Seit vorletztem Sommer wissen wir, wer hierzulande Opfer eines Verbrechens wird, braucht sich um seinen Ruf nicht mehr zu sorgen, den erledigt „Österreich“:
"Die kaputte Welt des Mordopfers", ÖSTERREICH, 6. 7. 2010, S. 6
Und weil dem Reporter jemand erzählte, die hinterbliebene Mutter sei mal als Prostituierte bezeichnet worden, schrieb er auch das pflichtschuldig in seinen Mordsartikel*, neben allen anderen Gerüchten, die ihm zugetragen wurden.
Was uns zum Kern führt: In einer Zeitung kann nur stehen, was ihr anvertraut wird (von freien Erfindungen und Facebook-Fragmenten abgesehen). Und mal ehrlich, was würdet ihr „Österreich“ in einem solchen Fall anvertrauen? So kommt es, dass der Ruf eines bis eben noch unbekannten Opfers und seines engsten Umfeldes heute im Zweifel davon geprägt wird, was Wichtigtuer, Überforderte und Gierige dem Boulevard als wahr verkaufen.
Wenn nun aber — wie im Fall einer kürzlich ermordeten Pensionistin — dabei so gar nichts hochkommt, womit man die Privatsphäre Konkurrenz exklusiv vom Platz fegen könnte?
Dann bläst „Österreich“ schon mal den sprichwörtlichen Schuh zum „Familiengeheimnis“ auf:
Familie lebte auf großem Fuß
Drei Eigentumswohnungen, eine Menge Bargeld zu Hause und Schuhgröße 49 – die Geheimnisse der Familie E. […] „Ich kenne die Familie schon seit Jahren“, sagt Orthopäde Christian Ebner zu ÖSTERREICH: „Derzeit fertige ich dem Sohn gerade einen Maßschuh an. Größe 49.“
[Daneben ein Foto, Bildtext: „Orthopäde Christian Ebner mit dem 49er-Schuh für den Sohn.“]
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*) Kobuk hat damals eine Verurteilung von „Österreich“ durch den Medienrat erwirkt. Der Reporter wurde dem Vernehmen nach zwischenzeitlich zum Ressortleiter befördert und zeichnet auch für die aktuelle Geschichte verantwortlich.