Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Wechselkurse ständig im Auge zu behalten, kann auf die Dauer anstrengend sein. Das stellte die „Österreich“-Redaktion in einem Artikel über die Liste der 100 wertvollsten Marken 2010 (PDF) des Marktforschers Millward Brown unter Beweis.

In dieser Liste rangiert Red Bull mit 8,917 Millarden US-Dollar aktuell auf Platz 82. Mit dem aktuellen Wechselkurs von 1 US-Dollar = 0,76 Euro macht das 6,78 Milliarden Euro.

Nicht so für „Österreich“:

Der aufmerksame Leser wird bereits bemerkt haben, dass da was nicht stimmen kann.

Im Artikel selbst, indem sich „Österreich“ munter mit Angaben aus diesem Ranking bedient, ist  dann wieder von US-Dollar-Werten die Rede, außer in dem Absatz, der sich explizit mit Red Bull beschäftigt. Dort werden dem österreichischen Energiedrink-Hersteller, wie bereits im Titel abermals rund 2,1 Milliarde Euro zusätzlichen Markenwert zugesprochen, die er laut Ranking gar nicht besitzt. Didi Mateschitz würde die Schlagzeile wohl freuen, wenn sie denn wahr wäre.

Es wird jetzt noch skurriler – in der Tabelle, direkt neben besagtem Artikel steht dann:

Die 9,0 stehen für den Milliarden-Wert der Marke Red Bull. Woher die 100 zusätzlichen Millionen zu den 8,9 aus der Headline auf einmal kommen, weiß die „Österreich“- Redaktion wahrscheinlich selbst nicht so genau.

Überhaupt wurde z.B. ALDI (auf Platz 83) 8,7 Milliarden Marktwert (tatsächlich 8,747 Milliarden) ab-, Red Bull (Platz 82) jedoch wie bereits erwähnt (mit tatsächlichen 8,917 Milliarden Marktwert)  auf 9,0 Milliarden aufgerundet.

Das Boulevardblatt „Österreich“ titelt in seiner Ausgabe vom 29. April, dass rund 2 Milliarden Euro österreichischer Steuergelder an das stark gebeutelte Griechenland  verschenkt würden.

Allerdings räumt es in einem Artikel mit dem ebenso reißerischen Titel „Österreich spendet 2 Milliarden“ auf Seite 5 dann doch kleinlaut ein, dass es sich dabei lediglich um einen Kredit handelt und fügt in typischer Stammtisch-Polemik fragend hinzu:

aber kriegen wir das Geld jemals wieder?

Abgesehen davon ist die Anhebung von derzeit versprochenen 858 Millionen Euro auf 2 Milliarden Euro österreichischer Kredithilfe noch nicht fix, im Gegensatz zur irreführenden Darstellung in „Österreich“.

Kann es sein, das „Österreich“ den BILDblog-Leitfaden „Wie hetze ich gegen ein Land auf?“ gelesen hat?

Diese Überschrift findet man in der heutigen Ausgabe der Gratiszeitung „Österreich“. Anlassfall ist der Autofunfall des ORF-Betriebsrates Heinz Fiedler. Dabei wurde ein Kind so schwer verletzt, dass ihm ein Bein amputiert werden musste. Die Schuldfrage muss jetzt vor Gericht geklärt werden. „Österreich“ lässt aber sicherheitshalber keinen Zweifel an der Bösartigkeit von Fiedler. So heißt es schon im Lead:

ORF-Bonze mähte Kind um

Dazu passend beginnt der Text mit:

ORF-Betriebsratskaiser Heinz Fiedler ist ein Mann, der sich vor Auslagen die Frisur richtet und auch mit 67 Jahren noch an Ämter klammert, weil er gern im Rampenlicht steht.

Aber die heldenhafte „Österreich“ hat „das Geheimnis eines furchtbaren Unfalls gelüftet“. Das ist objektiver und ausgewogener Journalismus, wie er im Lehrbuch steht.

Zwei Reifenplatzer machen das Flugzeug von Außenminister Spindelegger auf dem Weg zur Startbahn des Prager Flughafens manövrierunfähig. An sich keine besondere Geschichte, außer man schreibt für „Österreich“.

Erst titelt das Blatt am 28. April auf der ersten Seite (!) über ein „Flugdrama„. Ist ein Flugdrama nicht ein Drama während eines Fluges? Doch nicht genug, der Titel lautet „Flugdrama im Minister-Jet“. Das ist faktisch falsch.

„Österreich“ schreibt schließlich im Artikel  selbst völlig unaufgeregt:

Spindelegger und seine Begleitung wurden in Bussen abtransportiert und wurden in die Residenz des Österreichischen Botschafters in Prag gebracht.

Falls sich der geneigte Leser jetzt noch wundern sollte: Nein, der sogenannte „Minister-Jet“ ist nicht etwa eine Österreichische Air Force One, sondern lediglich eine Dornier 328 der Fluglinie Grossmann Air.

Am 27. April titelten die Printausgaben von „Österreich“ und Kronenzeitung mit der Geschichte einer Frau, die ihren betrunkenen Ehemann auf der Autobahn aussetzte.

Doch die beiden Artikel sind ziemlich unterschiedlich. Schon beim Ziel des Paares sind sich beide Zeitungen – links die Krone, rechts „Österreich“ – uneinig:

Die Trennung der Tschechoslowakei wurde 1992 besiegelt, aber für die Kronenzeitung und „Österreich“ lässt sich ja vielleicht eine kurzzeitige Wiedervereinigung erwirken, damit beide Zeitungen Recht behalten.

Und was wurde aus dem betrunkenen Ehemann? Rechts die Krone, links „Österreich“:

Wohin seine Reise tatsächlich ging, bleibt wohl der Fantasie überlassen.

„Heute“ titelt heute:

Staat zahlt Häftlingen 10 Millionen € Gehalt!
Kein Geld für Studenten, Pensionisten, aber Mörder kassieren Steuergeld

Die Aussage an sich ist falsch und suggeriert, der österreichische Staat würde Gehälter in der Höhe von 10 Millionen Euro tragen. Tatsächlich fungieren die einzelnen Haftanstalten jedoch nur als Vermittler zwischen Häftling und dem jeweiligen Arbeitgeber.

Die österreichische Wirtschaft zahlt die Gehälter, und zwar laut der Homepage der Justizanstalten in der Höhe von rund 48,7 Mio. Euro (2008). Davon werden 75% einbehalten und wandern in die Staatskasse. Nachzulesen im Pilotbericht über den Strafvollzug 2008 (pdf). Der Rest wird an die Arbeitnehmer ausgezahlt – das entspricht etwa der Größenordnung der genannten 10 Mio. Wohlgemerkt: Nicht aus Steuergeldern.

Im Artikel erwähnt „Heute“, die Staatseinnahmen aus Leistungen der Gefangenen, die „Fritzl & Co.“ genannt werden – als ob in Österreichs Haftanstalten nur Psychopaten einsitzen, würden nur 9 Millionen Euro betragen. Doch wie kommt es zu dieser Zahl? Denn die verbleibenden 75% machen nach Adam Riese rund 37 Millionen Euro Einnahmen für den Staat aus, nicht 9. Eine Quelle nennt „Heute“ nicht.

PS: Fordert „Heute“ ernsthaft, dass Österreichs Häftlinge unbezahlte Zwangsarbeit verrichten sollen, sowie nach ihrer Haft ohne finanzielle Reserven ins Leben entlassen werden?

Harte Töne von Herbert Lackner, Chefredakteur bei „profil“. Er bezeichnet Nichtwähler der Bundespräsidentenwahl als: „Ignoranten, von chronischer geistiger Trägheit Befallene bar jeden Gemeinsinns“.

Ich finde: Knapp die Hälfte aller Wahlberechtigten Österreicher/innen als Ignoranten zu bezeichnen ist ein starkes Stück.

Ohne Worte:

Aus „Heute“ vom 22. April.

Es ist durchaus schwierig, eine Geschichte, zu der kaum Fakten bekannt sind, interessant zu schreiben. Zumal, wenn eigentlich nicht einmal wirklich etwas vorgefallen ist.

Kein Problem jedoch für die Redakteure von Oe24.at. Heute ist auf deren Seite zu lesen:

Hundehasser schießt aus Fenster in Wien

(…) Sonntagmittag wurde eine 22-jährige Frau Opfer eines gemeinen Attentats. Gerade als sie mit ihrem Hund in der Ruthnergasse in Wien Floridsdorf spazieren ging, hörte sie zwei abgefeuerte Schüsse in unmittelbarer Nähe. (…)

Zum einen wurde die Frau kein „Opfer eines gemeinen Attentats“.  Immerhin hat sie die Schüsse ja nur gehört. Es steht nicht einmal fest, ob überhaupt auf sie geschossen wurde. Weiters bleibt unklar, warum der Mann ein „Hundehasser“ sein woll und worauf er überhaupt geschossen hat.

Auch über die Tatwaffe ist man sich anscheinend nicht einig gewesen:

(…) Als sie nach oben blickte, bemerkte sie den 77-jährigen Schützen, der die Pistole noch in der Hand hielt. (…)

(…) Die sofort alarmierte Polizei fand in der Wohnung des Pensionisten zwei Revolver und Munition unversperrt in einem Kleiderschrank. (…)

Eigentlich erstaunlich was man aus einem eigentlich so langweiligen Vorfall alles machen kann.

Das Rezept ist einfach:

  1. Copy and Paste, eine passende Überschrift, für ganz fleißige noch eine Unterüberschrift. Und nach 5 Minuten bei 280°C haben Sie einen fertigen Törtchen- Bericht für Ihre Online-Ausgabe. Weiterverwendung für Print, TV und Radio möglich.
  2. Auch wenn die APA-AGBs (pdf) dies eigentlich verbieten: Verzichten Sie auf Quellenangaben, denn auch gute Köche verraten ihre Rezepte nie.

Wenn es Ihnen gelungen ist, können Sie dieses Rezept mit anderen Freunden teilen und dann haben Sie viele identische APA-Törtchen. Viel Spaß beim Nachbacken!

Sie zweifeln noch? Backen Sie einfach dieser APA-Meldung nach. Orientieren Sie sich dabei an Kleiner Zeitung, OÖ Nachrichten, Krone.at oder Vorarlberg-Online.