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Unser Medienbaukasten – eine Alternative zu Steady

Kobuk-MedienbaukastenWie man sich als kleines Medium ein vollautomatisches und professionelles Mitglieder- und Newsletter-System einrichten kann, mit minimalen Kosten.

Wir haben uns für unsere Kampagne im Herbst 2025 ein Setup überlegt, das wir hier veröffentlichen, damit andere Medien davon profitieren können. (Eignet sich auch als Kampagenbaukasten für Vereine, die Spenden in Form von Daueraufträgen einwerben wollen, als Alternative zu diversen teuren Crowdfunding- und Newsletter-Tools.)

Viele kleinere Medien nützen – so wie wir bis vor kurzem – die Plattform Steady, und haben damit potentiell dasselbe Problem, das wir hatten: Mimikama, Die Chefredaktion, Krautreporter, Übermedien, Der Postillion, Bildblog, tag eins, viele Podcasts wie Erklär mir die Welt oder Newsletter wie der von Ingrid Brodnig.

Das Problem

Bis vor kurzem hatten wir also unsere Mitgliederverwaltung samt Payment und Newsletter-Versand bei Steady, und damit waren wir im Grunde auch zufrieden. Ein Rundum-Sorglos-Paket.

Das Problem an Steady sind die Kosten. Weniger die 10% Steady-Provision, denn man bekommt ja etwas dafür, sondern die Tatsache, dass deine Mitglieder über Steady Umsatzsteuer zahlen müssen, selbst dann, wenn du (als gemeinnütziger Verein oder als sogenanntes „Kleinunternehmen“) selbst nicht umsatzsteuerpflichtig bist. (Warum das so ist, erklärt Steady hier.)

Unsere Kalkulation bei Steady sah in etwa so aus:

Summe€67,8
Mitgliedsbeitrag:€100,0
– Zahlungskosten:ca. €4,5
– Steady-Provision:€10,0
– 20% Umsatzsteuer (Ö):€17,7
– Kosten Newsletter-Versand:€0,0

Beinahe ein Drittel der Spenden und Mitgliedsbeiträge über Steady kommt somit nicht bei uns an. (Für nicht umsatzsteuerpflichtige Medien in Deutschland ist das aufgrund der um 1%-Punkt niedrigeren USt nur marginal besser.)

Die Lösung

Da Steady für uns als gemeinnütziger, nicht Ust-pflichtiger Verein also zu teuer ist, haben wir (nach einem Tipp der Tagespresse – danke!) entschieden, das selbst zu machen.

Unsere Kalkulation sieht jetzt so aus:

Summe€95,5
Mitgliedsbeitrag:€100,0
– Zahlungskosten:ca. €4,5
– Steady-Provision:
– 20% Umsatzsteuer (Ö):
– Kosten Newsletter-Versand:s.u.

Von €100 kommen also ganze €27,70 mehr bei uns an als davor. Anders formuliert: Wir haben die variablen Kosten um 86% gesenkt.

Dazu kommen jährliche Zusatzkosten (plus natürlich initial der Aufwand für das Setup):

Summe€124
Jahreslizenz Newsletter-Tool:€112
Jährliche Newsletter-Kosten:€12

Wir verwenden großteils die Gratis- oder Opensource-Version unserer eingesetzten Tools (dazu unten mehr). Lediglich beim Tool für unseren Newsletter-Versand haben wir die Pro-Variante für rund €112/Jahr.

Kosten für den Newsletter-Versand, den wir ja jetzt auch selbst machen müssen, fallen ebenfalls an. Newsletter oder größere Mailings kann man nicht einfach über den eigenen Server rausschicken, da braucht man ein professionelles Email-Gateway, das uns für rund 140.000 Emails pro Jahr etwa €12 kostet. (Viele Medien haben wahrscheinlich viel größere Verteiler als wir oder schicken öfter, dann ist das entsprechend teurer.)

Die Anleitung (jetzt wird es technisch)

1. Für die Mitgliederverwaltung setzen wir die Open-Source-Version von Paid Memberships Pro ein (zu installieren über Github). Kobuk.at läuft auf WordPress, und das ist ein sehr mächtiges WordPress-Plugin für die Abwicklung bezahlter Mitgliedschaften.

Es umfasst Mitgliederverwaltung, die Anbindung an die Payment-Gateways samt automatisierten wiederkehrenden Zahlungen (monatlich, jährlich), die ganze Email-Kommunikation rund um Transaktionen wie Bestellung, Kündigung oder auch Erinnerungen. Für Mitglieder lassen sich unterschiedliche Pakete mit unterschiedlichen Funktionen und Preisen definieren, samt Discount Codes oder Trial-Perioden und einer Selbstverwaltungsoberfläche für Mitglieder. Es integriert wunderbar in WordPress (wie allerdings auch Steady), man kann etwa auch eine Paywall einrichten, also Artikel oder Bereiche der Website exklusiv den Mitgliedern oder auch nur bestimmten Mitgliedsstufen zugänglich machen. (Was wir nicht tun, bei uns ist alles öffentlich.)

Paid Memberships Pro ist ein mächtiges Tool, das man mit diversen Add-ons an die eigenen Bedürfnisse anpassen kann. (Wir nutzen etwa: Add Name to Checkout Add On, Add PayPal Express Add On, Extra Expiration Warning Emails Add On, Reason For Cancelling Add On, Recurring Emails Add On, Variable Pricing Add On.)

2. Als Payment-Gateways haben wir Stripe (für Kartenzahlung) und Paypal gewählt, weil sie die wichtigsten Zahlungsformen unterstützen, am günstigsten sind – sowie einfach an Paid Memberships Pro anzubinden. Die Kosten liegen etwa bei 1,4% plus €0,25 je Transaktion bei Stripe sowie bei 2,49% plus €0,35 bei PayPal. (Als Faustregel kann man sagen: 4,5% je Transaktion, so haben wir das auch oben gerechnet.) Diese Kosten sind über Steady gleich hoch wie über unser Setup. (Bei Steady kann man allerdings auch mit Apple Pay oder SEPA-Lastschrift bezahlen, das geht bei uns derzeit nicht.)

Im Gegensatz zum Setup mit Steady muss man hier natürlich eigene Händler-Accounts bei Stripe und PayPal anmelden. Beide überweisen die eingegangen Umsätze (abzüglich der Paymentkosten) automatisch laufend auf unser Bankkonto.

(Anmerkung: Gäbe es bei Steady ebenso eine Möglichkeit, eigene Händler-Accounts anzubinden, anstatt über den Account von Steady abrechnen zu müssen, käme es möglicherweise gar nicht zum Problem der Umsatzsteuer-Pflicht für „Kleine“ wie uns. Aber wir schweifen ab.)

3. Als Newsletter-Tool verwenden wir das WordPress-Plugin FluentCRM, hier die lizenzpflichtige Variante, denn nur die bietet eine automatische Integration mit Paid Memberships Pro. Wir wollen unseren Mitgliedern ja auch Emails schicken. Das Tool bietet, was man von Newsletter-Systemen erwartet: Personalisierte Emails, Vorlagen, einen visuellen Editor, Nutzungsstatistiken, Segmentierung der Verteilerliste, etc.

Alte Newsletter-Abonnenten von Steady haben wir dort exportiert und bei FluentCRM importiert. Neue Mitglieder können sich entweder nur zum Newsletter anmelden oder im Mitgliederformular DSGVO-konform die Newsletter-Opt-in-Box ankreuzen. Für beides nutzen wir die Gratisversion des WordPress-Plugins FluentForms.

4. Als Email-Gateway verwenden wir Amazon SES, und zwar sowohl für den Newsletter als auch für Transaktions-Emails. Sehr günstig (rund $0,1 pro 1000 Emails), sehr zuverlässig, aber initial sehr mühsam anzubinden und zu konfigurieren. (Tipp: ChatGPT ist dabei wirklich hilfreich.) Angebunden ist das über das kostenlose WordPress-Plugin FluentSMTP. Damit geht absolut jedes Email von WordPress über SES, egal von welchem Plugin es geschickt wird.

5. Natürlich hatten wir Sonderwünsche, die mit diesen Tools nicht out of the box funktionieren. Aber WordPress und die genannten Plugins bieten hier ausreichend Möglichkeiten und Hooks, entsprechende eigene Plugins oder Shortcodes zu programmieren. So haben wir einen Slider, mit dem Mitglieder selbst ihren Mitgliedsbeitrag wählen können (etwas, das mit Steady nicht geht), einen Counter (samt Progress Bar) auf jeder Seite, der während der Kampagne den aktuellen Mitgliederstand zeigt sowie viele andere kleine Anpassungen. Noch nicht umgesetzt aber geplant ist die Funktion, dass man Mitgliedschaften verschenken bzw. anderen Personen widmen kann.

6. Und dann ist da noch das Setup. Die genannten Tools muss man installieren, konfigurieren, an manchen Stellen die Übersetzungen nachziehen (mittels Loco Translate), testen und Datenschutz-konform machen, sowie die WordPress-Installation besonders gut absichern (es werden zwar keine Zahlungsdaten gespeichert aber Namen und Email-Adressen der Mitglieder). Bis alles so war, wie wir uns das vorgestellt haben, ist einiges an Aufwand reingeflossen. (Wie viel genau, hängt natürlich auch von den eigenen Anpassungswünschen ab.)

Vor allem aber braucht man jemanden mit solidem WordPress-Knowhow. In unserem Fall war das der extrem kompetente Johannes Reiter, ohne den wir das niemals hinbekommen hätten. (Wir stellen gerne den Kontakt her.)

Das Fazit

Man muss sich sehr gut überlegen, ob man den Aufwand und die technische Verantwortung (auch im laufenden Betrieb) auf sich nimmt und auf die Convenience einer Plattform wie Steady verzichtet.

Wir haben diese Entscheidung nicht bereut und werden jetzt nicht nur mit sehr viel niedrigeren Spesen belohnt sondern auch mit der Gewissheit, unseren Mitgliedern sagen zu können, dass über 95% ihrer Beiträge tatsächlich bei uns ankommen, konkret in unsere redaktionelle Arbeit fließen. (Details zu unseren Finanzen siehe kobuk.at/transparenz.)

Das P.S.

Steady-Chef Sebastian Esser schreibt einen lesenswerten Newsletter, der allen ans Herz gelegt sei, die ein Medium aufbauen wollen.