Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Laut Bild.de sind die Kinder Bogdan (7) Jahre alt und Ivan (6) Jahre alt magnetisch:

Die Eltern der beiden Kinder behaupten, dass an ihren Kindern Metall magnetisch haften kann. Ich glaube jedoch lieber Discovery News, die gute Argumente liefern, warum diese Kinder nicht magnetisch sind:

Anyone who’s seen a child with a spoon on his or her nose has seen it before.

Der entsprechende physikalische Effekt nennt sich nicht Magnetismus sondern… Reibung.

Wer in der Grazer Innenstadt sein Auto in eine Parkgarage stellt, muss ordentlich blechen. Zumindest laut einer „Studie“ des Webportals Hotelreservierung.de. Darin wurden 339 Parkhäuser in ganz Europa verglichen, und die Stadt Graz ist absoluter Preis-Spitzenreiter. Durchschnittlich zahle man hier 62 Euro pro Tag:


Aber es kommt noch teurer:

So kassiert ein Parkhaus in Graz in Österreich sage und schreibe 96 Euro [für ein Tagesticket, Anm. des Autors], was 573% über dem internationalen Schnitt von 14,27€ liegt.

96 Euro pro Tag! Wahnsinn! Dem Horrorpreis liegt eine einfache Rechnung zugrunde: 4 Euro Stundenpreis x 24 Stunden = 96 Euro. Diese  Milchmädchenrechnung kam zustande, weil für die Studie nur online recherchiert wurde und für Graz gerade einmal zwei Parkhäuser (statt etwa 30) herangezogen wurden (ganz unten im Bild, unter dem Punkt Erhebungsbasis). Und auf der Website des Parkraumservice Graz fand man bis vor wenigen Tagen eine wichtige Info noch nicht: Dass es jeweils ein Tagesmaximum von 40 Euro gibt. Könnte man aber, zum Beispiel, leicht per Telefonat oder über die Arbeiterkammer (PDF) herausfinden. Die knapp 100 Euro pro Tag sind also falsch, ebenso der Grazer Durchschnitt von 62 Euro, der liegt laut Arbeiterkammer-Tabelle etwa bei 23 Euro.

Trotzdem kam der Bericht über die horrenden Parkgaragenpreise in Graz in zahlreichen österreichischen Medien. Beispielsweise auf Orf.at, wo der unbekannte Autor pflichtbewusst angibt, die Geschichte online gegenrecherchiert zu haben. Und da fand er eben kein Tagesmaximum. Vielleicht wäre hier die gute alte Telefonrecherche besser gewesen. Auf DerStandard.at ist zudem verwirrterweise einmal von 93, einmal von 96 Euro die Rede.

Dass es auch anders geht, zeigt die Kleine Zeitung. Dort hat man sorgfältiger recherchiert und bei Parkraummanager Günter Janezic nachgefragt.

Danke an Lukas A. für den Hinweis via Facebook.

Wer die heutige Ausgabe von „Österreich“ zur Hand nimmt, sieht auf den ersten Blick, dass auf dem Umschlag für einen Total-Abverkauf von „Kleider Bauer“ geworben wird – an sich nicht schlimm, immerhin wird darauf hingewiesen, dass es sich um Werbung handelt:

Blättert man ein paar Seiten weiter, stößt man im Wien-Teil der Zeitung auf einen weiteren – dieses Mal redaktionellen – Hinweis auf den „Kleider Bauer“-Abverkauf:

Ein Zufall? Möglicherweise. Aber ein Blick auf ähnliche Artikel in der letzten Zeit lässt anderes vermuten.

Der „Standard“ illustrierte in der Ausgabe vom am 3. Mai eine Reportage von einem Besuch des neuen Integrationsstaatssekretärs Kurz bei einem Migrantenverein mit einem Bild, welches die Ablehnung eines Kindes ihm gegenüber zeigt und auch somit eine negative Stimmung zu seinen Migrantenbesuchen vermittelt.

Ein auf Facebook gepostetes Foto des ÖVP-Fotografen* Jakob Glaser (kleines Bild) wirft die Frage auf, ob es sich bei der Bildauswahl nicht vielmehr um gezielte Meinungsmache handelt:

Wie ÖVP-Mitarbeiter Gerhard Loub in seinem Blog dokumentiert, hat auch der „Falter“ – allerdings als das tradionell eher glossenhafte „Bild der Woche“ – seine politische Ausrichtung darüber Herr werden lassen, jene Aufnahme zu veröffentlichen, in der sich das Kind von Kurz abwendet und man gezielt den Eindruck bekommt, wie unerwünscht sein Besuch sogar bei Kleinkindern sei.

Die Kommentare unter seinem Blogartikel sind lesenswert: Zwei Fotografen behandeln die Thematik, wie parteiisch ein Bild ausgewählt werden darf und welche Rolle die bildlichen Inszenierungen der Politik spielen dürfen. Standard-Fotograf Heribert Corn habe sein Bild mit „Ich bin unparteiisch, weil ich lasse wenn’s geht alle schlecht aussehen“ kommentiert.

Danke an auch an Lisa Oberndorfer, Jürg Christandl und Jakob Glaser.

* Laut seinem Xing-Profil.

Update: Der Projektleiter des besuchten Integrationsprojekts berichtet in den Kommentaren von Kurz‘ Besuch:

Das Bild ist übrigens nicht inszeniert. Das Kind hat Spaß daran gefunden, am Tisch liegende, bunte Kunststoffplättchen auf den Boden zu werfen, Sebastian Kurz ist (..) aufgestanden und hat sie ihm aufgehoben. Dabei ist dieses Foto entstanden. (..) Der kleine Mohammed hat das Spiel “ich werf’s runter, der Onkel hebt’s auf” -altersentsprechend- öfter wiederholt (und Kurz hat mitgespielt).

Im Fußball nennt man es Hattrick, wenn einer dreimal im selben Spiel ein Tor schießt. Dreimal daneben hingegen, ist auf Kobuk einer:

"Heute", 10.5.2011

1. Obamas Geheimagentin — Dieses Foto kostet ihr den Job
Eine junge, unbekannte Frau im innersten Zirkel der Macht? Das kann ja nur ein Versehen sein. Ich bin zwar kein Parade-Feminist, aber jede Wette: bei einem jungen Mann hätten alle den „Director for Counterterrorism“ als gegeben hingenommen, ohne sich in wilden Spekulationen zu verlieren.

Jedenfalls gibt es keinen seriösen Hinweis, dass die Dame auf dem mit Bedacht gewählten Propagandabild eine irrtümlich enttarnte Spionin sei, die nun ihren Job verliert. Quelle dürfte dieser Artikel der „Bild“-Zeitung sein. Die aber vorbildlich darauf hinweist, dass es sich nur um Internetgerüchte und Mutmaßungen des britischen Boulevards handelt. Informationen, die in „Heute“ fehlen. Aber ein bisschen Schwund ist ja immer, von einem Nachrichtendienst zum andern.

2. Osamas Witwe: Mein Bin nahm Viagra
Erst mal: „Bin“ bedeutet soviel wie „Sohn von“. Im Deutschen gibt es dazu keine direkte Entsprechung, aber die Schlagzeile ist ungefähr so intelligent wie: „Guttenbergs Frau: Mein Von hat nicht kopiert“ (hypothetisches Beispiel).

Und das mit dem Viagra, bzw. „Kräutern mit Viagra-Effekt“, wie’s dann weiter unten nur mehr heißt? Naja, es könnte zumindest die Waffe erklären, durch die sich die Navy Seals so bedroht fühlten. Und dass jener Mann, der die Türme fallen ließ, selbst keinen mehr hochbekam, ist offenbar ein derart reizvolles Bild, dass ihm auch viele andere Redaktionen erlegen sind.

Bloß: alles was man in Osamas Versteck gefunden hat, war ein „Avena Sativa Syrup“. Auf gut Deutsch: Hafersaft. Ob das seiner war und, falls ja, warum er ihn zu sich nahm, bleibt reine Spekulation. Von Potenz- bis Schlaflosigkeit ist da so ziemlich alles drin. Und auch die Aussagen der Witwe, ziemlich exklusiv in „Heute“, bringen hier nur scheinbar Klarheit:

„Fünf Jahre lang verließen wir kaum das Zimmer, ich pflegte dort meinen Terrorgreis. Seiner Libido half ich mit speziellen Kräutern mit Viagra-Effekt auf die Sprünge.“

Die bemühen sich gar nicht mehr, frei erfunden Zitaten den Anschein von Authentizität zu verleihen.

3. Gondoliere [sic!] prügeln sich um den Papst

Vier Fäuste für ein Halleluja! […] es soll auch mehrere blaue Augen gegeben haben.

Was soll man sagen, die Geschichte ist so schlicht erfunden. Die Gondolieri haben zwar tatsächlich darum “gekämpft”, den Papst in den Kanal Kanälen befördern zu dürfen, manche auch unfair (einer hat z.B. eine Heiligenerscheinung vorgetäuscht, um sich einen Vorteil zu verschaffen), aber dass dabei die Fäuste flogen, ist nirgends überliefert — außer in „Heute“.

Das fragt man sich beim Lesen dieses Artikels:

Wer findet weitere Fehler?

Danke Gerald Fischer-Bernsteiner für den Hinweis auf Facebook.

Wie bereits berichtet dürfte die Zeitung „Österreich“ große Zuneigung zum Urlaubsziel Ägypten empfinden, denn vor Ostern warb sie wieder mit Urlaubsangeboten (Artikel vom 13.4., Seite 5). Der Reiseveranstalter Joe24.at, dessen Geschäftsführer im Artikel zu Wort kommt, hat die gleichen Eigentümer wie „Österreich“.

Profitieren tun jetzt die Reisenden.

Sicher nicht nur die.

Ein Kommentar im angesehenen Wall Street Journal lässt kein gutes Haar an den Steuerplänen Präsident Obamas, der die Besteuerung von Einkommen über $250.000 deutlich anheben will. Da sei nicht genug zu holen, die Mittelklasse würde über die meisten besteuerbaren Einkommen verfügen – That’s where the big money is – man solle doch gleich eine Massensteuer wie die Umsatzsteuer einführen oder eben weniger ausgeben.

Als Beweis, dass bei den Einkommen jenseits der $200.000 nichts zu holen sei, wird ein Diagramm gezeigt (unten links). Kevin Drum von Mother Jones fragte sich allerdings, wie dieses aussieht, wenn man die Superverdiener nicht auf sieben verschiedene Balken verteilt und zeichnete die Grafik neu (rechts):

Wie kurios diese Darstellung des Journal ist, sieht man an der Zahl der Menschen, die hinter dem letzten Balken stehen: Es sind nur 0,009% der US-Bevölkerung – während die ersten beiden Balken bis $5.000 10% der Bevölkerung ausmachen.

Glaube keinem Diagramm, das du nicht selbst gezeichnet hast.

Der Wikipedia-Artikel über Janet Jackson beginnt mit:

Mit mehr als 130 Millionen verkauften Tonträgern gilt sie als eine der erfolgreichsten Interpretinnen der 1990er Jahre.

Dem Satz konnte die APA offenbar nicht widerstehen, als sie erfuhr, dass Janet Jackson den diesjährigen Lifeball besuchen wird:

Die Presse.com:

Krone.at:

ORF.at:

Keiner Nur einer dieser Artikel ist übrigens mit dem Kürzel der APA versehen.

Update: Den Satz dürfte bereits die Presseabteilung des Life Balls abgeschrieben haben, denn er stand in deren Presseaussendung. Danke an „Fg68at“ für den Hinweis in den Kommentaren.

Ein schönes Beispiel zu unserem aktuellen Fokus Schleichwerbung lieferte letztes Monat das Gratisblatt „Österreich“:

Erster Akt: Dienstag, 5. April

Der lange Text zur Eröffnung eines Mediamarktes „mit tollen Preishits“ auf Seite 17..

..ist wahrscheinlich nur im Seitenspiegel verrutscht und eigentlich Teil des Inserats sechs Seiten weiter vorne:

Zweiter Akt: Mittwoch, 6. April :

Nur ein Inserat auf Seite 11. Na bitte, war am Vortag sicher nur ein kleiner Fehler.

Dritter Akt: Donnerstag, 7. April:

Ähh.. Also das ist so: Der Artikel auf Seite 18 hat..

"Österreich"-Werbung

..mit der bezahlten Werbebeilage natürlich nichts zu tun. Der wäre selbstverständlich auch so erschienen, denn es handelt sich ja um den „größten Mediamarkt Europas“!

Vierter Akt: Freitag, 8. April:

Liebes „Österreich“, jetzt bringst Du mich aber langsam in Verlegenheit. Der Artikel auf Seite 21 zum „Ansturm auf den neuen Mediamarkt“ und seine „Top-Angebote“ wird doch..

..nicht etwa… Schleichwerbung sein und mit der Werbebeilage in Zusammenhang stehen?