Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Kategorie: Heute

Dass Information und Werbung oft nah beieinander liegen, wissen wir bereits.

„Heute“ informiert in ihrer Rubrik „Muttertag-Spezial“ in drei Artikeln über „NOAN-Olivenöl“, ein Produkt, dessen Hersteller verspricht, einen Teil des Umsatzes und den Reinerlös Kinderhilfsprojekten zugute kommen zu lassen. Mangels Spendegütesiegels sind wir gezwungen, die Angaben der in Griechenland registrierten Firma zu glauben. Was schwerer wiegt: „Heute“ verzichtet auf jegliche Offenlegung, warum dieses Produkt derart massiv redaktionell beworben wird und ob es dafür eine Gegenleistung gab. Ein „Wir freuen uns, diese Kinderhilfsprojekte mit diesem Muttertagsartikel kostenlos zu unterstützen“ hätte uns da schon genügt.

Bereits beim ersten Artikel „Meistermenü vom Starkoch für Mama“ wird uns das Produkt (von mir rot gekennzeichnet) ans Herz gelegt:

Auf der nächsten Seite gibt es gleich zwei informative „Berichte“ über das besagte Olivenöl, welches laut „Heute“ nicht nur Kinderprojekte fördert, sondern natürlich auch jedes Gericht verfeinert:

Interessant ist auch: Schon 2009 ist online ein Artikel zum Olivenöl zu lesen.

(Danke Alexander Cjzerny für den Hinweis.)


In der „Heute“-Ausgabe vom 20.04. fand sich neben der notorischen „Himmlischen SMS“ eine nicht als solche gekennzeichnete Bewerbung eines originellen Gedächtnistrainingsangebots.

Hübsch verpackt als vermeintliche Neuigkeit unter „Das Neueste kurz“.

Liebe Frau Dichand,

danke für die Quelle zu der von einem Kobuk-Autor behaupteten Zeitungsente in der heutigen Ausgabe Ihrer Zeitung „Heute“, die Sie mir eben auf Ihrem nagelneuen Twitter-Account schicken, spätabends von Ihrem Blackberry:

Willkommen auf Twitter. Jetzt werfe ich doch gleich einen Blick auf diese wirklich lustige Website, WNCNEWS, von der hab ich noch nie gehört. Auf der spärlichen Kontaktseite finde ich den Absatz:

We as “WNC News” has tested the information in this website to the best of our ability. But it is well said that human makes errors. So, help us finding the erros, bugs or any other way by which we can improve your experience with us.

Ich gestehe, die Hervorhebungen sind von mir. Der Autor Nummer eins der Website dürfte übrigens eine besondere Ausbildung genossen haben:

David is a graduate of the University of Some State.

In some country, I assume.

Die Website hat PageRank Null (zum Vergleich: Heute.at hat PageRank 6), aber zumindest 65.000 Einzelseiten. Frau Dichand, Sie dürften einer Contentfarm aufgesessen sein. Ich hoffe, Ihre Redaktion bezieht keine „Nachrichten“ aus solchen Quellen.

Ihr Quell-Link hat übrigens keinen Inhalt, sondern verlinkt nur auf einige Artikel. Der erste davon enthält den Satz:

Frattini said that an African country to give asylum to Muammar Gaddafi and ignore that Libyan leader will remain in power.

Wenn ich das holprige Englisch richtig deute, dürfte auch das Ihre Zeitungsente kaum entlasten.

Oder war Ihr Tweet nicht ernst gemeint sondern ein um zwei Tage verfrühter Aprilscherz? Oder ein Test, und ich bin reingefallen?

fragt sich,
Ihr Helge Fahrnberger

Ein P.S. für Zweifler: Der Twitter-Account @EvaDichand ist echt:

Update: Die Website hat ein paar der Fehler beseitigt, und der (vermutliche) indonesische Betreiber hat sich in den Kommentaren gemeldet.

„Heute“ berichtet in der heutigen Ausgabe sowie online, dass Berlusconi Gaddafi Asyl in Italien geben wolle. Doch in keinem italienischen oder internationalen Medium findet sich eine entsprechende Meldung, und Italien hat ein solches Asyl bislang ausgeschlossen.

Man dürfte bei „Heute“ eine Aussage des italienischen Außenministers am Rande der gestrigen Libyenkonferenz in London falsch gedeutet haben. Reuters berichtet:

Frattini said an African country could offer Gaddafi asylum.

Italien dürfte nicht zu den afrikanischen Ländern zu zählen sein.

Update: „Heute“-Herausgeberin Eva Dichand hat sich auf Twitter dazu gemeldet.

Am 21. 3. enttarnte „Heute“ auf Seite 12 ein Werbeplakat in Wien:

Nicht ein einziger Hinweis (..) gibt Aufschluss darüber, wer hinter der Idee steckt. „Heute“ fand heraus: Der Auftrag stammt von Umwelt-Stadträtin Ulli Sima.

 

Doch bereits vier Tage zuvor war in der gleichen Zeitung (17. 3., Seite 14) eine aus derselben Serie stammende Werbung publiziert worden:

Kennt „Heute“ seine Inserenten nicht? Oder möchte man diesen mit der vermeintlichen Aufdeckung gar etwas zusätzliche Publicity verschaffen?

Die Gratiszeitung „Heute“ scheint einen besonderen Draht zu der aufgrund einbrechender Zahl an Mitgliedsbeiträgen in argen Finanznöten befindlichen katholischen Kirche zu haben – oder auch umgekehrt.

So findet sich am 18.3. auf Seite 5 eine Notiz zum „Papst-SMS“ (Ja, gleich neben einem Artikel zur Lage in Libyen, in der selben Länge):

In der selben Ausgabe findet sich gleich auf der nächsten Seite ein Leserbrief, der Stimmung für das Symbol „Kreuz“ macht (anlässlich der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes bezüglich der Kreuze im Kindergarten):

Auf Seite 10 folgt dann die seit 2006 fixe Rubrik „Antworten“ von Kardinal Schönborn, der zur Katastrophe in Japan Stellung nimmt und mit einer Einladung zum Gottesdienst für Japan im Stephansdom abschließt:

Zum Verwechseln ähnlich mit dem Einspalter oben bewirbt erklärt „Heute“ nur 3 Tage später wieder die Himmelbotschaft per SMS: Eine Kurzmeldung auf Seite 10 vom 21.3.: „Das tägliche Papst-SMS während der Fastenzeit“, dazu ein Bild von Ratzinger:

Zitat: „Anmeldung erfolgt per SMS : Kennwort PAPST an die Nummer ☎ 0664/6606651.“ Gut zu wissen…

Aber um auf Nummer Sicher zu gehen, dass auch alle Schäfchen über das SMS-Service informiert sind, folgt am 22. 3. auf Seite 2 unter „Das Neuste kurz“ (!) das Papst-Zitat des Tages, betitelt mit „Täglich eine SMS von Papst Benedikt XVI.“

Zum Glück schreibt der Papst aber nicht bloß SMS sondern auch Bücher: Als erste Meldung unter „Das Neuste kurz“ auf Seite 2 (!) am 2.3. : „Neues Jesus-Buch von Papst Benedikt XVI.“ :

Eine traurige Story findet sich auf Seite 10 der Heute vom 9.3.: „Herrgott, warum sind in Wien alle Kirchen zu?“ von Lisa Steiner:

Zitat:

Ein Großteil der 220 Pfarren in der Stadt sperrt die Tore ihrer Kirche nur zu den Messzeiten auf. Der traurige Grund: Sicherheits- und Personalmangel! (…) Und Überwachungskameras kann man sich nicht leisten.

Doktor Guttenberg kann’s nicht lassen. Selbst Teile seiner Rücktrittsrede soll er geklaut haben, ausgerechnet aus einem Star Trek-Film, behauptet Peter Pelinka in seiner „Heute“-Kolumne:

Apropos Plagiat: „Ich war immer bereit zu kämpfen, aber ich habe die Grenzen meiner Kräfte erreicht.“ (Abschiedsrede Guttenberg). Zitat Captain Kirk, Star Trek II: „Ich war immer bereit zu kämpfen, aber ich habe die Grenzen meiner Kräfte erreicht.“

Und stellt sich selber, nicht ohne Seitenhieb, selbstbewusst über den Ex-Doktor:

Wurde auf Facebook entdeckt, nicht von mir. Ich zitiere Quellen korrekt.



Nun ist aber die Quellenangabe „wurde auf Facebook entdeckt“ ungefähr so korrekt wie „hab ich in der Unibibliothek gefunden“, das sollte ein Dr. und Publizistik-Lehrender eigentlich wissen.

Und was nützt das korrekte Zitat, wenn es die Quelle nicht ist? Daher haben Doktorväter aller Zeiten und Journalistenväter alter(?) Zeiten vor das Zitat die Prüfung der Zitierfähigkeit gesetzt, also ob die Quelle den Ansprüchen genügt und glaubwürdig ist. Möchte man sich doch die Peinlichkeit ersparen, etwa öffentlich einem Hoax — einem Internetschwindel aufgesessen zu sein. Wie im Fall des genussvoll dargebrachten angeblichen Star Trek-Zitats, dessen Genese der Journalist Daniel Bröckerhoff ausführlich in seinem Blog dokumentiert hat:

(Mit Dank an Christoph A. und Tanja T. für den Hinweis)

[Update] Auch andere haben freundliche Hinweisgeber, wie es scheint. So folgt heute prompt die Korrektur, mit doppelt angekratztem Reno(m)mee:

P.S.: Die von mir gestern aus diversen Online-Foren zitierte Parallele zwischen einem Zitat von Guttenberg und einem von Captain Kirk war getürkt. Allein, dass sie stundenlang ernsthaft und nicht satirisch kolportiert wurde, spricht aber für ihre — böse — Güte. Und gegen Guttenbergs ziemlich angekratztes Renomee [sic!].

Wie viele Fehler passen in eine Titelgeschichte von “Heute”? Die Frage ist auf Kobuk nicht neu, der Highscore dieser Story vielleicht schon:

Polizei fasst

Fast. „Heute“ vergisst, dass es sich bei Unter-Zehnjährigen um strafunmündige Kinder handelt. Die Polizei darf diese im Normalfall gar nicht „fassen“, sondern nur als tatverdächtig ermitteln und in der Statistik er-fassen.

jeden Tag

Fast. Im zugrundeliegenden Zeitraum von Jänner bis Ende September hatten wir 273 Tage, aber laut Bericht nur 231 Tatverdächtige im Volksschulalter. Knapp eineinhalb Monate lang bekam die Polizei also kein einziges Kind zu fassen. Da hätte man sich ja mal der notorisch kriminellen Rechenleistung von „Heute“ annehmen können.

ein Krimi-Kind

Kriminell auch das Sprachgefühl von „Heute“. Abgesehen davon halten Fachleute die Charakterisierung kleiner Kinder als kriminell für äußerst problematisch, da dieser sehr „erwachsene“ Begriff und die ihm innewohnende juristische Beurteilung dem kindlichen (Fehl-)Verhalten meist nicht gerecht wird. Daher hat sich in diesem Bereich die Bezeichnung Kinderdelinquenz statt -kriminalität durchgesetzt. Aber ich möchte „Heute“ nicht langweilen.

Noch keine 10 Jahre alt, aber gewalttätig

Bevor wir beim nächsten Volksschüler aus Angst die Straßenseite wechseln, empfehle ich diesen Humorklassiker über die Schule von damals und heute. Denn hätte man schon zu meiner Volksschulzeit all unsere Gewalttaten — vom Haarabschneiden (ja, auch eine Körperverletzung), über den täglichen Raufhandel, bis zum ausgeschlagenen Milchzahn — mit dem StGB verfolgt, hätten wir im Jahr auch locker 200 Anzeigen zusammenbekommen. An einer Schule. Ob es bei den „Heute“-Redakteuren wirklich so viel friedlicher zuging?

Die Zahl der Straftaten stieg

Das ist insofern spannend, als es dazu gar keine Statistik gibt. Daher können seriöse Experten auch nicht sagen, ob die Gewalt unter Kindern gerade steigt oder sinkt. Selbst zu langfristigen Tendenzen gibt es abseits der Stammtische, und allen Horrormeldungen zum Trotz, keine gesicherten Erkenntnisse.

Kein Hindernis für „Heute“. Das Blatt nimmt einfach die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) des Innenministeriums. Das ist aber ungefähr so, als würde man versuchen, aus dem Heizölverbrauch Rückschlüsse auf den Klimawandel zu ziehen. Denn bei der PKS handelt es sich um eine reine Anzeigenstatistik.

Das größte Problem: Sie deckt nur das sogenannte Hellfeld der Kriminalität ab. Taten, die nicht angezeigt werden, bleiben im Dunkeln. Und wird mehr angezeigt, ist nicht zwangsläufig die Kriminalität im selben Maße gestiegen, manchmal wird auch nur das kaum veränderte Dunkelfeld besser ausgeleuchtet.

Denn steigende Zahlen können z.B. ebenso gut einer höheren (oft medial befeuerten) Sensibilität und Anzeigebereitschaft geschuldet sein. Oder auch einer (oft medial befeuerten) neuen Schwerpunktsetzung der Polizei. So stieg in den 90er Jahren in Wien die Zahl der 10- bis 13-jährigen Tatverdächtigen um die Hälfte an, nachdem ein eigenes Referat zur Bekämpfung von Jugendkriminalität eingerichtet worden war.

um 50 Prozent

Da sich mit einem Vorjahresvergleich — da wäre der Anstieg nur ca. 0,7 (!) Prozent — keine Schlagzeile machen ließe, überspringt „Heute“ einfach ein paar Jahre und vergleicht die Zahl von 2010 mit jener von 2005. Ein alter Trick aus dem Hause Dichand.

Aber selbst da ist noch interessant, wie „Heute“ auf 50 Prozent kommt. Dazu steht im Artikel:

[…] Die Zahl gewalttätiger Kinder unter 10 (!) Jahren steigt in Österreich seit fünf Jahren rasant an. Wurde im gesamten Jahr 2005 gegen 217 Tatverdächtige im Volksschulalter ermittelt, waren es von Jänner bis September 2010 bereits 231. Rechnet man diese aktuelle Zahl hoch, könnte es bis Jahresende ein erschreckendes Plus von 49,3 % geben.

Der Autor hat hier die ersten drei Quartale aufs ganze Jahr hochgerechnet. Und ohne komplexe Prognoserechnung — ich denke, die können wir bei „Heute“ ausschließen — geht das eigentlich nur so:

231 / 3 x 4 = 308

Das wäre ein Anstieg von 217 auf ca. 308 Tatverdächtige, also um etwa 41,9 Prozent. Deutlich unter den von „Heute“ erfundenen errechneten 49,3 Prozent.

Im Vorjahr (PDF) waren’s übrigens 306. Sollten die 308 für heuer einigermaßen zutreffen, erwartet uns, wie schon erwähnt, ein rasanter Anstieg der Anzeigen von ca. 0,7 Prozent, wenn überhaupt. Wie soll man so vernünftige Schlagzeilen zum Thema Kindergewalt machen?

Außerdem hat „Heute“ es doch sogar amtlich — womit wir bei der letzten Zeile des Aufmachers wären:

Jugendrichterin warnt: „Die Hemmschwelle beim Zuschlagen sinkt“

So eine Autorität unterstreicht zweifellos die Dramatik und Glaubwürdigkeit der geschilderten Entwicklung. Da ist es auch nebensächlich, dass eine Richterin kaum fachliche Erfahrung mit strafunmündigen (!) Volksschülern haben dürfte…

Cui bono?

Basis der „Heute“-Schlagzeile von Dezember war die Beantwortung einer FPÖ-Anfrage durch Innenministerin Fekter im Parlament. Und Basis der FPÖ-Anfrage im Parlament war eine „Heute“-Schlagzeile von September (damals ging’s um die 10- bis 14-Jährigen):

Kinder: 56 Prozent mehr Gewalttaten
Vor allem Körperverletzung und Raub: Allein im Vorjahr begingen Sprösslinge zwischen 10 und 14 Jahren 1630 Gewalttaten …

„Vor allem“ … eine freie Erfindung der Redaktion. Denn „Heute“ zitierte aus der Statistik die Summe der „Handlungen gegen Leib und Leben“. Darin ist Raub gar nicht enthalten. Dieses Verbrechen fällt in der Kriminalstatistik (PDF) in einen völlig anderen Abschnitt, nämlich „Handlungen gegen fremdes Vermögen“, und nimmt dort mit 117 Verdächtigen auch keine führende Stellung ein (die haben dort gewöhnlicher Diebstahl und Sachbeschädigung).

… 56 % mehr als noch 2004

Und auch damals sprang das Gratisblatt ein halbes Jahrzehnt zurück in der Zeit. In diesem Fall besonders perfide, denn der Vorjahresvergleich mit 2008 (PDF) hätte diese erfreuliche Schlagzeile gebracht:

Kinder: 7,4 % weniger Gewalttaten

Aber dann hätte es vielleicht gar keine Anfrage im Parlament gegeben. Und ohne die keinen um Monate vorgezogenen (Zwischen-)Bericht aus dem BM:I. Und ohne den kein vierteljährliches „Heute“-Update mit den neuesten Gewalt-Daten unserer Jugend. Und ohne das weniger Leser. Weniger Anzeigen. Weniger „Heute“…

Weniger Kobuk.

Auch im neuen Jahr haben sich schon einige kleine Kobuks angesammelt:

Standard vom 30. 12. 2010

  • Der „Standard“ vom 30. 12. zählt 900 Mio. Flughäfen in den USA und gleich mehrere Milliarden in Asien.
  • In der Online-Ausgabe von „Heute“ findet die Sonnenfinsternis vom Dienstag dem 04.01. einen Tag früher statt, während man in der Printausgabe einen Tag zu spät ist. Das Wirtschaftsblatt vom 21. 12. verrechnet sich gleich um fast ein Jahrzehnt bei der Datierung des Öldesasters der Exxon Valdez, und die OÖN von heute verlegen „Terminator III“ drei Jahrzehnte in die Vergangenheit.

  • „Österreich“ sieht eine Verdoppelung der Kirchenaustritte bei einem Plus von 47%. Der Fehler wurde inzwischen behoben.
  • Der Kommandeur der „USS Enterprise“, Owen Honors, wurde aufgrund beleidigender Videos entlassen. Doch warum schafft es kaum ein OnlineMedium, auf das (ohnehin zensurierte) Youtube-Video zu verlinken oder es einzubetten, damit man sich eine eigene Meinung bilden kann? Wir holen das nach:

Danke an Gerhard Peischl, Flo Pötscher, Claudia N. und Jakob Pfeiffer für die Hinweise!

Der nächste PISA-Schock: Österreichs Medien versagen in der Kernkompetenz „sinnerfassendes Lesen und korrekte Wiedergabe einer Studie“…

Die Presse zeigt eine APA-Grafik (s. rechts), in der Mexiko konsequent auf Platz 35 von 34 OECD-Staaten ausgewiesen wird. (Die APA hat in allen drei Ranglisten die Zeile „OECD-Schnitt“ als eigenen Staat mitgezählt.)

Ähnlich erstaunlich, die „Daten & Fakten“ der Kronen Zeitung:

Der Test umfasste 101 Aufgaben, davon 102 aus der Hauptdomäne Lesen, 36 aus Mathematik und 53 aus Naturwissenschaft.

In Wahrheit waren es insgesamt 191 verschiedene Aufgaben. Aber auch diese Zahl ist grob irreführend, da die Schüler jeweils nur einen Bruchteil davon in ihren unterschiedlichen Testheften vorfanden.

Die OÖN berichten:

Den 31-OECD-Staaten [sic!] haben sich mittlerweile 34 Partner-Länder für die Studie angeschlossen.

Und:

Österreichs Schüler sind dabei von Platz 16 auf 39 aus dem Mittelfeld ins hintere Drittel abgestürzt, knapp vor der Türkei, Chile und Mexiko.

Es ist genau umgekehrt: 34 OECD-Staaten und 31 Partnerländer haben am Test teilgenommen. 65 Nationen also insgesamt. Das „hintere Drittel“ begänne demzufolge bei Platz 44 — da muss die 39 noch ein bisschen abstürzen.

Nach der PISA-Auswertung kursieren ja immer zwei Ranglisten: Jene der OECD-Staaten und eine etwa doppelt so lange, die alle teilnehmenden Länder umfasst. Die OÖN haben oben, ebenso wie HEUTE und Wiener Zeitung, unseren OECD-Rang 2006 mit jenem unter allen Ländern 2009 verglichen, wodurch Österreichs ohnehin schlimmer Absturz noch mal um ein paar Plätze dramatischer wirkt.

Als Entschädigung für den unzulässigen Vergleich zieht die Wiener Zeitung immerhin drei Plätze ab und verfehlt damit sowohl die korrekte OECD 31 als auch die 39, die wir im gesamten Testfeld einnehmen:

Besonders tief ist der Fall beim Lesen, auf dem der Schwerpunkt des Tests lag: Von Platz 16 auf Platz 36.

Und wenn Österreich scheitert, ist „Österreich“ ganz vorne (auf dem Titel) mit dabei:

PISA-Test: Österreich ist Letzter in der EU
[…] Unter allen EU-Staaten, die von PISA getestet wurden, liegt Österreich an letzter Stelle.

… wenn man mal von Litauen, Bulgarien und Rumänien absieht, die hinter uns liegen.

Und dann wären da noch jene ungezählten Seelen, die PISA immer noch für eine Stadt in Italien halten, und auch so schreiben

[Update] Facebook-User Daniel K. hat in einem PISA-Bericht der Krone diesen sehr speziellen Lese(r)test gefunden, den wir euch nicht vorenthalten möchten:


(Danke Josef B. fürs Weiterleiten.)