Wir recherchieren nach,
damit ihr nicht müsst.

Kategorie: z Medien

Die Gratiszeitung „Österreich“ illustriert die Finanzhilfe für Griechenland und Euro mit einer Fotomontage zweier österreichischer Politiker in Unterwäsche. Zulässig oder nicht?  Es ist nicht das erste Mal, dass ein Politiker in einer gefälschten und intimen Situation gezeigt wurde: So hat der OGH 1996 die „profil“-Montage des nackten Kanzlers am Cover für unzulässig erklärt:

§ 78 UrhG soll nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers jedermann gegen den Mißbrauch seiner Abbildung in der Öffentlichkeit, namentlich (ua) dagegen schützen, daß sein Bildnis auf eine Art benützt wird, die zu Mißdeutungen Anlaß geben kann oder entwürdigend oder herabsetzend wirkt. Auch allgemein bekannte Personen, wie der Kläger, haben Anspruch darauf, daß die Allgemeinheit auf ihre Persönlichkeit Rücksicht nimmt. Deshalb ist die Privat- und Intimsphäre einer solchen Person geschützt und die Verbreitung von Bildern unzulässig, die entstellend wirken oder die – allenfalls erst im Zusammenhang mit der Bildunterschrift oder dem Begleittext – den Abgebildeten der Neugierde und Sensationslust der Öffentlichkeit preisgeben.

Korn schreibt dazu in „Einführung in das Kommunikationsrecht“ (2010):

Die Verletzung berechtigter Interessen liegt hier in der Verletzung des aus dem Grundsatz der Achtung der Privatsphäre erfließenden Selbstbestimmungsrechts, wobei der Bereich des Privatlebens nicht auf den Intimsbereich beschränkt ist. Hierher zählen auch Fragen der Gesundheit, der Religion bzw. Weltanschauung. Als Beispiel gilt hier die Fotomontage auf dem Cover einer Wochenzeitschrift, auf welchem der ehemalige österreichische Bundeskanzler Dr. Franz Vranizky nur mit einem Feigenblatt abgebildet ist. Eine derartige Veröffentlichung könnte zu Missdeutung Anlass geben, zumal die abgebildete Person eine führende Stellung im Staat einnimmt und in dieser Funktion Würde und Ansehen zu wahren hat.

Update: Online wurde die Fotomontage mittlerweile entfernt.

  1. Suchen Sie sich zuerst eine alte Statistik, irgendeine: Ein wahrer Profi macht aus allem eine Story. Geeignet sind das nationale Statistikamt oder Pressemitteilungen der EUROSTAT. Und siehe da: EUROSTAT hat vor 4 Monaten veröffentlicht, dass die Armutsgefährdungsquote in der EU bei 17% liegt und Österreich im Vergleich dazu mit 12% überdurchschnittlich gut auf Platz 4.
  2. Kontrollieren Sie kurz, ob und was ihr Medium schon mal darüber berichtet hat und wie lange das her ist. Das kann Ihnen Anhaltspunkte liefern, wie Sie über das Thema schreiben könnten.
  3. Beziehen Sie eine europäische Statistik immer einseitig auf das eigene Land. Dichten Sie was dazu und lassen Sie was weg. Schreiben Sie:

    Dass die Statistik nicht neu ist, und ihr Medium selbst schon vor Monaten davon berichtet hat, spielt keine Rolle.  Aktuell ist ein dehnbarer Begriff und niemandem wird es auffallen, dass es sich um keine echten News handelt.
  4. Jetzt müssen Sie als Boulevard-Journalist noch Stimmung machen. Vergleichen Sie ihr Land mit anderen EU-Ländern. Hier können Sie erstmals entscheiden, ob Sie die Ergebnisse der Statistik unterschwellig positiv oder negativ transportieren. Entscheiden Sie sich für Ersteres, sieht der Vergleich, wie folgt aus:

    Platz 4 hinter Tschechien, Slowakei und den Niederlanden klingt jedoch fad. (Noch dazu ex aequo mit vier weiteren Ländern.) Ein Podiumsplatz wäre viel schöner, und die Niederlanden sind kein Nachbarland, also raus damit! Jetzt ist Österreich mit 12% auf Platz 3. Denken Sie daran: Begründen müssen Sie nichts. Eine Korrektur werden Sie auch nicht schreiben müssen.
  5. Aber halt! Ein passender Titel fehlt noch. Im Artikel selbst kommt Österreich gut weg, aber als Boulevard-Journalist wissen Sie: Ihre Leser werden sich langweilen, wenn der Titel lautet:

    Österreichs Armutsquote eine der besten in der EU

    oder

    Österreich: Armutsquote so niedrig wie schon lange nicht mehr!

    Nein. Ihre Leser wollen Bad News:

  6. Wenn Sie ihr Gewissen jetzt plagen sollte, dann schmücken Sie den Artikel online einfach etwas aus und verpassen ihm einen positiven Titel, in etwa so:

Alle Scans vom Artikel „Eine Million Österreicher sind armutsgefährdet“, Tageszeitung „Österreich“, 17. Mai 2010, Seite 10, links oben, Screenshot von hier.

Es ist üblich, Minderjährige vor bestimmten Inhalten zu schützen. Auf Heute.at werden erotische Inhalte jedoch nicht gekennzeichnet. Als gutes Beispiel zeigt sich hingegen Krone.at: Bevor man zu den erotischen Inhalten gelangt, muss man einen deutlichen Warnhinweis überwinden.

Die Gesetze sprechen von „Inhalten, die junge Menschen in ihrer Entwicklung gefährden können“ und meinen damit besonders Erotikmaterial, Pornographie oder Gewaltdarstellungen. Aus dem Niederösterreichischen Jugendgesetzbuch:

§19 (3) Wer gewerbsmäßig Medien, Datenträger, Gegenstände oder Dienstleistungen im Sinne des Abs. 1 anbietet, vorführt, weitergibt oder sonst zugänglich macht, hat durch geeignete Vorkehrungen, insbesondere durch räumliche und optische Abgrenzungen, zeitliche und technische Beschränkungen, Aufschriften, mündliche Hinweise oder ähnliches dafür zu sorgen, dass junge Menschen davon ausgeschlossen werden.

Die folgenden Verlinkungen enthalten Bild-, Text- und Video-Material mit erotischem Inhalt. Der Zugang ist nur für Erwachsene erlaubt:

Wer kennt sie nicht, diese schönen „finde die fünf Fehler Bilderrätsel“ aus der Kronenzeitung? Für unsere treuen Kobuk Leser/-innen eines mit nur einem „Fehler“. Gefunden auf Orf.at. Zwischen dem linken und dem rechten Bild liegen etwa 10 Minuten. Links eine für den ORF eher unübliche und ziemlich doppelbödige Überschrift zu dem Artikel: „Frau in Wien angezündet: keine heiße Spur zum Täter“. Rechts nach zirka 10 Minuten die redigierte Überschrift: „Frau in Wien angezündet: Noch keine Spur zum Täter“.

Ich danke der ORF-Onlineredaktion für die Korrektur dieser Überschrift, KOBUK hat es aber doch entdeckt! Hier der Link zum aktuellen Artikel auf Orf.at.

Der Linksgolfer machte vor kurzem auf eine Story der BILD-Zeitung aufmerksam, in der ein Übergriff auf Golf-Star Tiger Woods geschildert wird. Auch Heute.at und Kurier.at übernahmen den Bericht über eine angebliche Attacke.

Aber: Der Vorfall hat in dieser Form nie stattgefunden.

Ein Zuschauer hätte versucht, den Sportler anzugreifen – konnte jedoch in letzter Sekunde von den anwesenden Securities, mit Hilfe eines Elektro-Tasers gestoppt werden. BILD:

Es geschah an Loch 11. Travis Parmelee (36) löste sich aus der Menge, lief brüllend auf Woods zu. Sofort waren Sicherheitskräfte zur Stelle, streckten den Mann mit einer Elektroschockpistole nieder.

Dramatische Szenen also die, geht es nach der BILD, ausschlaggebend dafür gewesen sind, dass Tiger Woods das Turnier kurz darauf abbrechen musste. Unter „kurz darauf“ versteht das Boulevardblatt übrigens zwei Tage nach dem vermeintlichen Vorfall.

Scan: Bildblog.de

Die RedakteurInnen von Heute üben sich in Empathie und machen gar Woods sensiblen Charakter für den Abbruch verantwortlich:

Für Sensibelchen Woods war der Vorfall zu viel, er brach das Turnier ab.

Tatsache ist jedoch, dass der Sportler das Turnier auf Grund von gesundheitlichen Beschwerden nicht beenden konnte.

Wie die Berichterstattung der Nachrichtenagentur AP zeigt, ist dieser  „gezielte Angriff“ so nie passiert. Der „Angreifer“ – ein stark alkoholisierter Mann im Hawaii-Hemd – war schon den ganzen Tag negativ aufgefallen und hatte diverse Spieler beschimpft – worauf er vom Platz verwiesen wurde.

Die Verbindung zu Tiger Woods ist schlichtweg erfunden.

(Via BildBlog)

„Heute“ titelte letzten Mittwoch mit „Nur bei uns stiegen die Steuern“:

Manch braver Steuerzahler mag voller Zorn weitergeblättert haben, um auf Seite 4 folgende Schlagzeile lesen zu müssen:

Steuern sind bei uns am höchsten

„Heute“ bezieht sich auf eine aktuelle Studie der OECD (Excel-Datei). Wer sich die Mühe macht, diese Studie genauer zu lesen, wird die Übertreibung von „Heute“ schnell erkennen:

„Nur bei uns stiegen die Steuern“ – FALSCH

Österreich hat seit 2000 einen Anstieg der Steuer- und Abgabenquote in allen Gesellschaftsschichten erlebt. Das ist korrekt. Aber:

Auch in Japan, Korea, Mexiko, Griechenland, Island und Norwegen ist diese Quote seit 2000 gestiegen. Soviel zu „nur bei uns“.

Österreich führt diese Liste nicht einmal an: In allen genannten Ländern außer in Norwegen ist die Steuer- und Abgabenquote durchschnittlich stärker gestiegen als in Österreich.

„Steuern sind bei uns am höchsten“ – FALSCH

Österreich liegt mit 47,9%  Steuern und Abgaben vom Jahreseinkommen im OECD-Ranking gerade auf dem fünften Platz hinter Frankreich (49,2%), Deutschland 50,9%), Ungarn (53,4%) und Belgien (55,2%).

DerStandard.at berichtet über die gescheiterte BAWAG-Volksbanken-Fusion am Donnerstag Abend mit Hinweis auf die Printausgabe am Freitag.  ORF.at zitiert jedoch erst die Montagausgabe. Doch nicht jeder freie Tag ist ein Sonntag.

Die Presse berichtet ebenfalls unter Berufung auf den „Standard“, allerdings auch mit Bezug auf die APA. Wie passt dies mit der Meldung von ORF.at vom gleichen Tag zusammen, wonach von „der APA bis dato keine Stellungnahme“ vorliege?

Korrektur: Im Artikel steht „gegenüber das APA“, also kein Problem.

Krone.at schafft es wiedermal eine Geschichte nur mit kleinen Informations-Häppchen zu schmücken. Beim Lesen dieses Berichts tauchen viele Fragezeichen auf. Alle Fragezeichen die in dem Bericht von krone.at auftauchen sind unten angeführt. Um die offenen Fragen zu klären wurde, in diesem Fall, der Bericht mit standard.at verglichen.

Wieso Krone.at nicht ausführlich und mit ALLEN Fakten berichten kann, wird wohl weiterhin ein Rätsel bleiben.

Zum Nachlesen: Krone.at
Zum Verstehen: DerStandard.at

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Hier eine verkürzte Rekonstruktion des Tatvorganges laut Krone.at und DerStandard.at:

Krone.at: Ein 22-Jähriger Zeitungsverkäufer kommt um 1:45 früh an die falsche Adresse.
Frage: Was sucht ein Zeitungszusteller um 1:45 Uhr vor dieser Türe?
Information von DerStandard.at:

Ein Zeitungszusteller war auf der Suche nach einer bestimmten Zustelladresse.
Weil er mit der Örtlichkeit nicht vertraut war, ist er gegen 2.00 Uhr in die Hauseinfahrt des Pensionisten gefahren, um sich zu orientieren.

Krone.at: Er wird mit einer Pistolen – Attrappe verjagt.
Frage: Ohne Grund wird jemand mit einer Pistolen – Attrappe bedroht?
Information von DerStandard.at:

Der Zeitungsausträger habe dann das Seitenfenster geöffnet und sei mit einer Pistole bedroht worden.

Krone.at: Nachdem der Mann die Polizei verständigt hat, kommen diese ohne Blaulicht und ohne Dienstkappen zu dem Haus des Pensionisten.
Frage: Fehlt die Dienstkappe kann man einen Polizisten nicht mehr erkennen?
Information DerStandard.at: DerStandard.at hat über diesen Teil nicht geschrieben.

Krone.at: Der Pensionist hat nun die Pistolen Attrappe gegen eine Walther-P38-Replika getauscht und hielt diese zum Boden gerichtet als er die Tür öffnete.
Frage: Zum Boden gerichtet? Wieso sollte dann geschossen werden?
Information Standard.at:

Die Beamten forderten ihn mehrmals auf, stehen zu bleiben und die Waffe abzulegen. Dem kam er aber nicht nach. Auch auf erneute Aufforderungen reagierte er nicht. Einer der Polizisten gab schließlich einen Warnschuss in den Boden vor dem Haus ab.

krone.at: Nach einer heftigen verbalen Auseinandersetzung eröffnete einer der beiden Polizisten das Feuer. Der erste Schuss fiel und darauf wachte der Enkelsohn des Pensionisten auf. Er stürmte aus dem Bett und rannte vom ersten Stock in das Erdgeschoss. Darauf fiel zweite Schuss. Der zweite Schuss hätte auch den Sohn treffen können, der zum Opa lief.
Frage: Wo kommt jetzt der Sohn her?
Information DerStandard.at: Hier kommt kein Sohn vor.

Die „Geschichte“ von Krone.at zeigt Informationslücken auf. Die meisten können durch den Bericht von DerStandard.at beantwortet werden.


Auch die ZEIT ist nicht vor Recherchefehlern gefeit. Doch unserem aufmerksamen Augen entgehen sie nicht: Bundespräsident Heinz Fischer ist nicht – wie im unten angeführten Artikel erwähnt – aus der SPÖ ausgetreten, sondern hat seine Parteimitgliedschaft nur ruhend gestellt. Dass als Quellen hierfür die dpa und AFP angegeben wurden, könnte darauf hinweisen, dass der Fehler von einer der beiden Nachrichtenagenturen gemacht wurde.

Das Hamburger Abendblatt hat den gleichen Text (allerdings ohne die dpa oder die ZEIT zu zitieren) übernommen.

Auch news 3 5 2 bringt den Text unter Berufung auf die AFP.

Abb.: Original-Screenshots der ZEIT-ONLINE

Abb.: Original-Screenshots des Hamburger Abendblatt

Abb.: Original-Screenshots news 3 5 2

Der Standard widmete sich in der Ausgabe vom 7.5. einem Gerichtsverfahren rund um die Beteiligungsstruktur des Gratisblatts „Heute“. Dessen Konkurenzblatt „Österreich“ hatte geschrieben, dass „Heute“ dem Krone-Chef Hans Dichand zuzurechnen sei. Wogegen dieser klagte. Vor Gericht gab Dichands Anwalt an:

Hans Dichand ist an der Tageszeitung Heute weder direkt noch indirekt beteiligt noch bekleidet er dort irgendeine Funktion noch hat er sonst etwas mit ihr zu tun.

Die „Heute“-Chefredakteurin und Schwiegertochter von Dichand, Eva Dichand, war beim Gerichtstermin übrigens nicht anwesend, ebensowenig Hans Dichand selbst. Dafür kam Heinrich Gehl, der die „Periodika Privatstiftung“ ins Leben rief. Dieser Stiftung gehörte bei der Gründung der Heute-Verlag. Ziel war es, damit eine „unpolitische und nicht rechts orientierte“ Zeitung ins Leben zu rufen.

Interessant ist, dass Gehl angab, Hans Dichand nicht zu kennen und auch nicht zu wissen, wie der Verlag den Start der neuen Tageszeitung finanzieren konnte. Desweiteren schreibt der Standard, dass Gehl angab nicht zu wissen,

dass der SP-nahe Wirtschaftstreuhänder und Periodika-Stiftungsvorstand Günther Havranek Mitgesellschafter von Heute ist (Mehrheitseigner nämlich).

Über dessen Verhältnis zum „alten Dichand“ wiederum Gerüchte existieren.

Der Autor und Kobuk distanzieren sich von allen Mutmaßungen um die Eigentümerschaft von „Heute“.