Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Dass Information und Werbung oft nah beieinander liegen, wissen wir bereits.

„Heute“ informiert in ihrer Rubrik „Muttertag-Spezial“ in drei Artikeln über „NOAN-Olivenöl“, ein Produkt, dessen Hersteller verspricht, einen Teil des Umsatzes und den Reinerlös Kinderhilfsprojekten zugute kommen zu lassen. Mangels Spendegütesiegels sind wir gezwungen, die Angaben der in Griechenland registrierten Firma zu glauben. Was schwerer wiegt: „Heute“ verzichtet auf jegliche Offenlegung, warum dieses Produkt derart massiv redaktionell beworben wird und ob es dafür eine Gegenleistung gab. Ein „Wir freuen uns, diese Kinderhilfsprojekte mit diesem Muttertagsartikel kostenlos zu unterstützen“ hätte uns da schon genügt.

Bereits beim ersten Artikel „Meistermenü vom Starkoch für Mama“ wird uns das Produkt (von mir rot gekennzeichnet) ans Herz gelegt:

Auf der nächsten Seite gibt es gleich zwei informative „Berichte“ über das besagte Olivenöl, welches laut „Heute“ nicht nur Kinderprojekte fördert, sondern natürlich auch jedes Gericht verfeinert:

Interessant ist auch: Schon 2009 ist online ein Artikel zum Olivenöl zu lesen.

(Danke Alexander Cjzerny für den Hinweis.)

Der nette Herr im Bild rechts ist aus einer Szene aus Kottan ermittelt aus dem Jahr 1977:

Schremser: (Blättert in einer griechischen Zeitung.)
Kottan: Können Sie griechisch?
Schremser: Ka Wort, warum?
Kottan: Nur so.
Schremser: Ah, Sie meinen wegen der Zeitung? A österreichische Zeitung im österreichischen Fernsehen? Schleichwerbung – das geht nicht!

Auf Kobuk startet ab sofort ein Schwerpunkt zum Thema Schleichwerbung (hier die Sammlung aller Artikel dazu), denn: Wer wie die Kobuk-Autoren Medien quasi beruflich kritisch konsumiert, stellt unweigerlich früher oder später fest, wie unfassbar viele Artikel und Beiträge ganz offensichtlich mehr mit Scheckbuchjournalismus oder den Agenden irgendwelcher Interessensgruppen zu tun haben als mit tatsächlich Berichtenswertem.

Nicht immer kann nachgewiesen werden, dass für Berichterstattung tatsächlich Geld floss. Oft ist das kommerzielle Motiv hinter einem Artikel allzu offensichtlich, manchmal sieht Werbung trotz Kennzeichnung redaktionellen Beiträgen einfach nur täuschend ähnlich, bisweilen fragt man sich gar, ob nicht einfach einem befreundeten Unternehmer ein Gefallen getan werden soll, manchmal ist es vielleicht nur pure Faulheit, aber immer, immer ist Schleichwerbung elend!

Sie untergräbt die Glaubwürdigkeit der Medien, sie korrumpiert unsere Gesellschaft, sie täuscht und tarnt und lügt. Und die Politik hat kein Interesse dagegen vorzugehen, ist sie doch längst selbst verstrickt.

Dabei sagt das Medienrecht: Entgeltliche Beiträge sind als solche zu kennzeichnen. Der OGH leitet daraus ein Trennungsgebot zwischen redaktionellen und entgeltlichen Inhalten ab. (Genau besehen sind sogar wörtlich übernommene Presseaussendungen „entgeltlich“, denn die ersparte Arbeit stellt einen geldwerten Vorteil dar. Die Rechtslage dürfte für so eine Auslegung aber zu schwammig sein.) Auch hat der OGH bemängelt, dass es der Gesetzgeber unterlassen hat, „das Deutlichkeitsgebot (der Kennzeichnung) näher zu umschreiben“.

Da Schleichwerbung nur schwer beweisbar ist, müssen Verdachtsfälle öffentlich diskutiert werden. Übrigens gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung: Wir können nicht ausschließen, dass unser Eindruck von Schleichwerbung täuscht. Die abschließende Meinung müssen sich die Leser bilden. Unsere Definition von Schleichwerbung ist deshalb: Uns beschleicht der Verdacht, hier soll für etwas geworben werden.

Wie fix Schleichwerbung im Produktportfolio mancher Medien verankert ist, zeigt ein Experiment der taz: In einer verdeckten Recherche bat ein als Medienberater getarnter Journalist die Anzeigenabteilungen von zehn deutschen Verlagen um ein „geeignetes redaktionelles Umfeld“, das Codewort für Schleichwerbung. Die Verkäufer der Frankfurter Rundschau lieferten gar Artikelentwürfe (siehe Bild), die Steuerhinterziehungsmodelle in Österreich bewerben sollten. Das gesamte Experiment findet sich hier und dieser ARD-Beitrag fasst die Recherche gut zusammen:

Alle Kobuk-Artikel mit Schleichwerbeverdacht finden sich in der Kategorie Schleichwerbung.

PS: Danke an Hans-Peter Lehofer für die Kottan-Idee!


In der „Heute“-Ausgabe vom 20.04. fand sich neben der notorischen „Himmlischen SMS“ eine nicht als solche gekennzeichnete Bewerbung eines originellen Gedächtnistrainingsangebots.

Hübsch verpackt als vermeintliche Neuigkeit unter „Das Neueste kurz“.

 

Wie mangelnde Sorgfalt im journalistischen Alltag Aussagen von Politikern ins Lächerliche ziehen kann, beweist die Steiermarkausgabe der „Kleinen Zeitung“ vom 15.4.

Auf Seite 25 findet sich ein Artikel über die Landesbudgetdebatte in der Steiermark, in der u.a. die KPÖ für Vermögens- und Kapitalsteuern eintritt. So hätte man im Zuge einer Pressekonferenz vorgerechnet, dass man über Landesabgaben mindestens 45.000€ einnehmen könnte.

45.000€? Der Betrag würde vielleicht für einen besseren Dienstwagen reichen, aber ob er einen bedeutenden Beitrag zur Sanierung des Budgets darstellt, darf bezweifelt werden.

Aufklärung findet man dann auf der Homepage der KPÖ. Dort wird von „über 40 Mio. Euro pro Jahr“ gesprochen. Die „Kleine Zeitung“ hat also ganze drei Nullen weg gelassen.

(Vielen Dank an einen aufmerksamen Leser für den Hinweis.)

Dass man in der Kronen Zeitung die Leserbriefe oft selbst schreiben dürfte, ist kein großes Geheimnis.

Hier frage ich mich aber, ob sich die Krone-Redaktion oder ein Krone-Leser diesen Spaß erlaubt hat: Denn Armin Tamzarian ist ein Charakter aus der Serie „The Simpsons“, uns allen besser als Rektor Seymour Skinner bekannt.

Danke für Hinweis und Twitpic an Florian Allesch!

„Du, sind Mamas überhaupt wichtig?“ – so lautet der Titel eines Artikels, der am 6.2. im Kurier erschien und seit 5.2 auf Kurier.at online ist.  Das Thema: Der „Obsorgestreit“ um den Buben F. :

Name und Gesichter wurden von mir unkenntlich gemacht

Großfamilie, Jugendamt und Gericht liegen sich in den Haaren.  Alle wollen das Beste für ihn. Was aber ist das Beste für F.? [Vorname des Kindes im Original ausgeschrieben]

Als gute Bekannte des Vaters und der Urgroßmutter väterlicherseits, die die einstweiligen Obsorgeberechtigten sind, bin ich zugegebenermaßen parteiisch. Ob es wirklich „das Beste für F.“ ist, dass der Kurier ein Foto des Buben abdruckt und online stellt, ohne die einstweilige Obsorgeberechtigte oder das zuständige Gericht um Erlaubnis zu bitten oder auch nur zu informieren,  kann jede/r selbst beantworten.

In einem Telefonat mit dem Autor der Story und in einem Email an Chefredakteur Helmut Brandstätter (eine Kopie liegt mir vor) baten die einstweiligen Obsorgeberechtigten den Kurier, zumindest das Foto des Buben aus dem Internet zu nehmen. Diese Bitte zeigte bislang keine Wirkung.

Im Artikel werden darüber hinaus einige Behauptungen aufgestellt, ohne dem Leser Beweise vorzulegen oder Quellen anzugeben. Sowohl der Vater als auch die Urgroßmutter von F. (einstweilige Obsorgeberechtigte) geben an, vom Autor des Artikels nicht um eine Stellungnahme für den Artikel gebeten worden zu sein.

Bild.de hat ein Interview mit Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty geführt, das mitten in einer Antwort endet:

Vielleicht war der Autor zu dieser späten Uhrzeit auch zu müde, um das Interview fertig zu transkribieren.

Yilmaz‘ und Hans‘ Debatte zur Verwendung des belasteten Begriffs „Ostarbeiter“ durch die Krone hat viele Reaktionen hervorgerufen. Es zahlt sich aus, auch einen Blick auf den Inhalt dieser über mehrere Tage gehenden „Ostarbeiter“-Kampagne der Krone zu werfen. So sah die Seite 5 der Ostersonntagsausgabe aus:

Gleich im ersten Absatz steht:

Laut letzten Prognosen werden ab heute in einer Woche Zehntausende Ostarbeiter auf den heimischen Arbeitsmarkt strömen. Exakt kann die Zahl nicht vorausgesagt werden – mit bis zu 30.000 muss aber in jedem Fall gerechnet werden

Abgesehen von der merkwürdigen Formulierung („bis zu“ + „in jedem Fall“) nennt der Autor/die Autorin hier keine Quelle. Die Zahl 30.000 kann auch sonst in der medialen Berichterstattung nicht gefunden werden.

Die meisten Medien beziehen sich in ihrer Berichterstattung auf eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstitutes (Wifo), die am 11.4. von Sozialminister Hundstorfer präsentiert wurde. Laut Originaltext-Service der APA erwartet man auf Basis dieser Studie 21.000 – 26.000 Arbeitskräfte aus den neuen EU-Ländern. Für welchen Zeitraum diese Zahl gilt ist nicht vermerkt. Auch die „Qualitätsmedien“ sind sich diesbezüglich nicht einig:  Derstandard.at nennt 15.000 auf die ersten beiden Jahre, Diepresse.com bezieht die Zahl 21.000 – 26.000 ebenso in den ersten beiden Jahren, beide berufen sich auf Klaus Novotny vom Wifo.

Im zweiten Absatz bezieht sich die „Krone“ ebenso aufs Wifo:

Mit diesem ersten Ansturm [also die „bis zu 30.000“] ist es jedoch nicht getan, denn laut Wifo Studien werde es sich um ein längerfristiges Phänomen handeln: In den kommenden zehn bis zwanzig Jahren wird damit gerechnet, dass jährlich etwas mehr als 20.000 junge Arbeitskräfte aus dem Osten Interesse an Arbeit in Österreich zeigen werden.

Abgesehen davon, dass auch diese Angabe nirgends eine Entsprechung findet, ist die Formulierung irreführend. Der Leser/ die Leserin bekommt leicht den Eindruck, nach dem ersten Ansturm  (bis zu 30.000) kämen pro Jahr nochmals 20.000 dazu. „Interesse zeigen“ kann allerdings nicht mit tatsächlichem Arbeiten in Österreich gleich gesetzt werden.

Auf der selben Seite findet sich ein Kommentar, das ein „Faules Osterei aus dem Osten“, das unvermeidliche Wolf-Martin-Gedicht zum Thema sowie die Warnung: „Auch Tunesier sind schon im Anmarsch“.

In der Oberösterreich-Ausgabe der „Krone“ vom 28.4. wurde wieder einmal das Märchen vom EU-Kräuterverbot – pünktlich zum Ablauf der siebenjährigen Übergangsfrist – aufgewärmt:

Die sogenannte „Traditional Herbal Medicinal Products Directive“ wurde bereits im April 2004 beschlossen – am 30.4. endet lediglich die Übergangsfrist für Produkte, die vor Gesetzesbeschluss auf den Markt kamen. Diese Richtlinie dient der Vereinfachung und Vereinheitlichung des Registrierungsverfahrens für Fertigarzneimittel auf pflanzlicher Basis – durch Qualitätstests soll verhindert werden, dass Wirkstoffe auf den Markt gebracht werden, deren Auswirkung auf den Menschen unzureichend geklärt sind. Um ein Verbot von traditionellen pflanzlichen Wirkstoffen ist es dabei nie gegangen.

Die Krone fürchtet um den traditionellen „Heilschatz“ und lässt dabei folgende Passagen des Gesetzestexts (wissentlich?) völlig außer Acht:

Hat ein Arzneimittel eine lange Tradition und ist die Wirksamkeit des Arzneimittels aufgrund langjähriger Anwendung und Erfahrung plausibel, so kann die Zahl der Fälle, in denen klinische Prüfungen verlangt werden müssen, reduziert werden. Vorklinische Tests scheinen unnötig, wenn das Arzneimittel aufgrund der Informationen über seine traditionelle Anwendung unter festgelegten Anwendungsbedingungen nachweislich unschädlich ist. […] Die vereinfachte Registrierung sollte nur dann zulässig sein, wenn das pflanzliche Arzneimittel in der Gemeinschaft ausreichend lange medizinisch verwendet wurde. Die medizinische Verwendung außerhalb der Gemeinschaft sollte nur dann berücksichtigt werden, wenn das Arzneimittel eine Zeit lang in der Gemeinschaft verwendet worden ist.

Kräuterhexen und Naturheilmittelkundler driften also nicht in die Illegalität ab, wenn sie ihre Heilkräuter anbauen und weiterverarbeiten ohne klinische Tests an ihnen durchführen zu lassen. Und Apotheker, die mit traditionellen Naturheilmitteln arbeiten schon gar nicht.

Seit Herbst 2010 geistert dieser Hoax durch das Netz und wurde in einigen Artikeln bereits aufgezeigt. Trotzdem wird dieser Artikel wieder Wasser auf den Mühlen der Initiatoren der entsprechenden Petition sein, die gegen ein Gesetz ankämpfen, das sie offenbar selbst nicht ganz verstanden haben.

Für € 6,49 bietet der Textil-Diskonter KiK Damenjeans an. Dieses Schnäppchen veranlasste die „Österreich“-Redaktion, in der Printausgabe vom Dienstag einen Artikel zur „Preisschlacht um Jeans“ zu verfassen. Dabei wird der Name „Kik“ in der Bildunterschrift und in den ersten drei Spalten des Texts insgesamt neun Mal genannt. Die Mitbewerber C&A, H&M und Kleider Bauer teilen sich eine Spalte.

Man beachte auch die Preisangabe im Foto:

Eine Kennzeichnung als Inserat sucht man vergebens. Für einen aufmerksamen „Österreich“-Leser stellt das Angebot allerdings keine Neuheit dar, da bereits am Vortag diese Aktion in einem Inserat angekündigt wurde: