Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Künstliche Intelligenz ist eine super Sache, eigentlich. Doch ihr wuchernder Einsatz zeigt auch, wann etwa menschliche Kunst doch besser passt als Dall-E und Co. Und auch Zeitungmachen funktioniert (noch) nicht vollautomatisch, wie die Krone seit Anfang des Jahres eindrucksvoll vorführt.

Das Boulevardblatt experimentiert online nämlich mit maschinellen Übersetzungen. Krone-Stories wie „Taylor-Joy: Jawort in Wow-Kleid & mit Gruselkuchen“ gibt es nun auch auf Englisch, einige Artikel schwirren auch auf Französisch, Spanisch, Türkisch, Ungarisch und anderen Sprachen im Netz herum. „This article has been automatically translated“ steht am Ende der englischen Artikel mit Link zum Original-Beitrag. In den anderen Sprachen fehlt dieser Hinweis.

Die übersetzten Texte führen ein kurioses Eigenleben im krone.at-Kosmos: Zum Einen wirken sie wie verirrte Fremdkörper – da es keine eigene Spiegelung von krone.at für die jeweilige Sprache gibt, erscheinen die Übersetzungen eingebettet in der deutschsprachigen krone.at-Umgebung. Und sie zu finden, ist gar nicht so einfach: Die Navigation der Website liefert keinen Hinweis auf ihre multilinguale Doppelbödigkeit, denn Links zu den Übersetzungen sucht man vergeblich. Fündig wird nur, wer den entsprechenden Sprachfilter in einer Suchmaschine setzt. 

All das macht bereits einen eigenwilligen Eindruck. Und dann wäre da noch die Qualität der Übersetzungen. Ein Beispiel: Am 16. Oktober 2024 erschien auf krone.at ein Porträt der deutschen Indie-Band „Leoniden“ im Vorfeld ihres Wien-Konzertes. Mehrmals fällt der Bandname der maschinellen Übersetzung zum Opfer („Leonids“ oder „Leonides“), etwa im Titel.

Dass jemand „plötzlich und unerwartet“ gestorben ist, war eigentlich immer eine traurige, aber auch banale Nachricht in den Medien. Doch dann kam Corona. Und die Corona-Impfung. Und Gruppen, die Angst vor ihr hatten – oder anderen Angst machen wollten. Es kam der Hashtag #plötzlichundunerwartet und mit ihm die Behauptung: Die Corona-Impfung sei schuld an „plötzlichen und unerwarteten“ Toden.

Jetzt soll eine Studie genau das bestätigt haben, berichtet der Exxpress.

Exxpress-Headline: “Brisante Studie: „Plötzlich und unerwartet“ – 74 Prozent der Toten starben durch die Impfung“

Die Kernaussage: Knapp 74 Prozent von 325 untersuchten, plötzlichen Todesfällen seien auf die Impfung zurückzuführen. Diese Menschen seien also nicht „plötzlich und unerwartet“ gestorben, sondern weil sie geimpft waren. Das klingt brisant. Sieht man sich die Studie jedoch genauer an, bleibt von der Behauptung nicht viel übrig.

Die Kronen Zeitung und das Land Burgenland gründen ein gemeinsames Unternehmen für Solartechnik. Zeitgleich startet das Massenblatt eine Kampagne für „Krone Sonne“. Ein Zufall?

Krone-Chefredakteur Klaus Herrmann nutzte den prominentesten Platz in Blatt, den es gibt, um die frohe Botschaft zu verkünden. Seinen Kommentar in der Sonntagskrone. „Heute starten wir unsere große Aktion ‚Krone Sonne‘ – um in Österreich einen großen Schritt weiter zur Nutzung der Sonnenergie zu machen“, frohlockte er am 12. Juni 2022.

Denn für Krone-Gründer Hans Dichand war Natur- und Umweltschutz immer schon ein „zentrales Thema“,  längst „ergänzt um den Klimaschutz“. Aber: „Im Tierschutz und im Klimaschutz vorankommen – das kann freilich nicht ein Medium für sich allein, nicht einmal die ‚Krone‘ als Nummer 1. Fortschritte zum Wohl von Tier und Mensch können wir nur gemeinsam mit unseren Lesern, Usern und Sehern machen. Mit ihnen gemeinsam sind wir stark.“

Die Szene dauert nur ein paar Sekunden: Die Witwe des Chefs der Terrororganisation Hamas, Jihia al-Sinwar, huscht in Aufnahmen aus dem Tunnelsystem hinter ihrer Familie durch das Bild. Doch die Tasche, die sie dabei trägt, beschäftigt Medien auf der ganzen Welt. Es soll sich um das Modell „Birkin“ der Luxusmarke Hermès handeln. Ihr Wert beträgt 32.000 US Dollar. Der Aufschrei ist groß: die Familie des wohl wichtigsten Hamas-Mannes soll sich mit Luxusartikeln im Tunnel verstecken, während über ihnen Armut und Krieg herrscht.

Collage von internationalen Medienberichten zur angeblichen Birkin-Handtasche der Witwe von Sinwar

Die zwei österreichischen Berichte zur angeblichen Birkin-Handtasche der Witwe von Sinwar

Auch für die österreichischen Boulevardblätter Oe24 und Exxpress ist die Meldung klar: „Frau von Hamas Chef flüchtete mit 32.000 Dollar Tasche“ und „Mit der 30.000 Euro teuren Birkin Bag im Hamas Tunnel“ liest man dort. Nur, woher weiß man überhaupt, dass es sich bei der Handtasche um eine Hermès Birkin handelt? Dazu müssen wir uns drei Dinge etwas genauer ansehen: Die ursprüngliche Quelle, die Tunnelaufnahmen und, natürlich, die Handtasche. Und die zeigen: Die Sache ist nicht so klar, wie es in den Medien klingt. Aber der Reihe nach.

Das mit dem Gendern ist so eine Sache. Sachlich zu diskutieren ist fast unmöglich. Zu sehr erhitzt das Thema die Gemüter. Denn es geht schon lange nicht mehr nur um inklusive Sprache, wie sie an Universitäten üblich ist, in den Medien für Kopfzerbrechen sorgt und für die niederösterreichische Landesregierung verboten gehört. Hinter diesem zweisilbigen Wort machen sich ganze Welten auf. Für die eine Seite ist Gendern Ausdruck einer inklusiven Gesellschaft. Die andere Seite fürchtet hingegen einen „Genderwahn“ der Begriff bezeichnet eine „als übertrieben empfundene und an der Realität vorbeigehende Beschäftigung mit Genderthemen“, liest man auf Wiktionary. Als Kampfbegriff der extremen Rechten, um die traditionelle Geschlechterordnung zu verteidigen, bezeichnet ihn die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung.

Zu jenen, die „Genderthemen“ traditionell ablehnend gegenüberstehen, gehört die größte Tageszeitung Österreichs, die Kronen Zeitung. Interessanterweise heißt das aber nicht, dass diese Themen, mit denen sich andere „übertrieben“ beschäftigen, in der Krone nicht vorkommen. Im Gegenteil, die Krone bringt die Genderdebatte sogar regelmäßig auf ihr Titelblatt. Zwischen Jänner 2021 und August 2024 genau gesagt 25-mal.

Viele dieser Artikel sind voller künstlicher Aufregung und unsachlich. Fast schon krampfhaft versucht die Krone wieder und wieder einen Genderwahn herbeizuschreiben.

Gewissermaßen könnte man der Krone also eine „übertriebene und an der Realität vorbeigehende Beschäftigung mit dem Thema Genderwahn“ attestieren. Oder kurz gesagt: Willkommen im Genderwahn-Wahn der Krone.

In vielen österreichischen Onlinemedien erscheint regelmäßig Werbung für illegale Online-Casinos. Dazu kommt noch Werbung für legales Glücksspiel, die oft nicht als solche zu erkennen ist. Unsere Recherche zeigt: Das sind keine Einzelfälle, sondern hat System.

Auf Gesund&fit, der Gesundheitsseite von Oe24, gibt es regelmäßig Gesundheitstipps. Vieles ist zu schön, um wahr zu sein, unnötig alarmiernd oder fragwürdig hergeleitet.

Collage diverser Headlines von oe24 gesund&fit mit fragwürdigen Gesundheitstipps

Schokolade ist gesünder als Obst, bestimmte Lebensmittel sind so gefährlich wie Rauchen und – „überraschend“ – andere machen doch nicht dick. Gute Neuigkeiten gibt es auch für alle Personen mit einer Pollen-Allergie: die kann man jetzt „easy“ selbst loswerden. So lauten einige der vermeintlichen Erkenntnisse, die auf der Gesundheitsseite des Gratisblatts Oe24 zu lesen sind.

2023 haben etliche öffentliche Stellen deutlich weniger Geld an Medien ausgeschüttet, als noch im Jahr davor. Gleichzeitig mussten in diesem Jahr viele Medien einmal mehr Personal abbauen. Das zeigt, wie schwierig es geworden ist, schwarze Zahlen zu schreiben. Und auch, wie wichtig öffentliche Gelder für das Überleben mittlerweile sind.

Wie schon vergangenes Jahr wollen wir nüchtern aufzeigen, wie viel öffentliches Geld welche Zeitung im Jahr 2023 bekommen hat. Grob gesagt kann man öffentliche Gelder in zwei Kategorien unterteilen: Inserate und Förderungen.

Zu den Inseraten öffentlicher Stellen zählen etwa jene, die durch die Ministerien und das Bundeskanzleramt vergeben werden. Die Vergabe wird regelmäßig kritisiert – der Verdacht der Inseratenkorruption steht seit Jahren im Raum. Auch Kobuk hat mehrere Artikel dazu veröffentlicht.

Erst kürzlich hat beispielsweise die Oberstaatsanwaltschaft die WKSta angewiesen, zu ermitteln, ob OE24-Chef Wolfgang Fellner im Gegenzug für Inserate dem damaligen FPÖ-Chef Strache positive Berichterstattung versprochen und damit bestochen hat. Es gilt die Unschuldsvermutung. It’s a never ending story.

Zu Inseraten von öffentlichen Stellen zählen aber nicht nur Regierungsinserate. Als „öffentliche Stellen“ sind all jene Unternehmen, Institutionen und Einrichtungen definiert, die vom Rechnungshof überprüft werden können. Also beispielsweise auch die Landesregierungen, die AK oder die WKÖ usw.

Bei diesen Geldern handelt es sich nicht immer ausschließlich um Steuergeld. Auch Unternehmen wie die ÖBB oder die Post zählen zu den öffentlichen Stellen.

Davon abgesehen gibt es Förderungen, die die öffentliche Hand vergibt. Wer sich hier einen Überblick verschaffen will, braucht einiges an Geduld, aber grob gesagt gibt es drei Töpfe: Presseförderung, Rundfunkförderung und Digitalisierungsförderung.

Neu dazu kommen hätte vergangenes Jahr eine „Qualitätsjournalismus-Förderung“ sollen. Aufgrund von Verzögerungen wurden die ersten Gelder aber erst im Mai 2024 ausbezahlt.

Zählt man alles zusammen, sieht es für das Jahr 2023 so aus:

Öffentliches Geld für Medien 2023, Inserate und Förderungen

Was gab es nicht schon an Medienberichten über vermeintlich skurrile EU-Verordnungen: Kühe dürften angeblich nur mehr mit Windeln auf die Alm, Buntstifte und Wasserfarben seien verboten oder ein Zoo müsse wegen der EU seine Kleinhirsche schlachten. Oft bleibt auf den zweiten Blick kaum etwas von diesen Headlines übrig. Gerade in der Kronen Zeitung gibt es eine gewisse Tradition, die EU als Feindbild für alles Mögliche herzunehmen und dabei mit den Fakten nicht ganz so genau zu sein, wie wir mehrfach gezeigt haben.

Die Titelgeschichte der Krone vom 9. April fügt sich nahtlos in diese Serie ein. Die Aussage „Gebrauchtwagen für EU nur Schrott“ ist schlichtweg falsch. Wir haben uns den Gesetzesvorschlag angesehen und mit einem Experten gesprochen. Dinge, die die Krone bei diesem Artikel wohl verabsäumt hat.

2022 wurde erstmals eine Förderung vergeben, die Medien bei ihrer Digitalisierung unterstützen sollte. Einige Projekte erregten mit absurd hoch wirkende Summen für Aufsehen. Nun ist mehr als ein Jahr vergangen, deshalb wollten wir der Frage nachgehen, was aus dem öffentlichen Geld bisher geworden ist. Das gestaltete sich schwieriger als gedacht. An vielen Stellen mangelt es vollkommen an Transparenz.

Als 2022 das erste Mal die Digitalisierungstransformationsförderung vergeben wurde, sorgten einige Anträge für Stirnrunzeln. Der Radiosender „Welle 1“ kassierte 180.000 Euro für ein Projekt mit dem Titel „Selbstständiges Denken“, die Mediengruppe Österreich erhielt ca. 300.000 Euro für Newsletter und die Oberösterreichischen Nachrichten bekamen für ein Re-Design von nachrichten.at stolze 1,26 Millionen Euro. Es handelt sich um Steuergeld, daher wollte Kobuk wissen, was seither passiert ist. Wurden die Projekte umgesetzt? Sind Medien jetzt tatsächlich „digitalisierter“? Hat auch das Publikum etwas davon, dass diese Förderungen vergeben werden?

In einigen Fällen haben wir Antworten gefunden, aber in vielen anderen war es nicht möglich, die Verwendung der Fördermittel nachzuvollziehen. Aus einer Recherche über die Verwendung von Steuergeld wurde eine Geschichte über fehlende Transparenz.

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