„Fast 38.000 Beamte im Dienst verletzt“, diese schockierende Zahl titelte die Kronen Zeitung am Freitag. Und das ist allein schon deshalb erstaunlich, weil das um 8.000 Polizisten mehr sind, als es in ganz Österreich gibt.
Tief im Blattinneren löst sich dann für aufmerksame „Krone“-Leser des Rätsels erster Teil: die beiden Redakteure haben schlicht alle verletzten Polizisten bis zurück ins Jahr 2000 (!) addiert — ebenso gut hätten sie bis Metternich gehen können, aber das wäre wohl doch zu sehr aufgefallen:
Das Aufsummieren über eine willkürliche Anzahl Jahre ist statistisch eine eher nutzlose Übung, hat aber den Vorteil, dass es zu einer beeindruckenden Zahl führt, die auch praktischerweise immer nur steigen kann. Der Kronen Zeitung gefällt dieser Trick so gut, dass sie ihn nun regelmäßig bringt. Hier, vor vier Monaten, der selbe Polizeialarm, die gleiche Grafik, nur Beipacktext und Zahlen unterscheiden sich:
Der Täuschung zweiter Teil
Wer nun dem Rest der Schlagzeile vertraut und glaubt, dass diese 38.000 dann immerhin „im Dienst“ Opfer von „Gewalt gegen Polizisten“ geworden seien, geht der „Krone“ erneut auf den Leim. Denn diese Zahl enthält zur Hälfte auch all jene Beamten, die sich im Dienst ganz „normal“ verletzt haben oder wie es im Februar die Oberösterreich-„Krone“ noch fast häretisch formulierte:
Hälfte ist selbst schuld
[…] Dabei geht die Gefahr aber in kaum 50 Prozent von irgendwelchen bösen Buben aus, mit denen die Beamten sich herumschlagen müssen. Öfter verletzen sie sich beim Sport oder im Dienstalltag.
Was bleibt von der Schlagzeile?
Wenn man die Kampagnen-Hysterie abzieht, bleiben von den 38.000 Übergriffen auf der Titelseite ca. 1.100 im letzten Jahr. Knapp 90 Prozent davon waren leichte Verletzungen und ca. jeden dritten Tag wurde ein Polizist wegen einer Amtshandlung schwer verletzt.
Und ja, die absolute Zahl steigt. Das könnte zum Teil aber auch strukturelle Gründe haben:
- Die Aufstockung des Personals — über sieben Prozent seit 2009 — kann natürlich zu einem Anstieg der absoluten Verletzungszahlen führen.
- Und auch eine verstärkte Präsenz auf der Straße wirkt sich entsprechend aus, wie das Beispiel Basel zeigt.
Was macht die Kronen Zeitung hier?
Was wir in der „Krone“ zum Thema Polizei lesen, ist kein Journalismus. Es ist die ungefilterte Position des Innenministeriums, der Polizeigewerkschaft und einer Redaktion, die von exklusiven Geschichten aus diesen Quellen lebt. Eine andere Seite kommt — trotz Doppelseite — nicht vor.
Am Ende dieses Weges werden wir wie selbstverständlich „wissen“, welche Maßnahmen nun absolut nötig, ja längst an der Zeit seien. Und dass es angesichts der Nachrichtenlage geradezu absurd wäre, diese Pläne infrage zu stellen.
Für welche Pläne das Triumvirat aus „Krone“, Kanzler, Vizekanzler hier gerade den Boden bereitet, ist auch kein großes Rätsel mehr:
13 Kommentar(e)
Danke
Super!
Ich frag mich ja immer wieder, ob diese Meinungen tatsächlich von richtigen Leuten kommen. Also ob es wirklich Menschen gibt, die so neben der Spur stehen oder ob das irgendwelche Fake-Poster sind, die sich damit ein Zubrot verdienen.
Danke für Ihre Recherche!
Vielen Dank für die professionellen Recherchen,- hier wird aufgeklärt !
Was bei Euch die Krone sind bei uns in Deutschland die Bild, die BamS, die BZ, der Express, SAT1 und RTL, die TV-Boulevardmagazine und einige andere „Medien“, die aber glücklicherweise alle peu a peu an Auflage verlieren. die Springer-Blätter ohnehin massiv.
Gut, dass ihr das so schön skelettiert habt Die Quellen-Kombo ist bei uns die gleiche: Boulevardmedie, Innenministerien und auch die Gewerkschaften.
@desertrold_ppAT ich denke schon, habe schon öfters solche Aussagen in meinem Familienkreis gehört. Die sind sicher keine Ausnahme.
Kurze Frage an euch Gut-Menschen! Ist nicht jeder verletzte Polizist einer zu viel?
Was soll diese „Aufdeckerei“?
Euch wünsche ich das Ihr mal Hilfe der Polizei benötigt und Ihr stundenlang warten müsst weil sie unterbesetzt sind!
Ihr seit ein Mitgrund weshalb kaum noch jemand Respekt vor unserer Polizei hat, von ausländischen Besuchern, Migranten usw. will ich erst gar nicht anfangen, den da würdet Ihr die Gewalt gegen unsere Sicherheitskräfte, die da sind um uns Bürger vor Dieben, Gewalttäter etc. zu beschützen, auch noch mit der Rassismuskeule schwingen!
Schämen solltet Ihr euch und wie gesagt, beten das Ihr unsere Polizei niemals brauchen werdet!
RESPEKT hat leider Heute fast keiner mehr, und Ich finde es schade das sich Polizisten oft viel gefallen lassen müssen. Jeden 3. Tag ein schwerverletzter Polizist bei Amtshandlungen ist für mich nicht in Ordnung. Die Polizei braucht mehr Leute. Die Bevölkerung wächst ja auch! Einbrüche, Schlägerein, Vergewaltigungen nehmen zu. Wer will nicht das seine Kinder beschützt werden? Ich glaube nicht das sich gerne wer ins Gesicht SPUCKEN lässt oder verletzen lässt. Hasstiraden finde Ich zum Kotzen, aber sich in die Polizisten/innen reinzuversetzen finde Ich wäre ganz Gut.
„Millionen Krone-Leser verstorben – Immer mehr Todesfälle unter Krone-Konsumenten“ *
*seit 1900
Der Name des ersten Facebook-Posters wurde nicht zensiert. Trotzdem lesenswerter Artikel. Danke.
@Anonym: Vielen Dank für den Hinweis, ist korrigiert.
[…] „Fast 38.000 Beamte im Dienst verletzt“ sagt die Krone, aber „um 8.000 Polizisten mehr, als es in ganz Österreich gibt“ https://kobuk.at/2018/05/was-hinter-der-polizeikampagne-der-kronen-zeitung-steckt/ […]