Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Der traurige Vorfall des Mordes an einem 16-Jährigen im oberösterreichischem Braunau hat viele Menschen entsetzt, mich allerdings auch die dazugehörige Berichterstattung der Kronenzeitung letzten Dienstag.

Denn neben der nicht anonymisierten Darstellung des Opfers, welcher sich auch andere Medien schuldig gemacht hatten, wurde hier auch persönlichen Daten der Großmutter des Täters veröffentlicht.

Sie trafen sich in der Wohnung von Ivans Großmutter Anka D. (59) in der ░░░░░straße 2.


Ob die Dame gutheißt, dass ihre private Wohnadresse in der auflagenstärksten Tageszeitung Österreichs gezeigt wird?

Drei Menschen sprachen mit „Heute“ über „die eine Sekunde, die unser Leben rettete“ – auch Ex-Miss-Austria Patricia Kaiser kam dabei zu Wort.

Äh… kam angeblich zu Wort. Wie die 27-Jährige auf ihrer Facebook-Seite erklärte, gab es nämlich nie ein Gespräch zwischen ihr und „Heute“…

Vielen Dank an @maldungi für den Hinweis!

George Michael verbrachte den heutigen Abend mit Halsweh im Hotel. Schön, dass das Konzert der „Krone“ dennoch gefallen hat:

(Danke an Jürgen Hofer, Max Hartmann und Christiane Wassertheurer für Hinweis und Bild!)

Jetzt brauchen wir bald eine Kategorie Kaltgeschrieben.

Update: Ausgerechnet „Österreich“ nennt den Fehler der Krone „peinlich“. Wetten, dass wir uns noch an die Headline „Robbie holte Show aus dem Koma“ erinnern?

Danke Marlene Altenhofer für den Hinweis!

Drastische Erhöhung der Hundesteuer in Wien! Wie drastisch, scheint für viele JournalistInnen nebensächlich zu sein. Denn Orf.at, Kleine.at, Krone.at, Oe24.at, Wienerzeitung.at, DerStandard.at und DiePresse.com verwendeten offenbar mehr Zeit darauf, möglichst süße Hundefotos zu finden, als nachzurechnen: Eine Änderung 43,60€ auf 72€ entspricht einer Erhöhung von 65,14%.

Den Ursprungsfehler dürfte die APA gemacht haben, auf die sich die meisten Medien beziehen. Einige Medien haben den Fehler inzwischen unauffällig korrigiert.

Den Hundefoto-Kindchenschema-Wettbewerb hat meines Erachtens übrigens Krone.at gewonnen.

Nachtrag: Inzwischen haben alle der genannten Medien den Fehler ausgebessert.

(… und vergisst dabei einen kleinen Budgetposten)

Die Spatzen pfeifen es schon lange von den Dächern: Österreich hat zu viele Schulden angehäuft und nun drohen ernste Konsequenzen. Dabei wären die so einfach abzuwenden. Jeder Stammtisch kann es. Und die Experten für Steuergeldverschwendung bei „Heute“ sowieso:

(Bild anklicken für Großansicht)


Herr Faymann, Herr Spindelegger! Lesen Sie das hier, dann sparen wir uns 12 Milliarden

Hier einige der, im wahrsten Sinne, revolutionären Sparideen der „Heute“-Redaktion:

  • Ausgediente ÖBBler erhalten künftig keinen, ja wirklich, keinen Euro staatliche Pension mehr (bringt laut „Heute“ 1,7 Milliarden).
  • Alle Staatsgelder für Investitionen der Bahn in unsere Wirtschaft Infrastruktur und unrentable Bahnstrecken werden ebenfalls gestrichen (bringt 2,1 Milliarden).
  • Die Kosten für die Sanierung des Parlaments kennt noch keiner genau, aber „Heute“ weiß: von einem Fantasiebetrag kann man locker die Hälfte abziehen (bringt 250 Millionen).

Bis hinunter zu 29 Mio. geht die Liste. Doch, halt: Ganze 100 Millionen leicht gesparte Euro hat „Heute“ einfach übersehen. Doch das holen wir gerne nach:

Herr Faymann, Herr Spindelegger!
Lesen* Sie das hier, dann sparen wir uns 100 Millionen:

Juristen warnen, dass Politiker mithilfe von Regierungsinseraten die Medienfreiheit untergraben – einen Grundpfeiler der Demokratie. […] Der Staat und staatsnahe Unternehmen dürften an die 100 Millionen Euro pro Jahr für Inserate und Kampagnen ausgeben.

*) Sie können es sich auch anhören: Ö1 Mittagsjournal, “Medienfreiheit in Gefahr

Wie konnte diese demokratieschädigende Steuergeldverschwendung der Sparwut von „Heute“ entgehen? Ach so…

Politikinserate
Anteil am gesamten Anzeigenvolumen von „Heute“: 28 %
Durchschnitt aller österr. Tageszeitungen: 12 %

Quelle: derStandard.at

PS: Falls ihr weitere Ungereimtheiten in den Sparplänen von „Heute“ entdeckt, postet sie bitte in den Kommentaren.

Seit vorletztem Sommer wissen wir, wer hierzulande Opfer eines Verbrechens wird, braucht sich um seinen Ruf nicht mehr zu sorgen, den erledigt „Österreich“:

"Die kaputte Welt des Mordopfers", ÖSTERREICH, 6. 7. 2010, S. 6


Und weil dem Reporter jemand erzählte, die hinterbliebene Mutter sei mal als Prostituierte bezeichnet worden, schrieb er auch das pflichtschuldig in seinen Mordsartikel*, neben allen anderen Gerüchten, die ihm zugetragen wurden.

Was uns zum Kern führt: In einer Zeitung kann nur stehen, was ihr anvertraut wird (von freien Erfindungen und Facebook-Fragmenten abgesehen). Und mal ehrlich, was würdet ihr „Österreich“ in einem solchen Fall anvertrauen? So kommt es, dass der Ruf eines bis eben noch unbekannten Opfers und seines engsten Umfeldes heute im Zweifel davon geprägt wird, was Wichtigtuer, Überforderte und Gierige dem Boulevard als wahr verkaufen.

Wenn nun aber — wie im Fall einer kürzlich ermordeten Pensionistin — dabei so gar nichts hochkommt, womit man die Privatsphäre Konkurrenz exklusiv vom Platz fegen könnte?

Dann bläst „Österreich“ schon mal den sprichwörtlichen Schuh zum „Familiengeheimnis“ auf:

Familie lebte auf großem Fuß

Drei Eigentumswohnungen, eine Menge Bargeld zu Hause und Schuhgröße 49 –  die Geheimnisse der Familie E. […] „Ich kenne die Familie schon seit Jahren“, sagt Orthopäde Christian Ebner zu ÖSTERREICH: „Derzeit fertige ich dem Sohn gerade einen Maßschuh an. Größe 49.“

[Daneben ein Foto, Bildtext: „Orthopäde Christian Ebner mit dem 49er-Schuh für den Sohn.“]



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*) Kobuk hat damals eine Verurteilung von „Österreich“ durch den Medienrat erwirkt. Der Reporter wurde dem Vernehmen nach zwischenzeitlich zum Ressortleiter befördert und zeichnet auch für die aktuelle Geschichte verantwortlich.

Fahren Sie mit der U3 Richtung Volkstheater und steigen Sie beim Rathaus aus.

…so lotst die slowakische Boulevardzeitung Nový Cas (Neue Zeit) ihre Leser zu den Wiener Christkindlmärkten. Laut der Zeitung sollte man am Südbahnhof aussteigen und weiter mit der U-Bahn fahren.

Bevor „informierte“ Slowaken feststellen, dass es auf dem Südbahnhof keine U-Bahn gibt und dass die U3 nicht zum Rathaus fährt, staunen sie wahrscheinlich noch in Bratislava über die teuren Fahrkarten. Laut Nový Cas kostet eine Zugfahrt von Bratislava nach Wien €6. Doch der wahre Preis ist mehr als doppelt so hoch: Eine Karte von Bratislava nach Wien kostet  €12,70.

Solltet ihr also desorientierte Slowaken durch Wien wandeln sehen, wundert euch nicht.  Wahrscheinlich entdecken sie gerade die Fehler des slowakischen Boulevards.

In der Rubrik „Money-Extra“ macht uns die Tageszeitung „Österreich“ vergangen Sonntag darauf aufmerksam, dass man über private Pflegevorsorge nicht früh genug nachdenken könne.

Mit der demographischen Entwicklung in Österreich – die Bevölkerung wird im Schnitt immer älter – drängt sich ein Thema in den Vordergrund: die Pflege.

„Expertenwissen“ kommt von Robert Lasshofer und Luciano Cirinà, die beide in einem kleinen Interview ihre Meinung zum Thema kundtun dürfen. Und dass die beiden dazu eine starke Meinung haben ist klar, immerhin ist Lasshofer Chef der Wiener Städtischen und Cirinà Generaldirektor der Generali-Versicherungen.
Private Pflege-Vorsorge boomt also lt. „Österreich“. Wer jetzt in Panik geraten sollte, weil er eben noch nicht für seine Pflege im Alter vorgesorgt hat, dem sei geholfen: Gleich zwei große Werbeeinschaltungen just jener Versicherungsgesellschaften, die auch ihre Meinung im dazugehörigen Artikel kundtun dürfen, prangen jeweils auf der gegenüberliegenden Seite (Generali) und auf der nächsten Doppelseite (Wiener Städtische).

Und sollte Ihnen der Herr in der Werbeanzeige der Wiener Städtischen bekannt vorkommen – Nein, Sie irren sich nicht. Es ist der Herr vom Artikel auf der vorherigen Seite: Robert Lasshofer, Generaldirektor der Wiener Städtischen. Er darf also gleich zwei mal in der selben Zeitung mitteilen, wie er zu seinen Produkten zur privaten Pflege-Vorsorge steht.

Obwohl wir uns das eigentlich auch so hätten denken können.

Wie die Kobuk-Leser bestimmt schon wissen, haben die österreichischen Medien so ihre Probleme mit dem Balkangebiet.

Auf den ersten Blick beschreibt ein Artikel in der „Heute“-Ausgabe vom 11.11. die „Reichweiten der vier Mullah-Raketen“, doch wirft man einen genaueren Blick auf die Karte, so fällt auf: In der Balkanregion fehlen zwei Länder, die erst „kürzlich“ unabhängig wurden: Montenegro (seit Juni 2006 unabhängig) und Kosovo (Unabhängigkeit von Serbien wurde im Februar 2008 proklamiert).

Ob „Heute“ uns dadurch mitteilen will, dass die Redaktion diese beiden Länder nicht anerkennen will, oder ob dies bedeutet, dass man in der Redaktion politisch nicht auf dem Laufenden ist, ist Interpretationssache.

Welchen Sinn der Pfeil haben soll, ist auch ein Rätsel. Er beginnt weder in Teheran, noch bei den eingezeichneten Atomanlagen. Er endet noch dazu im Atlantik, wobei er auch auf den Text zeigen könnte. In diesem Fall unterstellt „Heute“ ihren Lesern aber die Unfähigkeit, den Zusammenhang zwischen Bild und daneben stehendem Text zu erkennen.

PS.: Auf Seite 20 in der selben Ausgabe wird der Begriff „Männlichkeit“ definiert:

Wieder etwas gelernt: Ameisen machen Honig.

Eine aktuelle Studie des Medienwatchblogs „Kobuk“ hat ergeben: Statistisch gesehen sterben Leser der „Kronen Zeitung“ am Abend dümmer als am Morgen. Richtig schlau werden sie aus ihr aber nie.

Links: Abendausgabe, rechts: Die aktuellere Morgenausgabe von heute (Bild anklicken für Großansicht)


… ein deutlicher Erfolg geworden.

… kann, wenngleich das Ergebnis unter den Erwartungen der Initiatoren geblieben ist, als Erfolg gewertet werden. Das Resulatat [sic!] muss …


Mit mehr als 400.000 Unterschriften … Erwartungen deutlich übertroffen.

Mit 383.320 Unterschriften … Zeichen wachsender Unzufriedenheit …


Die Zahl, die „Krone“-Leser nach zwei fehlgeschlagenen Versuchen vielleicht nie erfahren werden, lautet übrigens 383.820.