jänner (ca. ab Minute 7 Der Beitrag ist mittlerweile offline. Siehe Update ganz unten) thematisiert „taff“ mit einem Beitrag über die vermeintliche „Bettelmafia“ aber recht schwere Kost – und verblüfft dabei mit haltlosen Anschuldigungen, Kriminalisierung und völlig fehlender Objektivität.

Bildschirmfoto 2014-01-19 um 17.37.25

In der Reportage sollen Bettler in München mit versteckter Kamera überführt werden, Teil der „Ostblock-Bettelmafia“ zu sein, welche „taff“ zufolge Deutschland derzeit „überschwemme“. Der „Plan“ dieser Bettler sei einfach:

„Verstümmelung und traurige Hundeaugen – die verursachen bei uns ganz schnell Mitleid, und sie öffnen ganz schnell unseren Geldbeutel.“

Im Beitrag wollen die Reporter eine vermeintlich kriminelle Bettler-Bande ausgemacht, und auch einen handfesten „Beweis“ für deren Kriminalität gefunden haben:

„Ob sie (Die Bettler-Bande, Anm.) wirklich bedürftig sind, darf bezweifelt werden, immerhin hat der Mann im roten Ski-Anzug ein Handy!“

Bildschirmfoto 2014-01-19 um 17.55.28

Von nun an unterstellen die Reporter eben diesem Mann in rot (siehe Bild), ein „Anführer der Bettelmafia“ zu sein. Ein Mann, der in einem zerlumpten roten Anzug im Winter auf der Straße sitzt – so stellt sich „taff“ also einen Mafiapaten vor.

Die nächste haltlose Mutmaßung folgt:

„Immer wieder dreht er seine Runden, besucht seine fünf Gefährten und gibt ihnen jedes Mal die Hand – vermutlich, um das erbettelte Geld einzusammeln und abzukassieren.“

Echte Fakten , die belegen, dass der Mann der Boss von irgendeiner Mafia sei, werden zwar nicht mehr geliefert. Für „taff“ scheint die Sache aber eh schon so gut wie bewiesen. Der feindliche Grundton des restlichen Beitrages, sowie O-Töne und Passanten-Interviews tun das übrige: Es entsteht ein völlig einseitiges Bild von „Betrügern“, die „mitleidserregende Hundeblicke“ auflegen, aber am Ende des Tages „mit dem dicken Benz“ nach Hause fahren. Auf Gegenpositionen oder Hintergründe zum Thema wird sowieso komplett verzichtet.

Die „Bettelmafia“ ist seit ewigen Zeiten ein wiederkehrendes Thema. Etliche Medien, Organisationen und Dokumentationen haben sich in unseren Breitengraden schon mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Ganz so eindimensional wie bei „taff“ sieht deren Fazit aber nicht aus: Eindeutige und endgültige Belege für organisierte Kriminalität im großen Stil, oder gar mafiöse Strukturen, lassen sich demnach schwer bis gar nicht nachweisen.

Auch wenn es so wirken soll: mit aufklärendem Journalismus hat der „taff“-Beitrag denkbar wenig zu tun. Womöglich haben sich die gezeigten Bettler zwar in einer kleinen Gruppe organisiert. Aber selbst wenn: Zu einer „Mafia“ macht einen das alleine noch nicht.

 

Update:
Die gesamte Sendung ist leider nicht mehr online. Der Beitrag alleine ist hier (noch) zu sehen.

Kronen Zeitung, Post von Jeannée, 10.01.2014, S. 18

Identifizierende Berichterstattung über Tatverdächtige ist prinzipiell unzulässig. Ausnahme: wenn zum Beispiel die Verfolgungsbehörden um Veröffentlichung bitten.

Da dies aber einen massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte von möglicherweise unschuldigen — jedenfalls aber nicht verurteilten — Menschen darstellt, ist besondere Behutsamkeit und Zurückhaltung in der Berichterstattung angebracht.

Für derart sensible Themen hat die Kronen Zeitung ihren eigenen Experten:

Elendes, niederträchtiges Pack,
… He, Ihr [sic!] Dreckskerle, wie fühlt man sich, wenn einem die eigene Gangstervisage aus der Zeitung anspringt? … Verzerrt Panik Eure [sic!] widerwärtigen Gesichter?

Der Starkolumnist, der hier hemmungslos den Mob aufhetzt, fand übrigens auch, dass ein 14-Jähriger „alt genug zum Sterben“ ist, wenn er in einen Supermarkt einbricht.

Die Verantwortung, dass eine Fahndung nach Verdächtigen (!) nicht zur Menschenhetze wird, liegt allerdings auch bei den Behörden. Sie sollten nicht zu bequem zum Mittel der Öffentlichkeitsfahndung greifen — meint man zumindest in Deutschland.


Dort sollen klare Verwaltungsvorschriften für Ermittler und Staatsanwälte Auswüchse wie in Österreich vermeiden helfen. Problembewusst heißt es darin:

durch die … Namensnennung des Tatverdächtigen [entsteht] die Gefahr einer erheblichen Rufschädigung … Die spätere Resozialisierung des Täters kann … erschwert werden … Eine Bloßstellung oder Schädigung des Tatverdächtigen oder anderer Betroffener, muss nicht nur in deren Interesse, sondern auch im Interesse der Strafrechtspflege möglichst vermieden werden.

Daher sei stets auch zu prüfen:

ob der … Fahndungserfolg nicht auch … erreicht werden kann, [indem] nur Medien von geringerer Breitenwirkung in Anspruch genommen werden, andere Formen … wie Plakate, Handzettel … gewählt werden … oder … auf die Verbreitung der Abbildung [verzichtet] wird.

Der Schweizer Presserat meint sogar, dass auch eine Öffentlichkeitsfahndung noch keinen Freibrief für die Medien darstellt:

Redaktionen sollten nicht reflexartig publizieren, wenn Behörden den Namen und das Bild eines Tatverdächtigen freigeben, sondern eigenständige berufsethische Überlegungen anstellen.

Leider zielt der Verweis auf die berufliche Ethik bei manchen ins Leere.

 

Update:
Die vier Männer haben sich der Polizei gestellt und ihre Unschuld beteuert. Und sie werden laut oe24.at den Krone-Kolumnisten verklagen – auf 60.000 Euro. Wir wünschen viel Erfolg.

NEWS 50/2013, CoverEs klang wie eine gefährliche Drohung, als bekannt wurde, dass die Verlagsgruppe NEWS mit Ende März 2013 ihre Korrektoren entlassen werde. Schließlich gebe es moderne Software, der man diese Aufgabe übertragen könne, so sinngemäß der Tenor des NEWS-Konzernchefs.

Mittlerweile hat die Realität die schlimmsten Befürchtungen übertroffen. Ganz ehrlich, wir haben in fast vier Jahren Kobuk noch nie ein journalistisches Druckwerk dieser Qualität gesehen. Aber urteilt bitte selbst:

 

Seite 9 (Inhaltsverzeichnis):
Seite 9: "Jetzt will er ihnen zurück."

Seite 13:
Seite 13: "ins Weißer Haus"

Seite 15:
Seite 15: Hobby-Ballerinos tragen Kilt am Time(s) Square, wenn sie "das das Leid weglachen".

Seite 18:
Seite 18: "Dem mit einer ... Mitarbeiter Reisenden"

Seite 19:
Seite 19: "Dieses Fest läßt niemand kalt"

Seite 24:
Seite 24: "in die Hände Dritte"

Seite 29:
Seite 29: "Appartschi(c)k"

Seite 29:
Seite 29: "ein Kapitel österreichische Sportgeschichte"

Seite 29:
Seite 29: "bei dem Event 'Punsch & Marion' [Maroni] ihres Parteikollegens"

Seite 32:
Seite 32: "Wenn es der Tirols Landes-Vize Josef Geisler sein sollte"

Seite 42:
Seite 42: "Dass sie [die Südafrikaner] schaffen würde, was er begonnen hatte."

Seite 42:
Seite 42: Über 90 Staats reisten nach Johannesburg.

Seite 43: Mandela, der letzte große „Freiheitsämpfer“
Seite 43: Der letzte große "Freiheitsämpfer"

Seite 46:
Seite 46: Die ÖVP wollte den Eindruck vermeiden, nicht an radikaler Budgetsanierung zu denken.

Seite 50:
Seite 50: "Odysse" tut weh.

Seite 52:
Seite 52: "Dann verkrochen sich die Drei im Ferienhaus"

Seite 54:
Seite 54: "[Textlücke] und der Anwalt der Familie versuchen zu dokumentieren, dass..."

Seite 58: Rechtschreibprüfung erfolgreicht abgeschlossen
Seite 58: Benni Raich ist der "erfolgreichte" ...

Seite 63:
Seite 63: "Wer hat Herr Benesch beauftragt"

Seite 65:
Seite 65: "aussergewöhnliche"

Seite 65:
Seite 65: "in der Höhe von gute 150 M illionen Euro"

Seite 65: „Durchschnittliche größe eine“ … uff!
Seite 65: "Durchschnittliche größe eine Wohnung"

Damit sind wir noch nicht einmal bei der Hälfte der aktuellen NEWS-Ausgabe. Aber hir habe wir mit Fehlersuche aufhört, bevor dass noch irgendwie an steckend wird — wir hoffen, ihr hat Fairständnis.

Treppenwitz am Rande: In diesem lesenswerten Editorial wirft der Medien-Branchendienst HORIZONT den NEWS-Eigentümern und Konzernchef Bogocz vor, das Unternehmen zielgerichtet „an die Wand zu fahren“. Bogocz reagierte auf die grammatikalisch einwandfrei vorgetragene Kritik so:

[…]

p.s. Ich würde dringend in die Qualitätskontrolle investieren – Ihr Text wimmelt nur so von Grammatikfehlern…

Axel Bogocz
Herausgeber und Vorsitzender der Geschäftsführung Verlagsgruppe News GmbH

 (Mit Dank an Sonja Schwarz für ihren Anfangshinweis!)



Update: Änderungen/Ergänzungen in den Bildern zu S. 18, 19, 29-3 und 42-2 nach Leserhinweisen (zwei Grenzfälle kamen weg, zwei Fehler dazu).

heute-abverkauf„Heute“ bewarb am 28. November mit geheimnistuerischer Motivation ein Kleidungsgeschäft. Dass sich das Geheimnis jedoch in der gleichen Ausgabe von selbst lüftet, zeugt wohl eher von offensichtlicher Peinlichkeit.

Pssst, Geheimtipp! Das Modehaus Hämmerle auf der Mariahilfer Straße 105 (derzeit 2.500 m²) wird vergrößert – und Sie haben schon jetzt etwas davon. Denn ab sofort startet ein kompletter Abverkauf.

total abverkauf aWirklich geheim ist dieser „Geheimtipp“ allerdings nicht. Einige Seiten später erfahren wir nämlich erneut von der Aktion. Dasselbe Modehaus hat dort eine ganzseitige Werbung geschalten – und bewirbt seinen Abverkauf.

Wir haben den schleichenden Verdacht, dass hier wieder einmal redaktionell geworben wurde.

Heute auf der Titelseite der „Krone“, ein Bildtext, wie ihn „Das Goldene Blatt“ oder „Frau mit Herz“ nicht hätten schöner erfinden können:

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Obama tröstet Mandelas Witwe
Ein Bild voll Zärtlichkeit […] US-Präsident Barack Obama tröstet Mandelas Witwe Graça Machel und streichelt ihre Wange

„Ein Bild voll Zärtlichkeit“ … manchmal möcht ich echt was von dem Zeug, mit dem die „Krone“ ihre Redaktion belüftet. Mal abgesehen davon, dass Obamas Blick und Pose nicht so recht zur „Krone“-Deutung passen wollen, ist seine „streichelnde“ Hand deutlich unschärfer als die Wange der Witwe, also viel zu weit weg von ihr. Der Begleittext der Bildagentur hätte auf einen derart bewegenden Moment vermutlich hingewiesen, sagt aber nur, dass Obama auf dem Foto mit der Witwe spricht. Und ein weiteres Bild aus der selben Serie weist schließlich klar drauf hin, dass Obama hier in Wahrheit niemanden zärtlich gestreichelt, sondern schlicht woanders hingedeutet hat:
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Nun war die Mandela-Trauerfeier doch eigentlich bewegend genug. Wozu also so ein dummer „Feel-Good-Schwindel“ auf Friseurblatt-Niveau?

Nun, bei der „Krone“ geht’s ja nicht bloß um Nachrichten, sondern vor allem darum, dass die Leser emotional angesprochen werden — gerade auch auf Seite eins. Vielleicht war die nüchterne Wahrheit im Bildtext der Agentur dafür einfach nicht schnuffig genug…

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Großer Fotokasten: „[Dackel] ‚Schnuffi‘ nach Odyssee zu Hause“
Kleiner Fotokasten: „Nelson Mandela ist gestorben!“

„Österreich“ veröffentlicht in ihrer Printausgabe vom 4.Dezember ein Foto von Johanna Mikl-Leitner. Die Innenministerin ist mit Polizeikappe und farblich abgestimmter Jacke zu sehen. Dass es sich hierbei um eine Fotomontage handelt, kann man nicht erkennen, da es nirgends vermerkt wurde.

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In der Online-Version war die Redaktion aber korrekter. Dort steht in der Bildunterschrift das Zauberwort „Montage“.

Das Originalbild findet man des Öfteren auf oe24.at. Hier zum Beispiel. Oder hier, hier und hier. Man könnte meinen, der Redaktion wäre das Bild mit der Zeit zu langweilig geworden.

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Warum ÖSTERREICH ein Qualitätsmedium ist, man der HEUTE-Redaktion  „in die Goschn hauen sollte und Tränen gut sind.

„Traumberuf Journalist“ – so schrieb die Mediengruppe ÖSTERREICH ihre sechswöchige Journalistenakademie aus. Journalist ist wirklich mein Traumberuf, konnte ich doch als freier Mitarbeiter schon einige Jahre Erfahrung sammeln. Die Bewerbung für die Journalistenakademie schrieb ich mehr aus Spaß denn aus wirklichem Interesse. Umso erstaunter war ich, als ich dann vor Allerheiligen eine Einladung für die darauffolgende Woche erhielt. Kurz und knapp hieß es: Kommen’s vorbei, wir informieren Sie einmal.

Der Autor vor der ÖSTERREICH-RedaktionAm Wochenende davor zerbrach ich mir den Kopf, ob ich wirklich hingehen sollte. Ich bin kein Fan von ÖSTERREICH. Und das ist noch untertrieben.

Nach langem Hin und Her wollte ich mir „die beste Zeitung“ zumindest einmal ansehen. Das Verlagsgebäude liegt im 1. Bezirk in direkter Nähe zum Karlsplatz. Aus einem kargen Foyer wurde ich zu anderen Bewerbern in den ersten Stock geschickt. Wir waren rund 13 junge Leute.

Nachdem wir von unserer Betreuerin in Empfang genommen wurden, ging es hinauf in den Konferenzraum. Von dort aus konnten wir „einen der modernsten Newsrooms Europas“ einsehen. Kurz darauf gesellte sich einer der vielen Chefredakteure, Christoph Hirschmann, und Herausgeber Wolfgang Fellner zu uns. Ab da wurde es spannend.

Fellner sprang von Bewerber zu Bewerber und fragte nach oberflächlichen Details. Die Antworten wartete er meist nicht ab. Ein Verhalten, das mich frappierend an den Stil der Zeitung erinnerte. Danach begann eine kleine Diskussionsrunde.

Das Verhältnis zur härtesten Konkurrenz, der Gratiszeitung HEUTE, beschrieb Fellner wie folgt: „Den Leuten von der HEUTE müsst’s am Besten in die Goschn hauen!“

Auch die Behauptung, ÖSTERREICH sei ein Boulevardblatt und keine Qualitätszeitung, ließ der Herausgeber nicht gelten: Das sei unwahr, gegen dieses Vorurteil habe man oft zu kämpfen. „Wir haben manche Artikel im Blatt, die besser sind als im STANDARD. ÖSTERREICH ist eine Qualitätszeitung, leider werden wir nicht immer als solche erkannt. Ich finde auch, dass die KRONEN ZEITUNG zu den Qualitätsmedien gehört.“ Hirschmann stimmte ein: „Wir haben eine wöchentliche Buchbeilage. Welche andere österreichische Zeitung hat das schon? Auch das zeichnet uns als Qualitätsmedium aus.“

Im Verlauf des Gesprächs ging es auch um die Möglichkeit, für unsere Artikel selbst zu fotografieren. Normalerweise würde sich allerdings die Fotoredaktion darum kümmern. Die Fachleute würden genau wissen, wann Fotos verpixelt oder gar mit einem Balken versehen werden müssen, so Hirschmann.

So ging es bunt und lustig weiter. Da die Journalistenakademie nur sechs Wochen dauern würde, sollten wir unbedingt auffallen, wenn wir bei der ÖSTERREICH eine Zukunft haben wollten. Zitat Fellner: „Wenn einer von euch nach Annaberg fährt, die Freundin des Amokläufers findet, die ihm unter Tränen ein Interview gibt und er ein Video davon macht, dann werde ich mir denjenigen sicher gut merken.“

Genau solche Geschichten — Exklusivstorys! — seien erwünscht. Alle sollten darüber reden: von der Putzfrau bis hinauf zum Banker. Was in diese Kategorie hineinfiele? Mord und Totschlag mit viel Blut. Oder „wenn ein paar Sandler das Hotel Sacher anzünden!“ Die Bezeichnung ‚Sandler‘ schien Fellner überhaupt zu gefallen: Manche von uns wären vorerst noch ohne eigenen Arbeitsplatz. „Da könnt ihr auch gleich zu den Sandlern in der Akademie rübergehen und euch dazugesellen.“ (Gemeint waren offenbar die protestierenden Flüchtlinge in der Akademie der bildenden Künste.)

„Nach den fünf Wochen schauen wir dann weiter“, sagte Fellner. Sicherlich nicht, dachte ich. Mir war schon die einstündige Präsentation genug. Ich bedankte mich für die Einladung und verließ das Verlagsgebäude bei der erstbesten Gelegenheit.

Journalist ist nach wie vor mein Traumberuf, aber ich werde meine Überzeugungen bestimmt nicht an Wolfgang Fellner und sein ÖSTERREICH verkaufen.

 

Lesenswert sind in diesem Zusammenhang auch die Arbeitgeber-Bewertungen von ÖSTERREICH-Mitarbeitern auf Kununu.com. Die Redaktion.

  

1. Update der Redaktion:

Wolfgang Fellner erklärte HORIZONT Online, die Zitate seien aus dem Zusammenhang gerissen. Er habe auf die Frage eines Teilnehmers, wie das Verhältnis zwischen „Heute“ und „Österreich“ sei, gesagt: „Auch wenn es so aussieht, als würden sich die beiden Zeitungen täglich in die Goschn hauen, sind die meisten Redakteure der beiden Zeitungen privat bestens befreundet und treffen sich sogar nach dem Job. Trotzdem will jeder den anderen natürlich bei den Geschichten schlagen!“ Auch die anderen Zitate würden so nicht stimmen.

Der Autor bleibt bei seiner Darstellung.

2. Update:

Vice hat Kobuk-Gründer Helge Fahrnberger zu diesem Artikel befragt. DiePresse.com sprach mit dem Autor und mit Kobuk-Lektor Yilmaz Gülüm