Die medizinische Wirkung von homöopathischen Präparaten ist, ich will es einmal milde formulieren, äußerst umstritten. Oder besser gesagt: Wissenschaftlich betrachtet nicht vorhanden.
Das scheint aber noch nicht bis zum ORF Oberösterreich durchgedrungen zu sein. Das Thema: Eine österreichische Homöopathengesellschaft, konkret die Ärztegesellschaft für klassische Homöopathie (kurz ÄKH), fordert mehr Krankenkassenleistungen. Schon jetzt zahlt die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse für homöopathische „Medikamente“, aber auch der teure Besuch beim Homöopathen sollte laut ÄKH zukünftig abgegolten werden. Was in der Sendung Oberösterreich Heute vom 17.03.2011 dann dem Zuschauer präsentiert wurde, ist einseitig, blauäugig, manchmal schlichtweg falsch und zweitweise regelrechte Homöopathie-Propaganda.
Hier nur einige der vielen haarsträubenden Zitate aus dem sechsminütigen Beitrag:
Mit Arzneien, die so verdünnt verabreicht werden, dass Wirksubstanzen nicht nachweisbar sind. Die Wirkung wird nur durch den Informationsgehalt der Arznei erreicht.
Nun müsste dem Zuschauer nur noch jemand erklären, was der „Informationsgehalt der Arznei“ ist.
Wobei die klassische Homöopathie auch ihre Grenzen klar darlegt und nach Operationen oder im Fall von Krebs oft zusätzlich zur Chemo- oder Strahlentherapie angewendet wird.
Dass Homöopathie zusätzlich hilft, Krebs zu heilen, ist beinahe schon fahrlässig falsch.
In der Schweiz haben ein Bericht, der der Homöopathie wissenschaftliche Effektivität bescheinigt und ein Volksentscheid dazu geführt, dass ab 2012 die Kassen homöopathische Behandlungen bezahlen.
Das ist ebenso nur teilweise richtig, das beweist schon die Lektüre des zugehörigen ORF-Online Artikels. Dort findet sich im letzten Absatz nämlich der Beschluss des Eidgenössischen Department für Inneres und der lautet folgendermaßen:
Bis heute fehlt der Nachweis, dass diese fünf Behandlungsmethoden (Homöopathie, anthroposophische Medizin, Neuraltherapie, Phytotherapie und die traditionelle chinesische Medizin – Anm. des Autors) gesetzlichen Kriterien der Wirksamkeit, der Zweckmässigkeit [sic] und der Wirtschaftlichkeit (WZW) vollumfänglich erfüllen.
Im Studiogespräch von Oberösterreich Heute geht es in diesem Tonfall weiter. Geladen sind klarerweise keine Kritiker der Homöopathie, sondern ein praktizierender Homöopath und Prim. Prof. Dr. Maximilian Gstöttner von der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse. Letzterer lässt keinen Zweifel mehr:
[…] völlig außer Streit ob Homöopathie wirkt oder nicht. Sie wirkt.
Und wer freut sich schlussendlich über diese Berichterstattung? Eh klar: die ÄKH. Damit die Krankenkassen weiter/noch mehr für angeblich heilende Zuckerkugeln blechen.
(Dank an Stefan Löffler für den Hinweis.)
21 Kommentar(e)
Einen recht ähnlichen Bericht hat die Krone vor kurzem in ihrem „Gesund“ Magazin veröffentlicht… vielleicht findet diesen Artikel noch jemand? Liebe Grüße
Wer suchet der findet: https://www.krone.at/Gesund-Fit/Wie_die_Homoeopathie_und_ihre_Mittel_wirken-Kleine_Kugeln-Story-251471
ich stehe selber vielen dieser dinge sehr kritisch gegenüber, aber dieser artikel übertrifft die kritisierte sendung ob seiner unreflektiertheit und beweislosigkeit bei weitem. soll also selber wohl so was wie ein „globuli“ sein 🙂
@mikesch9020: Ist es nicht so, dass die Beweislast (der Wirksamkeit) bei der Homöopathie liegt? Dieser Artikel zeigt auf, dass dieser Beweis bislang nicht gelungen ist, und zwar indem er auf eine Sammlung von einem halben Dutzend wissenschaftlicher Studien zum Thema verlinkt (im Wikipedia-Artikel).
nunja, gerade gut recherchiert ist ihr artikel aber auch nicht. kann mich mikesch9020 also nur anschließen.
globuli? also ich würd eher placebo sagen…
schade, irgendwie bin ich jetzt enttäuscht so einen „schlechten“ artikel auf kobuk.at zu lesen…
Haha – herrlich! Dabei wurde der oberoesterreich.orf.at Artikel sogar noch entschärft & war davor kurze Zeit online.
Der orf, was der sich immer einfallen lässt…
Wobei die klassische Homöopathie auch ihre Grenzen klar darlegt und nach Operationen oder im Fall von Krebs oft zusätzlich zur Chemo- oder Strahlentherapie angewendet wird.
Dass Homöopathie zusätzlich hilft, Krebs zu heilen, ist beinahe schon fahrlässig falsch.
Wie dem Zitat vom orf auf das Zitat von Kobuk geschlossen werden kann, ist mir nicht ganz klar. Der orf behauptet nämlich nicht, dass Homöopathie zur Heilung von Krebs angewendet werden kann.
„Der orf behauptet nämlich nicht, dass Homöopathie zur Heilung von Krebs angewendet werden kann.“
Doch. Der Satz sagt aus, dass Homoöpathie alleine nicht ausreicht, sondern zusätzlich zur Strahlen- und Chemotherapie verwendet wird. Allerdings wird klar impliziert, das Homoöpathie trotzdem hilft, nur alleine nicht genug ist.
was aber, wenn ich zum wiederholten mal die wirkung von homöopathischer medizin beobachten kann?
meiner meinung nach ist es der wissenschaft nicht gelungen die wirksamkeit nachzuweisen. was nicht ein fehler der homöopathie sein kann. andererseits hat die wissenschaft auch schon mal gemeint, dass popeye wegen des hohen eisengehaltes im spinat so kräftig wär. ja, die wissenschaft. unfehlbar.
wie auch immer. ihr reitet auf einem sehr hohen pferd.
@ wuchale, mikesch9020
Zur Homöopathie kann man stehen wie man will. Wichtig war mir eher die Art der Berichterstattung. Ich will ja nicht in Schubladendenken verfallen, aber wär sowas auf Privatsendern über den Schirm geflimmert, hätt ich die journalistische Herangehensweise eher nachvollziehen können. Aber im ORF darfs dann doch ein bisschen neutraler und ausgewogener sein :-).
Was kommt als nächstes: Gesundbeten auf Krankenschein?
@wuchale: Das ist ja das schöne an der Wissenschaft. Die behauptet, im Gegensatz zur Homöopathie, gar nicht, dass sie unfehlbar ist, oder gar immer Recht hätte. Es wird die, laut aktuellem Wissensstand beste Methode angewandt. Dieser aktuelle Wissensstand wird dabei durchwegs in Frage gestellt, was andauernd zu neuen und besseren Methoden führt. Homöopathie wurde vor 200 Jahren von Hahnemann „erfunden“ und seither ohne Wirksamkeitsnachweis von seinen Jüngern unverändert als ultimative Weißheit (zu horrenden Preisen, wenn man bedenkt, was in so einem Glaubuli drin ist) verkauft.
Und zur Wirkung, die du betreffend Homöopathischer „Medizin“ beobachten durftest. Was meinst du, warum in der Wissenschaft Studien (doppelblind, randomisiert, etc.. ) durchgeführt werden. Es gibt unzählige Gründe, warum ein Effekt eintreten kann, auch eine Heilung (beispielsweise wäre die Krankheit so oder so vorbeigegangen, oder die Selbstheilungskräfte des Körpers wurden aktiv (durchaus auch durch die Placebo-Wirkung von Glaubulis unterstützt)), und nur über diese Studien kann man mit einer gewissen Sicherheit sagen, dass die getestete Methodik wirkliche Auswirkungen hat. Kein Homöopathikum hat bisher eine randomisierte Doppelblindstudie als wirksam überlebt
@franz: wir könnten über das Thema sicher vortrefflich diskutieren. Wir würden wohl auf keinen grünen Zweig kommen 😉
Ich versteh Deine Skepsis. Du schlägst Dich auf die Seite der Wissenschaft. Plausibler Ansatz. Warum auch nicht.
In einem Punkt muss ich Dir aber widersprechen: Die Homöopathie sieht sich nicht als unfehlbar. Zumindest nicht die Ärzte, die ich kenne. Und bevor Du mich korrigieren musst: ja, Ärzte mit Zusatzausbildung.
Unseriös find ich es allerdings, dass Du aus der Distanz meinst zu erkennen, was ich beobachten durfte. Dass es sich um spontane Selbstheilung handelt zB. Hm. Seriös? Bin da nicht ganz sicher…. 😉 Es waren Kleinkinder und Tiere ohne Impetus mit chronischem Leiden.
Lassen wir das. Die Wissenschaftsgläubigkeit verhindert einen Blick über den Tellerrand. Das ist nicht bös gemeint. Ehrlich.
Unabhängig davon wie man zur Thematik steht, finde ich den Anteil an Polemik in diesem Artikel unangebracht und bin das auf Kobuk auch nicht gewohnt. In diesem Zusammenhang von Propaganda zu sprechen ist auch sehr gewagt, da hat sich wohl jemand von den aktuellen weltpolitischen Vorgängen mitreißen lassen. Ausgewogene Kritik sieht anders aus.
@Mi:hi: Ich habe den Artikel lektoriert, darum meine Stellungnahme: Der Artikel ist salopp formuliert und nicht in sachlich-trockenem Ton. Inhaltlich jedoch ist er sauber, da entspricht er dem Stand der Wissenschaft (welcher naturgemäß vielen nicht schmeckt, auch hier).
Was der Artikel als „zeitweise Propaganda“ bezeichnet ist ein einseitiger Fernsehbericht, der gewissen Interessensgruppen zugute kommt und vermeintliche Wirkungen als Tatsachen postuliert, die in 200 Jahren Wissenschaftsgeschichte (über Placebo-Effekte hinausgehend) nicht nachgewiesen werden konnten.
Darum und vor allem angesichts der bei öffentlich-rechtlichen Sendern härter anzulegenden Maßstäbe hielt und halte ich das Wort Propaganda für scharf aber gerechtfertigt.
Helge, ich habe auch nicht behauptet, dass ich inhaltlich irgendwas zu bemängeln hätte. Trotzdem tritt die persönliche Einstellung des Autors recht erkennbar in den Vordergrund (aufgrund der eher saloppen Formulierung) und daher halte ich den Artikel für grenzwertig.
@Mi:hi: Ich ermuntere die Studierenden zu persönlicher Meinung. Subjektivität ist in Ordnung (und ohnehin nicht zu vermeiden, nur zu verstecken), aber bei voller Transparenz (Quellen, Offenlegung von Interessenskonflikten, dokumentierter Umgang mit Korrekturen, etc). Transparenz ist die neue Objektivität.
Interessant, dass einige Kommentatoren hier zwischen „Wissenschaft“ und „Homöopathie“ unterscheiden. Dabei sehen viele Homöopathen ihre Berufung doch als hochwissenschaftlich, mit wissenschaftlichen Methoden belegbar und vollkommen „logisch“ an. So wie übrigens auch die meisten Astrologen…
Wissenschaftliche Forschung ist übrigens nicht unfehlbar und arbeitet explizit mit genau diesem Credo der jederzeit möglichen Falsifizierbarkeit. Seriöse Forschung, wohlgemerkt.
Der Artikel ist in dieser Form außerdem sehr wohl gerechtfertigt, alleine wegen des Hinweises darauf, dass zum Studiogespräch – mal wieder – nur Lobbyisten der Zuckerkugelmafia eingeladen wurden, wie das so oft beim ORF der Fall ist.
An Mathias anschließend kann man dann bitte festhalten, dass die Homöopathie eine lange Tradition an Falsifizierungen hat. Jeder einzelne Versuch unter wissenschaftlichen Bedingungen zu beweisen dass homöopathische Produkte eine größere Wirkung haben als ein Placebo, ist gescheitert. Auf der anderen Seite ist bekannt dass damit sehr viel Geld gemacht werden kann (kaum Herstellungkosten, 0 Forschung, trotzdem teuer) und dass sich einige Anbieter gerne redaktionelle Beiträge erkaufen, in den behauptet wird es gäbe irgendeinen Beweis der These „Homöopathie wirkt stärker als ein Placebo“. Was falsch ist. Womit sich die These „Homoöpathie wirkt genauso stark wie ein Placebo“ sehr oft bewährt hat, was angesichts der Unmöglichkeit einer endgültigen Verifikation das stärkste ist, das eine These erreichen kann. Und wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunkt dann einen dummen und manipulierenden Beitrag sendet der nicht als die Werbesendung gekennzeichnet ist die er war, dann ist Medienkritik angebracht.
Das ganze ist doch nur ein Komplott der Zuckerindustrie. Durch den im Diätwahn zunehmenden Süßsstoffkonsum gehen den Herstellern Konsumenten verloren. Die Einnahmeausfälle will man durch den Verkauf von „Zucker zu medizinischen Zwecken“ wettmachen. Ganz klare Kiste!
Beim BBC gabs mal eine Doku über den Placebo-Effekt – da wurde dargebracht, dass teuere Placebos besser wirken als billige, bitter schmeckende besser als gut schmeckende, bestimmten Farben besser als andere, Kapseln besser als Tabletten, Tabletten besser als Säfte, große besser als kleine usw.
Möglicherweise wirken homöopathische Wässerchen deshalb so gut, weil sie teuer sind. Ansonsten könnte man ja auch Smarties oder Gummibären verwenden. Smarties oder Gummibären wirken bei Kindern überigens auch äußerst gut bei Schmerzen – wenn sich das Kind z.B. das Knie aufgeschlagen hat. Warum zahlt die Krankenkassa nicht also auch anderen Süsskram?