Wir recherchieren nach,
damit ihr nicht müsst.

Sebastian Kurz lädt ausgewählte Medienvertreter:innen nach Tel Aviv ein – sie sollen sein neues Projekt „Dream“ kennenlernen, ein KI-Start-up. Die meisten Medien kennzeichnen nicht, dass „Dream“ die Reise bezahlt hat. Und auch inhaltlich rückt das Unternehmen in den Hintergrund: Die Berichte drehen sich vor allem um Kurz.

Collage mehrerer österreichischer Medienberichte. Zu sehen sind Titelblätter und Online-Artikel verschiedener Zeitungen und Magazine, die über eine Reise eines ehemaligen Politikers nach Israel berichten. Auf den Ausschnitten stehen Schlagzeilen wie „Medienhype nach Kurz-Reise“, „KURZ: Mein neues Leben“, „im Kreis der Tech-Milliardäre“ oder „Ein Blick hinter die Kulissen des Unicorns“. Fotos zeigen den entsprechenden Politiker in Gesprächssituationen oder Büroumgebungen.

 

Vergangenes Wochenende lud Sebastian Kurz einige deutsche und österreichische Journalist:innen ein, sein Unternehmen „Dream“ in Israel zu besichtigen. Oder wie die Kronen Zeitung schreibt: Er führte durch „sein sagenumwobenes und milliardenschweres Reich in Tel Aviv“. Das klingt tatsächlich wie die Einladung, eine „Traum“-Welt zu betreten, und genau so lesen sich auch viele der Berichte quer durch die Medien.

Über Kurz’ neues „Reich“ erfährt man dabei recht wenig, abgesehen von ein paar PR-Floskeln und -Bildern. Dem Großteil der Beteiligten dieser dreitägigen „außergewöhnlichen Israel-Reise“ (Kurier) ging es wohl nur am Rande um das Start-up.

Der Rockstar mit seinem Einhorn

„Dream“ ist ein Cybersecurity-Unternehmen, das mit künstlicher Intelligenz arbeitet. Anfang des Jahres stieg die Firmenbewertung auf 1,1 Milliarden US-Dollar – das macht „Dream“ zum „Unicorn“. Und Sebastian Kurz gleich selbst zum Einhorn, zumindest laut Titel in der Presse:

Ein Zeitungsausschnitt mit der Überschrift „Sebastian Kurz: Das Einhorn aus der Menachem-Begin-Straße“. Darunter ein kurzer Vorspanntext über eine Reportage zu einem Cybersecurity-Unternehmen.

Was „Kurz’ Beitrag zum Erfolg“ ist, will Die Presse im Artikel wissen. Die Antwort kommt von „Dream“-Mitgründer Shalev Hulio: Sein großes politisches Wissen und „Verständnis für die Möglichkeiten und Zwänge der Regierenden.“ Außerdem sei er ein „Rockstar“, wird Hulio in der Krone, im Kurier und in Österreich/Oe24 zitiert.

Die Beschäftigung mit dem israelischen Start-up bleibt auch sonst sehr oberflächlich. Hulio war zuvor für die Entwicklung der Spionage-Software „Pegasus“ verantwortlich, mit der nicht nur Kriminelle, sondern auch fast 200 Journalist:innen ins Visier genommen wurden. Die Presse formuliert es vorsichtiger: „Manche Regierungen sollen ‚Pegasus‘ auch genutzt haben, um Kritiker und Journalisten auszuspionieren.“

Die Krone streift die „umstrittene Software“ überhaupt nur kurz. Aber mit Bekannten, die man nach langer Zeit wieder sieht, spricht man nun mal nicht gleich über die harten Brocken. Und tatsächlich dürfte die Krone schon Sehnsüchte gehabt haben:

Zeitungsausschnitt mit einem längeren Textblock, der mit der Frage beginnt: „Was treibt Sebastian Kurz eigentlich so?“ Der Artikel diskutiert die geringe mediale Präsenz seit seinem Politikabgang und erwähnt ein Start-up in Israel. Keine zusätzlichen Bilder außer typografischem Zeitungslayout.

„Seit dessen Paukenschlag-Abgang aus der Politik liest man ja relativ wenig“, schreibt tatsächlich jenes Blatt, das den Ex-Kanzler allein im vergangenen Monat viermal in den Schlagzeilen hatte („Kern und Kurz: Rückkehr an die Macht?“ (3. November), „Falscher Sebastian Kurz zu Talkshow eingeladen“ (1. November). „Ex-Kanzler Sebastian Kurz legt nun Chat-Beweis vor“ (29. Oktober) und „Wird Sebastian Kurz von der Leyen-Nachfolger?“ (21. Oktober)).

Aber jetzt weiß es die Krone endlich: „Der hemdsärmelige Ex-Politiker ist in der Tech-Welt angekommen“, steht unter einem Foto, auf dem Kurz drei anderen Männern gestikulierend etwas Wichtiges erklärt. Geschossen hat es der Kurz-Vertraute und ehemalige ÖVP-Sprecher Paul Olsacher.

Die Fotos zur Berichterstattung sind überhaupt ein Traum – aus PR-Sicht. Kurz mit breitem Grinser und Schulterblick im Zentrum von Tel Aviv, Kurz fröhlich lachend mit seinen Geschäftspartnern, Kurz mit richtungsweisender Armbewegung im Kreise der Journalist:innen.

Die Bilder, die alle Zeitungen – mit Ausnahme der Presse – verwenden, wurden von der „Dream Group“ bereitgestellt.

Collage verschiedener PR-Fotos: der abgebildete ehemalige Politiker spricht vor mehreren Personen, sitzt im Freien zu einem Gespräch, geht gemeinsam mit einem Mann einen Büroflur entlang, oder sitzt in einem Meetingraum mit mehreren Menschen. Die Hintergründe zeigen moderne Bürogebäude und urbane Szenen.

„Die Fotos: Sebastian Kurz spielt Basketball in Tel Aviv“ heißt es hingegen auf Heute.at. Die Gratiszeitung war nicht Teil der Reisegruppe – sehr wohl aber war sie in Gedanken dabei. Und sie hatte Glück: Einen Teil der Pressefotos postete Kurz auch auf seiner Facebook-Seite. Jenes, auf dem Kurz „zum Ball greift“, hat es dem Blatt besonders angetan.

Die Anmerkung, dass Kurz eh auch „etwa durch Interviews mit ‚Heute‘“ medial präsent bleibt, hat es zur Ehrenrettung trotzdem gebraucht.

Frühstück mit Netanjahu, Besuch bei der Armee

Was blieb sonst vom Dream-Trip? Viel Politisches.

Kurz fädelte vor Ort mehrere politische Gespräche ein: Off the record frühstückten die Teilnehmenden mit Avner Netanjahu, dem Sohn des rechtsextremen Regierungschefs. Sie sprachen dank Kurz auch mit dem Minister für Diaspora, Amichai Chikli, und dem Parlamentspräsidenten Amir Ohana.

„Den Besuch in der Knesset in Jerusalem mussten die Journalisten ohne Kurz absolvieren“, bedauert die Presse. Dafür gibt sie ganz ohne Einordnung wieder, was die Politiker von Netanjahus Likud-Partei dort sagen: „Der Krieg war notwendig– und wurde letztlich gewonnen.“ Danach ging es noch in die Zentrale der israelischen Armee, wo Videos vom Hamas-Überfall am 7. Oktober 2023 vorgeführt wurden.

Das Programm passte zur Gästeliste. Zur eigentlich-mehr-als-eine-Unternehmensvorstellung kamen nämlich erstaunlich wenig Wirtschaftsredakteur:innen: Für die Presse flog der Innenpolitik-Ressortleiter Oliver Pink nach Tel Aviv, vom Kurier kam ebenfalls ein Politikredakteur, die Kronen Zeitung schickte einen Chronik-Journalisten und bei Oe24 führte Politik-Chefin Isabelle Daniel die Interviews mit Kurz und Co.

Ihr 20-minütiges Interview mit dem Ex-Kanzler kann man auf oe24.TV nachsehen. Es startet mit der traumhaften Frage: „Ihr Partner hat erklärt, Sie seien so etwas wie ein Rockstar. Was heißt das eigentlich?“

Bei Minute sechs ist man bereits im politischen Teil angelangt. Es geht um die FPÖ, um Migration, um die Zustimmungswerte der regierenden Dreier-Koalition. Und damit man von der Israel-Reise auch wirklich mit allem Erwartbaren zurückreist, fragt die Redakteurin Kurz auch nach dessen Lieblingsthema: der geschlossenen Balkanroute.

Der Medien-Dream vom Kurz’schen Comeback

Eine Frage darf freilich nicht fehlen: Wie schaut es mit dem politischen Comeback aus? Habe er daran Interesse? „Nein, das habe ich nicht“, so Kurz. „Aber ausschließen können Sie es nicht?“, wird nachgehakt. „Oh ja, kann ich.“

Damit ist klar, was auf Seite 2 der Gratiszeitung „Oe24“ landet: KURZ: ›Rock-Star‹ in Israel und Comeback-Gerüchte“.

Dass der letzte Absatz eines jeden Berichts eine Anspielung auf Kurz’ Polit-Comeback sein muss, stand wohl irgendwo in den Reiseunterlagen. Denn sogar im Brutkasten, bei dem ausnahmsweise wirklich das Start-up im Vordergrund stand, gibt der letzte Satz den Versuch einer Antwort darauf: „Er fühle sich in seiner Rolle als Unternehmer derzeit ‚sehr glücklich‘.“

Oder wie die Krone schreibt: „Es darf also auch weiterhin spekuliert werden.“

Kurz-Fieber als journalistische Reisekrankheit

Diese Pressereise war eine Einladung – die „Dream Group“ übernahm die Reise- und Übernachtungskosten. Aber in einer Traumwelt gelten bekannterweise nicht immer die Regeln der echten Welt. Ziffer 4.5 des Ehrenkodex für die österreichische Presse schien zumindest für die meisten nicht zu existieren:

In Berichten über Reisen, die auf Einladung erfolgten, soll auf diese Tatsache in geeigneter Form hingewiesen werden.

Lediglich Die Presse und der Brutkasten hatten einen entsprechenden Compliance-Hinweis in ihren Beiträgen. Kronen Zeitung, Kurier und Österreich/Oe24 verzichteten darauf.

Zwei Ausschnitte aus Medienhinweisen zu Pressereisen. Oben steht: „Disclaimer: Die Reise- und Übernachtungskosten wurden von der Dream Group übernommen.“ Darunter ein weiterer Kasten mit dem Hinweis: „Compliance-Hinweis: Die Kosten für die Pressereise wurden teilweise von der Dream Group getragen.“ Sie stammen vom Brutkasten beziehungsweise der Presse

So hätte das in allen teilnehmenden Medien aussehen können.

Wir wollten von Krone, Kurier und Oe24 wissen, warum sie die Einladung nicht transparent gemacht haben. Außerdem haben wir die teilnehmenden Medien gefragt, warum der Ausflug zum Traum-Unicorn nicht von Wirtschaftsredakteur:innen absolviert wurde. Wir haben keine einzige Antwort bekommen.

Wir können es ihnen nicht verübeln. Das viele Schwärmen muss anstrengend gewesen sein.


Kobuk macht sichtbar, wenn Medien nicht kritisch und unabhängig berichten. Findest du das wichtig? Dann unterstütze uns mit einer Mitgliedschaft! Alle Infos unter www.kobuk.at/unterstuetzen

KI scheint heute fast alles zu können: Schreiben, rechnen, singen oder gar schauspielern. Aber auch Menschen ausziehen, die nie nackt vor der Kamera gestanden sind. Immer häufiger kursieren im Netz täuschend echte Nacktbilder, generiert von künstlicher Intelligenz: sogenannte Deepfake-Nudes. Betroffen sind oft Prominente – vor allem junge Frauen. Heute.at berichtet gerne über solche Fälle – und verbreitet dabei die problematischen Nacktbilder munter weiter.

Quelle: heute.at

„Jemand macht Geld mit Fake-Nacktbildern von mir“: Ja, die Heute-Zeitung!

Im Frühjahr dieses Jahres berichtete Heute.at über die Schweizer Influencerin nathistyle. Ein Mann habe sie über alle Kommentarspalten hinweg mit Nachrichten bombardiert, ihr eine „Betrugsmasche“ vorgeworfen und damit gedroht, die Polizei einzuschalten. In Wirklichkeit war der Mann auf ein gefälschtes Profil hereingefallen, das sich als die Influencerin ausgab. Der Person hinter diesem Profil hatte der Mann dann Geld überwiesen, und zwar in der Erwartung, dafür Nacktbilder von der Influencerin zu erhalten. Diese wurden mit KI erstellt.

Das Titelbild, das die Heute-Redaktion auswählt, zeigt jedoch ausgerechnet das Deepfake-Nude selbst: scheinbar nathistyle, nackt in einem Spiegel-Selfie. Im ursprünglich auf Instagram veröffentlichten Originalfoto trägt die Frau ein weißes Kleid, das im Bild dann digital entfernt wurde. Darüber kleben nun nur noch eine Handvoll hautfarbener Pixel.

Die Heute-Redaktion schreibt unter dem Bild:

„Mit diesem Fake-Nacktbild der Influencerin Nathistyle verdient jemand Geld.“

Quelle: heute.at

Genau. Nämlich nicht nur die Person hinter dem Fake-Profil, sondern auch Heute.at selbst.

Man stelle sich folgende Szene vor: Die größten Fastfood-Restaurants in Österreich gehen gemeinsam zum ORF und wünschen sich dort eine neue Sendung. Ein wöchentliches „Infomagazin“ zum Thema Ernährung, aber ausschließlich mit Fokus auf Fastfood. Es werden die Vorzüge von Fastfood erläutert, es gibt hochglanzgefilmte Einblicke in die Produktion und Entwicklung. Probleme werden nur thematisiert, um auf die innovativen Lösungen der Hersteller zu verweisen. Kleinere Nachteile lassen die zahlreichen Vorzüge noch überzeugender erscheinen. Und was sich nicht kleinreden lässt, wird mittels lehrreicher Verbrauchertipps geschmeidig an die Eigenverantwortung der Kundschaft abgewälzt. Und die Programmverantwortlichen im ORF sagen: „Das ist eine wunderbare Idee, so machen wir das!“

Unvorstellbar? Nun, genau dieses Kunststück ist dem Arbeitskreis der Automobilimporteure (einem Zweig der österreichischen Industriellenvereinigung) gelungen.

Antenne Kärnten interviewt ein ehemaliges SOS-Kinderdorf-Kind über Missbrauch. Das Gespräch ist freiwillig – zeigt aber, wie schnell der Opferschutz in den Hintergrund geraten kann.

„Du hast ja selbst als Kind auch Gewalt und Missbrauch erfahren. Magst du vielleicht kurz überfliegen, was da passiert ist? Wir müssen nicht im Detail reden, aber vielleicht magst du da noch ein bisschen was loswerden.“ Der Satz klingt harmlos. Doch er ist eine Aufforderung, im Radio vor tausenden Zuhörer:innen über den eigenen Missbrauch zu reden.

2024 hat die öffentliche Hand wieder großzügig Geld an Medien verteilt. Im Vergleich zu den Jahren davor waren die größten Profiteure erstmals nicht ausschließlich Boulevardmedien. Bei den Inseraten gibt es heuer eine Trendwende, die insbesondere den Boulevard sehr nervös macht.

Öffentliches Geld für Medien 2024

Welches Medium wie viel öffentliches Geld bekommt, ist ein durchaus beliebtes Thema in der Medienbranche. Es bieten sich auch regelmäßig Anlässe, leidenschaftlich zu diskutieren, sich zu wundern, oder zu empören. Nach dem Amoklauf in Graz gab es eine solche Debatte – ebenso, nachdem öffentlich wurde, dass der Exxpress heuer eine Förderung für Qualitätsjournalismus bekommt. Und gleich noch einmal, weil auch die ÖVP-nahe „Bauernzeitung“ Fördergeld erhalten hat. All das hat dazu geführt, dass Medienminister und Vizekanzler Andreas Babler die Förderstruktur „weiterentwickeln“ will.

Die Bundesregierung kürzt die Inserate. Die Gratiszeitungen Heute und Oe24 trifft das ganz besonders. Dass Medienminister Babler nun auch „Qualitätskriterien“ bei der Fördervergabe verankern will, macht ihn dort erst recht zum Buhmann.

Collage aus mehreren Schlagzeilen österreichischer Medien, die den Medienminister Andreas Babler kritisieren. Links Artikel aus Heute und Kronen Zeitung mit Titeln wie „Wie sich Medienminister bei Medien blamiert“ und „Babler schiebt Medien weiter auf lange Bank“. Daneben oe24 und Heute.at mit Schlagzeilen wie „Regierung zahlt 14 Mio. an Fake News“ und „Brutal-Kürzung bei Medien, aber 14 Mio. € an Insta & Co“. Ganz unten eine weitere oe24-Schlagzeile: „Regierung ruiniert Österreichs Medien“. Rechts unten das Logo von Kobuk!.

„Regierung ruiniert Österreichs Medien“, „Mega-Skandal: Regierung zahlt 14 Mio. an Fake-News“, Wie sich Medienminister bei Medien blamiert“ – in den Gratiszeitungen Heute und Oe24 hat man sich vergangene Woche besonders an Vizekanzler und Medienminister Andreas Babler abgearbeitet.

Während ihn Oe24 „höchstpersönlich zum Totengräber der heimischen Medien-Szene“ macht, attestiert Heute einen medienpolitischen „Babler-Blindflug“ – und wirft ihm sowohl „Speed kills“-Taktiken als auch ein „auf die lange Bank schieben“ vor.

Die Medienbranche steckt in einer Krise – und bei den beiden Gratiszeitungen hat man den Schuldigen bereits gefunden. Dabei nimmt man es mit Zahlen, Daten und Fakten nicht immer ganz so genau.

Es braucht jemanden, der Medien auf die Finger schaut. Kobuk macht das seit über einem Jahrzehnt – unabhängig, unideologisch, unermüdlich. Jetzt brauchen wir deine Unterstützung.

Clickbait, Kampagnen, Interessenskonflikte: Guter Journalismus ist in Gefahr. Medienhäuser müssen sparen und immer weniger Journalist:innen haben feste Jobs.

Damit droht etwas wegzubrechen, das unsere Demokratie trägt: kritischer Journalismus und eine gemeinsame Faktenbasis.

Kobuk hält seit 2010 dagegen. Wir entlarven, was falsch läuft, wir erklären, warum. Wir knipsen den Scheinwerfer an und schauen hinter die Schlagzeilen.

Bis vor kurzem war Kobuk 100 % ehrenamtlich. Doch es gibt einfach zu viel zu tun. Deshalb haben wir seit April 2024 erstmals eine Redakteurin angestellt, die das aktuelle Medienmonitoring übernimmt und sich längeren Recherchen widmet. (Mehr Infos unter www.kobuk.at/transparenz)

Damit wir unsere Vollzeit-Redakteurin längerfristig bezahlen und die Redaktion weiter ausbauen können, brauchen wir Unterstützung: Wir suchen 1.000 Mitglieder, denen Medienkritik wichtig ist und die mit uns echte Medienkontrolle möglich machen.

Werde jetzt Mitglied: www.kobuk.at/unterstützen

Woher kommt der Name Kobuk? Und was erzählt er uns über Zeitungen – damals und heute? Ein paar Antworten und eine Zeitreise – zu Ehren Helmut Qualtingers, der heute 97 Jahre alt geworden wäre.

Links: Helmut Qualtinger als „Herr Karl“ (1961). Credit: Shivaelektra. Rechts: Helmut Qualtinger als „Kobuk“ (Wiener Kurier, 02. Juli 1951).

Um den Ur-Kobuk zu finden, müssen wir ins Jahr 1951 reisen. 1951 – das heißt Nachkriegszeit, mitten in der Wiederaufbauphase. Österreich war noch Besatzungsgebiet, die Pressefreiheit eingeschränkt und die Zeitungslandschaft stark politisch kontrolliert. Da gab es zum Beispiel die sozialistische Arbeiterzeitung, das ÖVP-nahe Kleine Volksblatt oder die Österreichische Zeitung, Organ der Sowjets.

Konkret wollen wir zum 2. Juli 1951 reisen. In diesen Tagen beschäftigte das Land wieder einmal eine Typhus-Epidemie, ständiger Begleiter der Nachkriegszeit, und eine neue Milchrayonierung. „Rayoniert“ wurden Lebensmittel in Wien, wenn sie knapp wurden. Für Milch galt nun: Ein halber Liter pro Kind, dann die Kranken, dann die restliche Kundschaft.

Auf Grönland gibt es keine Pinguine

Zwischen Meldungen über neue Typhus-Toten und Berichte über eine neue Weltordnung findet sich an diesem Tag aber auch eine etwas skurrile Nachricht:

Ein Eskimodichter in Wien: Auf Einladung des Österreichischen PEN-Klub trifft der Eskimodicher Kobuk am 3. Juli in Wien ein. Der 1889 in Iviktut (Grönland) geborene Autor ist Verfasser mehrerer Romane, deren eigenartige Verbindung von magischem Realismus und arktischer Mystik ihn auch über die Grenzen seiner engeren Heimat hinaus bekannt gemacht haben.

Weltpresse, 2. Juli 1951, S.5

Die Ankunft dieses Vertreters „arktischer Mystik“ kündigte neben der Weltpressezuvor Sprachrohr der britischen Besatzung, zu dem Zeitpunkt SPÖ-nah – auch der Wiener Kurier an, der unter dem Einfluss der US-Besatzung stand.

Der „Trans-Terror“ ist der neue Islamismus, die österreichische Justizministerin kennt die „Antifa“ nicht und Bluesky ist eine Brutstätte für Gewaltfantasien: Jenseitige Behauptungen und Falschmeldungen sind wir vom Exxpress gewohnt, aber seit der Ermordung von Charlie Kirk hat sich auch dort etwas verschoben. Die Seite arbeitet sich an Feindbildern ab und lässt vor allem die eigene politische Agenda Geschichten erzählen – auch wenn die mit der Wahrheit wenig zu tun haben.

Schuld ist der „Trans-Terror“

Schon die erste Meldung des Exxpress zur Ermordung von Charlie Kirk, Aktivist der neuen amerikanischen Rechten, war bezeichnend: „Linke schießen auf US- Aktivist und Trump-Unterstützer“ hieß es zunächst, wie das APA-Archiv, das mittlerweile gelöschte Facebook-Posting und nicht zuletzt die URL des Artikels bestätigen. Der Titel wurde nachträglich geändert.

Trotzdem bleibt das Narrativ auch zwei Wochen später bestehen: „Die Linken“  haben den Tod von Kirk zu verantworten. Sie seien es, die den „Trans-Terror“ decken würden. Eine entsprechende Analyse liefert Nius, Exxpress-Partnermedium und Mehrheitseigentümer, der Exxpress übernimmt sie. Darin wird eine „Trans-Fanatiker“-Bewegung erfunden, die systematisch Gewalt gegen Kritiker ausübt. Für ein solches Phänomen gibt es keine Belege – deshalb stützt sich die Autorin auch auf Einzelfälle, in denen Täter Transpersonen waren und suggeriert damit eine Kausalität. „Was einst die islamistische Blitzradikalisierung war, ist heute immer öfter eine Online-Radikalisierung im militanten Trans-Milieu“, so das Fazit.

Das Titelbild zum „Trans-Terror“ zeigt übrigens Menschen, die 2023 „eine von Rechtsextremen angefeindete Dragshow schützen. Sie sind weder trans noch Terroristen“, klärt der Spiegel-Journalist Anton Rainer auf Bluesky auf.

Es ist auch ein Zeichen für die „abgründige Stillosigkeit der linken Meute“ (ExxpressKolumnist Heinzlmaier), wenn Kirks Tod in den Augen des Exxpress nicht ausreichend betrauert wird. So notiert sich die Plattform, dass Bundespräsident Alexander van der Bellen vor fünf Jahren zwar eine Reaktion auf den Tod von George Floyd und die „Black lives matter“-Bewegung verfasst hat, sich bei Kirk aber nicht öffentlich geäußert hat. Dass im EU-Parlament keine Schweigeminute für Kirk genehmigt wurde, ist für das Blatt selbstverständlich ein „Skandal“.

„Babler in den USA – aber trotzdem kein Kommentar zu Charlie Kirk“ ist dem Exxpress sogar eine Schlagzeile wert. Geschrieben hat den Artikel übrigens eine Autorin, die dort laut LinkedIn-Eintrag gleich eine Doppelrolle in „Sales und Redaktion“ innehat.

Am 1. September berichtete die Financial Times über GPS-Sabotage im Flugzeug von Ursula von der Leyen. Der Flugradar-Dienst Flightradar24 widerspricht und sieht keine Unregelmäßigkeiten. Die Fakten beinhalten viele Grau-Töne, die in den meisten Medien zwischen Alarmismus und „Fake News“-Rufen untergehen.

Screenshot eines „Financial Times“-Artikels mit der Schlagzeile: „Ursula von der Leyen’s plane hit by suspected Russian GPS interference“. Im Text wird erwähnt, dass die Landung mit Papierkarten erfolgt sei. Darunter ein Foto von Ursula von der Leyen, wie sie eine Flugzeugtreppe hinuntersteigt. Oben steht in weißer Schrift: „Stimmt die Geschichte?“ Unten rechts das Kobuk!-Logo.

Henry Foy ist Chef des Brüssel-Büros der Financial Times. Er hat Ursula von der Leyen zuletzt auf ihrer viertägigen Tour durch Osteuropa begleitet. Am Sonntag, den 31. August, sind sie von Warschau nach Bulgarien geflogen. Aber im Landeanflug auf die Stadt Plovdiv im Zentrum des Landes passierte etwas Merkwürdiges: „(…) we lost altitude. We came down to praying for landing, and then all of us on board realised that we were circling the airport. We had been for a while“, erzählt Foy zwei Tage später im hauseigenen Podcast FT News Briefing.