Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Schon die Titelseite der „Österreich“-Ausgabe von heute wirbt wieder einmal für angeblich billige Urlaubsreisen:


Ein redaktioneller Artikel auf Seite 6 mit dem Titel Urlaub billig wie nie „berichtet“ dann, dass Urlaub in Griechenland und Ägypten derzeit 30 Prozent günstiger sei. Die meisten Angaben (inkl. aller Preisangaben im und um den Artikel) beziehen sich darin auf Joe24.at, ein Online-Reisebüro das wie die Tageszeitung „Österreich“ zur Fellner Medien GmbH gehört.

Außerdem findet man gleich neben dem Artikel in redaktioneller Aufmachung eine blaue „Servicebox“, die den Super-Saver-Day von Joe24 bewirbt:

Auf der gegenüberliegenden Seite findet sich eine ganzseitige Anzeige von Joe24, in der unter anderem die im Artikel beworbenen Angebote und auch der Super-Saver-Day beworben wird:

Eine ähnliche Online-Version des Artikels ist insgesamt vier Mal durch Text- und Grafiklinks zu Joe24 unterbrochen.

Doch damit nicht genug. Beim Durchblättern findet sich auf Seiten zwei und drei eine Anzeige, die eine Media-Markt-Neueröffnung bewirbt. Kobuk-Leser wissen jetzt wahrscheinlich schon, was das bedeutet.

Richtig. Auf Seite 18 findet man den redaktionellen Artikel dazu: „Wahnsinns-Angebote in Stadlau“. Der Geschäftsführer von Media Markt persönlich stellt im „Artikel“ die neuen Eröffnungsangebote der Media-Markt-Filiale vor:

Vielen Dank an Jens Noll für den Hinweis!

Edit:
Auch auf Seite 21 findet man zwei Anzeigen mit den dazu passenden redaktionellen Artikeln:

Vielen Dank an Tobias Kuehn für den Hinweis via Twitter!

 

Im Wirtschaftsteil von „Heute“ von gestern ist von tollen Tagesaktionen eines neuen Supermarktes im Wiener Bezirk Brigittenau zu lesen. Dabei wird mit den Worten „wir berichteten“ auf einen früheren redaktionellen Artikel über den Supermarkt verwiesen:

Heute, einen Tag später, ist die dazu passende bezahlte Anzeige zu finden:

Nummer 1: Am Mittwoch veröffentlichte DerStandard.at diesen Filmtipp.

Auf welchem Sender der Film nun gezeigt wird, will uns DerStandard.at an dieser Stelle nicht verraten. Erst ein Leser-Kommentar unter dem Filmtipp macht darauf aufmerksam, dass „Der Busenfreund“ auf ARTE ausgestrahlt wurde.

Nummer 2: Die Falter-Ausgabe vom 18.5. lässt anhand eines Artikels vermuten, dass in der Redaktion Twitter und Twitpic nur selten genutzt werden.

Abgesehen davon, dass Twitter seinen Nutzern nicht 160 sondern nur 140 Zeichen zur Verbreitung von Informationen zur Verfügung stellt, suggeriert der Artikel, dass Twitter Eigentümer des Tools Twitpic wäre. Twitpic steht jedoch im Eigentum von Noah Everett, nicht von Twitter. Twitter selbst ist also – zumindest in diesem Falle – keineswegs „ins Visier von Informationsschützern geraten“.

Die „Taz“, auf die sich der Falter bezieht, macht es richtig und erkennt den Unterschied zwischen Twitpic und Twitter.

Nummer 3: Dass nicht nur Onlineredakteure öfters mal den Faden verlieren, beweist uns „Österreich“ am 17. Mai. Ganze vier (!) Artikel waren ohne sinnvolles Ende in die fertige Ausgabe gelangt:

(Scans von Artikeln auf den Seiten 3, 6, 10 und 21.)

„Stars rocken Magic Life“ und „Heute“ rockt die Schleichwerbung: Der Werbekunde Magic Life wirbt in einem Inserat für Livekonzerte „nationaler und internationaler Künstler“ und wird direkt darüber mit einem redaktionellen Artikel für ebendiese Konzerte belohnt:

Magische Nächte sind in den „Club Magic Life“-Anlagen garantiert.

Auf derselben Doppelseite (hier in groß) findet sich auch eine Anzeige der Fluglinie Emirates. Auch dazu passt ein redaktioneller Artikel ebendort, der über die Destination Johannesburg der Emirates informiert.

Auf dieser Doppelseite findet sich auch ein Fall, den der PR-Ethik-Rat wohl „Umfeldjournalismus“ nennen würde: Ein redaktioneller Beitrag deklariert Kroatien als „Geheimtipp“, welchen man bequem mit dem Auto erreichen kann. Auf der Seite davor findet sich die Anzeige eines Reiseveranstalters mit Destinationen in Kroatien und Preisangaben bei Selbstanreise.

Laut Bild.de sind die Kinder Bogdan (7) Jahre alt und Ivan (6) Jahre alt magnetisch:

Die Eltern der beiden Kinder behaupten, dass an ihren Kindern Metall magnetisch haften kann. Ich glaube jedoch lieber Discovery News, die gute Argumente liefern, warum diese Kinder nicht magnetisch sind:

Anyone who’s seen a child with a spoon on his or her nose has seen it before.

Der entsprechende physikalische Effekt nennt sich nicht Magnetismus sondern… Reibung.

Wer in der Grazer Innenstadt sein Auto in eine Parkgarage stellt, muss ordentlich blechen. Zumindest laut einer „Studie“ des Webportals Hotelreservierung.de. Darin wurden 339 Parkhäuser in ganz Europa verglichen, und die Stadt Graz ist absoluter Preis-Spitzenreiter. Durchschnittlich zahle man hier 62 Euro pro Tag:


Aber es kommt noch teurer:

So kassiert ein Parkhaus in Graz in Österreich sage und schreibe 96 Euro [für ein Tagesticket, Anm. des Autors], was 573% über dem internationalen Schnitt von 14,27€ liegt.

96 Euro pro Tag! Wahnsinn! Dem Horrorpreis liegt eine einfache Rechnung zugrunde: 4 Euro Stundenpreis x 24 Stunden = 96 Euro. Diese  Milchmädchenrechnung kam zustande, weil für die Studie nur online recherchiert wurde und für Graz gerade einmal zwei Parkhäuser (statt etwa 30) herangezogen wurden (ganz unten im Bild, unter dem Punkt Erhebungsbasis). Und auf der Website des Parkraumservice Graz fand man bis vor wenigen Tagen eine wichtige Info noch nicht: Dass es jeweils ein Tagesmaximum von 40 Euro gibt. Könnte man aber, zum Beispiel, leicht per Telefonat oder über die Arbeiterkammer (PDF) herausfinden. Die knapp 100 Euro pro Tag sind also falsch, ebenso der Grazer Durchschnitt von 62 Euro, der liegt laut Arbeiterkammer-Tabelle etwa bei 23 Euro.

Trotzdem kam der Bericht über die horrenden Parkgaragenpreise in Graz in zahlreichen österreichischen Medien. Beispielsweise auf Orf.at, wo der unbekannte Autor pflichtbewusst angibt, die Geschichte online gegenrecherchiert zu haben. Und da fand er eben kein Tagesmaximum. Vielleicht wäre hier die gute alte Telefonrecherche besser gewesen. Auf DerStandard.at ist zudem verwirrterweise einmal von 93, einmal von 96 Euro die Rede.

Dass es auch anders geht, zeigt die Kleine Zeitung. Dort hat man sorgfältiger recherchiert und bei Parkraummanager Günter Janezic nachgefragt.

Danke an Lukas A. für den Hinweis via Facebook.

Wer die heutige Ausgabe von „Österreich“ zur Hand nimmt, sieht auf den ersten Blick, dass auf dem Umschlag für einen Total-Abverkauf von „Kleider Bauer“ geworben wird – an sich nicht schlimm, immerhin wird darauf hingewiesen, dass es sich um Werbung handelt:

Blättert man ein paar Seiten weiter, stößt man im Wien-Teil der Zeitung auf einen weiteren – dieses Mal redaktionellen – Hinweis auf den „Kleider Bauer“-Abverkauf:

Ein Zufall? Möglicherweise. Aber ein Blick auf ähnliche Artikel in der letzten Zeit lässt anderes vermuten.

Der „Standard“ illustrierte in der Ausgabe vom am 3. Mai eine Reportage von einem Besuch des neuen Integrationsstaatssekretärs Kurz bei einem Migrantenverein mit einem Bild, welches die Ablehnung eines Kindes ihm gegenüber zeigt und auch somit eine negative Stimmung zu seinen Migrantenbesuchen vermittelt.

Ein auf Facebook gepostetes Foto des ÖVP-Fotografen* Jakob Glaser (kleines Bild) wirft die Frage auf, ob es sich bei der Bildauswahl nicht vielmehr um gezielte Meinungsmache handelt:

Wie ÖVP-Mitarbeiter Gerhard Loub in seinem Blog dokumentiert, hat auch der „Falter“ – allerdings als das tradionell eher glossenhafte „Bild der Woche“ – seine politische Ausrichtung darüber Herr werden lassen, jene Aufnahme zu veröffentlichen, in der sich das Kind von Kurz abwendet und man gezielt den Eindruck bekommt, wie unerwünscht sein Besuch sogar bei Kleinkindern sei.

Die Kommentare unter seinem Blogartikel sind lesenswert: Zwei Fotografen behandeln die Thematik, wie parteiisch ein Bild ausgewählt werden darf und welche Rolle die bildlichen Inszenierungen der Politik spielen dürfen. Standard-Fotograf Heribert Corn habe sein Bild mit „Ich bin unparteiisch, weil ich lasse wenn’s geht alle schlecht aussehen“ kommentiert.

Danke an auch an Lisa Oberndorfer, Jürg Christandl und Jakob Glaser.

* Laut seinem Xing-Profil.

Update: Der Projektleiter des besuchten Integrationsprojekts berichtet in den Kommentaren von Kurz‘ Besuch:

Das Bild ist übrigens nicht inszeniert. Das Kind hat Spaß daran gefunden, am Tisch liegende, bunte Kunststoffplättchen auf den Boden zu werfen, Sebastian Kurz ist (..) aufgestanden und hat sie ihm aufgehoben. Dabei ist dieses Foto entstanden. (..) Der kleine Mohammed hat das Spiel “ich werf’s runter, der Onkel hebt’s auf” -altersentsprechend- öfter wiederholt (und Kurz hat mitgespielt).

Im Fußball nennt man es Hattrick, wenn einer dreimal im selben Spiel ein Tor schießt. Dreimal daneben hingegen, ist auf Kobuk einer:

"Heute", 10.5.2011

1. Obamas Geheimagentin — Dieses Foto kostet ihr den Job
Eine junge, unbekannte Frau im innersten Zirkel der Macht? Das kann ja nur ein Versehen sein. Ich bin zwar kein Parade-Feminist, aber jede Wette: bei einem jungen Mann hätten alle den „Director for Counterterrorism“ als gegeben hingenommen, ohne sich in wilden Spekulationen zu verlieren.

Jedenfalls gibt es keinen seriösen Hinweis, dass die Dame auf dem mit Bedacht gewählten Propagandabild eine irrtümlich enttarnte Spionin sei, die nun ihren Job verliert. Quelle dürfte dieser Artikel der „Bild“-Zeitung sein. Die aber vorbildlich darauf hinweist, dass es sich nur um Internetgerüchte und Mutmaßungen des britischen Boulevards handelt. Informationen, die in „Heute“ fehlen. Aber ein bisschen Schwund ist ja immer, von einem Nachrichtendienst zum andern.

2. Osamas Witwe: Mein Bin nahm Viagra
Erst mal: „Bin“ bedeutet soviel wie „Sohn von“. Im Deutschen gibt es dazu keine direkte Entsprechung, aber die Schlagzeile ist ungefähr so intelligent wie: „Guttenbergs Frau: Mein Von hat nicht kopiert“ (hypothetisches Beispiel).

Und das mit dem Viagra, bzw. „Kräutern mit Viagra-Effekt“, wie’s dann weiter unten nur mehr heißt? Naja, es könnte zumindest die Waffe erklären, durch die sich die Navy Seals so bedroht fühlten. Und dass jener Mann, der die Türme fallen ließ, selbst keinen mehr hochbekam, ist offenbar ein derart reizvolles Bild, dass ihm auch viele andere Redaktionen erlegen sind.

Bloß: alles was man in Osamas Versteck gefunden hat, war ein „Avena Sativa Syrup“. Auf gut Deutsch: Hafersaft. Ob das seiner war und, falls ja, warum er ihn zu sich nahm, bleibt reine Spekulation. Von Potenz- bis Schlaflosigkeit ist da so ziemlich alles drin. Und auch die Aussagen der Witwe, ziemlich exklusiv in „Heute“, bringen hier nur scheinbar Klarheit:

„Fünf Jahre lang verließen wir kaum das Zimmer, ich pflegte dort meinen Terrorgreis. Seiner Libido half ich mit speziellen Kräutern mit Viagra-Effekt auf die Sprünge.“

Die bemühen sich gar nicht mehr, frei erfunden Zitaten den Anschein von Authentizität zu verleihen.

3. Gondoliere [sic!] prügeln sich um den Papst

Vier Fäuste für ein Halleluja! […] es soll auch mehrere blaue Augen gegeben haben.

Was soll man sagen, die Geschichte ist so schlicht erfunden. Die Gondolieri haben zwar tatsächlich darum “gekämpft”, den Papst in den Kanal Kanälen befördern zu dürfen, manche auch unfair (einer hat z.B. eine Heiligenerscheinung vorgetäuscht, um sich einen Vorteil zu verschaffen), aber dass dabei die Fäuste flogen, ist nirgends überliefert — außer in „Heute“.

Das fragt man sich beim Lesen dieses Artikels:

Wer findet weitere Fehler?

Danke Gerald Fischer-Bernsteiner für den Hinweis auf Facebook.