Wir recherchieren nach,
damit ihr nicht müsst.

2024 hat die öffentliche Hand wieder großzügig Geld an Medien verteilt. Im Vergleich zu den Jahren davor waren die größten Profiteure erstmals nicht ausschließlich Boulevardmedien. Bei den Inseraten gibt es heuer eine Trendwende, die insbesondere den Boulevard sehr nervös macht.

Öffentliches Geld für Medien 2024

Welches Medium wie viel öffentliches Geld bekommt, ist ein durchaus beliebtes Thema in der Medienbranche. Es bieten sich auch regelmäßig Anlässe, leidenschaftlich zu diskutieren, sich zu wundern, oder zu empören. Nach dem Amoklauf in Graz gab es eine solche Debatte – ebenso, nachdem öffentlich wurde, dass der Exxpress heuer eine Förderung für Qualitätsjournalismus bekommt. Und gleich noch einmal, weil auch die ÖVP-nahe „Bauernzeitung“ Fördergeld erhalten hat. All das hat dazu geführt, dass Medienminister und Vizekanzler Andreas Babler die Förderstruktur „weiterentwickeln“ will.

Was wie eine harmlose Ankündigung klingen mag, lässt in so manchem Medienhaus die Alarmglocken schrillen. Heute-Chefin Eva Dichand etwa sieht darin eine „Blamage“ – mehr dazu im kürzlich erschienen Kobuk hier.

Debatten über öffentliches Geld verlaufen oft eher einseitig, oder zumindest: unvollständig. Man zeigt mit dem Finger auf andere, kritisiert, wie viel jemand aus diesem oder jenen Topf bekommt. Auf der Strecke bleibt ein vollständiger Überblick. Das ist auch nicht verwunderlich, denn sich einen solchen Überblick zu verschaffen, ist umständlich und mühsam, bedarf viel Zeit und einer gewissen Vorliebe für Excel-Tabellen.

Grob gesagt gibt es zwei Arten, wie die öffentliche Hand Medien Geld vergibt: Über Förderungen und über Werbung, sprich Inserate. Beide sind ein jeweils ganz eigener Dschungel, in dem es sich zurecht zu finden gilt.

Bei den Förderungen gibt es mittlerweile einen bunten Blumenstrauß zur Auswahl: Neben der traditionellen Presseförderung gibt es die Privatrundfunkförderung – relevant für alle Medien, die neben ihren Zeitungen auch Fernsehsender betreiben, etwa Kurier TV oder Krone TV. Dazu kommt eine „Förderung der digitalen Transformation“. Und seit vergangenem Jahr gibt es auch erstmals eine „Audio-Podcast-Förderung“ und die schon angesprochene Qualitätsjournalismus-Förderung, die in Wahrheit einen irreführenden Namen hat. Denn gefördert wird allerlei, und nicht nur Qualitätsjournalismus, aber das ist ein Thema für sich.

Förderungen werden von der Kommunikationsbehörde KommAustria bzw. der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) administriert und vergeben. Hier hat man – dankenswerter weise – ein Open-Data Portal geschaffen, das es etwas einfacher als bisher macht, nachzuvollziehen, welches Medium aus welchem Fördertopf wie viel bekommen hat. Wohlgemerkt: Transparent sind vor allem die Summen – nicht aber, wofür genau das Geld geflossen ist, aber dazu später mehr.

Exkurs: Das Problem mit der KommAustria und der RTR

Der Rechnungshof schreibt in seinem jüngsten Bericht über Medienförderungen folgenden interessanten Absatz:

„Unabhängig davon, ob sie im Zuständigkeitsbereich der KommAustria oder der RTR lagen, fielen die Verwaltung und Vergabe der Medienförderungen in die Verantwortung von Einzelpersonen. Bei der KommAustria war dies ein Einzelmitglied einer weisungsfreien Behörde, bei der RTR die Geschäftsführung des Fachbereichs Medien.“

Im Falle der RTR-Förderungen ist diese mächtige Einzelperson RTR-Geschäftsführer Wolfgang Struber. Er gilt als ÖVP-Kontaktmann, seitdem die Job-Ausschreibung bei seiner Bestellung 2022 augenscheinlich auf ihn zugeschnitten worden war. Ein aussichtsreicher Mitbewerber, der fünf Jahre davor nach dem Hearing Erstgereihter gewesen war, wurde diesmal einfach nicht zum Hearing geladen, während die Hearing-Kommission mit ÖVP-Vertrauenspersonen besetzt worden war. (Der Fairness halber: 2017 war es ähnlich gewesen, damals wurde dem Erstgereihten ein SPÖ-Kontaktmann vorgezogen.) Struber entschied 2024 über Medienförderungen von rund 59 Millionen Euro.

Die bei der KommAustria entscheidungsbefugte Einzelperson entschied 2024 über Medienförderungen von rund 28 Millionen Euro. Derzeit ist dies (laut Geschäftsordnung) Martina Hohensinn, davor Juristin im Bundeskanzleramt.

Beiden Entscheidungsträgern stehen für diese Förderungen zwar Fachbeiräte zur Seite, diese haben jedoch nur beratende Funktion. Von den Empfehlungen der Expertinnen abweichende Entscheidungen wurden nicht begründet – was der Rechnungshof sehr deutlich kritisiert.

Daneben gibt es die seit vielen Jahren umstrittenen Inserate- und Werbeausgaben von öffentlichen Stellen. Dazu zählen die Bundesregierung (Kanzleramt und Ministerien), ebenso wie die Landesregierungen, Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, aber auch Unternehmen im Staatsbesitz (ÖBB, Asfinag usw.). Diese Inserate sind deshalb umstritten, weil sie mit einer gewissen Willkür vergeben werden können und es in der Vergangenheit immer wieder den Verdacht gegeben hat, dass mit den Inseraten auch Wohlwollen in der redaktionellen Berichterstattung dazu gekauft wurde. Stichwort Inseratenkorruption. Im prominentesten Fall (es gilt die Unschuldsvermutung) laufen nach wie vor Ermittlungen gegen Wolfgang Fellner, Sebastian Kurz und Co.

Die Bundesregierung hat angekündigt, im Zuge der Budgetsanierung bei den Inseraten deutlich zu kürzen. Für viele Medien könnte das ernste Konsequenzen haben. Denn Kanzleramt und Ministerien gehören zu den größten Inseratenkunden – in vielen Medien haben sie 2024 für jeweils über eine Million Euro inseriert, wie die Detailauswertung weiter unten zeigt.

Davon abgesehen gab es bei den Inseraten vergangenes Jahr eine Neuerung: Öffentliche Stellen müssen nunmehr alle Ausgaben angeben – bisher mussten Werbeausgaben erst ab 5.000 Euro pro Quartal gemeldet werden. Dieser Neuerung ist zu verdanken, dass wir in der ebenfalls neu geschaffenen Visualisierungs-Plattform der RTR sehen können, dass zum Besipiel das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft im Jahr 2024 Werbung im Wert von exakt 91,51 Euro im Exxpress geschalten hat. Die ÖBB haben für 62,88 Euro im Exxpress inseriert. Welche Werbefläche man für diese Beträge bekommt, ist nicht übermittelt.

Inserate und Förderungen zusammen gerechnet sieht es für das Jahr 2024 so aus:

Öffentliches Geld für Medien 2024

Die Kronen Zeitung liegt mit insgesamt 24,7 Millionen Euro weit vor allen anderen Medienhäusern – wie auch in den Jahren davor. Erstmals auf Platz 2 landet der Kurier mit 13,7 Millionen Euro. Dahinter folgt Oe24 mit 13,5 Millionen Euro. Auch der Standard bekommt mit 13 Millionen einen vergleichbar hohen Betrag.

Vielleicht ist es schon jemandem aufgefallen: Der Exxpress fehlt in dieser Grafik. Das hat einen simplen Grund: Für den Exxpress gab es 2024 praktisch nichts – auch dazu später mehr.

Die Zahlen lassen sich nicht ganz sauber mit jenen aus dem Vorjahr vergleichen. Einerseits deshalb, weil sich wie gesagt die Meldepflicht bei den Inseraten verändert hat, aber auch, weil manche Fördergelder, die für 2023 vorgesehen waren, erst 2024 ausbezahlt wurden. Die folgende Grafik ist daher mit Vorsicht zu genießen und soll lediglich einen Eindruck vermitteln, wie sich die Beträge verändert haben:

Mehrere Punkte fallen auf: Während die Ausgaben für Inserate nur moderat gestiegen sind, floss deutlich mehr Geld über Förderungen – insbesondere über die neu geschaffene Förderung für Qualitätsjournalismus.

Die Krone hat schon bisher mit Abstand am meisten öffentliches Geld bekommen und hat auch am deutlichsten zugelegt. Sonst könnte man aber nicht behaupten, dass vor allem Boulevard-Medien profitieren. Heute hat beispielsweise von allen Tageszeitungen die kleinste Erhöhung erhalten. Neben der Krone waren es besonders die Kleine Zeitung und der Kurier, die deutlich mehr Geld als im Jahr davor erhalten haben.

Bevor wir uns die einzelnen Medien genauer ansehen, noch ein Disclaimer: Sich die Zahlen zusammen zu addieren, ist wahnsinnig mühsam. Es kann ziemlich schnell vorkommen, hier oder da ein paar Euros zu übersehen. Falls mir das passiert sein sollte, tut es mir leid. Falls jemand nachrechnen möchte, nur zu!

Legen wir los:

Öffentliches Geld für die Kronen Zeitung 2024

Die Krone hat insgesamt 24,7 Millionen Euro bekommen – 7,4 Millionen durch Förderungen und 17,3 Millionen Euro durch Inserate. Die Bundesregierung hat ihr Inseratenvolumen im Vergleich zum Jahr 2023 nur geringfügig um etwa 3,5 Prozent erhöht. Deutlich mehr gab es hingegen aus Wien (+12 Prozent) und insbesondere von den übrigen Landesregierungen (+26 Prozent im Vergleich zu 2023).

Die Förderungen haben sich mehr als verdoppelt. 2023 wurde die Krone von der öffentlichen Hand noch mit 3,4 Millionen Euro gefördert – 2024 waren es 7,4 Millionen Euro. Den Bärenanteil daran gab es über die Qualitätsjournalismus-Förderung. Um der Krone bei der Digitalisierung zu helfen, gab es weitere 1,5 Millionen Euro. Für Krone TV gab es eine Million Euro Privatrundfunk-Förderung, dazu kam noch traditionelle Presseförderung, die aber mit vergleichsweise läppischen 223.181 Euro kaum ins Gewicht fällt.

Für den Kurier gab es insgesamt 13,7 Millionen Euro. Förderungen (5,4 Millionen) und Inserate (8,3) halten sich etwas mehr die Waage, als bei der Krone. Auffällig ist, dass der Kurier viel mehr Inserate von der Bundesregierung bekommen hat, als im Jahr davor – nämlich etwa 251.000 Euro mehr, was einem Plus von 36,8 Prozent entspricht. Kein anderes Medium hat prozentuell ein so deutliches Plus verbucht.

Die Förderungen haben sich auch beim Kurier mehr als verdoppelt, was auch hier an der neuen Förderung für Qualitätsjournalismus liegt.

Öffentliche Gelder Oe24 Fellner 2024

Wolfgang Fellners Oe24 hat insgesamt 13,5 Millionen Euro bekommen. Davon waren 4,4 Millionen Euro Förderungen. Auch für Oe24 war die Qualitätsjournalismus-Förderung der größte Brocken mit knapp 1,7 Millionen Euro. Für Oe24-TV gab es weitere 1,6 Millionen Euro und für die digitale Transformation nochmal 1,1 Millionen Euro.

Letztere ist besonders bemerkenswert. Bei der Förderung für digitale Transformation ist nämlich immer auch ein Projektname angegeben, der erahnen lässt, was konkret der Steuerzahler hier subventioniert. Daher wissen wir zum Beispiel, dass im Jahr 2022 aus diesem Topf 700.000 Euro für das Redesign der Oe24-Homepage geflossen sind. Allein: Sie sieht noch immer exakt so aus wie damals. Heuer flossen 235.370 Euro für das Projekt „Upgrade E-Paper“. Wir dürfen also gespannt sein, welche durch Steuergeld bezahlte Innovationen hier bald zu sehen sein werden.

Eine davon hat Mario Zechner bereits recherchiert. Oe24 bekam nämlich 287.000 Euro Förderung für „KI Bilderkennung/Datenbank/Korrektur/Creation“. Es sieht ganz danach aus, als würden ziemlich viele Oe24-Texte von KI erstellt werden.

Über Inserate hat Oe24 9,1 Millionen Euro von der öffentlichen Hand bekommen. Bundesregierung und Stadt Wien haben dabei ihre Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr um jeweils ca. 10 Prozent erhöht.

Der Standard bekam ähnlich viel wie Oe24 – nämlich 13 Millionen Euro. Bei den Inseraten (8,2 Millionen Euro) gab es wie schon in den Jahren davor einen besonders hohen Anteil (31 Prozent) an Werbegeldern, die von der Stadt Wien und der diversen Tochter-Unternehmen flossen. Aber: Wien hat 2024 um 6,5 Prozent weniger an Inserate geschalten als noch 2023. In absoluten Zahlen war das ein Minus von etwa 175.000 Euro. Ein deutliches Plus an Inseraten der Bundesregierung (+20 Prozent bzw. +189.000 Euro) hat dieses Minus aber kompensiert.

Der Standard wurde ebenfalls üppig gefördert, nämlich mit 4,8 Millionen Euro. Auch hier war Qualitätsjournalismus-Förderung mit 2,2 Millionen der größte Brocken. Dass aber insbesondere die Krone mehr Qulitätsjournalismus-Förderung bekommen, zeigt, dass der Name dieser Förderung wie gesagt irreführend ist. Der Standard hat vergangenes Jahr keine Privatrundfunkförderung mehr erhalten (die gab es in den Jahren davor für DerStandard TV), dafür gab es 100.000 Euro Podcast-Förderung.

Heute bekam 12 Millionen Euro. Der Großteil davon waren Inserate (9,7 Millionen). Landesregierungen (+26 Prozent), die Bundesregierung (+10 Prozent) und die Stadt Wien (+7 Prozent) zahlten alle deutlich mehr – die Kategorie Rest (Kammern, öffentliche Unternehmen usw) hingegen um 6,5 Prozent weniger. Ein Hinweis, dass es die Steigerungen möglicherweise nicht durch steigende Reichweiten erklärbar sind.

Das Fördervolumen hat sich bei Heute mehr als verdreifacht. 2023 flossen noch knapp 740.000 Euro, vergangenes Jahr waren es über 2,3 Millionen Euro. Auch bei Heute war der Großteil davon Qualitätsjournalismus-Förderung.

Auch Heute bekam 140.000 Euro für „KI-gestützten Journalismus“ und auch hier gibt es Hinweise, das reihenweise Artikel 1:1 künstlich erstellt werden.

Die Kleine Zeitung hat 2024 11,2 Millionen Euro erhalten – ein deutlicher Sprung um 3,6 Millionen Euro im Vergleich zum Jahr davor. Bei den Inseraten gab es praktisch von allen mehr Geld. Die Bundesregierung (+11 Prozent), Landesregierungen (+20 Prozent) und auch der „Rest“ (+19 Prozent) haben deutlich mehr inseriert. Den prozentuell größten Sprung gab es bei Werbung von der Stadt Wien. 2023 hat die Kleine Zeitung, die den Großteil ihrer Leser:innen in Kärnten und der Steiermark hat, gerade einmal knapp 15.000 Euro erhalten. 2024 waren es über 160.000 – also mehr als zehn Mal so viel.

Die Förderungen haben sich auch bei der Kleinen Zeitung mehr als verdoppelt – von 1,6 Millionen Euro im Jahr 2023 auf über 4 Millionen Euro.

Für die Presse gab es insgesamt 10,7 Millionen Euro – 4,4 durch Förderungen und 6,3 durch Inserate. Während die Stadt Wien (-14,5 Prozent) und die übrigen Landesregierungen (-10,2 Prozent) den Sparstift angesetzt haben, hat die Bundesregierung mit einem plus von knapp 18 Prozent mehr inseriert als im Jahr davor.

Der Falter passt in Wahrheit nicht zu dieser Recherche – alle bisher besprochenen Medienhäuser sind primär Tageszeitungen, der Falter eine Wochenzeitung. Da diese Recherche in den vergangenen Jahren aber im Falter co-veröffentlicht wurde, aus Transparenzgründen hier auch eine Analyse zur Wiener Wochenzeitung: Mit 1,5 Millionen Euro aus Inseraten und rund 600.000 aus Förderungen gab es insgesamt 2,1 Millionen Euro. Im Vergleich zu den Tageszeitungen ist das sehr wenig. Prozentuell hat der Falter aber 2024 deutlich gegenüber 2023 zugelegt.

2023 gab es insgesamt nur etwas mehr als 104.000 Euro an Förderungen – 2024 war es mit 626.000 Euro etwa sechs Mal so viel. Inserate gab es ebenfalls deutlich mehr, hier steht ein Plus von etwa 70 Prozent. „Rest“, also staatsnahe Unternehmen, Kammern etc. haben sogar um fast 80 Prozent mehr inseriert – die Stadt Wien mit ihren Tochter-Unternehmen ebenfalls um 73 Prozent mehr. Die Bundesregierung hingegen nicht. Kanzleramt und Ministerien haben – anders als bei allen anderen größeren Medienunternehmen – ihre Werbeausgaben im Falter nicht erhöht, sondern sogar um ein Prozent leicht reduziert.

Für den Exxpress war 2024 kein gutes Jahr. 2022 flossen noch über eine Million Euro an öffentlichen Geldern – vergangenes Jahr praktisch nichts. Gerade einmal 7.524 Euro an Inseraten wurden geschalten. Der größte öffentliche Werbekunde war die Wirtschaftskammer Wien mit 1.854 Euro gefolgt vom Land Oberösterreich mit 1.506 Euro.

Bei den Förderungen musste der Exxpress überhaupt durch die Finger schauen. Probiert hat man es: Ein Antrag auf Förderung aus dem Topf für Qualitätsjournalismus wurde eingebracht, aber abgelehnt. Daraus hat die Krawallplattform offenbar gelernt. Heuer wurde der Antrag angenommen, es fließen 41.259 Euro – der Exxpress wird wieder staatlich gefördert.


Offenlegung: Kobuk wurde im Jahr 2025 erstmals auch gefördert – von der Wiener Wirtschaftsagentur erhalten wir heuer etwa 20.000 Euro, mit dem wir unsere einzige Angestellte auf Vollzeit aufstocken. Wer helfen möchte, damit uns das auch ohne Förderungen gelingt und Kobuk damit langfristig absichern möchte: Hier entlang!

Die Bundesregierung kürzt die Inserate. Die Gratiszeitungen Heute und Oe24 trifft das ganz besonders. Dass Medienminister Babler nun auch „Qualitätskriterien“ bei der Fördervergabe verankern will, macht ihn dort erst recht zum Buhmann.

Collage aus mehreren Schlagzeilen österreichischer Medien, die den Medienminister Andreas Babler kritisieren. Links Artikel aus Heute und Kronen Zeitung mit Titeln wie „Wie sich Medienminister bei Medien blamiert“ und „Babler schiebt Medien weiter auf lange Bank“. Daneben oe24 und Heute.at mit Schlagzeilen wie „Regierung zahlt 14 Mio. an Fake News“ und „Brutal-Kürzung bei Medien, aber 14 Mio. € an Insta & Co“. Ganz unten eine weitere oe24-Schlagzeile: „Regierung ruiniert Österreichs Medien“. Rechts unten das Logo von Kobuk!.

„Regierung ruiniert Österreichs Medien“, „Mega-Skandal: Regierung zahlt 14 Mio. an Fake-News“, Wie sich Medienminister bei Medien blamiert“ – in den Gratiszeitungen Heute und Oe24 hat man sich vergangene Woche besonders an Vizekanzler und Medienminister Andreas Babler abgearbeitet.

Während ihn Oe24 „höchstpersönlich zum Totengräber der heimischen Medien-Szene“ macht, attestiert Heute einen medienpolitischen „Babler-Blindflug“ – und wirft ihm sowohl „Speed kills“-Taktiken als auch ein „auf die lange Bank schieben“ vor.

Die Medienbranche steckt in einer Krise – und bei den beiden Gratiszeitungen hat man den Schuldigen bereits gefunden. Dabei nimmt man es mit Zahlen, Daten und Fakten nicht immer ganz so genau.

Es braucht jemanden, der Medien auf die Finger schaut. Kobuk macht das seit über einem Jahrzehnt – unabhängig, unideologisch, unermüdlich. Jetzt brauchen wir deine Unterstützung.

Clickbait, Kampagnen, Interessenskonflikte: Guter Journalismus ist in Gefahr. Medienhäuser müssen sparen und immer weniger Journalist:innen haben feste Jobs.

Damit droht etwas wegzubrechen, das unsere Demokratie trägt: kritischer Journalismus und eine gemeinsame Faktenbasis.

Kobuk hält seit 2010 dagegen. Wir entlarven, was falsch läuft, wir erklären, warum. Wir knipsen den Scheinwerfer an und schauen hinter die Schlagzeilen.

Bis vor kurzem war Kobuk 100 % ehrenamtlich. Doch es gibt einfach zu viel zu tun. Deshalb haben wir seit April 2024 erstmals eine Redakteurin angestellt, die das aktuelle Medienmonitoring übernimmt und sich längeren Recherchen widmet. (Mehr Infos unter www.kobuk.at/transparenz)

Damit wir unsere Vollzeit-Redakteurin längerfristig bezahlen und die Redaktion weiter ausbauen können, brauchen wir Unterstützung: Wir suchen 1.000 Mitglieder, denen Medienkritik wichtig ist und die mit uns echte Medienkontrolle möglich machen.

Werde jetzt Mitglied: www.kobuk.at/unterstützen

Woher kommt der Name Kobuk? Und was erzählt er uns über Zeitungen – damals und heute? Ein paar Antworten und eine Zeitreise – zu Ehren Helmut Qualtingers, der heute 97 Jahre alt geworden wäre.

Links: Helmut Qualtinger als „Herr Karl“ (1961). Credit: Shivaelektra. Rechts: Helmut Qualtinger als „Kobuk“ (Wiener Kurier, 02. Juli 1951).

Um den Ur-Kobuk zu finden, müssen wir ins Jahr 1951 reisen. 1951 – das heißt Nachkriegszeit, mitten in der Wiederaufbauphase. Österreich war noch Besatzungsgebiet, die Pressefreiheit eingeschränkt und die Zeitungslandschaft stark politisch kontrolliert. Da gab es zum Beispiel die sozialistische Arbeiterzeitung, das ÖVP-nahe Kleine Volksblatt oder die Österreichische Zeitung, Organ der Sowjets.

Konkret wollen wir zum 2. Juli 1951 reisen. In diesen Tagen beschäftigte das Land wieder einmal eine Typhus-Epidemie, ständiger Begleiter der Nachkriegszeit, und eine neue Milchrayonierung. „Rayoniert“ wurden Lebensmittel in Wien, wenn sie knapp wurden. Für Milch galt nun: Ein halber Liter pro Kind, dann die Kranken, dann die restliche Kundschaft.

Auf Grönland gibt es keine Pinguine

Zwischen Meldungen über neue Typhus-Toten und Berichte über eine neue Weltordnung findet sich an diesem Tag aber auch eine etwas skurrile Nachricht:

Ein Eskimodichter in Wien: Auf Einladung des Österreichischen PEN-Klub trifft der Eskimodicher Kobuk am 3. Juli in Wien ein. Der 1889 in Iviktut (Grönland) geborene Autor ist Verfasser mehrerer Romane, deren eigenartige Verbindung von magischem Realismus und arktischer Mystik ihn auch über die Grenzen seiner engeren Heimat hinaus bekannt gemacht haben.

Weltpresse, 2. Juli 1951, S.5

Die Ankunft dieses Vertreters „arktischer Mystik“ kündigte neben der Weltpressezuvor Sprachrohr der britischen Besatzung, zu dem Zeitpunkt SPÖ-nah – auch der Wiener Kurier an, der unter dem Einfluss der US-Besatzung stand.

Der „Trans-Terror“ ist der neue Islamismus, die österreichische Justizministerin kennt die „Antifa“ nicht und Bluesky ist eine Brutstätte für Gewaltfantasien: Jenseitige Behauptungen und Falschmeldungen sind wir vom Exxpress gewohnt, aber seit der Ermordung von Charlie Kirk hat sich auch dort etwas verschoben. Die Seite arbeitet sich an Feindbildern ab und lässt vor allem die eigene politische Agenda Geschichten erzählen – auch wenn die mit der Wahrheit wenig zu tun haben.

Schuld ist der „Trans-Terror“

Schon die erste Meldung des Exxpress zur Ermordung von Charlie Kirk, Aktivist der neuen amerikanischen Rechten, war bezeichnend: „Linke schießen auf US- Aktivist und Trump-Unterstützer“ hieß es zunächst, wie das APA-Archiv, das mittlerweile gelöschte Facebook-Posting und nicht zuletzt die URL des Artikels bestätigen. Der Titel wurde nachträglich geändert.

Trotzdem bleibt das Narrativ auch zwei Wochen später bestehen: „Die Linken“  haben den Tod von Kirk zu verantworten. Sie seien es, die den „Trans-Terror“ decken würden. Eine entsprechende Analyse liefert Nius, Exxpress-Partnermedium und Mehrheitseigentümer, der Exxpress übernimmt sie. Darin wird eine „Trans-Fanatiker“-Bewegung erfunden, die systematisch Gewalt gegen Kritiker ausübt. Für ein solches Phänomen gibt es keine Belege – deshalb stützt sich die Autorin auch auf Einzelfälle, in denen Täter Transpersonen waren und suggeriert damit eine Kausalität. „Was einst die islamistische Blitzradikalisierung war, ist heute immer öfter eine Online-Radikalisierung im militanten Trans-Milieu“, so das Fazit.

Das Titelbild zum „Trans-Terror“ zeigt übrigens Menschen, die 2023 „eine von Rechtsextremen angefeindete Dragshow schützen. Sie sind weder trans noch Terroristen“, klärt der Spiegel-Journalist Anton Rainer auf Bluesky auf.

Es ist auch ein Zeichen für die „abgründige Stillosigkeit der linken Meute“ (ExxpressKolumnist Heinzlmaier), wenn Kirks Tod in den Augen des Exxpress nicht ausreichend betrauert wird. So notiert sich die Plattform, dass Bundespräsident Alexander van der Bellen vor fünf Jahren zwar eine Reaktion auf den Tod von George Floyd und die „Black lives matter“-Bewegung verfasst hat, sich bei Kirk aber nicht öffentlich geäußert hat. Dass im EU-Parlament keine Schweigeminute für Kirk genehmigt wurde, ist für das Blatt selbstverständlich ein „Skandal“.

„Babler in den USA – aber trotzdem kein Kommentar zu Charlie Kirk“ ist dem Exxpress sogar eine Schlagzeile wert. Geschrieben hat den Artikel übrigens eine Autorin, die dort laut LinkedIn-Eintrag gleich eine Doppelrolle in „Sales und Redaktion“ innehat.

Am 1. September berichtete die Financial Times über GPS-Sabotage im Flugzeug von Ursula von der Leyen. Der Flugradar-Dienst Flightradar24 widerspricht und sieht keine Unregelmäßigkeiten. Die Fakten beinhalten viele Grau-Töne, die in den meisten Medien zwischen Alarmismus und „Fake News“-Rufen untergehen.

Screenshot eines „Financial Times“-Artikels mit der Schlagzeile: „Ursula von der Leyen’s plane hit by suspected Russian GPS interference“. Im Text wird erwähnt, dass die Landung mit Papierkarten erfolgt sei. Darunter ein Foto von Ursula von der Leyen, wie sie eine Flugzeugtreppe hinuntersteigt. Oben steht in weißer Schrift: „Stimmt die Geschichte?“ Unten rechts das Kobuk!-Logo.

Henry Foy ist Chef des Brüssel-Büros der Financial Times. Er hat Ursula von der Leyen zuletzt auf ihrer viertägigen Tour durch Osteuropa begleitet. Am Sonntag, den 31. August, sind sie von Warschau nach Bulgarien geflogen. Aber im Landeanflug auf die Stadt Plovdiv im Zentrum des Landes passierte etwas Merkwürdiges: „(…) we lost altitude. We came down to praying for landing, and then all of us on board realised that we were circling the airport. We had been for a while“, erzählt Foy zwei Tage später im hauseigenen Podcast FT News Briefing.

Kann das wirklich sein? Dieses putzige selbstfahrende Polizeiauto in China soll automatisch auf Menschen schießen können? Ja, jedenfalls, wenn es nach dieser Schlagzeile im Feuilleton der FAZ geht: „Das selbstschießende Polizeiauto aus China“.

Alt Text

faz.net, 30.08.2025

Dort heißt es:

In China wurde jetzt das erste selbstschießende autonome Polizeiauto vorgestellt. […] das neue autonome Polizeiauto guckt freundlich wie ein alter VW-Bus, hat allerdings eine blinde Frontscheibe, hinter der keine Menschen sitzen, sondern Kameras – und automatische Waffen.

Der Autor fragt sich, ob noch ein Mensch die Schießanweisung geben müsse und auch sonst bringe die „Verwandlung des öffentlichen Raums in ein Kriegsgebiet voller autonomer Waffensysteme […] einige Fragen mit sich“, die dann auch in schönster deutscher Angstlust ausführlich erörtert werden.

In der Kulturberichterstattung von Standard und Presse verschwimmen die Grenzen zwischen Werbung und Redaktion. Dieselben Autor:innen bewerben Kulturveranstaltungen in bezahlten Anzeigen – und rezensieren diese danach im redaktionellen Kulturteil. Kooperationen werden zudem nicht immer ausreichend gekennzeichnet.

Die Salzburger Festspiele und die Wiener Festwochen gehören zu den bedeutendsten Kulturereignissen Österreichs – und sie investieren erhebliche Summen in sogenannte Medienkooperationen mit Standard und Presse. Solche Kooperationen gibt es schon seit mehreren Jahren. Der Salzburger Festspielfonds gab letztes Jahr 266.675 Euro für Werbung aus, über 80.000 Euro davon flossen zur Presse. Die Wiener Festwochen GesmbH kommt sogar auf 421.285 Euro. Knapp 100.000 Euro davon gehen für Werbung an den Standard.

In den letzten Wochen hat die Kronen Zeitung eine Reihe von Artikeln veröffentlicht, die suggerieren, dass Milliarden an EU-Geldern an „fragwürdige“ Nichtregierungsorganisationen (NGOs) fließen – und das angeblich „ohne Kontrolle“. Doch hinter der Berichterstattung steckt eine Kampagne, die mehr auf Stimmungsmache als auf sachliche Kritik setzt.

Es ist Freitag, der 25. Juli. In der Kronen Zeitung heißt es selbstbewusst: „Nachdem die ‚Krone‘ Ungereimtheiten bei EU-Milliardenförderungen für NGOs aufgezeigt hat, geht es Schlag auf Schlag: Strafanzeigen in Luxemburg, München und Wien.“ Am selben Tag lädt die FPÖ zu einer Pressekonferenz. Das Thema: „Steuergeschenke für Klima-Lobbyisten – es reicht!“.

Die Krone wird darüber nicht berichten – sie muss es auch nicht. Denn was die FPÖ dort sagt, hat die Zeitung längst geschrieben; in der aktuellen Ausgabe und auf ihren Print- und Onlineseiten der vergangenen Wochen.

Die Juli-Kampagne der Kronen Zeitung. Diverse Screenshots und Zeitungsausschnitte.

Insgesamt bringt die Krone im Juli acht Geschichten zu den vermeintlichen „Ungereimtheiten“ der NGO-Förderpolitik. Dabei zeigen sich Muster, die typisch für Kampagnenjournalismus sind: einseitige Quellenauswahl, emotionale Sprache, wiederholte Stereotype und ein klar erkennbares Ziel: zivilgesellschaftliche Organisationen zu delegitimieren.

Einige österreichische Privatsender trennen nicht ordentlich zwischen redaktionellen Beiträgen und Werbung. Teilweise könnte das sogar gegen das Gesetz verstoßen. Die Medien selbst sehen keinerlei Problem – und das ist Teil des Problems.

In der Sendung „Das Magazin“ vom 9. Dezember 2024 erscheint auf KurierTV ein Beitrag zu tiergestützter Therapie. In knapp vier Minuten erfahren wir, wie autistische Kinder beispielsweise durch den Umgang mit Pferden in ihrer Entwicklung gefördert werden. Was wir nicht erfahren: Der Sender erhält für diesen Beitrag vom Internetanbieter Kabelplus 3.880 Euro. Dafür wird wohlwollend erwähnt, dass Kabelplus erst kürzlich an das Therapiezentrum gespendet hat. „Damit nicht nur zu Weihnachten möglichst viele Kinderaugen leuchten“, wie es im Beitrag heißt. Was aussieht wie unabhängiger Journalismus, ist in Wirklichkeit gekaufte Berichterstattung. Eine Kennzeichnung als Werbung fehlt, und das ist leider kein Einzelfall.