Wir lesen Zeitung
und schauen fern.

Kategorie: Heute

Lieber Peter Pelinka,

In „Heute“ vom Dienstag, den 22.6.10 vergleichen Sie in ihrer Kolumne „Im Brennpunkt“ die Wiederwahl H.C. Straches mit 99,1% zum FPÖ-Parteichef mit nordkoreanischen Verhältnissen:

99,1 Prozent der Delegierten haben ihn gewählt und über seine Tiraden gegen alle ausländischen Gegner und inländischen Verräter gejubelt. Im Austria Center, aber sonst ganz wie daheim in Pjönjang. Das Ergebnis mutet ein wenig nordkoreanisch an? Gar nicht. Vor zwei Jahren waren es gar 99,3 Prozent gewesen.

Dass solche Wahlergebnisse in der österreichischen Politik so wie in wahrscheinlich jeder anderen Demokratie der Welt keine Seltenheit darstellen, darüber verlieren sie kein Wort: So wurde Werner Faymann erst vor kurzem mit 93,8 % zum Parteichef der SPÖ wiedergewählt, Eva Glawischnig Anfang 2009 mit 97,4% zur Bundesprecherin der Grünen.

Außerdem machen Sie in der selben Kolumne Kim Ir-sen alias Kim Il-sung zum aktuellen nordkoreanischen Diktator. Nur ist dieser bereits 1994 verstorben. Momentaner militärischer Anführer und damit Diktator Nordkoreas ist, wie auch auch Ihr „News“ schreibt,  seit seinem Tod sein Sohn Kim Jong-Il.

Dieser Auszug aus dem angeblichen Geheim-Dossier der Polizei zum Fall Julia Kührer erschien am 25. Mai in der Gratiszeitung „Heute“.

Stammt der Dialog lediglich aus den Köpfen der „Heute“-Redaktion? Denn laut Krone.at heißt es aus dem Bundeskriminalamt:

All das, was bisher unter diesem Begriff veröffentlicht wurde, entspricht weder inhaltlich noch im Wortlaut dem Bericht, den wir der Korneuburger Staatsanwaltschaft sowie den Verteidigern übermittelt haben

Die Gratisblätter „Heute“ und „Österreich“ berichteten am 19.05. über die eklatanten Fehlstunden der heimischen Lehrer.

„Heute“ schreibt in fetten Lettern:

und „Österreich“ noch größer:

Im Artikel schreibt „Heute“:

  • 58 Prozent der Lehrer schwänzen Stunden komplett
  • 14 Prozent sind mangelhaft vorbereitet
  • und 49 Prozent kommen zu spät.

Und „Österreich“ schreibt:

  • 21 Prozent der Lehrer fehlen regelmäßig
  • 15 Prozent bereiten sich mangelhaft vor
  • und 8 Prozent kommen zu spät.

Woher nehmen „Österreich“ und „Heute“ die Zahlen? „Österreich“ gibt die Talis-Studie als Quelle an, „Heute“ schreibt dagegen nur nebulös von einer „Schul-Studie“. Erst aus dem Kontext von Datum der Veröffentlichung, zitierte Zahlen und Experten kann man schließen, dass sich auch „Heute“ auf die Talis-Studie bezieht.

Der Zahlensalat geht aber weiter, „DerStandard.at“ schreibt:

  • über 20 Prozent sind „sehr viel“ oder zu „einem gewissen Ausmaß abwesend“
  • 14 Prozent sind „nicht genügend“ auf den Unterricht vorbereitet
  • und beinahe 10 Prozent kommen zu spät.

Wie kommen nun die Medien auf so unterschiedliche Zahlen? Auf Seite 84 des BIFIE-Reports 4/2010 (pdf) findet man die Antwort:

„Heute“, „Österreich“ und „DerStandard.at“ haben die Statistik verschieden interpretiert. Das Zuspätkommen ist ein schönes Beispiel dafür:

  • „Österreich“ zählt bis zu einem gewissen Ausmaß und sehr viel zusammen = 8 Prozent und schreibt über „regelmäßiges“ Zuspätkommen
  • „Heute“ zählt ein wenig, bis zu einem gewissen Ausmaß und sehr viel zusammen = 49 Prozent und schreibt von „zu spät kommen“
  • Und „DerStandard.at“ zählt bis zu einem gewissen Ausmaß und sehr viel zusammen und schreibt von „beinahe 10 Prozent“.

Aber nicht nur bei den Zahlen wurde geschummelt. „Österreich“ schreibt: „Neue OECD-Studie“. Tatsächlich stammt die Talis-Studie von 2008. Das hat „Österreich“ und „Heute“ mal vorsorglich weggelassen. Bleibt nur noch die Frage offen: Warum berichten gerade jetzt die Medien über eine Studie von 2008? Auch „DerStandard.at“ beantwortet diese Frage nicht. Das Rätsel löst aber eine OTS-Aussendung des BIFIEs. Denn am 17.05. um 19:00 Uhr fand eine Veranstaltung zur Studie statt. Präsentiert wurden vertiefende Analysen und Expertenberichte. Die Ergebnisse der Studie wurde außerdem in einem neuen BIFIE-Report zusammengefasst.

Die Ausgabe vom Dienstag, 25. Mai von „Heute“ enthielt auf Seite 5 das falsche Datum (Montag 10.05.10). Zum Abgleich siehe das Datum des Themas „Wirtschaft als neues Unterrichtsfach“ in der Presse-Online.

Kommenden Sonntag, den 30. Mai, wird im Burgenland ein neuer Landtag gewählt. Und so kam es bereits seit der Bundespräsidentschaftswahl vor 4 Wochen zum einfachen Plakatwechsel im Burgenland. Dort, wo einst Heinz Fischer (momentan[!] nicht SPÖ) unserem Handeln mehr Werte abverlangte, grinst uns nun ein Hans Niessl (SPÖ) entgegen.

Und so, wie die Plakatwerbung im Burgenland nahtlos in die Landtagswahl übergeleitet wurde, so erging es auch der Printwerbung. Irritierend entdecken „Heute“-Leser jedoch letzten Mittwoch den 19.Mai, dass diese sogar ganzes „Burgenland-Spezial“ im Sinne der SPÖ auf die Beine gestellt hatte:
8 Seiten mit 12 Artikeln, prallgefüllt mit lauter Errungenschaften der Niessl-Regierung:
Von
„Für Pendler: Investitionen in Bahn“
bis
„Burgenland trotzt der Krise“
war alles dabei.
Kein schlechtes Wort der sonst so überaus „kritischen“ U-Bahnzeitung. Dazu ausschließlich lächelnde Gesichter und immer strahlte der burgenländische Landeshauptmann mit den anderen um die Wette.
Abgeschlossen wurde dieses „Good News“-Feuerwerk schließlich mit einer halbseitigen Werbeanzeige Hans Niessls SPÖ mit einer stichwortartigen Zusammenfassung ihrer größten Erfolge im „Bildungsland Burgenland“.
Dass das Ganze nichts weiter, als bezahlte Werbejournalismus war, erfuhr der Leser nur einmal und zwar beiläufig auf der ersten Seite, wo links unten neben Strahlemann Niessl vertikal zu lesen war: „Bezahlte Druckstrecke“.
Dass es sich dabei um Parteiwerbung handelte und wie lange diese war, wurde dort und auch auf nachfolgenden Seiten nicht erwähnt bzw. je wiederholt.
Hinzukommt, dass das „Heute“-Layout 1 zu 1 übernommen wurde und beim Weiterlesen unklar blieb, wo die Werbung aufhörte und der redaktionelle Journalismus tatsächlich weiterging.
In Artikel 4, § 26, des österreichischen Mediengesetzes (pdf) steht dazu:
„Ankündigungen, Empfehlungen sowie sonstige Beiträge und Berichte, für deren Veröffentlichung ein Entgelt geleistet wird, müssen in periodischen Medien als „Anzeige“, „entgeltliche Einschaltung“ oder „Werbung“ gekennzeichnet sein, es sei denn, dass Zweifel über die Entgeltlichkeit durch Gestaltung oder Anordnung ausgeschlossen werden können.“
Was auf diesen 8 Seiten von der SPÖ bezahlt und welche Artikel tatsächlich von „Heute“ unentgeltlich im Sinne der SPÖ geschrieben wurden, bleibt die U-Bahn-Zeitung, trotz des kläglichen Hinweises auf der ersten dieser 8 Seiten, ihren Lesern schuldig.

Erst vor kurzem haben wir über die Frage des Online-Standard berichtet, wem die Gratiszeitung „Heute“ gehöre. Nun spekuliert DiePresse.com über ein Naheverhältnis zur Wiener SPÖ.

Denn laut DiePresse.com habe Medienstaatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ) 2003/2004 der „Urbania“-Privatstiftung vorgestanden.  Diese Stiftung sei früher zu 49% an der „Fidelis Medien- und Zeitschriften-GmbH“ beteiligt gewesen und die „Fidelis“ sei wiederum Haupteigentümer der „AHVV-VerlagsgmbH“, die „Heute“ herausgibt. Die Anteile der Urbania an der Fidelis habe eine Stiftung namens „Periodika“ übernommen. Die Periodika-Privatstiftung wird wiederum ausführlich im bereits genannten Standard-Artikel behandelt.

Außerdem sei der Geschäftsführer des Verlages, Wolfgang Jansky, Pressesprecher vom damaligen Wohnbaustadtrat Werner Faymann gewesen. Jansky säße ebenso in der Periodika-Stiftung. Auch als Vorstand der Urbania-Stiftung soll er auftauchen, gemeinsam mit Günther Havranek, der wiederum die Mehrheit an Fidelis halte.

„Heute“-Herausgeberin Eva Dichand bestreitet alle Vorwürfe: Weder „Heute“ noch der AHVV-Verlag seien jemals „von irgendeiner Partei direkt oder indirekt finanziert“ worden. Dies sei mit „mit einem normalen Kredit der Bank Austria“ geschehen. Während Ostermayer Stiftungsvorstand der Urbania war, habe es „Heute“ noch nicht gegeben, so Dichand.

Laut DiePresse.com habe Eva Dichand ab 2005 das Magazin „Die Stadt“ geleitet, eine Monatszeitschrift für die Bewohner von Gemeindebauten und Genossenschaftswohnungen. Herausgegeben habe es die Urbania.

Der Autor und Kobuk distanzieren sich wieder von allen Mutmaßungen um die Eigentümerschaft von “Heute”.

„Heute“ titelte letzten Mittwoch mit „Nur bei uns stiegen die Steuern“:

Manch braver Steuerzahler mag voller Zorn weitergeblättert haben, um auf Seite 4 folgende Schlagzeile lesen zu müssen:

Steuern sind bei uns am höchsten

„Heute“ bezieht sich auf eine aktuelle Studie der OECD (Excel-Datei). Wer sich die Mühe macht, diese Studie genauer zu lesen, wird die Übertreibung von „Heute“ schnell erkennen:

„Nur bei uns stiegen die Steuern“ – FALSCH

Österreich hat seit 2000 einen Anstieg der Steuer- und Abgabenquote in allen Gesellschaftsschichten erlebt. Das ist korrekt. Aber:

Auch in Japan, Korea, Mexiko, Griechenland, Island und Norwegen ist diese Quote seit 2000 gestiegen. Soviel zu „nur bei uns“.

Österreich führt diese Liste nicht einmal an: In allen genannten Ländern außer in Norwegen ist die Steuer- und Abgabenquote durchschnittlich stärker gestiegen als in Österreich.

„Steuern sind bei uns am höchsten“ – FALSCH

Österreich liegt mit 47,9%  Steuern und Abgaben vom Jahreseinkommen im OECD-Ranking gerade auf dem fünften Platz hinter Frankreich (49,2%), Deutschland 50,9%), Ungarn (53,4%) und Belgien (55,2%).

Der Standard widmete sich in der Ausgabe vom 7.5. einem Gerichtsverfahren rund um die Beteiligungsstruktur des Gratisblatts „Heute“. Dessen Konkurenzblatt „Österreich“ hatte geschrieben, dass „Heute“ dem Krone-Chef Hans Dichand zuzurechnen sei. Wogegen dieser klagte. Vor Gericht gab Dichands Anwalt an:

Hans Dichand ist an der Tageszeitung Heute weder direkt noch indirekt beteiligt noch bekleidet er dort irgendeine Funktion noch hat er sonst etwas mit ihr zu tun.

Die „Heute“-Chefredakteurin und Schwiegertochter von Dichand, Eva Dichand, war beim Gerichtstermin übrigens nicht anwesend, ebensowenig Hans Dichand selbst. Dafür kam Heinrich Gehl, der die „Periodika Privatstiftung“ ins Leben rief. Dieser Stiftung gehörte bei der Gründung der Heute-Verlag. Ziel war es, damit eine „unpolitische und nicht rechts orientierte“ Zeitung ins Leben zu rufen.

Interessant ist, dass Gehl angab, Hans Dichand nicht zu kennen und auch nicht zu wissen, wie der Verlag den Start der neuen Tageszeitung finanzieren konnte. Desweiteren schreibt der Standard, dass Gehl angab nicht zu wissen,

dass der SP-nahe Wirtschaftstreuhänder und Periodika-Stiftungsvorstand Günther Havranek Mitgesellschafter von Heute ist (Mehrheitseigner nämlich).

Über dessen Verhältnis zum „alten Dichand“ wiederum Gerüchte existieren.

Der Autor und Kobuk distanzieren sich von allen Mutmaßungen um die Eigentümerschaft von „Heute“.

„Heute“ berichtete am 11.05 in dem Artikel „Geheimplan: Mariahilfer Straße wird Fußgeherzone!“ über die „geheimen“ Pläne für den Umbau der Mariahilferstraße. Der Titel klingt spannend und sensationell, die Einleitung sieht jedoch ganz anders aus:

(…)Thomas Blimlinger, grüner Bezirksvorsteher von Neubau, präsentiert „Heute“ seinen revolutionären Plan: Er möchte auf Wiens bekanntester Einkaufsstraße zwischen Zieglergasse und Neubaugasse eine gemeinsame Fläche für Autos, Radler und Fußgeher schaffen(…)

In der Regel wird ein geheimer  Plan von der Öffentlichkeit ferngehalten, und schon gar nicht präsentiert, oder liebe „Heute“?