Die Kronen Zeitung und das Land Burgenland gründen ein gemeinsames Unternehmen für Solartechnik. Zeitgleich startet das Massenblatt eine Kampagne für „Krone Sonne“. Ein Zufall?
Krone-Chefredakteur Klaus Herrmann nutzte den prominentesten Platz in Blatt, den es gibt, um die frohe Botschaft zu verkünden. Seinen Kommentar in der Sonntagskrone. „Heute starten wir unsere große Aktion ‚Krone Sonne‘ – um in Österreich einen großen Schritt weiter zur Nutzung der Sonnenergie zu machen“, frohlockte er am 12. Juni 2022.
Denn für Krone-Gründer Hans Dichand war Natur- und Umweltschutz immer schon ein „zentrales Thema“, längst „ergänzt um den Klimaschutz“. Aber: „Im Tierschutz und im Klimaschutz vorankommen – das kann freilich nicht ein Medium für sich allein, nicht einmal die ‚Krone‘ als Nummer 1. Fortschritte zum Wohl von Tier und Mensch können wir nur gemeinsam mit unseren Lesern, Usern und Sehern machen. Mit ihnen gemeinsam sind wir stark.“
Drei Tage später wird in das Firmenbuch die Gründung einer Gesellschaft mit dem Namen „Krone Sonne GmbH“ eingetragen. Sie gehört zu gleichen Teilen der Krone Verlag GmbH & Co. Vermögensverwaltung KG und der Burgenland Energie AG, eine Gesellschaft, die über die Landesholding im mehrheitlichen Eigentum des Landes Burgenland steht. Seit Jänner 2021 ist Stephan Sharma Vorstandsvorsitzender der Burgenland Energie AG, ernannt von von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ).
Dass ein Massenblatt gemeinsam mit einem Landes-Energieunternehmen eine eigene Gesellschaft gründet, ist schon bemerkenswert. Grenzwertig ist, was in Folge geschieht. Dem Thema Solarenergie und vor allem der „Krone Sonne“ wird in den nächsten Monaten nicht nur sehr, sehr viel Platz in der Krone eingeräumt. Es wird ausnehmend positiv berichtet. Dabei bleibt meistens unklar, ob es sich um eine entgeltliche Einschaltung, also Werbung, handelt, oder um redaktionelle Berichterstattung. Denn gekennzeichnet sind die Beiträge in der Mehrzahl der Fälle nicht. Kobuk hat sich die mediale Karriere der „Krone Sonne“ in der Krone genau angeschaut und Krone Chefredaktion um Stellungnahme gebeten. Das Ergebnis: trotz Nachfragen keine Antwort auf die Fragen, warum manche Beiträge als Werbung gekennzeichnet waren, andere nicht und nach welchen Kriterien das entschieden wird.
Zurück zu „Krone Sonne“: Seit dem 12. Juni 2022, als Chefredakteur Herrmann die Kampagne einläutete, berichteten Journalistinnen und Journalisten der Kronen Zeitung allein auf der neuen Themenseite „ÖKO-Offensive“ rund 123 mal – durchschnittlich einmal pro Woche – über die neuen Produkte im Sortiment des Photovoltaik-Unternehmens. Über Angebote, Fördermöglichkeiten und über glückliche Kundinnen und Kunden.
Dass es sich bei den Beiträgen unter dem Titel „ÖKO-Offensive“ um Werbung handelt, bleibt lange unerwähnt. Erst ab dem 14. Juli 2024 – also zwei Jahre nach Beginn der Kampagne – wird am Bildrand im Print in ziemlich kleiner Schriftgröße das Wort „Anzeige“ dazu gedruckt.
Schon vier Monate später, also Ende Oktober 2024, hat die Krone damit jedoch wieder aufgehört. Auch die Anfrage an die Krone-Chefredaktion, warum die Kennzeichnung nicht mehr zu sehen ist, blieb unbeantwortet.
Wo Werbung anfängt und Artikel enden
Neben den 120 Beiträgen im Ressort „Öko-Offensive“ ist der Firmenname „Krone Sonne“ bisher auch in 28 Beiträgen im Rest des Blattes erwähnt worden. Das Krone-Tochterunternehmen kommt in den Ressorts Lokales, Wirtschaft und in Kolumnen vor.
Dort also, wo eigentlich Journalismus stattfindet. Oder stattfinden sollte. Denn auch bei diesen Artikeln über „Krone Sonne“ verschwimmen die Grenzen zwischen Bericht und Werbung.
Ein paar Beispiele:
In „PV halbiert Stromkosten“ vom 14. Mai 2024 rechnet einem die Geschäftsführerin des Bundesverbands Photovoltaik Austria gleich zweimal vor, dass „der Zeitpunkt, auf Photovoltaik zu wechseln in Österreich noch nie so günstig war wie jetzt“. Dass „Krone Sonne“ Mitglied in eben diesem Verband ist, liest man nicht. Dafür aber im letzten Absatz, dass man auf www.kronesonne.at Informationen und Beratungsgespräche anfordern kann und „es ab 57 Euro im Monat Gratisstrom vom eigenen Dach gibt“ – mit dem „Krone Sonne Mietangebot“. Der Artikel erscheint im Wirtschaftsressort.
Eine Doppelseite ist es der Krone am 29. September 2024 wert, über „viele ‚grüne‘ Fördertöpfe“ der Bundesregierung zu berichten. Auf ein E-Auto umsteigen, die fossile Heizung gegen eine umweltfreundliche Pelletheizung austauschen oder sich eine Photovoltaikanlage aufs Dach montieren lassen – alles wird gefördert.
Und dann kommt der Hinweis: „Ein Blick lohnt sich jedenfalls auf die Aktion ‚Krone Sonne‘, die Sonnenstrom für jeden leistbar macht.“ Und apropos Sonnenstrom: Die Umsatzsteuerbefreiung für PV-Anlagen mit einer Leistung bis 35kWp gilt „auch für ‚Balkonkraftwerke‘, also Solaranlagen auf Balkondächern“. Regelmäßige Krone-Leser:innen wissen an dieser Stelle, wovon die Rede ist, immerhin wurden Balkonkraftwerke wie das „Krone-SolMate“ bis dahin knapp 20 Mal in der Krone angepriesen, seitdem es im „Krone Sonne“ Sortiment ist (März 2024).
Dass „Krone Sonne“ an den Energietagen 2023 im Klagenfurter Südpark teilnimmt, fand die Kärntner Ausgabe der Krone an gleich sechs Tagen im Mai berichtenswert. Ein Muster, das sich auch in den anderen Lokalausgaben wiederholt: Auch über die Wiener Elektrotage am Rathausplatz (fünf Mal im September), Herbstmesse in Kärnten (zwei Mal im September), „Blühendes Österreich“ in Oberösterreich oder den „Rummel am Urfahraner Donauufer“ ebenfalls in Oberösterreich, berichtet die Krone jeweils.
Im April präsentiert die Burgenland Energie eine Studie: 1000 Burgenländer:innen wurden zum Thema Energie befragt. Selbstverständlich bekommt sie in der Öko-Offensive eine Doppelseite. Eine Woche später berichtet auch das Lokalressort Burgenland. Gleich der erste Satz setzt den Ton für den restlichen Artikel: „Mehr als 3000 PV-Anlagen wurden bislang allein im Rahmen der „Krone“-Sonne-Aktion in ganz Österreich installiert.“ Wer die Studie in Auftrag gegeben hat, erfährt man weder in der Öko-Offensive noch im Beitrag im Lokal-Ressort.
Partner in (sun-)shine
Auch Stephan Sharma, der Vorstandsvorsitzenden der Burgenland Energie AG, die zur Hälfte an der „Krone Sonne“ Gesellschaft beteiligt ist, bekommt reichlich viel und reichlich gute Presse im Blatt.
Das alleine ist schon ein potenzieller Interessenskonflikt, denn als unabhängige Zeitung müsste die Krone unabhängig und kritisch sowohl über das Land Burgenland als auch die Burgenland Energie AG berichten können.
In der Praxis sieht das allerdings anders aus.
Seit seinem Amtsantritt findet sich Stephan Sharmas Name in 136 Beiträgen in der Krone: 43 mal oder durchschnittlich alle zwei Wochen vor dem 12.6.2022, dem offiziellen Start der ÖKO-OFFENSIVE, und 93 mal oder alle zehn Tage danach – acht mal in der ÖKO-OFFENSIVE, elf mal in den übrigen Ressorts, und der Löwenanteil: 117 Beiträge in der Burgenland Ausgabe.
Nun ist Sharma als Chef des wichtigsten Energieunternehmens des Burgenlands ein naheliegender Interviewpartner – speziell in Zeiten einer Energiekrise.
Die Präsenz, die die Krone ihm und der Burgenland Energie gibt, ist journalistisch kaum zu rechtfertigen. Denn bei jeder sich bietenden Gelegenheit wird berichtet.
Sharma tritt als Experte auf, wenn es um Energiefragen geht, als Promi bei den Festspielen in Mörbisch am Neusiedler See, als Mäzen, wenn die Burgenland Energie ein Sponsoring vergibt und als Gegenstimme, wenn die ÖVP im Burgenland Kritik übt.
Am 19. Oktober 2024 gab Sharma Krone-Wirtschafts- und Politik-Ressortleiter Rainer Nowak ein doppelseitiges Interview. Die Energiewende, die Strompreisbremse und Sharma, von seiner besten Seite, waren das Thema. Zitat Sharma: „Wenn die einzige kritische Frage, die übrig bleibt, die ist, ob wir bei diesem Modell noch genug Gewinne schreiben, dann bin ich der Meinung, dass wir sehr viel richtig gemacht haben.“
Dieses Interview trug ausnahmsweise einen für die Leserschaft relevanten Hinweis: „Die ‚Kronen Zeitung‘ kooperiert mit Burgenland Energie (Krone Sonne)“. Ein eindeutiger Disclaimer, der in den anderen Berichten fehlt.
Und genau hier wird es problematisch – dann nämlich, wenn die eigenen Leserinnen und Leser getäuscht werden. Wenn unverhältnismäßig oft über Geschäftspartner berichtet wird, ohne die geschäftlichen Verflechtungen offenzulegen. Wenn werbliche Artikel für Produkte des Tochterunternehmens im redaktionellen Teil der Zeitung erscheinen, oder man Werbung ganz grundsätzlich nicht als solche kennzeichnet.
Gute Praxis ist, Werbung als solche auszuschildern – mit dem Zusatz „Werbung“ oder „entgeltliche Einschaltung“, meistens am Seitenrand oder online gleich zu Beginn. Bei Interessenskonflikten sollen diese offengelegt und somit dem Publikum verständlich gemacht werden. Das gilt immer, auch dann, wenn ein Medium – wie im Fall „Krone Sonne“ – sich für die, in Worten ihres Chefredakteurs Klaus Herrmann – für die gute Sache Klimaschutz „gemeinsam stark“ macht.
Bei Kobuk gibt es keine versteckte Werbung, weil es grundsätzlich keine Werbung gibt. Wir sind auf die finanzielle Unterstützung unserer Mitglieder angewiesen. Falls dir der Beitrag gefallen hat, kannst du hier eine Mitgliedschaft abschließen.
Wer keine Kobuks mehr verpassen will, kann sich außerdem hier für den Newsletter anmelden.
Der Artikel erscheint parallel im Falter.
0 Kommentar(e)