Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

In der Ausgabe vom 23. November möchte uns „Österreich“ auf die Gefährlichkeit von Feinstaub hinweisen und illustriert den Artikel mit einer anatomisch nicht ganz korrekten Darstellung der menschlichen Atemwege:

Die Bronchien der menschlichen Lunge befinden sich logischerweise in der Lunge und nicht in der Luftröhre. Hier eine anatomisch korrekte Version:

Blausen 0770 RespiratorySystem 02 (Lizenz: CC BY 3.0 BruceBlaus - Own work)

(Illustration: BruceBlaus, CC BY 3.0)

 


Krone.at und Oe24.at zeigen, wie man im Sinne der Suizidprävention nicht über einen Selbstmord berichtet.

Ludwig Hirsch ist letzte Nacht verstorben. Wien.orf.at berichtet sehr zurückhaltend und nennt auf Wunsch der Familie Hirschs keine Details:

Auch das Wilhelminenspital bestätigte zuletzt, dass Hirsch in der Früh im Haus verstorben war. Genauere Auskünfte könne man auf ausdrücklichen Wunsch der Familie jedoch nicht geben, hieß es seitens des Krankenanstaltenverbunds (KAV).

Über den Wunsch der Familie berichten zwar auch Krone.at und Oe24.at – allerdings erst, nachdem sie den Freitod Hirschs in allen verfügbaren Details ausgeschlachtet haben.

Krone.at erklärt im zum Artikel gehörenden Video sogar ganz stolz, dass „ein Reporter der Krone herausgefunden hat“, in welcher Abteilung sich der Musiker befunden hatte. Beide Medien verpacken schon in Dachzeilen, Überschriften und Einleitungen alle Details über Ort und Methode des Selbstmordes. Dabei sollten JournalistInnen sehr genau wissen, wie man über einen Selbstmord berichtet, um den sogenannten Werther-Effekt zu vermeiden. Zumindest könnten sie im Leitfaden zur Berichterstattung über Suizid des Wiener Kriseninterventionszentrums (PDF, ca. 300KB) nachlesen, dass u.a.

  • erhöhte Aufmerksamkeit der Medien
  • sensationserregende Sprache
  • Details zur Person (Alter, Beruf, Geschlecht, …) und
  • genaue Angaben zum Ort des Selbstmordes

eine Nachahmung wahrscheinlicher machen.

Die Berichterstattung von Krone.at und Oe24.at zielt ohne Rücksicht auf Verluste auf hohe Klickraten und einen „spannenden“ Artikel ab – ohne Rücksicht auf die Vermeidung etwaiger Nachahmungstaten. Das verrät viel über die ethischen Grundsätze dieser Medien.

Der traurige Vorfall des Mordes an einem 16-Jährigen im oberösterreichischem Braunau hat viele Menschen entsetzt, mich allerdings auch die dazugehörige Berichterstattung der Kronenzeitung letzten Dienstag.

Denn neben der nicht anonymisierten Darstellung des Opfers, welcher sich auch andere Medien schuldig gemacht hatten, wurde hier auch persönlichen Daten der Großmutter des Täters veröffentlicht.

Sie trafen sich in der Wohnung von Ivans Großmutter Anka D. (59) in der ░░░░░straße 2.


Ob die Dame gutheißt, dass ihre private Wohnadresse in der auflagenstärksten Tageszeitung Österreichs gezeigt wird?

Drei Menschen sprachen mit „Heute“ über „die eine Sekunde, die unser Leben rettete“ – auch Ex-Miss-Austria Patricia Kaiser kam dabei zu Wort.

Äh… kam angeblich zu Wort. Wie die 27-Jährige auf ihrer Facebook-Seite erklärte, gab es nämlich nie ein Gespräch zwischen ihr und „Heute“…

Vielen Dank an @maldungi für den Hinweis!

George Michael verbrachte den heutigen Abend mit Halsweh im Hotel. Schön, dass das Konzert der „Krone“ dennoch gefallen hat:

(Danke an Jürgen Hofer, Max Hartmann und Christiane Wassertheurer für Hinweis und Bild!)

Jetzt brauchen wir bald eine Kategorie Kaltgeschrieben.

Update: Ausgerechnet „Österreich“ nennt den Fehler der Krone „peinlich“. Wetten, dass wir uns noch an die Headline „Robbie holte Show aus dem Koma“ erinnern?

Danke Marlene Altenhofer für den Hinweis!

Drastische Erhöhung der Hundesteuer in Wien! Wie drastisch, scheint für viele JournalistInnen nebensächlich zu sein. Denn Orf.at, Kleine.at, Krone.at, Oe24.at, Wienerzeitung.at, DerStandard.at und DiePresse.com verwendeten offenbar mehr Zeit darauf, möglichst süße Hundefotos zu finden, als nachzurechnen: Eine Änderung 43,60€ auf 72€ entspricht einer Erhöhung von 65,14%.

Den Ursprungsfehler dürfte die APA gemacht haben, auf die sich die meisten Medien beziehen. Einige Medien haben den Fehler inzwischen unauffällig korrigiert.

Den Hundefoto-Kindchenschema-Wettbewerb hat meines Erachtens übrigens Krone.at gewonnen.

Nachtrag: Inzwischen haben alle der genannten Medien den Fehler ausgebessert.

(… und vergisst dabei einen kleinen Budgetposten)

Die Spatzen pfeifen es schon lange von den Dächern: Österreich hat zu viele Schulden angehäuft und nun drohen ernste Konsequenzen. Dabei wären die so einfach abzuwenden. Jeder Stammtisch kann es. Und die Experten für Steuergeldverschwendung bei „Heute“ sowieso:

(Bild anklicken für Großansicht)


Herr Faymann, Herr Spindelegger! Lesen Sie das hier, dann sparen wir uns 12 Milliarden

Hier einige der, im wahrsten Sinne, revolutionären Sparideen der „Heute“-Redaktion:

  • Ausgediente ÖBBler erhalten künftig keinen, ja wirklich, keinen Euro staatliche Pension mehr (bringt laut „Heute“ 1,7 Milliarden).
  • Alle Staatsgelder für Investitionen der Bahn in unsere Wirtschaft Infrastruktur und unrentable Bahnstrecken werden ebenfalls gestrichen (bringt 2,1 Milliarden).
  • Die Kosten für die Sanierung des Parlaments kennt noch keiner genau, aber „Heute“ weiß: von einem Fantasiebetrag kann man locker die Hälfte abziehen (bringt 250 Millionen).

Bis hinunter zu 29 Mio. geht die Liste. Doch, halt: Ganze 100 Millionen leicht gesparte Euro hat „Heute“ einfach übersehen. Doch das holen wir gerne nach:

Herr Faymann, Herr Spindelegger!
Lesen* Sie das hier, dann sparen wir uns 100 Millionen:

Juristen warnen, dass Politiker mithilfe von Regierungsinseraten die Medienfreiheit untergraben – einen Grundpfeiler der Demokratie. […] Der Staat und staatsnahe Unternehmen dürften an die 100 Millionen Euro pro Jahr für Inserate und Kampagnen ausgeben.

*) Sie können es sich auch anhören: Ö1 Mittagsjournal, “Medienfreiheit in Gefahr

Wie konnte diese demokratieschädigende Steuergeldverschwendung der Sparwut von „Heute“ entgehen? Ach so…

Politikinserate
Anteil am gesamten Anzeigenvolumen von „Heute“: 28 %
Durchschnitt aller österr. Tageszeitungen: 12 %

Quelle: derStandard.at

PS: Falls ihr weitere Ungereimtheiten in den Sparplänen von „Heute“ entdeckt, postet sie bitte in den Kommentaren.

Seit vorletztem Sommer wissen wir, wer hierzulande Opfer eines Verbrechens wird, braucht sich um seinen Ruf nicht mehr zu sorgen, den erledigt „Österreich“:

"Die kaputte Welt des Mordopfers", ÖSTERREICH, 6. 7. 2010, S. 6


Und weil dem Reporter jemand erzählte, die hinterbliebene Mutter sei mal als Prostituierte bezeichnet worden, schrieb er auch das pflichtschuldig in seinen Mordsartikel*, neben allen anderen Gerüchten, die ihm zugetragen wurden.

Was uns zum Kern führt: In einer Zeitung kann nur stehen, was ihr anvertraut wird (von freien Erfindungen und Facebook-Fragmenten abgesehen). Und mal ehrlich, was würdet ihr „Österreich“ in einem solchen Fall anvertrauen? So kommt es, dass der Ruf eines bis eben noch unbekannten Opfers und seines engsten Umfeldes heute im Zweifel davon geprägt wird, was Wichtigtuer, Überforderte und Gierige dem Boulevard als wahr verkaufen.

Wenn nun aber — wie im Fall einer kürzlich ermordeten Pensionistin — dabei so gar nichts hochkommt, womit man die Privatsphäre Konkurrenz exklusiv vom Platz fegen könnte?

Dann bläst „Österreich“ schon mal den sprichwörtlichen Schuh zum „Familiengeheimnis“ auf:

Familie lebte auf großem Fuß

Drei Eigentumswohnungen, eine Menge Bargeld zu Hause und Schuhgröße 49 –  die Geheimnisse der Familie E. […] „Ich kenne die Familie schon seit Jahren“, sagt Orthopäde Christian Ebner zu ÖSTERREICH: „Derzeit fertige ich dem Sohn gerade einen Maßschuh an. Größe 49.“

[Daneben ein Foto, Bildtext: „Orthopäde Christian Ebner mit dem 49er-Schuh für den Sohn.“]



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*) Kobuk hat damals eine Verurteilung von „Österreich“ durch den Medienrat erwirkt. Der Reporter wurde dem Vernehmen nach zwischenzeitlich zum Ressortleiter befördert und zeichnet auch für die aktuelle Geschichte verantwortlich.

Fahren Sie mit der U3 Richtung Volkstheater und steigen Sie beim Rathaus aus.

…so lotst die slowakische Boulevardzeitung Nový Cas (Neue Zeit) ihre Leser zu den Wiener Christkindlmärkten. Laut der Zeitung sollte man am Südbahnhof aussteigen und weiter mit der U-Bahn fahren.

Bevor „informierte“ Slowaken feststellen, dass es auf dem Südbahnhof keine U-Bahn gibt und dass die U3 nicht zum Rathaus fährt, staunen sie wahrscheinlich noch in Bratislava über die teuren Fahrkarten. Laut Nový Cas kostet eine Zugfahrt von Bratislava nach Wien €6. Doch der wahre Preis ist mehr als doppelt so hoch: Eine Karte von Bratislava nach Wien kostet  €12,70.

Solltet ihr also desorientierte Slowaken durch Wien wandeln sehen, wundert euch nicht.  Wahrscheinlich entdecken sie gerade die Fehler des slowakischen Boulevards.

In der Rubrik „Money-Extra“ macht uns die Tageszeitung „Österreich“ vergangen Sonntag darauf aufmerksam, dass man über private Pflegevorsorge nicht früh genug nachdenken könne.

Mit der demographischen Entwicklung in Österreich – die Bevölkerung wird im Schnitt immer älter – drängt sich ein Thema in den Vordergrund: die Pflege.

„Expertenwissen“ kommt von Robert Lasshofer und Luciano Cirinà, die beide in einem kleinen Interview ihre Meinung zum Thema kundtun dürfen. Und dass die beiden dazu eine starke Meinung haben ist klar, immerhin ist Lasshofer Chef der Wiener Städtischen und Cirinà Generaldirektor der Generali-Versicherungen.
Private Pflege-Vorsorge boomt also lt. „Österreich“. Wer jetzt in Panik geraten sollte, weil er eben noch nicht für seine Pflege im Alter vorgesorgt hat, dem sei geholfen: Gleich zwei große Werbeeinschaltungen just jener Versicherungsgesellschaften, die auch ihre Meinung im dazugehörigen Artikel kundtun dürfen, prangen jeweils auf der gegenüberliegenden Seite (Generali) und auf der nächsten Doppelseite (Wiener Städtische).

Und sollte Ihnen der Herr in der Werbeanzeige der Wiener Städtischen bekannt vorkommen – Nein, Sie irren sich nicht. Es ist der Herr vom Artikel auf der vorherigen Seite: Robert Lasshofer, Generaldirektor der Wiener Städtischen. Er darf also gleich zwei mal in der selben Zeitung mitteilen, wie er zu seinen Produkten zur privaten Pflege-Vorsorge steht.

Obwohl wir uns das eigentlich auch so hätten denken können.