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Kategorie: ORF

Die APA schreibt von einem neuen Rekordhoch des Goldpreises und alle schreiben ab. Seit 2001 steigt der Goldpreis, worüber sich die Medien immer wieder aufs Neue erstaunen. So wurde auch am 6.10. brav vom neuesten Rekordhoch berichtet. Ein Blick auf Wikipedia zeigt, dass der Goldpreis 1980 schon um einiges höher war als heute. Die Grafik wurde mit inflationsbereinigten Zahlen erstellt – was die einzig sinnvolle Art ist, Preisentwicklungen über längere Zeiträume zu vergleichen. Von einem Rekord ist also keine Rede. Inflationsbereinigt war die Feinunze Gold 1980 an der New York Commododities Exchange schon 2312,94 US-Dollar wert, das sind satte 58,9% mehr als der vielfach als Rekordhoch berichtete Stand von 1364,60 US-Dollar vom 7.10.2010.

(Grafik: Wikipedia, gemeinfrei)

Die Medien waren sich uneinig, in welcher Tiefe die Kumpel eingeschlossen waren. Sie haben sich nicht nur untereinander widersprochen- auch innerhalb eines Mediums gab es keine einheitlichen Nennungen.

Am 12.10 berichtet der Online-Ableger von „Österreich“, die Bergleute seien in einer Tiefe von mehr als 600 Metern eingeschlossen. Einen Tag später, am 13.10 um 08:46 Uhr waren es exakt 620 Meter. Bereits am Abend des selben Tages war der Schutzraum jedoch in 700 Meter Tiefe.

Die Tageszeitung „Heute“ berichtet am 12.10 über einen 700 Meter tiefen Schutzraum. Am 13.10 waren es exakt 622 Meter. Am nächsten Tag 624 Meter. Kurios ist auch, dass „Heute“ berichtet, 29 Angehörige der Kumpel würden insgesamt 8,8 Millionen Euro fordern. Krone.at berichtete zwei Wochen zuvor von 27 Angehörigen, die insgesamt 27 Millionen Dollar fordern würden. Das entspricht einem Wechselkurs von 1:3.

Auch bei den „Qualitätsmedien“ wurden enorme Höhenunterschiede beobachtet. Derstandard.at ist sich am 11.10 sicher, die Kumpel seien in einer Tiefe von 624 Meter eingeschlossen. Allerdings steht schon auf dem Fotocredit, dass die Kumpel in 700 Meter festsitzen würden. Einen Tag darauf fällt der Schutzraum dann offiziell auf 700 Meter ab. Schließlich klettert der Raum am 13.10 jedoch wieder auf 622 Meter. Am 14.10 einigte man sich auf über 600 Meter Tiefe.

Beim ORF konnte man die Bewegungen des Schutzraums quasi im Minutentakt verfolgen. Hannelore Veit berichtet in einer ZiB-Special um 20:15 von 620 Meter Tiefe.  Gegen Mitternacht wusste ihr Kollege Roman Rafreider in der ZiB 24, dass die Kumpel in 622 Meter Tiefe festsitzen würden.

Die New York Times rechnete sich übrigends eine Tiefe von knapp einer halben Meile aus, was etwas weniger als 800 Metern entspricht.

Eine knifflige Situation für Journalisten, keine Frage. Was tut man da am besten? Man kann etwa dem Beispiel von Armin Wolf in der ZiB 2 folgen. Obwohl Chile knapp elf Minuten- der insgesamt 28 Minuten langen Sendung- gewidmet wurden, kam es zu keiner Nennung bezüglich der Tiefe. Frei nach dem Motto also: „Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal…“

Kobuk-Tipp #17
Passend gewählte Metaphern können Ihrer Story zusätzlich Sprengkraft verleihen:

Ein 16-Jähriger aus Kuchl (Salzburg) hat seit mehr als einem Jahr eine Granate in seinem Zimmer aufbewahrt. […] Gestern flog sein Versteck schließlich auf.

ORF.at berichtet heute über einen dreisten Fall von Spendenbetrug:

Foto: Chris Carpenter https://www.flickr.com/photos/chris_carpenter/274244238/Spendengelder in eigene Tasche gesteckt
Ein 49-jähriger Beschäftigungsloser aus dem Bezirk Urfahr-Umgebung soll seit Juni 2002 mehrere hunderttausend Euro Spenden und Zuwendungen an einen von ihm gegründeten Verein für sich selbst verwendet haben. […] Die Polizei ermittelte seit mehreren Wochen gegen den angeblich gemeinnützigen Verein. Dessen vorgegebenes Ziel sei es gewesen, misshandelte und missbrauchte Kinder ideell und vorwiegend materiell zu unterstützen.

Polizei ersucht um Mithilfe
[…] Es wird angenommen, dass noch eine Vielzahl an getäuschten Geld- oder Sachspendern, zahlende Vereinsmitglieder und sonstige Geschädigte nicht bekannt sind. Diese werden ersucht, entsprechende Anzeigen bei der Polizei Hellmonsödt unter der Telefonnummer 059133/4335, Mailadresse [email protected] zu erstatten.

(Foto: CC Chris Carpenter)

Das Zitat wurde gekürzt, enthält aber tatsächlich alle sachdienlichen Hinweise des ORF, gegen wen die Polizei da eigentlich um Mithilfe ersucht.

PS: Hat man den Verein dann doch gefunden, ist speziell seine Medienseite spannend. Mit 30 Ausschnitten aus Zeitungen, die wohl nie so genau hinterfragt haben (Stichwort: fehlendes Spendengütesiegel), wofür sie da eigentlich die Werbetrommel rühren.

PPS: Es gilt die Unschuldsvermutung.

Grafik: kabarett.at

Durch das Ableben von Hans Dichand ist ein besonderers Medienereignis untergegangen: Der Beschluss des neuen ORF-Gesetzes (PDF), das auch die Einstellung der ORF Futurezone mit sich bringt.

Dazu ein paar Stimmen aus der Blogosphäre:

Beate Firlinger tritt in einem offenen Email an Medien-Staatssekretär Ostermayer für den Weiterbestand der Futurezone ein:

Die zahlreichen Argumente, die [gegen eine Einstellung] sprechen, sind Ihnen sicher bekannt. Ich möchte sie hier nicht wiederholen, nur darauf hinweisen, dass aus meiner bescheidenen Sicht die Vereinbarung zwischen ORF und VÖZ eine Form des Protektionismus darstellt, der nicht im Sinne zukunftsfähiger öffentlich-rechtlicher Online-Angebote des ORF agiert.

Martin Blumenau hält die Entscheidung ebenfalls für einen Fehler:

(..) Zudem versagt sich das Unternehmen (wie das einer der diesbezüglichen Vordenker formulierte) auch nur die Möglichkeit des Nachdenkens über den nächsten Schritt, also der demnächst aufschlagenden 3.0-Revolution. Das wird noch gravierende Probleme nach sich ziehen. Ein Gesetz ist allerdings nur für ein paar Jahre gültig, ehe es novelliert oder ersetzt wird – der Tod hingegen währt für immer.

In ihrem Blog KoopTech beschreibt Christiane Schulzki-Haddouti die Einstellung der Futurezone als Bauernopfer gegenüber dem Verband Österreichischer Zeitungsherausgeber im Streit um einen geschätzten Werbekuchen von 5 Mio €. Sie kritisiert:

Möglicherweise weiß ORF-Verhandlungsführer Grasl aber gar nicht, was er damit aufgegeben hat. Nämlich neben heise.de die einzige zuverlässige konstante Quelle zur europäischen Netzpolitik im deutschsprachigen Raum.

Ritchie Pettauer sieht das anders und stellt die Qualität der Fuzo in Frage:

Ich kann ein­fach nicht mit gutem Gewissen dafür ein­tre­ten, dass mit mei­nem Steuergeld eine Redaktion finan­ziert wird, die zum Großteil Meldungen wie “Lange Wartezeiten für iPhone 4 — Rekordandrang ver­zö­gert Auslieferung” von den Primärquellen ab– und umschreibt.

Mittlerweile hat sich mit „Retten wir die Futurezone“ und auf Facebook eine Initiative gebildet, die den ORF auffordert, Marke, Domain und Inhalte der Community zu übergeben, damit eine Weiterführung möglich wird.

Oder in der deutschen Übersetzung: Kronen Zeitung – Tag für Tag ein Boulevardstück.

Krone – L’Autriche entre les lignes, so heißt der Dokumentarfilm der Belgierin Nathalie Borgers, den sich der ORF nie zu zeigen traute. Auf ARTE wurde er ausgestrahlt – worauf der Sender aus dem TV-Programm der „Krone“ flog.

Anlässlich des gestrigen Ablebens Hans Dichands hier die einstündige Doku in sechs Teilen:

Update 20. Juni: Der Rechteinhaber ließ die Doku inzwischen von Youtube entfernen. Mit etwas Suchen findet man sie aber auf anderen Videoportalen oder als Torrent.

Wer kennt sie nicht, diese schönen „finde die fünf Fehler Bilderrätsel“ aus der Kronenzeitung? Für unsere treuen Kobuk Leser/-innen eines mit nur einem „Fehler“. Gefunden auf Orf.at. Zwischen dem linken und dem rechten Bild liegen etwa 10 Minuten. Links eine für den ORF eher unübliche und ziemlich doppelbödige Überschrift zu dem Artikel: „Frau in Wien angezündet: keine heiße Spur zum Täter“. Rechts nach zirka 10 Minuten die redigierte Überschrift: „Frau in Wien angezündet: Noch keine Spur zum Täter“.

Ich danke der ORF-Onlineredaktion für die Korrektur dieser Überschrift, KOBUK hat es aber doch entdeckt! Hier der Link zum aktuellen Artikel auf Orf.at.

DerStandard.at berichtet über die gescheiterte BAWAG-Volksbanken-Fusion am Donnerstag Abend mit Hinweis auf die Printausgabe am Freitag.  ORF.at zitiert jedoch erst die Montagausgabe. Doch nicht jeder freie Tag ist ein Sonntag.

Die Presse berichtet ebenfalls unter Berufung auf den „Standard“, allerdings auch mit Bezug auf die APA. Wie passt dies mit der Meldung von ORF.at vom gleichen Tag zusammen, wonach von „der APA bis dato keine Stellungnahme“ vorliege?

Korrektur: Im Artikel steht „gegenüber das APA“, also kein Problem.

Die Presse vom 06.05. wirft dem ORF vor, eventuell unzulässige Werbung im Technik-Magazin On gezeigt zu haben. „On“ ist eine sogenannten Patronanzsendung. Bei einer Patronanzsendung sponsort eine Firma deren Austrahlung.

Die Presse kritisiert vor allem drei Punkte:

  1. In der Sendung kam ein Siemens-Schulungsleiter zu Wort, auch Produkte seines Unternehmens wurden deutlich platziert. Laut § 17 (2) ORF-Gesetz dürfen in Sendungen keine Hinweise auf den Auftraggeber erfolgen. Hat Siemens für den Beitrag an den ORF gezahlt, wurde dieses Gesetz verletzt.
  2. In der Sendung wurde über Energiesparen mit Haushaltsgeräten berichtet. Das Pikante daran ist, dass Saturn Sponsor ist und solche Geräte anbietet. Ebenfalls laut § 17 ORF-Gesetz dürfen Patronanzsendungen nicht zum Kauf von Erzeugnissen des Auftraggebers anregen.
  3. Der Auftraggeber darf außerdem die Sendung nicht so beeinflussen, dass die redaktionelle Unabhängigkeit des ORF angetastet wird. Auch das ist im § 17 ORF-Gesetz geregelt.

Der ORF hat daher bei Patronanzsendungen wenig Spielraum. Saturn wurde korrekt am Anfang und am Ende der Sendung als Sponsor genannt. Medienrechtsanwalt Michael Pilz entkräftet auch zwei dieser Anschuldigungen, denn das bloße Informieren ist keine Verkaufsförderung. Den dritten Kritikpunkt sieht er aber kritisch:

Die redaktionelle Freiheit des ORF darf nicht beeinflusst werden. Der ORF ist immer dazu angehalten, den Inhalt auch einer Patronanzsendung autonom zu gestalten.

Fraglich ist, ob diese Autonomie verletzt worden ist.

An sich zeigt sich der ORF ja bemüht, die Marken der verwendeten Computer zu verbergen. Zum Beispiel durch ein ORF-Schild über dem Logo des jeweiligen Herstellers. Ob uns jemand verraten wird, wie es das schicke neue iPad trotzdem geschafft hat, seinen Apfel in die Linse zu bekommen?

Screenshots aus der Sendung „Bundespräsidentenwahl 2010 Reaktionen“, So, 25. April 2010 18:00 – 18:30h in ORF 2.